Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 43/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 9/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. April 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Verfassungsgemäßheit des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die Beklagte bewilligte der 1973 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 16.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Alg II - in Höhe von monatlich 890,66 EUR. Auf den Widerspruch hin erließ sie den Änderungsbescheid vom 04.02.2005, mit dem sie den Ausgangsbescheid dahingehend abänderte, dass ab 01.03.2005 die Beiträge an die BfA entrichtet wurden. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte die Verfassungswidrigkeit des SGB II geltend. Auch seien die Bescheide nicht nachvollziehbar und nicht hinreichend begründet. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es sei nicht auszuschließen, dass das SGB II in großen Teilen gegen das Grundgesetz verstoße. Sie rüge den Kontrahierungszwang bezüglich des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung. Die Zumutbarkeitsregelungen seien nicht mit Art.12 Abs.2 und 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Trotz ihrer Anträge seien die Bescheide nicht gemäß § 35 Abs.1 SGB X ausreichend begründet worden. Sie hat mehrere Aufsätze vorgelegt, die sich u.a. mit der Verfassungsgemäßheit des SGB II befassen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.04.2004 hat die Klägerin nach Erläuterung angegeben, nunmehr verstanden zu haben, dass der Abzug bei den Unterkunftskosten sich auf die Kosten für Warmwasser, die im Regelsatz enthalten seien, beziehe. Sie wolle die Telefonnummer, die Adresse ihres Vermieters und die Anzahl ihrer Freistellungsaufträge gelöscht haben. Im Übrigen hat sie beantragt, die Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen nachvollziehbaren Bescheid zu erlassen und die nicht erforderlichen Daten zu löschen.
Mit Urteil vom 13.04.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei nicht zulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben sei. Die Klägerin begehre nach ihrer eigenen Einlassung nicht die Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, weil sie diese für rechtswidrig halte, sondern deshalb, weil sie den Bescheid für nicht nachvollziehbar halte. Allerdings habe sie keinerlei konkrete Einwendungen gegen die Verständlichkeit des Bescheides erhoben. Auch hinsichtlich der Daten, die sie gelöscht haben wolle, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis; ihre Telefonnummer habe sie im Antrag nicht angegeben, auch die Adresse ihres Vermieters sei dem Mietvertrag nicht zu entnehmen. Ohne Angaben über die Anzahl der Freistellungsaufträge könne über die Hilfebedürftigkeit nicht entschieden werden, weshalb diese Angaben zu Recht erhoben worden seien. Eine Eingliederungsvereinbarung sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Die allgemeine Unzufriedenheit der Klägerin damit, dass sie den Vorschriften des SGB II unterliege, könne ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin zunächst Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und eine nicht ausreichende Begründung der Bescheide gerügt.
Der Vorsitzende des Senats hat festgestellt, dass sich die Nichtzulassungsbeschwerde erledigt habe, da das Gericht die Berufung für zulässig halte, weil die Klägerin keine Geldleistung begehre, weshalb das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt werde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.03.2006 hat die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.04.2005 aufzuheben und festzustellen, dass das Zweite Buch Sozialgesetzbuch verfassungswidrig ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Denn auch der vor dem Senat gestellte Antrag beinhaltet keine zulässige Klage. Die Klägerin begehrt nicht die Aufhebung der ihr gegenüber ergangenen Bescheide und die Verurteilung zu einer höheren Leistung im Sinne des § 54 Abs.1 und 4 SGG. Ihr Feststellungsantrag stellt auch keine zulässige Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG dar, da sie keine der dort aufgeführten Feststellungen beantragt. Denn diese in § 55 SGG genannten Feststellungen beziehen sich auf konkrete Rechtsbeziehungen zwischen einem Kläger und der beklagten Behörde, vielmehr will die Kläger festgestellt haben, dass das SGB II verfassungswidrig ist. Eine solche Normenkontrollklage ist aber im SGG nicht vorgesehen.
