Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 688/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 592/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 R 21/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 3. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Verzinsung einer Nachzahlung in Höhe von 17.525,91 DM für die Zeit vom 01.09.1999 bis 28.02.2000.
Die Klägerin ist die Witwe des 1943 geborenen und am 26.12.2000 verstorbenen bosnischen Staatsangehörigen R. P. , der am 22.09.1988 einen rentenablehnenden Bescheid erhalten hat.
Am 24.02.1999 beantragte er beim bosnischen Sozialversicherungsträger erneut die Gewährung von Rente. Dieser Antrag ist bei der Beklagten im August 1999 eingegangen. Nach neuerlicher Ablehnung - Bescheid vom 05.08.1999 - unterbreitete die Beklagte im Widerspruchsverfahren am 13.11.2000 ein Vergleichsangebot über die Anerkennung der Erwerbsunfähigkeit am 23.11.1998 und Leistungsgewährung ab 01.12.1998, das die Klägerbevollmächtigte am 04.12.2000 annahm. Der Ausführungsbescheid vom 19.12.2000 enthält einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 17.525.91 DM und eine Verzinsung dieser Summe ab März 2000. Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte am 21.06.2001 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 29.06.2001 Klage erhoben und beantragt, den Nachzahlungsbetrag bereits ab 01.01.1999 zu verzinsen. Wenn die Beklagte die Rente am 01.12.1998 beginnen lasse, habe sie offensichtlich den Antrag vom 22.09.1988 zugrunde gelegt.
Dem entgegnete die Beklagte, der Rentenantrag vom 24.02.1999 sei innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit am 23.11.1998 gestellt worden, so dass die Rente entsprechend § 99 SGB VI ab 01.12.1998 zu beginnen habe. Daraufhin hat die Klägerbevollmächtigte am 21.12.2001 vorgetragen, der Rentenantrag vom 24.02.1999 sei nicht erst am 08.07.1999 vollständig gewesen, als der Formblattantrag bei ihr eingegangen sei, sondern bereits zum Zeitpunkt des Eingangs bei der Verbindungsstelle. Art.33 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens bestimme, dass der Antrag in der Heimat der Antragstellung in Deutschland gleichstehe. Im gleichen Sinn habe das Bundessozialgericht am 10.09.1997 entschieden (SozR 3-1500 § 66 Nr.7). Auch bei dem Beginn der Verzinsung sei auf diesen Antrag abzustellen. Die anders lautenden Gesetzesmotive seien im Wortlaut des § 44 SGB I nicht klar geworden. Auch der Systemzusammenhang spreche dafür, dass die Verbindungsstelle zuständige Stelle im Sinn des § 16 Abs.2 SGB I sei. Zinsen seien daher bereits ab 01.09.1999 zu gewähren.
Die Beklagte hat erwidert, maßgebend für die Verzinsung sei allein der Eingang des Antrags beim deutschen Rentenversicherungsträger, da dieser davor keinerlei Einfluss auf die Bearbeitungsdauer und die Mitwirkung des Versicherten habe. Die Sonderregelung des § 16 Abs.2 Satz 2 SGB I sei im Hinblick auf die Unkenntnis des Versicherten getroffen worden, die im Rahmen eines zwischenstaatlichen Anspruchs offensichtlich nicht gegeben sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2003 abgewiesen. Ab 01.01.1999 stünden keine Zinsen zu, da hierfür der Antrag vom 24.02.1999 und nicht der von 1988, der verbraucht sei, maßgebend sei.
Gegen den am 09.01.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.01.2003 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und vorgetragen, das Gericht habe die Klageänderung übersehen. Mit Beschluss vom 08.10.2003 hat der Senat den Gerichtsbescheid abgeändert und die Berufung zugelassen. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte verweise die Versicherten zur Antragstellung auf die Verbindungsstelle. Die längere Bearbeitungsdauer in Jugoslawien müsse sich die Klägerin auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.12.1986 (SozR 1200 § 44 Nr.16) nicht zurechnen lassen. Sie sei daher so zu stellen, als hätte sie ihren Antrag sofort in Deutschland gestellt. Der Zinsanspruch sei als sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gerechtfertigt.
