Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AS 257/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 103/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 16. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
III. Dem Beschwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M. M. beigeordnet.
Gründe:
I.
Das Job-Center B. bewilligte dem 1982 geborenen Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) mit Bescheid vom 18.11.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 Arbeitslosengeld (Alg) II in Höhe von monatlich 641,58 EUR. Am 18.04.2005 beantragte der Bg. Leistungen von der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.), da er nunmehr von der Einrichtung "G. " e.V. betreut wurde. Mit Bescheid vom 05.08.2005 lehnte die Bf. die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, sie sei örtlich nicht zuständig, da es sich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in der therapeutischen Wohngemeinschaft "G." handele. Auch liege für die Dauer des Aufenthaltes keine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) II vor. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 als unbegründet zurück. Der Bg. sei voraussichtlich länger als sechs Monate im Sinne des § 7 Abs.4 SGB II in einer stationären Einrichtung untergebracht. Auch liege nur ein vorübergehender Aufenthalt in ihrem Zuständigkeitsbereich vor.
Auf den schon zuvor am 17.10.2005 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hin hat das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 16.01.2006 die Bf. verpflichtet, dem Bg. ab 17.10.2005 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Die Leistungspflicht der Bf. ergebe sich aus § 44a Satz 3 SGB II. Dies gelte unabhängig davon, dass der Bg. nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs.1 SGB II sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben, da wegen der Unterbringung in der Einrichtung der Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs.4 SGB II vorliege. Der Bg. vertritt demgegenüber die Auffassung, es handele sich bei der therapeutischen Wohngemeinschaft um eine ambulante Therapieform, er bezahle selbst die Miete und komme auch für seine Lebenshaltungskosten auf. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sei die Frage der Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt nicht von Bedeutung. Der Beigeladene vertritt ebenfalls die Auffassung, der Bg. sei nicht in einer stationären Einrichtung untergebracht, auch sei bei den Bewohnern dieser Einrichtung grundsätzlich Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs.1 SGB II gegeben.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Bf. verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen vor, da der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Bg. nötig erscheint; denn ohne Leistungen eines öffentlichen Trägers ist sein Lebensunterhalt nicht gesichert.
Ein Anordnungsanspruch ist insbesondere angesichts der Interessenlage, wie sie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen ist, ausreichend glaubhaft gemacht. Hierbei kann dahinstehen, ob ein Fall des § 44a Satz 3 SGB II gegeben ist. Denn gegenwärtig ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Therapie, der sich der Bg. gegenwärtig unterzieht, nicht in einer stationären Einrichtung im Sinne des § 7 Abs.4 SGB II stattfindet und der Bg. deshalb als erwerbsfähig im Sinne der §§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2, 8 Abs.1 SGB II anzusehen ist. Denn die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der Therapie ist jedenfalls nach der schriftlichen Konzeption der Einrichtung nicht ausgeschlossen. Danach bietet die Wohngemeinschaft "Hilfesuchenden, die keine Arbeit finden können, eine gemeinnützige Arbeit von ca. sechs Stunden täglich unter Anleitung von Sucht- krankenhelfern an". Somit wird die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit außerhalb der Einrichtung vorausgesetzt.
Eine weitere Klärung des geltend gemachten Anspruches muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, in dem die Therapiebedingungen im Einzelnen zu beurteilen sein werden. Der Bf. ist es zuzumuten, bis zu dieser Klärung vorläufig Leistungen zu erbringen, da ihr dadurch keine gravierenden Nachteile entstehen, da, sollte sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass ein Anspruch gegen sie nicht besteht, ihr die vorläufig erbrachten Leistungen von dem zuständigen Träger zu erstatten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dem Kläger war gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
III. Dem Beschwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M. M. beigeordnet.
Gründe:
I.
Das Job-Center B. bewilligte dem 1982 geborenen Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) mit Bescheid vom 18.11.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 Arbeitslosengeld (Alg) II in Höhe von monatlich 641,58 EUR. Am 18.04.2005 beantragte der Bg. Leistungen von der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.), da er nunmehr von der Einrichtung "G. " e.V. betreut wurde. Mit Bescheid vom 05.08.2005 lehnte die Bf. die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, sie sei örtlich nicht zuständig, da es sich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in der therapeutischen Wohngemeinschaft "G." handele. Auch liege für die Dauer des Aufenthaltes keine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch (SGB) II vor. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 als unbegründet zurück. Der Bg. sei voraussichtlich länger als sechs Monate im Sinne des § 7 Abs.4 SGB II in einer stationären Einrichtung untergebracht. Auch liege nur ein vorübergehender Aufenthalt in ihrem Zuständigkeitsbereich vor.
Auf den schon zuvor am 17.10.2005 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hin hat das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 16.01.2006 die Bf. verpflichtet, dem Bg. ab 17.10.2005 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Die Leistungspflicht der Bf. ergebe sich aus § 44a Satz 3 SGB II. Dies gelte unabhängig davon, dass der Bg. nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs.1 SGB II sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben, da wegen der Unterbringung in der Einrichtung der Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs.4 SGB II vorliege. Der Bg. vertritt demgegenüber die Auffassung, es handele sich bei der therapeutischen Wohngemeinschaft um eine ambulante Therapieform, er bezahle selbst die Miete und komme auch für seine Lebenshaltungskosten auf. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sei die Frage der Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt nicht von Bedeutung. Der Beigeladene vertritt ebenfalls die Auffassung, der Bg. sei nicht in einer stationären Einrichtung untergebracht, auch sei bei den Bewohnern dieser Einrichtung grundsätzlich Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs.1 SGB II gegeben.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Bf. verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen vor, da der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Bg. nötig erscheint; denn ohne Leistungen eines öffentlichen Trägers ist sein Lebensunterhalt nicht gesichert.
Ein Anordnungsanspruch ist insbesondere angesichts der Interessenlage, wie sie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen ist, ausreichend glaubhaft gemacht. Hierbei kann dahinstehen, ob ein Fall des § 44a Satz 3 SGB II gegeben ist. Denn gegenwärtig ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Therapie, der sich der Bg. gegenwärtig unterzieht, nicht in einer stationären Einrichtung im Sinne des § 7 Abs.4 SGB II stattfindet und der Bg. deshalb als erwerbsfähig im Sinne der §§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2, 8 Abs.1 SGB II anzusehen ist. Denn die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der Therapie ist jedenfalls nach der schriftlichen Konzeption der Einrichtung nicht ausgeschlossen. Danach bietet die Wohngemeinschaft "Hilfesuchenden, die keine Arbeit finden können, eine gemeinnützige Arbeit von ca. sechs Stunden täglich unter Anleitung von Sucht- krankenhelfern an". Somit wird die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit außerhalb der Einrichtung vorausgesetzt.
Eine weitere Klärung des geltend gemachten Anspruches muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, in dem die Therapiebedingungen im Einzelnen zu beurteilen sein werden. Der Bf. ist es zuzumuten, bis zu dieser Klärung vorläufig Leistungen zu erbringen, da ihr dadurch keine gravierenden Nachteile entstehen, da, sollte sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass ein Anspruch gegen sie nicht besteht, ihr die vorläufig erbrachten Leistungen von dem zuständigen Träger zu erstatten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dem Kläger war gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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