Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 112/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 170/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29.03.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1966 geborene Kläger quetschte sich am 04.04.2001 den Ringfinger der rechten Hand.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr. M. , diagnostizierte am gleichen Tag eine Fingerquetschverletzung mit knöchernem Verlust, Prellung des Nackens und des Daumengrundgelenkes rechts. Der Unfallchirurg Prof. Dr. N. , den der Kläger am 08.05.2001 aufsuchte, erklärte, die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten einen vollkommen unauffälligen ossären Befund. Auch bei der körperlichen Untersuchung sei der Befund des Nackens unauffällig mit Muskelhartspann. Die neurologische Überprüfung sei ebenfalls vollkommen unauffällig. Auffallend sei eine reflektorische Fehlhaltung aufgrund der erheblichen Schmerzsymptomatik am Fingerendglied D IV rechts. Am 01.06.2001 bestanden noch Hyperästhesien im Bereich des Amputationsstumpfes, die Beugung war schmerzbedingt eingeschränkt, die Streckung vollständig möglich. Arbeitsunfähigkeit wurde bis 07.05.2001 angenommen, die MdE mit unter 10 v.H. bewertet. Am 05.06.2001 empfahl Prof. Dr. N. eine intensive krankengymnastische Übungsbehandlung. Arbeitsunfähigkeit wurde bis 21.05.2001 bescheinigt, die MdE mit 5 v.H. bewertet.
Am 20.06.2001 attestierte der Neurologe und Psychiater Dr. P. , seit dem Arbeitsunfall bestünden Depressionen. Im Schreiben vom 17.07.2001 wies Dr. P. auf eine psychosomatische Überlagerung der Beschwerden hin.
Prof. Dr. N. bestätigte am 10.07.2001, der Kläger habe sich in der Handchirurgischen Ambulanz vorgestellt. Intensivste krankengymnastische Übungsbehandlung sei angezeigt. Arbeitsunfähigkeit bestehe für weitere zwei Wochen, die MdE liege unter 10 v.H. Am 08.08.2001 wurd eine Neuromresektion durchgeführt. Am 29.08.2001 vertrat Prof. Dr. N. die Auffassung, durch die Operation müsse die Neurom-Beschwerdesymtomatik beseitigt sein. Die jetzigen Schmerzen seien eher auf ein chronisch-sympathisches Schmerzsyndrom zurückzuführen. Dr. H. von der Abteilung Schmerzambulanz erklärte im Schreiben vom 24.08.2001, beim Kläger bestehe ein Morbus Sudeck der Hand.
Prof. Dr. N. führte im Schreiben vom 02.10.2001 aus, der Kläger habe am 21.05.2001 trotz des relativ geringfügigen Traumas und der nicht zu erwartenden krassen Schmerzbelastung eine Krustenabtragung abgelehnt. Arbeitsunfähigkeit sei bis 03.06.2001 gegeben gewesen. Die MdE sei mit weniger als 10 v.H. zu bewerten.
Im neurologischen Befundbericht vom 27.08.2001 kam Dr. N. zu der Auffassung, es lasse sich eine Hyperpathie im teilamputierten Endglied diagnostizieren. Unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens seien die Voraussetzungen für eine HWS-Verletzung nicht gegeben gewesen. Es handle sich hier um ein unfallunabhängiges Beschwerdebild. Weiterhin bestehe ein leichtgradiges depressives Syndrom, das nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Schmerzsyndrom im Bereich des 4. Fingers zu sehen sei.
In den Berichten vom 18.10., 22.11.2001 und 15.01.2002 wies Dr. P. auf unveränderte Beschwerden, die psychosomatisch überlagert seien, hin. Dr. H. führte im Schreiben vom 17.01.2002 aus, eine befriedigende Schmerzlinderung habe bisher nicht erzielt werden können. Vom 23.01. bis 13.02. befand sich der Kläger im Klinikum Bad B. zur stationären Rehabilitation. Bei der Abschlussuntersuchung erklärte der Kläger, sämtliche Anwendungen seien ohne bleibenden Effekt gewesen. Dr. K. vertrat die Auffassung, wesentliche Funktionseinschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten lägen nicht vor. Es bestehe eine deutliche Diskrepanz der Untersuchungsbefunde und des Alltagsverhaltens. Die chronifizierte Wirbelsäulenfehlhaltung beruhe auf konstitutionellen Gründen. Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr gegeben.