Die Beklagte hat erwidert, der Verweis der Versicherten an den jugoslawischen Versicherungsträger entspreche zwischenstaatlicher Verwaltungsvereinbarung.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 19.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2001 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag bereits ab 01.09.1999 zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akte des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 19.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2001. Der Nachzahlungsbetrag über 17.525.91 DM ist ab März 2000 zu verzinsen. Ein früherer Beginn der Verzinsung ab 01.09.1999 entbehrt der Rechtsgrundlage.
Gemäß § 44 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen zu verzinsen (Abs.1). Diese Verzinsung beginnt allerdings erst nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Versicherungsträger (Abs.2). Zuständiger Leistungsträger für die vom Ehemann der Klägerin beantragte und diesem mit Ausführungsbescheid vom 19.12.2000 bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente war die Beklagte. Bei dieser ist dessen Antrag im August 1999 eingegangen. Die Verzinsung beginnt daher nach Ablauf von sechs Kalendermonaten am 01.03.2000.
Einen früheren Verzinsungsbeginn kann die Klägerin nicht aus § 16 SGB I ableiten. Nach dieser Vorschrift gilt zwar der Eingang eines Antrags auch bei einer anderen Stelle als dem zuständigen deutschen Träger als materiell-rechtlicher Antragszeitpunkt. Ob damit aber nicht nur der Beginn der beantragten Leistung, sondern auch der Beginn der 6-Monats-Frist des § 44 Abs.2 SGB I festgelegt ist, wie dies vom BSG entschieden worden ist (2. Senat, Urteil vom 28.02.1990 in SozR 3-1200 § 44 Nr.1), ist umstritten (Seewald in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB I, Rz.15; BSG, Urteil vom 18.01.1995, Breithaupt 1996, 214 f.). Jedenfalls ist die Wirkung des § 16 Abs.2 SGB I aber entsprechend seiner Zielsetzung, das Prinzip der Einheit der staatlichen Sozialverwaltung zu konkretisieren, auf Inlandsfälle beschränkt (BSG, Urteil vom 28.02.1990, a.a.O. mit Verweisung auf die Gesetzgebungsmotive). Für Leistungen, die nach zwischenstaatlichen Rechtsvorschriften berechnet werden, ist der deutsche Leistungsträger der zuständige Versicherungsträger im Sinne des § 16 SGB I. Erst wenn bei diesem alle Umstände bekannt sind, die für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich sind und ihm somit die sachliche Entscheidung über den Antrag ermöglichen, beginnt die 6-Monats-Frist des § 44 Abs.2 SGB I zu laufen (im gleichen Sinne Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.09.1983 in SozR 1200 § 44 Nr.8). In diesem Sinne haben Senate des Bayer. Landessozialgerichts bereits mehrfach entschieden (Urteil vom 09.07.2003 - L 16 RJ 139/02; Beschluss des 5. Senats vom 21.01.2002, L 5 RJ 661/01 NZB und Beschluss vom 23.06.2003 L 5 RJ 191/02 NZB).