Über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht, sei es im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nach Art.92 GG oder im Rahmen einer Vorlage durch ein Gericht nach Art.100 GG. Im vorliegenden Fall kommt eine solche Vorlage nicht in Betracht, da diese eine zulässige Klage voraussetzt, also eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage oder eine Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 SGG oder eine zulässige Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG; weiterhin wäre erforderlich, dass für die Entscheidung über diese Klage die Frage erheblich ist, ob das anzuwendende Gesetz verfassungsgemäß ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen nicht gegeben.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des SG vom 13.04.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Verfassungsgemäßheit des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die Beklagte bewilligte der 1973 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 16.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Alg II - in Höhe von monatlich 890,66 EUR. Auf den Widerspruch hin erließ sie den Änderungsbescheid vom 04.02.2005, mit dem sie den Ausgangsbescheid dahingehend abänderte, dass ab 01.03.2005 die Beiträge an die BfA entrichtet wurden. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte die Verfassungswidrigkeit des SGB II geltend. Auch seien die Bescheide nicht nachvollziehbar und nicht hinreichend begründet. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es sei nicht auszuschließen, dass das SGB II in großen Teilen gegen das Grundgesetz verstoße. Sie rüge den Kontrahierungszwang bezüglich des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung. Die Zumutbarkeitsregelungen seien nicht mit Art.12 Abs.2 und 3 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Trotz ihrer Anträge seien die Bescheide nicht gemäß § 35 Abs.1 SGB X ausreichend begründet worden. Sie hat mehrere Aufsätze vorgelegt, die sich u.a. mit der Verfassungsgemäßheit des SGB II befassen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.04.2004 hat die Klägerin nach Erläuterung angegeben, nunmehr verstanden zu haben, dass der Abzug bei den Unterkunftskosten sich auf die Kosten für Warmwasser, die im Regelsatz enthalten seien, beziehe. Sie wolle die Telefonnummer, die Adresse ihres Vermieters und die Anzahl ihrer Freistellungsaufträge gelöscht haben. Im Übrigen hat sie beantragt, die Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen nachvollziehbaren Bescheid zu erlassen und die nicht erforderlichen Daten zu löschen.
Mit Urteil vom 13.04.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei nicht zulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben sei. Die Klägerin begehre nach ihrer eigenen Einlassung nicht die Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, weil sie diese für rechtswidrig halte, sondern deshalb, weil sie den Bescheid für nicht nachvollziehbar halte. Allerdings habe sie keinerlei konkrete Einwendungen gegen die Verständlichkeit des Bescheides erhoben. Auch hinsichtlich der Daten, die sie gelöscht haben wolle, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis; ihre Telefonnummer habe sie im Antrag nicht angegeben, auch die Adresse ihres Vermieters sei dem Mietvertrag nicht zu entnehmen. Ohne Angaben über die Anzahl der Freistellungsaufträge könne über die Hilfebedürftigkeit nicht entschieden werden, weshalb diese Angaben zu Recht erhoben worden seien. Eine Eingliederungsvereinbarung sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Die allgemeine Unzufriedenheit der Klägerin damit, dass sie den Vorschriften des SGB II unterliege, könne ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin zunächst Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und eine nicht ausreichende Begründung der Bescheide gerügt.
Der Vorsitzende des Senats hat festgestellt, dass sich die Nichtzulassungsbeschwerde erledigt habe, da das Gericht die Berufung für zulässig halte, weil die Klägerin keine Geldleistung begehre, weshalb das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt werde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.03.2006 hat die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.04.2005 aufzuheben und festzustellen, dass das Zweite Buch Sozialgesetzbuch verfassungswidrig ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Denn auch der vor dem Senat gestellte Antrag beinhaltet keine zulässige Klage. Die Klägerin begehrt nicht die Aufhebung der ihr gegenüber ergangenen Bescheide und die Verurteilung zu einer höheren Leistung im Sinne des § 54 Abs.1 und 4 SGG. Ihr Feststellungsantrag stellt auch keine zulässige Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG dar, da sie keine der dort aufgeführten Feststellungen beantragt. Denn diese in § 55 SGG genannten Feststellungen beziehen sich auf konkrete Rechtsbeziehungen zwischen einem Kläger und der beklagten Behörde, vielmehr will die Kläger festgestellt haben, dass das SGB II verfassungswidrig ist. Eine solche Normenkontrollklage ist aber im SGG nicht vorgesehen.
Über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht, sei es im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nach Art.92 GG oder im Rahmen einer Vorlage durch ein Gericht nach Art.100 GG. Im vorliegenden Fall kommt eine solche Vorlage nicht in Betracht, da diese eine zulässige Klage voraussetzt, also eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage oder eine Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 SGG oder eine zulässige Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG; weiterhin wäre erforderlich, dass für die Entscheidung über diese Klage die Frage erheblich ist, ob das anzuwendende Gesetz verfassungsgemäß ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen nicht gegeben.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des SG vom 13.04.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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