Am 26.06.2002 wurde der Kläger in der Klinik für Handchirurgie, Bad N. , untersucht. Aufgrund der anhaltenden Beschwerden bei Verdacht auf Epithelzysten riet Prof. Dr. L. zu einer Stumpfkorrektur mit Nachkürzungen. Der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig.
Im neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten vom 17.09.2002 vertrat Dr. S. die Auffassung, nachzuweisen sei lediglich eine sensible Empfindungsstörung mit schmerzhaften Dysästhesien im Bereich der Mittel- und Endphalanx des 4. Fingers. Diese auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhenden Befunde seien plausibel, sie gingen einher mit spontanen neuropathischen Schmerzattacken, die möglicherweise Ausdruck einer neuerlichen Neurombildung sein könnten. Am Daumen hätten keine charakteristischen neurologischen Auffälligkeiten nachgewiesen werden können. Die Beschwerden verursachten nur eine geringgradige und im Alltag kaum funktionsbehindernde Bewegungseinschränkung. Im Bereich der Halswirbelsäule seien Schädigungen zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen und bestünden auch derzeit nicht. Eine kernspintomographische Untersuchung vom Juli/August 2001 habe Verletzungen ausgeschlossen. Aufgrund des Unfallmechanismus sei eine ausgeheilte Prellung oder Distorsion anzunehmen. Im zeitlichen Zusammenhang mit den Unfallfolgen habe sich ein depressives Zustandsbild herausgebildet. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen Art und Schwere des Unfalls und diesem psychischen Zustandsbild, das mehrheitlich auf unfallunabhängige Faktoren zurückgeführt werden müsse. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe maximal bis Ende 2001 vorgelegen. Aufgrund der persistierenden Schmerzsymptomatik mit Funktionsstörung sei von einer rein unfallbedingten MdE von 15 v.H. auszugehen.
Der Handchirurg Dr. G. kam im Gutachten vom 30.12.2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis, bei allen Untersuchungen sei eine Diskrepanz zwischen Art und Schwere des Unfalls und der Unfallfolgen und dem jetzt vorhandenen psychischen Zustandsbild aufgefallen. Weder das Trauma noch die Traumafolgen seien geeignet gewesen, ein depressives Zustandsbild dieses Schweregrades und von dieser Dauer hervorzurufen. Ab 01.01.2002 bestehe wieder Arbeitsfähigkeit. Die unfallbedingte MdE sei mit 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27.01.2003 die Gewährung einer Unfallrente ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 31.12.2001 bestanden. Unfallfolgen seien eine Quetschung des rechten Ringfingers, die unter Teilverlust des Ringfinger-Endgliedes und Gefühlstörungen im Endgliedstumpfbereich ausgeheilt sei. Die Prellung/Zerrung der Halswirbelsäule sei ebenfalls folgenlos ausgeheilt. Die jetzigen Beschwerden seien nicht auf das Unfallereignis, sondern auf bereits vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen. Das depressive Syndrom sei keine Unfallfolge.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2003 zurück.
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, Dr. S. habe die MdE auf neurologischem Gebiet mit 15 v.H., Dr. G. auf seinem Fachgebiet mit 10 v.H. eingeschätzt. Somit sei eine höhere MdE als 10 v.H. gegeben.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2005 ab. Dr. G. habe die Unfallfolgen unter Einbeziehung der neurologischen Störungen mit 10 v.H. bewertet. In den Gutachten sei festgestellt worden, dass die depressive Erkrankung mit dem Unfall nicht in Zusammenhang zu bringen sei. Hinweise auf eine Verletzung der Halswirbelsäule im Sinne einer Beteiligung knöcherner oder ligamentärer Strukturen hätten sich nicht ergeben.
Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Kläger nicht begründet.
Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. führte im Gutachten vom 21.11.2005 zusammenfassend aus, die Diagnose einer Prellung der Halswirbelsäule gründe sich darauf, dass der Kläger beim Zurückziehen des Fingers mit dem Nacken angeschlagen sei. Anhaltspunkte für eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule ergäben sich weder klinisch noch mittels der bildgebenden Verfahren, so auch der Kernspintomographie. Posttraumatisch sei es zu einer psychiatrischen Symptomatik gekommen, einem depressiven Syndrom. Der Einsatz stärkerer Antidepressiva sei nicht erfolgt, dies spreche dafür, dass der Ausprägungsgrad der depressiven Symptomatik nur gering gewesen sei. Ein depressives Syndrom sei in der Regel multifaktoriell bedingt. Wenn ein vergleichsweise harmloses Trauma zum Auftreten eines depressiven Syndromes führe, müsse man nach anderen möglichen Ursachen forschen, vor allen Dingen dann, wenn es über einen längeren Zeitraum anhalte. Dr. P. spreche von einer psychosomatischen Überlagerung; im Entlasssungsbericht der Klinik in Bad B. werde auf eine nicht bewusstseinsferne Ausgestaltung des Krankheitsbildes hingewiesen. Diese Symptomatik sei nicht Ausdruck einer krankheitswertigen seelischen Störung, sondern Ausdruck einer tendenziell geprägten Überlagerung. Man könne hier nicht davon ausgehen, dass der Erlebnisgehalt des Traumas so gravierend gewesen sei, dass bei den meisten Menschen eine ausgeprägte psychische Reaktion zu erwarten gewesen wäre. Unfallfolgen seien die Teilamputation des Ringfinger-Endgliedes mit Sensibilitätstörungen und die folgenlos verheilte Prellung der Halswirbelsäule, die MdE hierfür sei mit 10 v.H.zu bemessen.
Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29.03.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides von 27.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2003 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 04.04.2001 Verletzenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG)
Zur Ergänzung ist noch darauf hinzuweisen, dass auch das vom Senat eingeholte nervenärztliche Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr. K. zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führt. Wie Dr. K. überzeugend dargelegt hat, ergaben weder die klinischen Befunde noch die Röntgenaufnahmen noch die Kernspintomographie Anhaltspunkte für eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule durch den Unfall vom 04.04.2001. Ein Spinalsyndrom C 6, wie es Dr. P. diagnostiziert hat, ist nicht bewiesen. Denn, so Dr. K. , eine strukturelle Schädigung der Nervenwurzel C 6 ist durch Befunde nicht belegt. Die leichte Verzögerung der zentral-motorischen Leitzeit bei der Ableitung der MEP kann diese Diagnose nicht begründen.
Gegen einen Zusammenhang der psychiatrischen Symptomatik, dem von Dr. P. diagnostizierten depressiven Syndrom, mit dem Unfall spricht zum einen, dass, wie Dr. K. betont, ein depressives Syndrom in der Regel multifaktoriell bedingt ist, zum anderen, dass es sich hier um ein vergleichsweise harmloses Trauma gehandelt hat. Psychoreaktive Störungen sind, so Dr. K. , als Unfallfolgen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist aber, wie Dr. K. zu Recht erläutert, in jedem Fall zu prüfen, ob die Anlage des Betroffenen so leicht ansprechbar war, dass sie gegenüber den psychischen Auswirkungen die rechtlich allein wesentliche Ursache ist. Der Erlebnisgehalt des Unfalls vom 04.04.2001 war sicher nicht so gravierend und nicht mit einer so schweren seelischen Belastung verbunden, dass bei den meisten Menschen eine ausgeprägte psychische Reaktion zu erwarten gewesen wäre. Immerhin hat auch Dr. P. von einer psychosomatischen Überlagerung gesprochen, womit auch er auf eine nicht bewusstseinsferne Ausgestaltung des Krankheitsbildes hingewiesen hat. Dies wurde auch von den behandelnden Ärzten im Klinikum Bad B. im Februar 2002 aufgrund der Diskrepanz des Verhaltens bei Untersuchungen und im Alltag ausdrücklich festgestellt. Die jetzt bestehende seelische Störung ist, so Dr. K. in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern, als unfallunabhängig anzusehen.