Die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 44 SGB I werden durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen förderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (Bundesgesetzblatt II 1969, 1438) - DJSVA - nicht berührt. Das Abkommen, das nach dem Notenwechsel der beteiligten Regierungen vom 31.07./05.10.1992 vorläufig auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Bosnien-Herzegowina weiter anzuwenden ist, beschränkt sich nur auf die Regelung der Fristwahrung für den Leistungsbeginn (Art.33 Abs.1 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens) und soll eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes als Ausnahme vom Territorialprinzip ausschließen (Art.4 Abs.1). Für die Berechnung der 6-Monats-Frist bei Leistungen, die nach über- oder zwischenstaatlichem Recht gewährt werden, kommt es hingegen nach dem Wortlaut des § 44 SGB I nicht lediglich auf den Eingang des Leistungsantrags, sondern auf den Eingang beim zuständigen - hier des deutschen - Leistungsträger an. § 44 SGB I entschädigt den Berechtigten nur für unverhältnismäßig lange Bearbeitungszeiten bei deutschen Behörden. Vor Eingang bei ihm hat der deutsche Versicherungsträger keinerlei Einfluss auf die Bearbeitung und deren Dauer und es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit eine längere Bearbeitungsdauer möglicherweise auf eine fehlende Mitwirkung des Versicherten zurückzuführen ist. Die Verbindungsstellen sind nämlich in Ausführung von Art.2 Abs.1 der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 12. Oktober 1968 über Soziale Sicherheit vom 09.11.1969 (BGBl. 1973 II, S.711) übereingekommen, die vereinbarten zweisprachigen Formblätter zu verwenden, die die nötigen Beweismittel ersetzen. Der Versicherungsträger, bei dem die Leistung beantragt ist, ermittelt sämtliche erforderlichen Angaben und übermittelt sie zusammen mit der Bescheinigung über die Versicherungszeiten dem Versicherungsträger des Vertragsstaats (Art.1 der Verwaltungsvereinbarung RV). Der deutsche Versicherungsträger hat also keinen Einblick in die Verwaltungsakten des ausländischen Versicherungsträgers, dessen Amtshilfeverpflichtung so begrenzt ist. Hinzu kommt, das das DJSVA im Gegensatz etwa zum Abkommen mit der Republik Kroatien über Soziale Sicherheit vom 24.11.1997 (BGBl. 1998 II, S.2034) keine Verpflichtung des ausländischen Versicherungsträgers enthält, die Anträge unverzüglich an die zuständige Stelle des anderen Vertragsstaats weiterzuleiten (Art.33 Abs.2 Kroatien SVA). Der § 44 SGB I zugrunde liegende Grundsatz, dem Berechtigten die Sozialleistung in zeitgemäßer Weise zügig (siehe §§ 16 Abs.2 Satz 1, 17 Abs.1 Ziffer 1 SGB I) zu verschaffen, hat im einschlägigen Abkommen also keinerlei Ausdruck gefunden. Laufzeiten bei außerdeutschen Versicherungsträgern fallen daher nicht in die Entschädigungspflicht nach deutschen gesetzlichen Bestimmungen.
Zwar heißt es in der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.09.1997 (SozR 1500 § 66 Nr.7), bei den im Sinne des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens den Staatsangehörigen beider Seiten eingeräumten Möglichkeiten, Anträge auf Sozialversicherungsleistungen bei den entsprechend zuständigen Stellen des anderen Vertragsstaats zu stellen, handle es sich um im Vertragswege geschaffene weitere Regel - Verwaltungsstellen zur Entgegennahme von Anträgen und Rechtsbehelfen. Dementsprechend werde nicht allein die Frist durch die Einlegung des Rechtsbehelfs gewahrt, sondern der Antrag/Rechtsbehelf gelte mit Zugang beim ausländischen Träger als beim zuständigen inländischen Träger gestellt/eingelegt. Dementsprechend sei in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die durch das Sozialversicherungsabkommen eingeräumte Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs bei einem ausländischen Versicherungsträger hinzuweisen. Wie bei § 16 Abs.2 SGB I ist mit Art.33 DJSVA aber lediglich die Einhaltung eines Zeitablaufs für die Existenz eines Antrags fingiert, nicht jedoch eine andere Voraussetzung wie die des Zugangs beim zuständigen Leistungsträger, die nur von § 44 SGB I verlangt wird. Die Verzinsung nach § 44 SGB I beginnt nicht bereits sechs Monate nach der Antragstellung. Der Gesetzgeber hat vielmehr bewusst die Antragstellung beim zuständigen Leistungsträger als Voraussetzung genannt, um dem Versicherten einen pauschalierten Nachteilsausgleich für die verspätete Leistungsgewährung zu gewähren.
Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Rechtsansicht nicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.12.1986 (SozR 1200 § 44 Nr.16) stützen. Dort heißt es zwar, die Verzögerung der Leistungsfeststellung durch einen ausländischen Versicherungsträger stehe dem Zinsanspruch nicht entgegen, da dieser ausschließlich von einem Zeitablauf, nicht aber von einem Verschulden abhängig sei. Dort war der Leistungsantrag allerdings beim zuständigen inländischen Leistungsträger gestellt worden, die Verzögerung hatte sich während des laufenden Verwaltungsverfahrens ergeben. Die hier maßgebliche Frage, der Eingang beim zuständigen Versicherungsträger gemäß § 44 Abs.2 SGB I, war dort gar nicht strittig.
Die Klägerbevollmächtigte kann sich zur Begründung ihres Anspruchs auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Zwar ist es richtig, dass die Praxis der Beklagen, ausländische Versicherte generell auf eine Antragstellung in ihrer Heimat zu verweisen, bedenklich erscheint, da sich so der Eingang des vollständigen Antrags beim zuständigen Leistungsträger ohne die Folge des § 44 SGB I verzögern kann und sich die Beklagte bewusst ihrer Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten begibt. Absehen davon, dass die Zinsregelung des § 44 SGB I nicht zum Zweck der anderweitig auszugleichenden Kosten der Rechtsverfolgung ausgedehnt werden darf (BSG, Urteil vom 08.09.1983 in SozR 1200 § 44 Nr.8), ist im vorliegenden Fall wegen des Todes des Versicherten nicht nachweisbar, ob dieser wegen eines entsprechenden Merkhefts der Beklagten davon abgehalten worden ist, seinen Rentenantrag direkt bei der Beklagten zu stellen. Die für den Herstellunganspruch notwendige Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und der sich daraus ergebenden nachteiligen Wirkungen ist also nicht gegeben.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da eine Klärung der strittigen Rechtsfrage mit Rücksicht auf die Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist und trotz der Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.02.1990 (a.a.O) wegen der Einordnung der Verbindungsstellen als weitere "Regel-Verwaltungsstellen zur Entgegennahme von Anträgen" durch den 5. Senat des BSG (Urteil vom 10.09.1997 a.a.O.) Klärungsbedarf besteht.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Verzinsung einer Nachzahlung in Höhe von 17.525,91 DM für die Zeit vom 01.09.1999 bis 28.02.2000.
Die Klägerin ist die Witwe des 1943 geborenen und am 26.12.2000 verstorbenen bosnischen Staatsangehörigen R. P. , der am 22.09.1988 einen rentenablehnenden Bescheid erhalten hat.
Am 24.02.1999 beantragte er beim bosnischen Sozialversicherungsträger erneut die Gewährung von Rente. Dieser Antrag ist bei der Beklagten im August 1999 eingegangen. Nach neuerlicher Ablehnung - Bescheid vom 05.08.1999 - unterbreitete die Beklagte im Widerspruchsverfahren am 13.11.2000 ein Vergleichsangebot über die Anerkennung der Erwerbsunfähigkeit am 23.11.1998 und Leistungsgewährung ab 01.12.1998, das die Klägerbevollmächtigte am 04.12.2000 annahm. Der Ausführungsbescheid vom 19.12.2000 enthält einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 17.525.91 DM und eine Verzinsung dieser Summe ab März 2000. Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte am 21.06.2001 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 29.06.2001 Klage erhoben und beantragt, den Nachzahlungsbetrag bereits ab 01.01.1999 zu verzinsen. Wenn die Beklagte die Rente am 01.12.1998 beginnen lasse, habe sie offensichtlich den Antrag vom 22.09.1988 zugrunde gelegt.
