Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 44 KR 1/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 169/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 43/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit einem Behindertendreirad zu versorgen.
Die 1944 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.E. verordnete am 26.08.2002 ein Dreirad. Auf Anregung der Beklagten legte die Klägerin dann einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses S. vom 23.09.2002 vor, ein Behindertendreirad zum Preis von insgesamt 1.705,90 EUR betreffend.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30.09.2002 die Kostenübernahme für das Dreirad abgelehnt. Der hiergegen mit Schreiben vom 02.10.2002 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2002 zurückgewiesen. Die Beklagte hat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hingewiesen, wonach ein Rollstuhlbike oder ein Tandem, das seiner Zweckbestimmung nach nicht den Verlust der Gehfähigkeit kompensieren soll, sondern ein Fahrrad ersetze, nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten sei. Ein Dreirad ersetze ebenso ein Fahrrad. Hiergegen richtete sich die am 23.12.2002 beim Sozialgericht München eingegangene Klage des Bevollmächtigten der Klägerin. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes der Klägerin, Dr.E. , beigezogen. Dr.E. gibt an, die Klägerin könne sich auf einem normalen Fahrrad wegen ihres Übergewichts nicht fortbewegen. Andererseits könne sie nur kürzere Strecken zu Fuß gehen. Ein größerer Bewegungsradius sei wünschenswert, die Verordnung sei auf Drängen der Klägerin erfolgt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.05.2005 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Versorgung mit dem beantragten Hilfsmittel. Bei dem vom Sanitätshaus ausgewählten Behindertendreirad handele es sich zwar nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, ein Leistungsanspruch bestehe jedoch deshalb nicht, weil das beantragte behindertengerechte Dreirad im Fall der Klägerin kein Hilfsmitttel im Sinne des § 33 SGB V sei. Ein solches Hilfsmittel sei nämlich nur dann erforderlich, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt werde. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führte das Sozialgericht weiter aus, das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums sei nur im Sinne eines Basisausgleichs, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines gesunden Menschen zu verstehen. Die Versorgung mit einem Rollstuhlbike oder einem behindertengerechten Dreirad sei von der Rechtsprechung nur behinderten Kindern zugesprochen worden, da hier ein erweitertes Grundbedürfnis auf Integration im Rahmen der Entwicklungsphase zu bejahen ist. Im Falle der Klägerin sei ein allgemeines Grundbedürfnis nicht betroffen. Die Klägerin sei nicht völlig gehunfähig, laut behandelndem Arzt sei eine Erweiterung des Freiraums lediglich wünschenswert. Auf die Benützung eines Gehwagens wurde verwiesen. Auch wenn durch die Benützung des Dreirads eine Stärkung der noch vorhandenen Muskulatur, des Herz-Kreislauf-Systems und der Lungenfunktion herbeigeführt werden könne, werde das Dreirad dadurch nicht zu einem Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes. Zur Reduktion der Adipositas permagna sei es nicht erforderlich, diese lasse sich auch durch andere sportliche Übungen erreichen.
Hiergegen richtet sich die am 16.06.2005 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägerbevollmächtigten. Eine sachbezogene Berufungsbegründung ist den umfangreichen Schriftsätzen nicht zu entnehmen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 06.07.2005 abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17.05.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2002 zu verurteilen, ihr ein Behindertendreirad zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Behindertendreirad. Gemäß § 27 Abs.1 Satz 2 Ziffer 3 in Verbindung mit § 33 Abs.1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Der Senat folgt dem Sozialgericht dahingehend, dass ein Behindertendreirad kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist. Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass ein Behindertendreirad im Fall der Klägerin nicht notwendig ist, um eine Behinderung auszugleichen. Im Zweifel wird bei der extrem übergewichtigen Klägerin die Fortbewegung mit Hilfe eines Behindertendreirades erleichtert, es ist jedoch nicht notwendig, um ein Grundbedürfnis zu erfüllen. Hierzu ist das Sozialgericht ausführlich auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eingegangen, die ein Behindertendreirad bzw. ein Handybike, das als Ersatz eines Fahrrads dient, nur Kindern zuspricht, deren Grundbedürfnisse insofern nicht mit denen von Erwachsenen zu vergleichen sind. Der Senat weist die Berufung aus denselben Gründen zurück, aus denen das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat und sieht insofern gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Das Sozialgericht hat die Klägerin auch nicht in ihrem prozessualen Recht beeinträchtigt, indem es durch Gerichtsbescheid entschieden hat, denn dazu hatte es vorab den prozesserfahrenen Bevollmächtigten angehört.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit einem Behindertendreirad zu versorgen.
Die 1944 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.E. verordnete am 26.08.2002 ein Dreirad. Auf Anregung der Beklagten legte die Klägerin dann einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses S. vom 23.09.2002 vor, ein Behindertendreirad zum Preis von insgesamt 1.705,90 EUR betreffend.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30.09.2002 die Kostenübernahme für das Dreirad abgelehnt. Der hiergegen mit Schreiben vom 02.10.2002 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2002 zurückgewiesen. Die Beklagte hat auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hingewiesen, wonach ein Rollstuhlbike oder ein Tandem, das seiner Zweckbestimmung nach nicht den Verlust der Gehfähigkeit kompensieren soll, sondern ein Fahrrad ersetze, nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten sei. Ein Dreirad ersetze ebenso ein Fahrrad. Hiergegen richtete sich die am 23.12.2002 beim Sozialgericht München eingegangene Klage des Bevollmächtigten der Klägerin. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes der Klägerin, Dr.E. , beigezogen. Dr.E. gibt an, die Klägerin könne sich auf einem normalen Fahrrad wegen ihres Übergewichts nicht fortbewegen. Andererseits könne sie nur kürzere Strecken zu Fuß gehen. Ein größerer Bewegungsradius sei wünschenswert, die Verordnung sei auf Drängen der Klägerin erfolgt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.05.2005 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Versorgung mit dem beantragten Hilfsmittel. Bei dem vom Sanitätshaus ausgewählten Behindertendreirad handele es sich zwar nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, ein Leistungsanspruch bestehe jedoch deshalb nicht, weil das beantragte behindertengerechte Dreirad im Fall der Klägerin kein Hilfsmitttel im Sinne des § 33 SGB V sei. Ein solches Hilfsmittel sei nämlich nur dann erforderlich, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt werde. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führte das Sozialgericht weiter aus, das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums sei nur im Sinne eines Basisausgleichs, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines gesunden Menschen zu verstehen. Die Versorgung mit einem Rollstuhlbike oder einem behindertengerechten Dreirad sei von der Rechtsprechung nur behinderten Kindern zugesprochen worden, da hier ein erweitertes Grundbedürfnis auf Integration im Rahmen der Entwicklungsphase zu bejahen ist. Im Falle der Klägerin sei ein allgemeines Grundbedürfnis nicht betroffen. Die Klägerin sei nicht völlig gehunfähig, laut behandelndem Arzt sei eine Erweiterung des Freiraums lediglich wünschenswert. Auf die Benützung eines Gehwagens wurde verwiesen. Auch wenn durch die Benützung des Dreirads eine Stärkung der noch vorhandenen Muskulatur, des Herz-Kreislauf-Systems und der Lungenfunktion herbeigeführt werden könne, werde das Dreirad dadurch nicht zu einem Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes. Zur Reduktion der Adipositas permagna sei es nicht erforderlich, diese lasse sich auch durch andere sportliche Übungen erreichen.
Hiergegen richtet sich die am 16.06.2005 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägerbevollmächtigten. Eine sachbezogene Berufungsbegründung ist den umfangreichen Schriftsätzen nicht zu entnehmen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 06.07.2005 abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17.05.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2002 zu verurteilen, ihr ein Behindertendreirad zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Behindertendreirad. Gemäß § 27 Abs.1 Satz 2 Ziffer 3 in Verbindung mit § 33 Abs.1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Der Senat folgt dem Sozialgericht dahingehend, dass ein Behindertendreirad kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist. Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass ein Behindertendreirad im Fall der Klägerin nicht notwendig ist, um eine Behinderung auszugleichen. Im Zweifel wird bei der extrem übergewichtigen Klägerin die Fortbewegung mit Hilfe eines Behindertendreirades erleichtert, es ist jedoch nicht notwendig, um ein Grundbedürfnis zu erfüllen. Hierzu ist das Sozialgericht ausführlich auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eingegangen, die ein Behindertendreirad bzw. ein Handybike, das als Ersatz eines Fahrrads dient, nur Kindern zuspricht, deren Grundbedürfnisse insofern nicht mit denen von Erwachsenen zu vergleichen sind. Der Senat weist die Berufung aus denselben Gründen zurück, aus denen das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat und sieht insofern gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Das Sozialgericht hat die Klägerin auch nicht in ihrem prozessualen Recht beeinträchtigt, indem es durch Gerichtsbescheid entschieden hat, denn dazu hatte es vorab den prozesserfahrenen Bevollmächtigten angehört.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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