Die MdE für die Teilamputation des Ringfinger-Endgliedes mit Sensibilitätstörungen und die folgenlos verheilte Prellung der Halswirbelsäule ist mit 10 v.H. zutreffend und ausreichend bemessen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1966 geborene Kläger quetschte sich am 04.04.2001 den Ringfinger der rechten Hand.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr. M. , diagnostizierte am gleichen Tag eine Fingerquetschverletzung mit knöchernem Verlust, Prellung des Nackens und des Daumengrundgelenkes rechts. Der Unfallchirurg Prof. Dr. N. , den der Kläger am 08.05.2001 aufsuchte, erklärte, die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten einen vollkommen unauffälligen ossären Befund. Auch bei der körperlichen Untersuchung sei der Befund des Nackens unauffällig mit Muskelhartspann. Die neurologische Überprüfung sei ebenfalls vollkommen unauffällig. Auffallend sei eine reflektorische Fehlhaltung aufgrund der erheblichen Schmerzsymptomatik am Fingerendglied D IV rechts. Am 01.06.2001 bestanden noch Hyperästhesien im Bereich des Amputationsstumpfes, die Beugung war schmerzbedingt eingeschränkt, die Streckung vollständig möglich. Arbeitsunfähigkeit wurde bis 07.05.2001 angenommen, die MdE mit unter 10 v.H. bewertet. Am 05.06.2001 empfahl Prof. Dr. N. eine intensive krankengymnastische Übungsbehandlung. Arbeitsunfähigkeit wurde bis 21.05.2001 bescheinigt, die MdE mit 5 v.H. bewertet.
Am 20.06.2001 attestierte der Neurologe und Psychiater Dr. P. , seit dem Arbeitsunfall bestünden Depressionen. Im Schreiben vom 17.07.2001 wies Dr. P. auf eine psychosomatische Überlagerung der Beschwerden hin.
Prof. Dr. N. bestätigte am 10.07.2001, der Kläger habe sich in der Handchirurgischen Ambulanz vorgestellt. Intensivste krankengymnastische Übungsbehandlung sei angezeigt. Arbeitsunfähigkeit bestehe für weitere zwei Wochen, die MdE liege unter 10 v.H. Am 08.08.2001 wurd eine Neuromresektion durchgeführt. Am 29.08.2001 vertrat Prof. Dr. N. die Auffassung, durch die Operation müsse die Neurom-Beschwerdesymtomatik beseitigt sein. Die jetzigen Schmerzen seien eher auf ein chronisch-sympathisches Schmerzsyndrom zurückzuführen. Dr. H. von der Abteilung Schmerzambulanz erklärte im Schreiben vom 24.08.2001, beim Kläger bestehe ein Morbus Sudeck der Hand.
Prof. Dr. N. führte im Schreiben vom 02.10.2001 aus, der Kläger habe am 21.05.2001 trotz des relativ geringfügigen Traumas und der nicht zu erwartenden krassen Schmerzbelastung eine Krustenabtragung abgelehnt. Arbeitsunfähigkeit sei bis 03.06.2001 gegeben gewesen. Die MdE sei mit weniger als 10 v.H. zu bewerten.
Im neurologischen Befundbericht vom 27.08.2001 kam Dr. N. zu der Auffassung, es lasse sich eine Hyperpathie im teilamputierten Endglied diagnostizieren. Unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens seien die Voraussetzungen für eine HWS-Verletzung nicht gegeben gewesen. Es handle sich hier um ein unfallunabhängiges Beschwerdebild. Weiterhin bestehe ein leichtgradiges depressives Syndrom, das nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Schmerzsyndrom im Bereich des 4. Fingers zu sehen sei.
In den Berichten vom 18.10., 22.11.2001 und 15.01.2002 wies Dr. P. auf unveränderte Beschwerden, die psychosomatisch überlagert seien, hin. Dr. H. führte im Schreiben vom 17.01.2002 aus, eine befriedigende Schmerzlinderung habe bisher nicht erzielt werden können. Vom 23.01. bis 13.02. befand sich der Kläger im Klinikum Bad B. zur stationären Rehabilitation. Bei der Abschlussuntersuchung erklärte der Kläger, sämtliche Anwendungen seien ohne bleibenden Effekt gewesen. Dr. K. vertrat die Auffassung, wesentliche Funktionseinschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten lägen nicht vor. Es bestehe eine deutliche Diskrepanz der Untersuchungsbefunde und des Alltagsverhaltens. Die chronifizierte Wirbelsäulenfehlhaltung beruhe auf konstitutionellen Gründen. Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr gegeben.
Am 26.06.2002 wurde der Kläger in der Klinik für Handchirurgie, Bad N. , untersucht. Aufgrund der anhaltenden Beschwerden bei Verdacht auf Epithelzysten riet Prof. Dr. L. zu einer Stumpfkorrektur mit Nachkürzungen. Der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig.
Im neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten vom 17.09.2002 vertrat Dr. S. die Auffassung, nachzuweisen sei lediglich eine sensible Empfindungsstörung mit schmerzhaften Dysästhesien im Bereich der Mittel- und Endphalanx des 4. Fingers. Diese auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhenden Befunde seien plausibel, sie gingen einher mit spontanen neuropathischen Schmerzattacken, die möglicherweise Ausdruck einer neuerlichen Neurombildung sein könnten. Am Daumen hätten keine charakteristischen neurologischen Auffälligkeiten nachgewiesen werden können. Die Beschwerden verursachten nur eine geringgradige und im Alltag kaum funktionsbehindernde Bewegungseinschränkung. Im Bereich der Halswirbelsäule seien Schädigungen zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen und bestünden auch derzeit nicht. Eine kernspintomographische Untersuchung vom Juli/August 2001 habe Verletzungen ausgeschlossen. Aufgrund des Unfallmechanismus sei eine ausgeheilte Prellung oder Distorsion anzunehmen. Im zeitlichen Zusammenhang mit den Unfallfolgen habe sich ein depressives Zustandsbild herausgebildet. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen Art und Schwere des Unfalls und diesem psychischen Zustandsbild, das mehrheitlich auf unfallunabhängige Faktoren zurückgeführt werden müsse. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe maximal bis Ende 2001 vorgelegen. Aufgrund der persistierenden Schmerzsymptomatik mit Funktionsstörung sei von einer rein unfallbedingten MdE von 15 v.H. auszugehen.
Der Handchirurg Dr. G. kam im Gutachten vom 30.12.2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis, bei allen Untersuchungen sei eine Diskrepanz zwischen Art und Schwere des Unfalls und der Unfallfolgen und dem jetzt vorhandenen psychischen Zustandsbild aufgefallen. Weder das Trauma noch die Traumafolgen seien geeignet gewesen, ein depressives Zustandsbild dieses Schweregrades und von dieser Dauer hervorzurufen. Ab 01.01.2002 bestehe wieder Arbeitsfähigkeit. Die unfallbedingte MdE sei mit 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27.01.2003 die Gewährung einer Unfallrente ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 31.12.2001 bestanden. Unfallfolgen seien eine Quetschung des rechten Ringfingers, die unter Teilverlust des Ringfinger-Endgliedes und Gefühlstörungen im Endgliedstumpfbereich ausgeheilt sei. Die Prellung/Zerrung der Halswirbelsäule sei ebenfalls folgenlos ausgeheilt. Die jetzigen Beschwerden seien nicht auf das Unfallereignis, sondern auf bereits vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen. Das depressive Syndrom sei keine Unfallfolge.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2003 zurück.
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, Dr. S. habe die MdE auf neurologischem Gebiet mit 15 v.H., Dr. G. auf seinem Fachgebiet mit 10 v.H. eingeschätzt. Somit sei eine höhere MdE als 10 v.H. gegeben.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2005 ab. Dr. G. habe die Unfallfolgen unter Einbeziehung der neurologischen Störungen mit 10 v.H. bewertet. In den Gutachten sei festgestellt worden, dass die depressive Erkrankung mit dem Unfall nicht in Zusammenhang zu bringen sei. Hinweise auf eine Verletzung der Halswirbelsäule im Sinne einer Beteiligung knöcherner oder ligamentärer Strukturen hätten sich nicht ergeben.
Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Kläger nicht begründet.
Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. führte im Gutachten vom 21.11.2005 zusammenfassend aus, die Diagnose einer Prellung der Halswirbelsäule gründe sich darauf, dass der Kläger beim Zurückziehen des Fingers mit dem Nacken angeschlagen sei. Anhaltspunkte für eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule ergäben sich weder klinisch noch mittels der bildgebenden Verfahren, so auch der Kernspintomographie. Posttraumatisch sei es zu einer psychiatrischen Symptomatik gekommen, einem depressiven Syndrom. Der Einsatz stärkerer Antidepressiva sei nicht erfolgt, dies spreche dafür, dass der Ausprägungsgrad der depressiven Symptomatik nur gering gewesen sei. Ein depressives Syndrom sei in der Regel multifaktoriell bedingt. Wenn ein vergleichsweise harmloses Trauma zum Auftreten eines depressiven Syndromes führe, müsse man nach anderen möglichen Ursachen forschen, vor allen Dingen dann, wenn es über einen längeren Zeitraum anhalte. Dr. P. spreche von einer psychosomatischen Überlagerung; im Entlasssungsbericht der Klinik in Bad B. werde auf eine nicht bewusstseinsferne Ausgestaltung des Krankheitsbildes hingewiesen. Diese Symptomatik sei nicht Ausdruck einer krankheitswertigen seelischen Störung, sondern Ausdruck einer tendenziell geprägten Überlagerung. Man könne hier nicht davon ausgehen, dass der Erlebnisgehalt des Traumas so gravierend gewesen sei, dass bei den meisten Menschen eine ausgeprägte psychische Reaktion zu erwarten gewesen wäre. Unfallfolgen seien die Teilamputation des Ringfinger-Endgliedes mit Sensibilitätstörungen und die folgenlos verheilte Prellung der Halswirbelsäule, die MdE hierfür sei mit 10 v.H.zu bemessen.
Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 29.03.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides von 27.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2003 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 04.04.2001 Verletzenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG)
Zur Ergänzung ist noch darauf hinzuweisen, dass auch das vom Senat eingeholte nervenärztliche Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr. K. zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führt. Wie Dr. K. überzeugend dargelegt hat, ergaben weder die klinischen Befunde noch die Röntgenaufnahmen noch die Kernspintomographie Anhaltspunkte für eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule durch den Unfall vom 04.04.2001. Ein Spinalsyndrom C 6, wie es Dr. P. diagnostiziert hat, ist nicht bewiesen. Denn, so Dr. K. , eine strukturelle Schädigung der Nervenwurzel C 6 ist durch Befunde nicht belegt. Die leichte Verzögerung der zentral-motorischen Leitzeit bei der Ableitung der MEP kann diese Diagnose nicht begründen.
Gegen einen Zusammenhang der psychiatrischen Symptomatik, dem von Dr. P. diagnostizierten depressiven Syndrom, mit dem Unfall spricht zum einen, dass, wie Dr. K. betont, ein depressives Syndrom in der Regel multifaktoriell bedingt ist, zum anderen, dass es sich hier um ein vergleichsweise harmloses Trauma gehandelt hat. Psychoreaktive Störungen sind, so Dr. K. , als Unfallfolgen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist aber, wie Dr. K. zu Recht erläutert, in jedem Fall zu prüfen, ob die Anlage des Betroffenen so leicht ansprechbar war, dass sie gegenüber den psychischen Auswirkungen die rechtlich allein wesentliche Ursache ist. Der Erlebnisgehalt des Unfalls vom 04.04.2001 war sicher nicht so gravierend und nicht mit einer so schweren seelischen Belastung verbunden, dass bei den meisten Menschen eine ausgeprägte psychische Reaktion zu erwarten gewesen wäre. Immerhin hat auch Dr. P. von einer psychosomatischen Überlagerung gesprochen, womit auch er auf eine nicht bewusstseinsferne Ausgestaltung des Krankheitsbildes hingewiesen hat. Dies wurde auch von den behandelnden Ärzten im Klinikum Bad B. im Februar 2002 aufgrund der Diskrepanz des Verhaltens bei Untersuchungen und im Alltag ausdrücklich festgestellt. Die jetzt bestehende seelische Störung ist, so Dr. K. in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern, als unfallunabhängig anzusehen.
Die MdE für die Teilamputation des Ringfinger-Endgliedes mit Sensibilitätstörungen und die folgenlos verheilte Prellung der Halswirbelsäule ist mit 10 v.H. zutreffend und ausreichend bemessen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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