Dem entgegnete die Beklagte, der Rentenantrag vom 24.02.1999 sei innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit am 23.11.1998 gestellt worden, so dass die Rente entsprechend § 99 SGB VI ab 01.12.1998 zu beginnen habe. Daraufhin hat die Klägerbevollmächtigte am 21.12.2001 vorgetragen, der Rentenantrag vom 24.02.1999 sei nicht erst am 08.07.1999 vollständig gewesen, als der Formblattantrag bei ihr eingegangen sei, sondern bereits zum Zeitpunkt des Eingangs bei der Verbindungsstelle. Art.33 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens bestimme, dass der Antrag in der Heimat der Antragstellung in Deutschland gleichstehe. Im gleichen Sinn habe das Bundessozialgericht am 10.09.1997 entschieden (SozR 3-1500 § 66 Nr.7). Auch bei dem Beginn der Verzinsung sei auf diesen Antrag abzustellen. Die anders lautenden Gesetzesmotive seien im Wortlaut des § 44 SGB I nicht klar geworden. Auch der Systemzusammenhang spreche dafür, dass die Verbindungsstelle zuständige Stelle im Sinn des § 16 Abs.2 SGB I sei. Zinsen seien daher bereits ab 01.09.1999 zu gewähren.
Die Beklagte hat erwidert, maßgebend für die Verzinsung sei allein der Eingang des Antrags beim deutschen Rentenversicherungsträger, da dieser davor keinerlei Einfluss auf die Bearbeitungsdauer und die Mitwirkung des Versicherten habe. Die Sonderregelung des § 16 Abs.2 Satz 2 SGB I sei im Hinblick auf die Unkenntnis des Versicherten getroffen worden, die im Rahmen eines zwischenstaatlichen Anspruchs offensichtlich nicht gegeben sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2003 abgewiesen. Ab 01.01.1999 stünden keine Zinsen zu, da hierfür der Antrag vom 24.02.1999 und nicht der von 1988, der verbraucht sei, maßgebend sei.
Gegen den am 09.01.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.01.2003 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und vorgetragen, das Gericht habe die Klageänderung übersehen. Mit Beschluss vom 08.10.2003 hat der Senat den Gerichtsbescheid abgeändert und die Berufung zugelassen. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte verweise die Versicherten zur Antragstellung auf die Verbindungsstelle. Die längere Bearbeitungsdauer in Jugoslawien müsse sich die Klägerin auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.12.1986 (SozR 1200 § 44 Nr.16) nicht zurechnen lassen. Sie sei daher so zu stellen, als hätte sie ihren Antrag sofort in Deutschland gestellt. Der Zinsanspruch sei als sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gerechtfertigt.
Die Beklagte hat erwidert, der Verweis der Versicherten an den jugoslawischen Versicherungsträger entspreche zwischenstaatlicher Verwaltungsvereinbarung.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 19.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2001 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag bereits ab 01.09.1999 zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akte des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 03.01.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 19.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.06.2001. Der Nachzahlungsbetrag über 17.525.91 DM ist ab März 2000 zu verzinsen. Ein früherer Beginn der Verzinsung ab 01.09.1999 entbehrt der Rechtsgrundlage.
Gemäß § 44 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen zu verzinsen (Abs.1). Diese Verzinsung beginnt allerdings erst nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Versicherungsträger (Abs.2). Zuständiger Leistungsträger für die vom Ehemann der Klägerin beantragte und diesem mit Ausführungsbescheid vom 19.12.2000 bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente war die Beklagte. Bei dieser ist dessen Antrag im August 1999 eingegangen. Die Verzinsung beginnt daher nach Ablauf von sechs Kalendermonaten am 01.03.2000.
Einen früheren Verzinsungsbeginn kann die Klägerin nicht aus § 16 SGB I ableiten. Nach dieser Vorschrift gilt zwar der Eingang eines Antrags auch bei einer anderen Stelle als dem zuständigen deutschen Träger als materiell-rechtlicher Antragszeitpunkt. Ob damit aber nicht nur der Beginn der beantragten Leistung, sondern auch der Beginn der 6-Monats-Frist des § 44 Abs.2 SGB I festgelegt ist, wie dies vom BSG entschieden worden ist (2. Senat, Urteil vom 28.02.1990 in SozR 3-1200 § 44 Nr.1), ist umstritten (Seewald in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB I, Rz.15; BSG, Urteil vom 18.01.1995, Breithaupt 1996, 214 f.). Jedenfalls ist die Wirkung des § 16 Abs.2 SGB I aber entsprechend seiner Zielsetzung, das Prinzip der Einheit der staatlichen Sozialverwaltung zu konkretisieren, auf Inlandsfälle beschränkt (BSG, Urteil vom 28.02.1990, a.a.O. mit Verweisung auf die Gesetzgebungsmotive). Für Leistungen, die nach zwischenstaatlichen Rechtsvorschriften berechnet werden, ist der deutsche Leistungsträger der zuständige Versicherungsträger im Sinne des § 16 SGB I. Erst wenn bei diesem alle Umstände bekannt sind, die für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich sind und ihm somit die sachliche Entscheidung über den Antrag ermöglichen, beginnt die 6-Monats-Frist des § 44 Abs.2 SGB I zu laufen (im gleichen Sinne Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.09.1983 in SozR 1200 § 44 Nr.8). In diesem Sinne haben Senate des Bayer. Landessozialgerichts bereits mehrfach entschieden (Urteil vom 09.07.2003 - L 16 RJ 139/02; Beschluss des 5. Senats vom 21.01.2002, L 5 RJ 661/01 NZB und Beschluss vom 23.06.2003 L 5 RJ 191/02 NZB).
Die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 44 SGB I werden durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen förderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (Bundesgesetzblatt II 1969, 1438) - DJSVA - nicht berührt. Das Abkommen, das nach dem Notenwechsel der beteiligten Regierungen vom 31.07./05.10.1992 vorläufig auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Bosnien-Herzegowina weiter anzuwenden ist, beschränkt sich nur auf die Regelung der Fristwahrung für den Leistungsbeginn (Art.33 Abs.1 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens) und soll eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes als Ausnahme vom Territorialprinzip ausschließen (Art.4 Abs.1). Für die Berechnung der 6-Monats-Frist bei Leistungen, die nach über- oder zwischenstaatlichem Recht gewährt werden, kommt es hingegen nach dem Wortlaut des § 44 SGB I nicht lediglich auf den Eingang des Leistungsantrags, sondern auf den Eingang beim zuständigen - hier des deutschen - Leistungsträger an. § 44 SGB I entschädigt den Berechtigten nur für unverhältnismäßig lange Bearbeitungszeiten bei deutschen Behörden. Vor Eingang bei ihm hat der deutsche Versicherungsträger keinerlei Einfluss auf die Bearbeitung und deren Dauer und es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit eine längere Bearbeitungsdauer möglicherweise auf eine fehlende Mitwirkung des Versicherten zurückzuführen ist. Die Verbindungsstellen sind nämlich in Ausführung von Art.2 Abs.1 der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 12. Oktober 1968 über Soziale Sicherheit vom 09.11.1969 (BGBl. 1973 II, S.711) übereingekommen, die vereinbarten zweisprachigen Formblätter zu verwenden, die die nötigen Beweismittel ersetzen. Der Versicherungsträger, bei dem die Leistung beantragt ist, ermittelt sämtliche erforderlichen Angaben und übermittelt sie zusammen mit der Bescheinigung über die Versicherungszeiten dem Versicherungsträger des Vertragsstaats (Art.1 der Verwaltungsvereinbarung RV). Der deutsche Versicherungsträger hat also keinen Einblick in die Verwaltungsakten des ausländischen Versicherungsträgers, dessen Amtshilfeverpflichtung so begrenzt ist. Hinzu kommt, das das DJSVA im Gegensatz etwa zum Abkommen mit der Republik Kroatien über Soziale Sicherheit vom 24.11.1997 (BGBl. 1998 II, S.2034) keine Verpflichtung des ausländischen Versicherungsträgers enthält, die Anträge unverzüglich an die zuständige Stelle des anderen Vertragsstaats weiterzuleiten (Art.33 Abs.2 Kroatien SVA). Der § 44 SGB I zugrunde liegende Grundsatz, dem Berechtigten die Sozialleistung in zeitgemäßer Weise zügig (siehe §§ 16 Abs.2 Satz 1, 17 Abs.1 Ziffer 1 SGB I) zu verschaffen, hat im einschlägigen Abkommen also keinerlei Ausdruck gefunden. Laufzeiten bei außerdeutschen Versicherungsträgern fallen daher nicht in die Entschädigungspflicht nach deutschen gesetzlichen Bestimmungen.
Zwar heißt es in der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.09.1997 (SozR 1500 § 66 Nr.7), bei den im Sinne des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens den Staatsangehörigen beider Seiten eingeräumten Möglichkeiten, Anträge auf Sozialversicherungsleistungen bei den entsprechend zuständigen Stellen des anderen Vertragsstaats zu stellen, handle es sich um im Vertragswege geschaffene weitere Regel - Verwaltungsstellen zur Entgegennahme von Anträgen und Rechtsbehelfen. Dementsprechend werde nicht allein die Frist durch die Einlegung des Rechtsbehelfs gewahrt, sondern der Antrag/Rechtsbehelf gelte mit Zugang beim ausländischen Träger als beim zuständigen inländischen Träger gestellt/eingelegt. Dementsprechend sei in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die durch das Sozialversicherungsabkommen eingeräumte Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs bei einem ausländischen Versicherungsträger hinzuweisen. Wie bei § 16 Abs.2 SGB I ist mit Art.33 DJSVA aber lediglich die Einhaltung eines Zeitablaufs für die Existenz eines Antrags fingiert, nicht jedoch eine andere Voraussetzung wie die des Zugangs beim zuständigen Leistungsträger, die nur von § 44 SGB I verlangt wird. Die Verzinsung nach § 44 SGB I beginnt nicht bereits sechs Monate nach der Antragstellung. Der Gesetzgeber hat vielmehr bewusst die Antragstellung beim zuständigen Leistungsträger als Voraussetzung genannt, um dem Versicherten einen pauschalierten Nachteilsausgleich für die verspätete Leistungsgewährung zu gewähren.
Die Klägerin kann sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Rechtsansicht nicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.12.1986 (SozR 1200 § 44 Nr.16) stützen. Dort heißt es zwar, die Verzögerung der Leistungsfeststellung durch einen ausländischen Versicherungsträger stehe dem Zinsanspruch nicht entgegen, da dieser ausschließlich von einem Zeitablauf, nicht aber von einem Verschulden abhängig sei. Dort war der Leistungsantrag allerdings beim zuständigen inländischen Leistungsträger gestellt worden, die Verzögerung hatte sich während des laufenden Verwaltungsverfahrens ergeben. Die hier maßgebliche Frage, der Eingang beim zuständigen Versicherungsträger gemäß § 44 Abs.2 SGB I, war dort gar nicht strittig.
Die Klägerbevollmächtigte kann sich zur Begründung ihres Anspruchs auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Zwar ist es richtig, dass die Praxis der Beklagen, ausländische Versicherte generell auf eine Antragstellung in ihrer Heimat zu verweisen, bedenklich erscheint, da sich so der Eingang des vollständigen Antrags beim zuständigen Leistungsträger ohne die Folge des § 44 SGB I verzögern kann und sich die Beklagte bewusst ihrer Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten begibt. Absehen davon, dass die Zinsregelung des § 44 SGB I nicht zum Zweck der anderweitig auszugleichenden Kosten der Rechtsverfolgung ausgedehnt werden darf (BSG, Urteil vom 08.09.1983 in SozR 1200 § 44 Nr.8), ist im vorliegenden Fall wegen des Todes des Versicherten nicht nachweisbar, ob dieser wegen eines entsprechenden Merkhefts der Beklagten davon abgehalten worden ist, seinen Rentenantrag direkt bei der Beklagten zu stellen. Die für den Herstellunganspruch notwendige Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und der sich daraus ergebenden nachteiligen Wirkungen ist also nicht gegeben.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da eine Klärung der strittigen Rechtsfrage mit Rücksicht auf die Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist und trotz der Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.02.1990 (a.a.O) wegen der Einordnung der Verbindungsstellen als weitere "Regel-Verwaltungsstellen zur Entgegennahme von Anträgen" durch den 5. Senat des BSG (Urteil vom 10.09.1997 a.a.O.) Klärungsbedarf besteht.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved