Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 KG 3/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 9/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 KG 3/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 4. August 2005 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 19. Juli 1993 verpflichtet worden ist; die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2005 wird in vollem Umfang abgewiesen
III. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist im Zeitraum von April 1993 bis Dezember 1995 ein Kindergeldanspruch des Klägers für die Stiefkinder J. H. , geboren 1983, und D. H. , geboren 1985, die die beigeladene I. M. , frühere I. M. , in die im Jahre 1987 mit dem Kläger geschlossene Ehe mitbrachte, und die Verzinsung des Nachzahlungsbetrags mit 12,5 % (Berufung des Klägers). Streitbefangen ist ferner die Frage, ob in erster Instanz der Bescheid der Beklagten vom 19.07.1993 gegenüber der Beigeladenen aufgehoben werden durfte (Anschlussberufung der Beklagten).
1. Der Kläger und seine damaligen Familienangehörigen, alle Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas, flüchteten im März 1993 wegen des damaligen Bürgerkriegs von dort in die Bundesrepublik Deutschland (BRD), hielten sich aufgrund der für alle vom Landratsamt N. wiederholt befristet erteilten Duldungen (Aussetzung der Abschiebung) bis Ende des Jahres 1997 in W. auf und kehrten dann - getrennt - ins Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens (zunächst nach Kroatien) zurück. Die Ehe des Klägers wurde - laut unterschiedlichen früheren Angaben der Eheleute - entweder am 15.01.1996 (so die Beigeladene in ihrem Kindergeldverfahren 1996) oder am 22.06.1996 (so der Kläger im Klage- und Berufungsverfahren) geschieden. Bereits am 31.01.1995 trennten sich die Ehegatten; die Beigeladene mit ihren Kindern bezog - so die im Berufungsverfahren eingeholten Registerauskünfte der Stadt W./Meldebehörde und die auf Nachfrage des Senats ergangene Auskunft des Klägers - eine andere Wohnung in W ...
Der Kläger heiratete am 22.08.1996 Frau S. S. , geborene S. , die in diese Ehe ihre leiblichen Kinder J. S. , geboren 1986, und A. V. , geboren 1991, mitbrachte. Aus der zweiten Verbindung des Klägers gingen das vorehelich 1995 geborene Kind A. und die 1996 geborenen Drillinge H. , E. und M. hervor.
Die in den Jahren von 2001 bis 2006 angestellten Ermittlungen (vor allem Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 20.12.2005 und 03.01.2006 i.V.m. einem Speicherausdruck der Beklagten vom 30.03.2001 über Sozialleistungsbezüge des Klägers ab Dezember 1995 und die Auskünfte der AOK Bayern, Direktion W. vom 13.06.2006) ergaben im Einzelnen zu den Versicherungsverhältnissen des Klägers und seiner ersten beigeladenen Ehefrau folgendes: 20.04.1993 bis 18.01.1994: Entgelte von 20.874 und 749 DM 19.01.1994 bis 09.04.1994: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 11.04.1994 bis 30.11.1994: Entgelt von 20.913 DM 01.12.1994 bis 10.04.1995: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 11.04.1995 bis 05.06.1995: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosenhil fe 06.06.1995 bis 08.12.1995: Entgelte von 7.402 DM und 8.824 DM 09.12.1995 bis 06.03.1996: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 07.03.1996 bis 06.11.1996: Entgelt von 20.793 DM 07.11.1996 bis 05.08.1997: Pflichtbeiträge bei anfänglichem Arbeitslosengeld, ab 11.03.1997 bei Arbeitslosenhilfe 06. und 07.08.1997: Entgelt von 289 DM 08.08.1997 bis 30.10.1997: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosenhil fe. Zwischen 1993 und 1997 war der Kläger ausschließlich bei der Firma S. W. , Putz- und Stuckgeschäft, Gerüstbau, in W. beschäftigt. Nach Verlassen der BRD Ende Oktober 1997 ließ er sich die Arbeitnehmeranteile der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von rund 7.441 DM bei damaligen Wohnsitz (noch) in Kroatien erstatten (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 19.06.2000).
Beigeladene: 02.04.1993 bis 18.09.1993: Entgelt von 7.969 DM 09.10.1993 bis 16.10.1993: Arbeitslosenhilfe 18.11.1993 bis 12.03.1994: Arbeitslosenhilfe 14.03.1994 bis 30.11.1997: Jahresentgelte von 11.116 DM, 16.216 DM, 16.728 DM und (für 1997) 5.263 DM und 1.316 DM und 8.881 DM. Die Beigeladene war im Jahre 1993 in der Gastwirtschaft R. in W. und ab März 1994 bei der Firma B. im H.haus beschäftigt und ließ sich später ebenfalls ihre Beiträge erstatten (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 07.11.2000 über rund 6.448,00 DM).
2. Die Beigeladene persönlich reichte am 02.07.1993 beim Arbeitsamt W. (Kindergeldkasse) einen am 29.06.1993 von ihr unterschriebenen Kindergeldantrag auf einem zweisprachigen Formblatt in deutscher und kroatisch/serbischer Sprache für ihre leiblichen Kinder J. und D. ein; vermerkt war auf dem Formular ihre Beschäftigung in der BRD ab 20.04.1993. Auf dem Antrag hatte der Kläger (Stiefvater) seine Zustimmung zum Bezug des Kindergeldes durch die damalige Ehefrau erklärt.
Die Beklagte fragte beim Landratsamt N. wegen des Aufenthaltsstatus der Beigeladenen an und erhielt von der Stadt W., Pass- und Ausländerabteilung, die Mitteilung, dass die Beigeladene keine Asylbewerberin sei; als Flüchtling aus Bosnien habe ihr das Landratsamt N. eine bis zum 30.09.1993 gültige Duldung erteilt. Die weitere formularmäßig vorgesehene Frage, ob im Falle der Duldung von aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen nach der derzeit geltenden Rechts- und Erlasslage bis auf Weiteres abgesehen werde, wurde nicht beantwortet. Die Beklagte lehnte den Antrag der Beigeladenen mit einem an sie adressierten Bescheid vom 19.07.1993 ab, weil Personen nach § 1 Abs.1 Nr.1 Bundeskindergeldgesetz (BKGG), die weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hätten, keinen Anspruch auf Kindergeld hätten. Als Ausländer könne sie einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet nur begründen, wenn ihrer Absicht, sich auf längere Zeit im Bundesgebiet aufzuhalten, keine ausländerrechtlichen Bestimmungen entgegenstünden. Zur Begründung eines rechtmäßigen Aufenthalts benötige sie eine Aufenthaltsgenehmigung (§ 5 des Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet - AuslG). Nach den Ermittlungen sei eine befristete Duldung gemäß § 55 AuslG erteilt worden, was grundsätzlich nicht zu einem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt führe, unabhängig davon, wie lange der Aufenthalt tatsächlich dauere. Die Antragstellerin erfülle auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.3 BKGG. Danach bestehe bei fehlender Aufenthaltsgenehmigung nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn der Ausländer nach den §§ 51, 53 oder 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne, frühestens jedoch für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten ununterbrochenen Aufenthalt von einem Jahr. Nach einer Bestätigung der für die Aufenthaltserlaubnis zuständigen Ausländerbehörde gehöre sie zwar zu dem Personenkreis, der auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne, aber die genannte Jahresfrist ende erst am 18.03.1994. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen wurde in dem Bescheid weiterhin empfohlen, vor Ablauf der Jahresfrist einen erneuten Antrag auf Kindergeld zu stellen, und es erging ferner der Hinweis, dass Kindergeld grundsätzlich nur für die letzten sechs Monate vor dem Monat der erneuten Antragstellung rückwirkend gezahlt werde (§ 9 Abs.2 BKGG).
Mit Schreiben vom 29.05.1996 beantragte die Beigeladene formlos beim Arbeitsamt W. erneut Kindergeld für ihre beiden Kinder unter Erwähnung einer Beschäftigung ab März 1994 bei H. , aber ohne Angaben zu ihrem Aufenthaltsstatus und ihren Familienverhältnissen und ohne die erforderlichen Unterlagen. Nachdem sie die von der Beklagten übersandten Formulare und Bescheinigungen trotz Hinweises auf ihre Mitwirkungspflicht nicht beigebracht hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.07.1996 einen Kindergeldanspruch nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab, weil die Beigeladene ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien (§§ 32 Abs.1, 67 EStG i.V.m. §§ 90, 93, 97 Abgabenordnung).
Einen weiteren von der Beigeladenen am 18.10.1996 unterschriebenen und mit Briefpost beim Arbeitsamt W. am 22.10.1996 eingegangenen Formblatt-Kindergeldantrag (nicht unterschrieben vom Kläger) lehnte die Beklagte ebenfalls mit der gleichen Begründung ab, nachdem die Beigeladene auf Anforderung verschiedener Unterlagen nicht reagierte (Bescheid vom 25.11.1996). Die drei der Beigeladenen erteilten Bescheide sind mit Widerspruch bzw. Einspruch nicht angegriffen und bestandskräftig geworden.
Am 01.03.2001 reichte der jetzige Bevollmächtigte und Bruder des Klägers einen von diesem am 15.02.2001 unterschriebenen und von ersterem nachträglich ergänzten Formblatt-Kindergeldantrag nur für vier leibliche und zwei Stiefkinder aus seiner zweiten Ehe persönlich beim Arbeitsamt W. ein. Dieses bewilligte mit Bescheid vom 03.04.2001 Kindergeld für die genannten sechs Kinder nach den Vorschriften des EStG für August 1997, dem letzten Monat der Beschäftigung des Klägers in der BRD. Abgelehnt wurde die Gewährung für Juli, September und Oktober 1997, weil der Kläger in diesen Monaten Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, und für die Zeit bis zum 30.06.1997, weil gemäß § 52 Abs.62 EStG eine rückwirkende Zahlung längstens bis Juli 1997 zulässig sei (Anm. des Senats: § 66 Abs.3 EStG mit dem Ausschluss von Kindergeldzahlungen für mehr als sechs Monate vor der Antragstellung wurde aufgehoben und war letztmals im Kalenderjahr 1997 anzuwenden).
Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch vom 17.04.2001 - vom Bevollmächtigten des Klägers wurde ein vom Kläger selbst im Jahre 1993 gestellter und abgelehnter Kindergeldantrag behauptet - wurde erstmals unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (gemeint wohl Urteil des BSG vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R und 3/99 R) auch Kindergeld für die von der Beigeladenen in die erste Ehe mitgebrachten zwei Kinder ab 1993 beantragt, weil der Kläger von April 1993 bis August 1997 beschäftigt gewesen oder Arbeitslosengeld bezogen habe.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19.04.2001 zurückgewiesen. Den Antrag vom 17.04.2001 lehnte die Beklagte als Antrag auf Kindergeld nach dem BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKGG a.F.) für die Jahre 1993 bis 1995 mit Bescheid vom 30.04.2001 ab, weil im Rahmen der Ausschlussfrist des § 9 Abs.2 BKGG a.F. eine rückwirkende Zahlung des Kindergeldes nur für sechs Monate vor dem Monat der Antragstellung zulässig sei; der Antrag sei aber erst im April 2001 eingegangen. In dem Bescheid, der im jetzigen Berufungsverfahren teilweise streitgegenständlich ist, wurden die vom genannten Zeitraum erfassten Kinder, zwei Stiefkinder aus erster Ehe des Klägers und der am 26.10.1995 von der zweiten Ehefrau geborenen Sohn Admir, nicht genannt. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung ist gegen diesen Bescheid ausdrücklich Widerspruch nicht erhoben worden.
Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht N. wegen des Bescheides vom 03.04.2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2001 begehrte der Kläger für acht Kinder das Kindergeld "ab 1993" (Klageschriftsatz vom 16.05.2001). Das Finanzgericht verwies mit Beschluss vom 27.04.2004 - II 134/2004 2004 - der Finanzrechtsweg sei insoweit unzulässig - den Rechtsstreit hinsichtlich Kindergeldansprüche bis Dezember 1995 an das Sozialgericht Regensburg und wies die Klage hinsichtlich der Kindergeldansprüche ab 01.01.1996 mit Urteil vom 27.04.2004 - II 209/2001 - wegen Unbegründetheit ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 23.08.2004 - VIII B 157/04 - als unzulässig verworfen.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg S 1 KG 1/04 wurde der beim Finanzgericht N. eingereichte Klageschriftsatz vom 16.05.2001 auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.04.2001 gewertet, und die Beteiligten einigten sich am 17.02.2005 vergleichsweise dahingehend, dass die Klage zurückgenommen werde und die Beklagte bis zum 01.04.2005 einen Widerspruchsbescheid über den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch des Klägers für J. und D. (Stiefkinder aus erster Ehe des Klägers), für den 1995 geborenen A. (voreheliches Kind der zweiten Ehefrau) und für die Kinder J. und A. (in die im Jahre 1996 geschlossene Ehe mitgebrachte Kinder der zweiten Ehefrau), also für alle fünf vor dem 01.01.1996 geborenen Kinder erteile. Es erging der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005. Dieser stützte sich zunächst darauf, dass Kindergeldanträge nur schriftlich gestellt werden könnten und ein solcher Antrag seitens des Klägers erstmals am 17.04.2001 bei der Beklagten eingegangen sei. Nach § 9 Abs.2 BKGG a.F. seien Zahlungen für mehr als sechs Monate vor der Antragstellung ausgeschlossen. Auch nach dem BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 könne ein Antrag vom 17.04.2001 keine Zahlungspflicht für die Jahre 1993 bis 1995 auslösen. Denn danach sei § 5 Abs.2 BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.1997 letztmals für das Kalenderjahr 1997 anzuwenden, so dass Kindergeld für einen nach dem 31.12.1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden könne. Die Widerspruchsstelle führte weiterhin aus, der Kläger habe auch nicht im Wege eines Überprüfungsantrags gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) die Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 und die Zahlung des Kindergelds von 1993 bis 1995 erreichen können. Über den Antrag vom 02.07.1993 sei mit Bescheid vom 19.07.1993 entschieden worden (Anmerkung des Senats: damals Antrag der Beigeladenen und Bescheid nur gegenüber der Beigeladenen!); hiergegen sei der Kläger (?) nicht vorgegangen, so dass der Bescheid vom 19.07.1993 bestandskräftig geworden sei. Gemäß § 44 Abs.4 SGB X (Ausschlussfrist) dürften auf einen Überprüfungsantrag Leistungen rückwirkend nur für vier Jahre vor dem Jahr der Stellung des Antrags gezahlt werden. Ungeachtet dessen sei eine Zahlung des Kindergeldes für die Jahre 1993 bis 1995 nicht möglich, weil der Anspruch zwischenzeitlich verjährt sei. Das Ermessen, ob die Verjährungseinrede erhoben werde, sei aus haushaltsrechtlichen und fiskalischen Gründen in der Regel dahingehend auszuüben, dass von der Einrede der Verjährung - ausgenommen im Falle eines Verschuldens der Familienkasse - Gebrauch gemacht werde. Ein Verschulden der Familienkasse könne nicht festgestellt werden. Der Kläger habe trotz der Hinweise auf einen rechtzeitigen erneuten Antrag im Bescheid vom 19.07.1993 bis April 2001 keine weiteren schriftlichen Anträge auf Kindergeld gestellt.
In dem daraufhin folgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg S 1 KG 3/05 verfolgte der Bevollmächtigte des Klägers das bisherige Begehren ausdrücklich nur insoweit weiter, als er die "Aufhebung" (gemeint: Abänderung des Bescheides vom 30.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005) und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kindergeld im Zeitraum von April 1993 bis Dezember 1995 für die Kinder J. und D. der ersten Ehefrau I. M. (M.) samt Zinsen beantragte, weiterhin in der mündlichen Verhandlung am 04.08.2005 zusätzlich noch die "Aufhebung" des Bescheides vom 19.07.1993. (Ein nebenbei nochmals bei der Beklagten am 18.02.2005 gestellter Antrag auf Kindergeld für die sechs Kinder aus zweiter Ehe des Klägers, beschränkt auf die Monate Juli, September und Oktober 1997, wurde mit dem nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 18.04.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2005 abgelehnt, weil das diesbezügliche Urteil des Finanzgerichts N. vom 27.04.2004 rechtskräftig sei).
Der Bevollmächtigte des Klägers trug beim Sozialgericht vor, die schriftliche Antragstellung im Jahre 1993 sei entgegen den Gesetzen mit der Begründung abgelehnt worden, dass der Kläger (?) keine Aufenthaltserlaubnis habe und eine Duldung nicht ausreiche. Auch die späteren schriftlichen Antragstellungen der Beigeladenen seien mit der gleichen Begründung, nämlich einer fehlenden Aufenthaltserlaubnis, abgelehnt worden. Wenn vor dem vierten schriftlichen Antrag im Jahre 2001 kein weiterer Antrag gestellt worden sei, so habe das daran gelegen, dass bei jedem erneuten Versuch, Kindergeld zu beantragen - der Kläger bezog sich auch auf die Fälle S. S. , S. H. und Z. B. und gab später an, mindestens zehn bosnischen Kriegsflüchtlingen bei der Antragstellung und vor Behörden geholfen zu haben -, sie ("wir") ausgelacht worden seien. Die Sachbearbeiter des Arbeitsamtes hätten ihnen gesagt, dass die Voraussetzungen für das Kindergeld nicht erfüllt seien und ein Antrag sofort abgelehnt werden würde, wie sie es auch schon vorher gemacht hätten: "Wir sind dann immer gegangen". Im Vertrauen auf die deutschen Behörden hätten sie alles so gelassen. Es sei für Flüchtlinge unzumutbar gewesen, sich bei Gericht gegen die deutschen Behörden zu stellen. Aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000, a.a.O. - erfahren habe der Kläger hiervon im Januar oder Februar 2001 über bosnische Organisationen - hätten sie ("wir") Kenntnis erhalten, dass sie ("wir") betrogen worden seien. Die Vier-Jahresfrist des § 44 Abs.4 SGB X rechne ab dem Tag der Antragstellung, also dem Jahre 1993. Die Familienkasse könne sich nicht auf Verjährung berufen, weil sie durch Demagogie die bosnischen Staatsangehörigen an der Antragstellung behindert habe und selbst schuld an der verweigerten Kindergeldauszahlung sei. Bürgerkriegsflüchtlinge hätten nach dem BSG-Urteil Anspruch auf Kindergeld bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der BRD von Anfang an und gemäß dem Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit - ohne Arbeitnehmertätigkeit - nach sechs Monaten Wohnaufenthalt in der BRD. Der Kläger berief sich ferner auf den angeblichen Parallelfall des Flüchtlings Z., der mit Bescheid vom 29.06.2003 (eine Kopie wurde vorgelegt) Kindergeld vom Arbeitsamt H. von 1993 bis 1995 erhalten hätte.
Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte, den Bescheid vom 19.07.1993 zurückzunehmen, und wies die Klage im Übrigen ab. Die durch den Antrag des Klägers vom 17.04.2001 veranlasste Prüfung der Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 21.07.1993 gemäß § 44 SGB X führe nur teilweise zum Erfolg. Wegen des Urteils des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 - rechtswidriger Ausschluss von geduldeten Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina vom Bezug des Kindergelds - sei die Ablehnung des Antrags der geschiedenen Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom "21."07.1993 nicht rechtens gewesen, was zur Folge habe, dass dieser Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sei. Der nachträglichen Gewährung von Kindergeld stehe jedoch § 44 Abs.4 SGB X entgegen, wonach, ausgehend von einem Antrag vom 17.04.2001, Leistungen rückwirkend längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Beantragung der Rücknahme erbracht werden könnten. Die Anwendung des § 27 SGB X (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) sei fraglich, könne aber offen bleiben, weil der diesbezügliche Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei. Daneben bleibe kein Raum für eine Folgenbeseitigung bzw. das Geltendmachen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Die Ausschlussfrist des § 44 Abs.4 SGB X greife selbst dann, wenn der Leistungsträger unrichtig beraten haben sollte. Als neuer Leistungsantrag führe der Antrag vom 17.04.2001 nicht zu einer nachträglichen Gewährung von Kindergeld (§ 20 Abs.2, § 5 Abs.2 BKGG n.F.). Die Berufung auf die Ausschlussfrist wäre nur dann unzulässig, wenn die Verantwortung für den Fristablauf der Behörde zuzurechnen wäre. Ein hierzu erforderliches qualifiziertes Fehlverhalten der Behörde sei jedoch nicht gegeben. Gerade die wiederholte Antragstellung der geschiedenen Ehefrau des Klägers belege, dass es dem Kläger nicht verwehrt gewesen wäre, einen entsprechenden neuen Antrag zu stellen.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrt der Kläger Kindergeld für die zwei Stiefkinder J. und D. (erste Ehe) von April 1993 bis Juli 1996, April 1993 bis Dezember 1995, 1993 bis 1997 und zuletzt wieder - nach zahlreichen richterlichen Hinweisen - beschränkt auf die Zeit von April 1993 bis Dezember 1995 nebst 12,5 % Zinsen. Sein Bevollmächtigter trägt vor, der Kläger habe zusammen mit der Beigeladenen im Jahre 1993 Kindergeld beantragt und sei alleiniger sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in der BRD gewesen. Die Kinder und die damalige Ehefrau hätten ausschließlich vom Lohn des Klägers gelebt, und nur wegen der Beschäftigung des Klägers sei ein Kindergeldanspruch entstanden. § 44 Abs.4 SGB X und § 5 Abs.2 BKGG n.F. seien (sinngemäß) nicht oder anders anzuwenden, wobei auf den Erstantrag aus dem Jahre 1993 abzustellen sei, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X sei gemäß § 44 SGB X möglich und im Übrigen zu gewähren, weil "ein deutschlandsweiter Betrug seitens der Kindergeldkasse" vorliege. Wegen des Fehlverhaltens der Behörde könne sich diese auch nicht auf Verjährung berufen. Die Verjährung sei als pure Gehirnwäsche zu charakterisieren. Nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen und dem Europäischen Sozialabkommen habe Kindergeld von Anfang an zugestanden. Auch seien die Flüchtlinge nach den gültigen Gesetzen mit den Deutschen gleichgestellt. Ohne Anerkennung als Flüchtling wäre dem Kläger nie eine Duldung erteilt worden. "Sie" hätten immer schriftlich, persönlich und mündlich Kindergeldanträge gestellt und seien immer abgelehnt und ausgelacht worden. Es liege eine Diskriminierung von Ausländern vor, die seit zwölf Jahren um ihr Kindergeldrecht kämpften: "Wir kämpfen über zwölf Jahre dafür, was (für) Deutsche in fünf Minuten erledigt sei".
Im Hinblick auf die in zwei anderen Berufungen übersandten Dienstanweisungen der Beklagten zur Handhabung des BKGG a.F. bei Ausländerfällen vertritt der Kläger ferner die Ansicht, das "Spargesetz" (gemeint wohl der ab 01.01.1994 geltende § 1 Abs.3 BKGG, neu gefasst durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsilidierungs- und Wachstumsprogramms - 1. SKWPG vom 21.12.1993) sei auf dem Rücken von Flüchtlingen beschlossen worden, sei ohne gesetzliche Voraussetzungen und purer Betrug. Er kündigt eine Art von Sammelklage wegen "sozialen Betrugs" der Familienkasse Deutschland mit verantwortlicher Geschäftsführung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit an, die er im Namen von M. S. als "Hauptkläger" und wohl im Namen aller betroffener Bosnier dann auch beim Sozialgericht Regensburg (S 8 KG 4/06) eingelegt hat.
Unabhängig davon beantragt er im Berufungsverfahren die Zeugeneinvernahme von leitenden Personen der Familienkassen Deutschlands, die zuständig für die Verbreitung der damaligen betrügerischen Rechtsauslegung seien, und der zuständigen Mitarbeiter des Arbeitsamtes W. , die die Flüchtlinge immer wieder abgelehnt und ausgelacht hätten. Diese sollten nachweisen, welche gesetzlichen Grundlagen benutzt worden seien, um die damals herrschende Rechtsauslegung zu kreieren und zu verwirklichen, dem Gericht die Gesetzestexte entsprechend der Nichtgewährung von Kindergeld an die Bosnier vorlegen und erklären, wie die damalige Rechtsauslegung beschlossen worden sei, auf welchen Grundlagen, mit welchem Ziel, und warum der nach dem BSG-Urteil 2000 gerechte Kindergeldanspruch hartnäckig negiert werde.
Die Beklagte ist der Meinung, dass unabhängig von der materiell-rechtlichen Rechtslage verfahrensrechtliche Vorschriften (§ 5 Abs.2, § 20 Abs.2 BKGG n.F., § 45 SGB I - Verjährung, § 44 Abs.4 SGB X in unmittelbarer oder analoger Anwendung) der nachträglichen Kindergeldgewährung entgegen stünden. Außerdem habe das Sozialgericht zu Unrecht den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 19.07.1993 aufgehoben.
Der Senat hat zwei Bände Kindergeldakten (Kläger und Beigeladene) der Beklagten sowie die Klageakten des Sozialgerichts S 1 KG 1/04 und S 1 KG 3/05 beigezogen, Auskünfte beim Meldeamt der Stadt W. über die Wohnsitze der Beigeladenen und deren Kinder eingeholt sowie den Versicherungsverlauf für die Beigeladene und die Beitragsakte für den Kläger (mit Versicherungsverlauf) von der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz beigezogen, weiterhin die geschiedene Ehefrau des Klägers beigeladen. Eingeholt worden sind ferner Auskünfte der AOK W. über die Beschäftigungen des Klägers und der Beigeladenen und die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Auf schriftliche Anfragen und Vorhalte hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass - so auch die Meldeverhältnisse - sich die Beigeladene mit ihren Kindern vom Kläger im Januar 1995 getrennt habe; er hat weiterhin eingeräumt, dass die Beigeladene auch in den Jahren von 1993 bis 1995 auf geringfügiger (gemeint: versicherungsfreier) Basis gearbeitet habe, wohl erst ab der Scheidung 1996 in größerem Umfang.
Der Bevollmächtigte des Klägers ist am 08.05.2006 als Zeuge einvernommen worden. Er gab an, nicht zu wissen, ob der Kläger vom 19.01. bis 09.04.1994 Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen habe, ebenso wenig, ob die Beigeladene versicherungspflichtig oder nicht versicherungspflichtig gearbeitet habe; seiner Erinnerung nach sei sie circa ein Jahr nach Aufnahme einer Beschäftigung durch den Kläger in der BRD nicht erwerbstätig gewesen. Beim ersten Kindergeldantrag der Beigeladenen im Jahre 1993 sei er bei der Ausfüllung des Antrags und Abgabe mit den Unterlagen beim Arbeitsamt beteiligt bzw. anwesend gewesen. Den ablehnenden Bescheid vom 19.07.1993 habe er gelesen; vom zweiten und dritten Kindergeldantrag der Beigeladenen wisse er nur vom Hörensagen, die Gründe für die Ablehnung dieser Anträge habe er bis zum Jahre 2000 nicht gekannt. Der Kläger habe für die vier leiblichen Kinder aus zweiter Ehe und die von der zweiten Ehefrau mitgebrachten zwei Kinder bis zum Jahre 2001 keinen schriftlichen Kindergeldantrag gestellt. Vorgesprochen habe er beim Arbeitsamt W. - nach der zweiten Heirat (August 1996) - dreimal, zunächst wegen des Kindergelds für die drei Kinder J. S. , A. V. und A. M. , dann wegen des Kindergelds auch für die später geborenen Drillinge.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 04.08.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld für die Kinder der Beigeladenen vom 01.04.1993 bis zum 31.12.1995 nebst 12,5 % Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und - im Wege der Anschlussberufung - das Urteil des Sozialgerichts vom 04.08.2005 insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 verurteilt worden ist.
Die Beklagte hat aufgrund Drängens des Klägers - in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils - vorerst den Bescheid vom 07.09.2005 mit dem Wortlaut erteilt: "Der Bescheid vom 19.07.1993 wird aufgrund des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 04.08.2005 zurückgenommen."
Dem Senat lagen zur Verhandlung die Prozessakten beider Rechtszüge und die Kindergeldakten der Beklagten vor. Zur mündlichen Verhandlung sind noch wegen des übergreifenden Sachvortrags des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der angeblich gleich gelagerten Sachverhalte und der dortigen Zeugenaussagen des gleichen Prozessbevollmächtigten sowie der dort von der Beklagten eingereichten Dienstanweisungen die Berufungs-, Klage- und Kindergeldakten in den Berufungen S. S. L 14 KG 13/03 (Schwager des Prozessbevollmächtigten) und Z. B. L 14 KG 10/05 beigezogen worden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die nicht an eine Frist gebundene Anschlussberufung der Beklagten ist zulässig und begründet; deswegen ist auch die in erster Instanz erhobene Klage wegen "Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides vom 19.07.1993", vom Sozialgericht im Urteil vom 04.08.2005 richtig gedeutet als Klage auf Rücknahme dieses Bescheides gemäß § 44 SGB X, abzuweisen, und zwar vorliegend wegen Unzulässigkeit.
1. Die Berufung der Beklagten war begründet, weil das Sozialgericht die Beklagte nicht zur Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 verurteilen durfte. Der Kläger war durch diesen Verwaltungsakt nicht beschwert. Der bestandskräftig gewordene Bescheid richtete sich an die Beigeladene als Adressatin. Es handelt sich auch nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, also einen Verwaltungsakt, der Ansprüche oder eine Rechtsposition des Klägers regelte und in diese eingriff oder einen notwendig gemeinsam gegenüber beiden Beteiligten zu regelnden und regelbaren Gegenstand betraf.
Beim Kindergeldanspruch handelt es sich nicht um einen irgendwie gearteten "Familienanspruch", der gleichermaßen dem einen oder dem anderen oder beiden Elternteilen bzw. der Familie zusteht und daher beliebig von Familienangehörigen geltend gemacht werden könnte. Es liegt auch kein nach Inhalt identischer Anspruch vor, der entweder vom Vater oder von der Mutter durch Antrag realisiert wird. Vielmehr können Vater und Mutter unter den im Gesetz (einschließlich der die zwischenstaatlichen Verträge umsetzenden Gesetze) geregelten Voraussetzungen jeder für sich einen eigenen Anspruch auf Kindergeld haben, so dass entweder der eine oder der andere oder beide oder keiner der Eltern kindergeldberechtigt ist. Tritt eine Anspruchskonkurrenz auf, regelt § 3 BKGG a.F., dass das Kindergeld nur einmal gezahlt werden darf, und wer der Bezugsberechtigte ist. Nur in bestimmten, genau umschriebenen Fällen bleibt es einem konkurrierend Anspruchsberechtigten überlassen, durch Verzicht auf seinen gesetzlichen Anspruchsvorrang dem subsidiär Berechtigten zum Kindergeld zu verhelfen, ebenso wie in bestimmten Fällen der Bezugsberechtigte von beiden Elternteilen bestimmt werden kann (§ 3 Abs.2 und Abs.3 BKGG a.F.). In anderen Fällen, auch in denen der "Nichteinigung", bestimmt das Gesetz nach objektiven Kriterien die Wahl des Bezugsberechtigten.
Die Beigeladene ist laut dem zweisprachigen Formblattantrag vom 29.06.1993 allein als Antragstellerin, und zwar hinsichtlich des Kindergeldes für sich, aufgetreten. Der Kläger als Ehegatte hat auch nicht bei der vorgesehenen Stelle "Unterschrift des Antragstellers" unterschrieben, sondern - deutlich davon räumlich getrennt - als Ehegatte, der damit einverstanden ist, dass dem anderen Ehegatten das Kindergeld gewährt wird (nebenbei: Bei der vorliegenden Fallgestaltung mit zwei Stiefkindern hätte es zum damaligen Zeitpunkt für den Kindergeldbezug der Beigeladenen nicht einer solcher Erklärung des Stiefvaters bedurft; die Erklärung hat aber die Sachbehandlung insoweit vereinfacht, als nicht ein Kindergeldanspruch des Klägers und der Vorrang der Beigeladenen zu prüfen und festzustellen war.). Die Formulierungen im Formblattantrag, noch dazu in der Heimatsprache der Prozessbeteiligten, waren klar und eindeutig und für einen Laien gut verständlich. Die Beigeladene allein ist als Antragstellerin zu behandeln. Auf den objektiv nach außen hin in Erscheinung getretenen Erklärungsinhalt kam es an, nicht auf die Behauptungen bzw. subjektiven Ansichten des Klägers, "er" habe einen Kindergeldantrag im Jahre 1993 gestellt, und (einmal), er und seine damalige Ehefrau hätten den Antrag gestellt. Hier handelt es sich nur um eine unrichtige Darstellung des Sachverhalts, die manchmal nicht allein auf eine vergröbernde und unsorgfältige Wiedergabe zu beruhen scheint, sondern auch von dem Bewusstsein getragen ist, die Angelegenheit zu seinen Gunsten abweichend und seinem Begehren förderlich zu schildern. Schließlich ist auch in Schreiben und Schriftsätzen der Klagepartei gelegentlich die Erkenntnis des Klägers festzustellen, der Antrag sei von der Beigeladenen gestellt worden.
Der Bescheid vom 19.07.1993 richtete sich an die Beigeladene unter Bezug auf den von ihr gestellten Antrag, so dass eindeutig eine regelnde, gestaltende oder auch nur feststellende Wirkung hinsichtlich der Kindergeldansprüche des Klägers nicht bestanden haben kann. Letzterer konnte seinen behaupteten eigenen Kindergeldanspruch unabhängig vom Bestand oder Nichtbestand dieses Bescheides verfolgen. Ein Rechtsschutzbedürfnis, gegen den bestandskräftigen Bescheid vom 19.07.1993 im Wege des § 44 SGB X mit Klage vorzugehen, bestand beim Kläger nicht. Es fehlte offensichtlich sowohl Aktiv- als auch Passivlegitimation für eine Klage.
§ 44 SGB X räumt keine Berechtigung im Verwaltungsverfahren ein, die Rücknahme allein dritte Personen betreffender rechtswidriger Verwaltungsakte zu beantragen, ebenso wenig wie §§ 54 ff. SGG eine Popularklage vorsehen. § 44 SGB X ist vom Sinn und Zweck her so zu verstehen, dass nur derjenige, dem durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt die ihm selbst zustehenden Sozialleistungen vorenthalten worden sind, diese unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich geltend machen kann, wobei der entgegenstehende Bescheid erst "beseitigt" werden muss, um die Nachzahlung zu ermöglichen.
Die auf § 44 SGB X gestützte Klage wäre im Übrigen auch deswegen unzulässig, weil (mangels eines entsprechenden Antrags im Verwaltungsverfahren) keine Verbescheidung durch die Beklagte vorliegt. Zulässiger Weg ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs.1 SGG (Ermessensentscheidung der Beklagten, siehe § 44 Abs.2 Satz 2 SGB X und vor allem § 44 Abs.1 SGB X i.V.m. § 20 Abs.5 BKGG a.F.), die einen von der Beklagten erteilten Bescheid und einen Widerspruchsbescheid voraussetzt. Das Sozialgericht konnte nicht an Stelle der Beklagten entscheiden. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 30.04.2001 hat vom Inhalt her nicht einen Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Dies gilt auch für den Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005, der letztlich nur den Ausgangsbescheid "bestätigt" und daher den Widerspruch zurückgewiesen hat. Sicherlich ist die "hilfsweise Begründung" des Widerspruchsbescheides unbehelflich und neben der Sache gewesen, als hier nach der zutreffenden Begründung der Ablehnung auch auf § 44 SGB X eingegangen worden ist. Hierin lag aber kein versteckter Regelungssatz des Inhalts, dass ein Antrag des Klägers gemäß § 44 SGB X erstmals im Widerspruchsverfahren (dies wäre unzulässig gewesen) abgelehnt worden wäre. Zunächst hat die Widerspruchsstelle nicht das Bestehen eines solchen Antrags festgestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Widerspruchsführer weder mit seinem Antrag vom 17.04.2001 noch in der Form eines Überprüfungsantrags, bei Stellung eines solchen Antrags, den geltend gemachten Anspruch auslösen könnte. Die sicherlich mißglückten Ausführungen lassen nicht den extensiven Schluss zu, dass eine (unzulässige) Ablehnung eines tatsächlich als vorliegend festgestellten Überprüfungsantrags erfolgt wäre.
In Kenntnis der Unbehelflichkeit von Hilfsbegründungen in Bezug auf die Unbegründetheit der Klage bei bereits vorliegender Unzulässigkeit ergeht seitens des Senats dennoch ein Hinweis auf die richtige Handhabung des § 44 SGB X, zumal der Kläger eine Verletzung elementarer Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts durch das Sozialgericht als mutigen Schritt begrüßt und in seiner weiteren Argumentationskette verwendet hat, letztlich auch aus der vom Sozialgericht erfolgten "Aufhebung" des im Jahre 1993 erteilten Bescheides noch auf offene Kindergeldansprüche schließt: Nach § 44 SGB X darf ein bereits bei Erlass rechtswidriger, also von Anfang an unrichtiger Verwaltungsakt, auch wenn er im vollem Umfang rechtswidrig sein sollte, nur insoweit aufgehoben, als dem Betroffenen hierdurch Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Zu diesem Umstand fehlt es an den notwendigen Ermittlungen und Feststellungen im sozialgerichtlichen Urteil. Die Unrichtigkeit des Bescheides ist in Bezug auf die Beigeladene nicht dargetan. Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs der Beigeladenen (Voraussetzungen der §§ 1 und 2 BKGG a.F. einschließlich der versicherungspflichtigen Tätigkeit oder des Arbeitslosengeld-Bezugs der Beigeladenen, gegebenenfalls Vorrang des Anspruchs nach § 3 BKGG a.F.) besteht im Urteil eine Lücke. Sollte das Sozialgericht den Bescheid vom 19.07.1993 aber versehentlich (unrichtigerweise) auf die dem Kläger in der Vergangenheit zustehenden Kindergeldleistungen bezogen haben, so wäre nach Ermittlung und Prüfung des Sachverhalts festzustellen, dass der Kläger von April 1993 bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 02.07.1993 wegen vorrangigen Kindergeldanspruchs der Ehefrau nicht zum Bezug des Kindergelds berechtigt gewesen ist, also anfängliche Unrichtigkeit des Bescheids in Bezug auf den Kläger nicht vorgelegen haben kann und dem Kläger durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt nicht Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind (sondern allenfalls der Beigeladenen).
Die Aufhebung des Bescheides vom 19.07.1993 wäre schon deshalb nicht möglich. Hierfür besteht auch ein zweiter Grund. Aus dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X ergibt sich in Hinblick auf § 44 Abs.4 SGB X (Ausschluss von Leistungen nach Ablauf der Vier-Jahresfrist), dass auch eine Rücknahme nach Ablauf der Frist nicht möglich ist. Die Rücknahme des "leistungsverhindernden" rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist mit der nachträglichen Erbringung von Leistungen verknüpft. Wenn ohnehin keine Leistungen erbracht werden dürfen, ist die isolierte Rücknahme sinnlos (wirkungslos und gesetzeswidrig laut BSG vom 06.03.1991 - 9b RAr 7/90 in SozR 3-1300 § 44 Nr.1), und es gilt der Grundsatz, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeit - gleich ob Rechtswidrigkeit oder nicht - der Rechtsfriede eintreten soll. In § 44 SGB X geht es nicht um eine "brotlose" Genugtuung, sondern um die Beseitigung von wirtschaftlichen Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns in bestimmten zeitlichen Grenzen. Ist die Beseitigung nicht möglich, darf auch die Rücknahme nicht verlangt werden. Ansonsten würde ein unhaltbarer Zustand eintreten. Bei Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 läge ein offener, noch nicht verbeschiedener und damit nicht verbrauchter Leistungsantrag vor, der den Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 45 Abs.3 SGB I unterbricht (es gilt dann die 30-jährige Verjährungsfrist). Der Antrag wäre dann nach allgemeinen Regeln noch zugunsten des Betroffenen zu verbescheiden (Bewilligung), und in Ausführung dessen wären an sich die Leistungen zu erbringen, was aber gemäß § 44 Abs.4 SGB X nicht möglich ist. Wird aber durch einen neuen Bescheid der noch bestehende Antrag mit anderer Begründung erneut, wegen Verlustes der Ansprüche nach § 44 Abs.4 SGB X, abgelehnt, so Rechtswidrigkeit des früheren Verwaltungsakts voraus, wobei unabhängig davon das Ergebnis bereits feststeht, dass Ansprüche dennoch nicht mehr bestehen können. Es muss dann dabei verbleiben, dass bereits die Rücknahme nicht erfolgt. Zu dem gleichen Ergebnis kam das Bundessozialgericht mit einer dogmatisch gering abweichenden Begründung, nämlich dass ein Antragsteller nach § 44 SGB X kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und an der zusprechenden Entscheidung hat, die (beide) nach § 44 Abs.4 SGB X nicht vollzogen werden dürfen. Demnach war die Anschlussberufung der Beklagten begründet, d.h. das Urteil des Sozialgerichts musste insoweit aufgehoben und in der Folge die Klage wegen Rücknahme des Bescheids vom 19.07.1993 abgewiesen werden.
2. Im Rahmen der Prüfung der Berufung des Klägers konnte der Senat einen (noch) bestehenden und auch durchsetzbaren "sozialrechtlichen" Kindergeldanspruch des Klägers im Zeitraum ab April 1993 bis Dezember 1995 (33 Monate) nicht feststellen. Vielmehr hatte ehemals nur für die Zeit von Oktober 1993 bis Februar 1994 (fünf Monate) ein Anspruch bestanden, der vor mehr als zehn Jahren untergegangen ist und der mit dem im Jahre 2001 gestellten Antrag - in Bezug auf die Stiefkinder J. und H. handelt es sich um einen Erstantrag des Klägers - nicht mehr geltend gemacht werden kann.
2.1. Zunächst ergibt sich, dass von Februar bis Dezember 1995 von Anfang an kein Kindergeldanspruch des Klägers bestanden hat. Gemäß § 1 Abs.1 Satz BKGG in den von 1993 bis 1995 geltenden Fassungen "hat Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder und die ihnen durch § 2 Abs.1 Gleichgestellten, wer ...". Die von der Beigeladenen in die Ehe mitgebrachten Kinder sind keine Kinder des Klägers. Gemäß § 2 Abs.1 Nr.1 BKGG in der vom 01.01.1992 bis 12.08.1993 geltenden Fassung werden als Kinder auch Stiefkinder berücksichtigt, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat. Inhaltlich gleich regelte § 2 Abs.1 Nr.1 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung - der negativ besetzte Begriff Stiefkind sollte vermieden werden -, dass "vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten" berücksichtigt werden. Nach Angaben des Klägers, die mit den vom Senat eingeholten Auskünften der Stadt W. übereinstimmen, bestand aber vom 01.02. bis 31.12.1995 keine Haushaltsaufnahme mehr; vielmehr befanden sich die Kinder im alleinigen Haushalt der Beigeladenen. Auf die unbewiesen gebliebene Behauptung des Klägers, er habe die (angeblich nicht versicherungspflichtig tätige) Ehefrau mindestens bis Ende des Jahres 1995 finanziell unterstützt, kam es nicht an, ebenso wenig darauf, dass er angeblich einen (nicht geschuldeten) "Unterhalt" für die Kinder gezahlt hat.
2.2. Hinsichtlich der noch offenen Zeit von April 1993 bis einschließlich Januar 1995 kann ein ehemaliger Kindergeldanspruch des Klägers - insoweit sollen ein realisierender (rechtzeitiger) Antrag des Klägers und das eventuell spätere Greifen von Ausschlussfristen noch unberücksichtigt bleiben - nur für fünf Monate, von Oktober 1993 bis Februar 1994, bestanden haben. Gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BKGG a.F. hat Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder und die durch § 2 Abs.1 gleichgestellten Kinder, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes (also der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1991 bis 31.12.1993 geltenden Fassung haben Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, einen Anspruch nach diesem Gesetz nur, wenn sie nach den §§ 51, 53 oder 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden können, frühestens für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten Aufenthalt von einem Jahr. Nach § 1 Abs.3 Satz 1 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung hat ein Ausländer einen Anspruch nach diesem Gesetz nur, wenn er in Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist (hierzu entschied das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 06.07.2004 - 1 BvL 4/97, 1 BvL 5/97 und 1 BvL 6/97, dass die für 1994 und 1995 geltende Bestimmung mit der Verfassung nicht vereinbar sei und in noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren das bis zum 31.12.1993 geltende Recht anzuwenden sei, wenn der Gesetzgeber bis zum 01.01.2006 keine Neuregelung treffe).
§ 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung beinhaltete - abgesehen von dem Hinausschieben des Kindergeldanspruchs um ein Jahr - keine lex specialis zu § 1 Abs.1 BKGG a.F. (Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt), sondern vollzog mit Wirkung ab 01.01.1991 lediglich die herrschende Meinung in der Literatur und die allgemeine Auffassung in der Rechtsprechung, dass der tatsächliche Aufenthalt eines Ausländers erst dann sich zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 SGB I entwickeln könne, wenn nach dem jeweils geltenden Ausländerrecht und der Handhabung der einschlägigen Ermessensvorschriften durch die deutschen Behörden (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) davon auszugehen sei, dass der Ausländer nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer im Bundesgebiet bleiben könne (vgl. BSG vom 31.08.1980 - 8b RKg 4/79 in BSGE 49, 254; BSG vom 15.06.1982 - 10 RKg 26/81, 27/81 und 34/81, ersteres in BSGE 53, 234; BSG vom 20.05.1987 - 10 RKg 18/85 in Breithaupt 1988, 339; BSG vom 23.08.1988 - 10 RKg 20/86, 21/86, 16/87 und 17/87, letzteres in BSGE 63, 67; BSG vom 12.02.1992 - 10 RKg 26/90).
Das Ausländergesetz in der damaligen Fassung sah in § 5 an Arten der Aufenthaltsgenehmigung, gestuft nach der Qualität der Berechtigungen, die Aufenthaltserlaubnis (§§ 15, 17 AuslG), die Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG), die Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 AuslG) und die Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG) vor. § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung bezog sich bei Fehlen einer Aufenthaltsgenehmigung insbesondere auf die Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens und die Duldung nach § 55 AuslG. § 1 Abs.3 BKGG a.F. in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung entfernte sich vom Begriff "Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt" im Sinne von § 1 Abs.1 BKGG a.F., § 30 SGB I (ex-ante-Prognose) und stellte nur mehr auf den gesicherten Aufenthalt eines Ausländers bei Vorliegen der qualitativ am höchsten stehenden Arten der Aufenthaltsgenehmigung, der Aufenthaltsberechtigung und der Aufenthaltserlaubnis ab.
Nach der bis zum Jahre 2000 geltenden unumstrittenen Rechtsprechung hatten der Kläger (und die Beigeladene) nach den genannten Vorschriften keinen Anspruch auf Kindergeld, weil ihr Aufenthalt von vornherein als "transitorisch" angelegt war und die Abschiebung mit Ende des Bürgerkriegs, dem Grund für die Erteilung der befristeten Duldungen, drohte. Das europäische Recht konnte vorliegend nicht zu einem Kindergeldanspruch verhelfen. Die EG-Verordnungen, die das innerstaatliche Kindergeld modifizierten, und zwar auch dann, wenn der Gesetzgeber insoweit (in § 42 BKGG a.F.) keine Ausnahmevorschriften vorgesehen hätte, waren nicht einschlägig, weil der Kläger nicht Angehöriger eines EG-Staates war. Im Übrigen bestimmte § 42 BKGG a.F.: "Soweit in diesem Gesetz Ansprüche Deutschen vorbehalten sind, haben Angehörige der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen die gleichen Rechte. Auch im Übrigen bleiben die Bestimmungen der genannten Verordnungen unberührt".
Nach diesen Regelungen konnte sich der Kläger auch nicht auf die Stellung als "Bürgerkriegsflüchtling" berufen. § 42 BKGG a.F. nimmt mit seiner Formulierung zunächst Bezug auf Flüchtlinge aufgrund des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951, BGBl.1953 II S.559 ("Genfer Flüchtlingskonvention"). Die Gleichstellung mit Deutschen, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, hat zur Folge, dass § 1 Abs.3 BKGG in der vor und ab 01.01.1994 geltenden Fassung nicht anzuwenden ist, setzt aber voraus, dass die Flüchtlinge nach diesem Gesetz (durch unanfechtbaren Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) anerkannt waren. Einen solchen qualifizierten Flüchtlingsstatus hatte aber der Kläger nicht. Er war auch nicht anerkannter Asylberechtigter oder anerkannter sonstiger politischer Verfolgter (§§ 1 und 2 Asylverfahrensgesetz) und gehörte ferner nicht zu den so genannten Kontingent-Flüchtlingen, die die Rechtsstellung nach dem Abkommen vom 28.07.1951 genießen (vgl. § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge vom 20.07.1980, BGBl.I S.1057 - HumHG). Eine derartige Rechtsstellung wird in der Regel durch eine amtliche Bescheinigung nachgewiesen, die nur erteilt werden kann und darf, wenn der Ausländer vor der Einreise in der Form eines Sichtvermerks oder aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs.1 AuslG im Bundesgebiet aufgenommen wird. Ein nachträgliches Anerkennungs- und Feststellungsverfahren hierzu war nicht vorgesehen, vielmehr entstand die Rechtsstellung im Sinne von § 1 Abs.1 HumHG kraft Gesetzes. Eine nachträgliche Anerkennung, etwa durch die Ausstellung eines Reiseausweises mit dem Vermerk Flüchtling im Sinne des § 1 Abs.1 HumHG, ist nicht möglich (ausführlich zu den Einzelheiten siehe Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 09.07.2001 - A 6 S 2218/99).
Der Kläger (ebenso die Beigeladene) hat aber vor seiner Einreise in die BRD kein Sichtvermerks- oder Übernahmeverfahren durchlaufen, sondern ist lediglich auf "Einladung" des Bevollmächtigten, der dann später von der Kostenübernahmepflicht überfordert war, in die BRD eingereist. Demnach erhielt der Kläger auch lediglich nur eine Duldung, wohingegen bei Zugehörigkeit zu den "humanitären Sonderkontingenten" (vgl. §§ 32, 33 AuslG) eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden wäre.
Ein Kindergeldanspruch (1993/1994) bestand aber ausschließlich aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974. (In Frage gestellt wird dies aber wieder vom 13. Senat des BSG, der mit Beschluss vom 23.05.2006 - B 13 RJ 17/05 R dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt hat, ob das Abkommen im Verhältnis der BRD und Bosnien-Herzegowina als einem der "Nachfolgestaaten" des ehemaligen Jugoslawiens mangels eines zustimmenden parlamentarischen Aktes - Bundesgesetz nach Art.59 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) - überhaupt zum anzuwendenden Gesetz geworden sei. Hierauf kam es im Folgenden nicht mehr an, weil dem Kläger auch bei Geltung des Abkommens kein Anspruch auf Kindergeld mehr zustünde.)
Der 14. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R und B 14 KG 3/99 R (letzteres in SozR 3-5870 § 1 Nr.18) kundgetan, dass er seine bisherige Rechtsprechung - genannt wurden die Urteile vom 19.11.1997 - 14/10 RKg 19/96 und vom 22.01.1998 - B 14 KG 2/97 R - aufgibt und bei Bürgerkriegsflüchtlingen (offen soll dies bei Asylbewerbern bleiben), sofern sie Arbeitnehmer sind oder Arbeitslosen- bzw. Krankengeld beziehen (Art.28 Abs.1 des Abkommens), die Voraussetzungen nach § 1 Abs.1 BKGG a.F. für gegeben ansieht. Aus Art.2 Abs.1 Buchst.d., 3 Abs.1 Buchst.a, 4 Abs.1 Satz 1 des Abkommens soll folgen, dass nicht erst Art.28 des Abkommens, die einzige Vorschrift in den besonderen Bestimmungen über die einzelnen Sozialleistungen, einen Anspruch auf Kindergeld begründe, sondern vielmehr Art.28 - abgesehen von der Erweiterung des Arbeitnehmerbegriffs durch Bezieher von Krankengeld und Arbeitslosengeld - je nach dem Aufenthalt des Kindes in einem oder dem anderen Vertragsstaat lediglich regele, ob das Kindergeld in Höhe des § 10 BKGG a.F. oder in Höhe der nach Art.28 Abs.2 des Abkommens geminderten Sätze zu zahlen sei. Hierbei soll der Begriff des "Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne von § 1 Abs.1 BKGG a.F. durch den Begriff des "Wohnens" (sich gewöhnlich aufhalten) des Arbeitnehmers und der Kinder im Sinne des Vertragsrechts modifiziert werden; demnach komme § 1 Abs.3 BKGG a.F. nicht mehr zur Anwendung.
Der Senat schließt sich vorbehaltlich der vom Bundesverfassungsgericht noch zu entscheidenden Frage der Anwendbarkeit des Abkommens dieser nicht nur ihn überraschenden Sichtweise letztlich an, weist aber darauf hin, dass der Kläger das Urteil des Bundessozialgerichts in zweifacher Hinsicht missverstanden hat. Zum einen wurde hier nicht, weder dem Kläger im Revisionsverfahren noch allen Bosniern, ein Kindergeldanspruch "zugesprochen", sondern lediglich das vorausgehende Urteil des Landessozialgerichts Darmstadt aufgehoben und diesem aufgegeben, zum Bestehen eines materiell-rechtlichen Kindergeldanspruchs zu ermitteln und dann hierüber zu entscheiden, wobei überdies zugrunde lag, dass der dortige Kläger gegen eine ablehnende Entscheidung noch im Jahre 1993 rechtzeitig Klage und später Berufung eingelegt hatte. Zum Zweiten ergibt sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts bereits die Nichtanwendbarkeit des § 1 Abs.3 BKGG a.F. in den vor und ab 01.01.1994 geltenden Fassungen, so dass es verwundert, dass der jetzige Kläger im Berufungsverfahren mit Vehemenz ("Betrug") gegen die Vorschrift ankämpft, von der er glaubt, dass sie nach wie vor seinen bestehenden Anspruch vereiteln könne. Insoweit rennt er offene Türen ein.
Auf der Grundlage des Urteils des Bundessozialgerichts ergibt sich zunächst eine "Kindergeldberechtigung" des Klägers nach §§ 1 und 2 BKGG a.F., die noch nicht mit einem Kindergeldanspruch gleichzusetzen ist, in der Zeit von April 1993 bis einschließlich Januar 1995 (versicherungspflichtige Beschäftigung oder Arbeitslosengeldbezug).
Der Kindergeldberechtigung des Klägers von April 1993 bis Januar 1995 steht aber die Kindergeldberechtigung der Beigeladenen von April bis September 1993 und von März 1994 bis Januar 1995 aufgrund von versicherungspflichtigen Beschäftigungen gegenüber. In der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen bestand von Oktober 1993 bis einschließlich Februar 1994 eine Lücke, in der sie (laut Auskunft der AOK W. zeitweise) nur Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Die Argumentation des Klägers, es habe gegolten, dass Arbeitslosenhilfe erst dann zustehe, wenn vorher Arbeitslosengeld gezahlt werde, geht für die damalige Zeit fehl. Dieser Grundsatz hatte erst in späeren Jahren Geltung. Die Beigeladene erfüllte damals weder die Anwartschaftszeit von 360 Kalendertagen noch die für Sonderfälle ("Saisonbetriebe") geltende Anwartschaftszeit von 180 Kalendertagen (§ 104 Abs.1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - in der damaligen Fassung). Sie stand in der Rahmenfrist (drei Jahre vor Arbeitslosigkeit - § 104 Abs.2 und 3 AFG) weniger als 180 Kalendertage in einer die Betragspflicht begründenden Beschäftigung. Gemäß § 134 Abs.1 Ziffern 1, 2, 3 und 4 Buchstabe b AFG konnte jemand einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben, weil er die Anwartschaftszeit nach § 104 AFG nicht erfüllte (und auch nicht früher Arbeitslosengeld bezogen hat), wenn er 150 Kalendertage in Beschäftigung gestanden hat.
Hieraus ergibt sich, dass allein der Kläger von Oktober 1993 bis Februar 1994 einen Kindergeldanspruch hatte. Für die Zeit von April bis September 1993 und März 1994 bis Januar 1995 trafen konkurrierende Kindergeldansprüche der Eheleute zusammen. Für den Fall, dass ein Kind im gemeinsamen Haushalt eines Stiefelternteils und eines leiblichen Elternteils wohnt, bestimmt § 3 Abs.1 Satz 2 BKGG in der bis zum 31.12.1993 und in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung, dass das nach § 3 Abs.1 BKGG a.F. nur einmal zu zahlende Kindergeld dem Elternteil, also hier der Beigeladenen, zu gewähren ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Elternteil gegenüber der Kindergeldkasse schriftlich auf seinen Vorrang verzichtet hat. Vorliegend wurde eine solche Erklärung zugunsten des Klägers nicht abgegeben, vielmehr hatte die Kindsmutter selbst ausdrücklich das Kindergeld beansprucht.
Für den Kläger bestand also ehemals nur ein Kindergeldanspruch von fünf Monaten in der Zeit von Oktober 1993 bis einschließlich Februar 1994, und sämtliche monatlichen Zahlungsansprüche aus dieser Zeit sind spätestens mit Ablauf des 31.08.1994 untergegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger nicht einen Kindergeldantrag gestellt. § 9 Abs.2 BKGG a.F. bestimmt, dass der nach § 17 BKGG a.F. schriftlich zu stellende Kindergeldantrag eine Zahlungspflicht rückwirkend nur für sechs Monate vor Beginn des Eingangs des Antrags auslöst. Der letzte monatliche Anspruch des Klägers für Februar 1994 war damit nur mit einem spätestens im August 1994 gestellten Antrag noch zu verwirklichen. Der Kläger hat aber erstmals im Jahre 2001 einen Antrag auf Kindergeld für seine Stiefkinder im Zeitraum von 1993 bis 1995 gestellt.
Bei der in § 9 Abs.2 BKGG a.F. geregelten Frist handelt es sich nach seinem Sinn und Zweck um eine (absolut wirkende) materiell-rechtliche Ausschlussfrist (BSG vom 22.11.1979 - 8b RKg 3/79 in BSGE 49, 154), so dass es weder auf die Kenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch noch auf ein etwaiges Verschulden bezüglich verspäteter Antragstellung ankommt. Bei einer solchen Frist ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X möglich. § 9 BKGG a.F. bestand bereits vor In-Kraft-Treten des Sozialgesetzbuchs und musste der von einer Mindermeinung im Schrifttum vertretenen und vom Bundessozialgericht nicht geteilten Ansicht, ab In-Kraft-Treten des SGB X müsste in solchen neu eingeführten Vorschriften ausdrücklich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sein, nicht entsprechen.
Die Anwendung des § 9 Abs.2 BKGG a.F. ist vorliegend nicht durch eine eventuell unrichtige Information des Klägers (siehe zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch unten zu Ziffer 3.) ausgeschlossen. Entgegen gehalten werden kann nicht die von der Beklagten im Bescheid vom 19.07.1993 gegenüber der Beigeladenen bekundete Rechtsansicht, erst nach Ablauf der Jahresfrist zum 18.03.1994 bestehe ein Kindergeldanspruch (in diesem Falle hätte der Kläger im Übrigen wegen seiner von Oktober 1993 bis Februar 1994 bestehenden Ansprüche noch im März und April 1994 einen rechtzeitigen Antrag stellen können). Ebensowenig kann gegen die Geltung des § 9 Abs.2 BKGG a.F. die damals von der Beklagten und der Rechtsprechung allgemeinhin vertretene Ansicht eingewendet werden, Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien stehe in der Regel kein Kindergeldanspruch zu. Sicherlich handelt es sich hierbei um eine unzutreffende Rechtsansicht. Die Berufung auf § 9 Abs.2 BKGG a.F., dessen Frist kraft Gesetzes und nicht erst auf Einrede zu beachten wäre, wäre nur bei einer unzulässigen Rechtsausübung ausgeschlossen. Hierfür genügt nicht eine unrichtige Sachbehandlung (rechtswidriger ablehnender Verwaltungsakt) oder eine sachlich unzutreffende Beratung, vielmehr wäre ein qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten erforderlich. Dies träfe z.B. dann zu, wenn die Beklagte durch ein arglistiges Verhalten, also absichtlich in Kenntnis eines bestehenden Anspruchs des Klägers, diesen selbst von einer Antragstellung bis zum 31.08.1994 abgehalten hätte. Von einem arglistigen Verhalten der Beklagten kann aber im Hinblick auf die Entwicklung der Gesetzgebung und der Rechtsprechung nicht die Rede sein. Im Übrigen hat der Zeuge bei seiner Einvernahme am 08.05.2006 in den Berufungen L 14 KG 10/05 und L 14 KG 13/03 bekundet, dass es bereits damals bekannt gewesen sei, dass Kindergeldanträge schriftlich zu stellen seien und die in der Kindergeldkasse W. beschäftigten Personen sich keinesfalls geweigert hätten, Antragsformulare auszuhändigen sowie Anträge entgegenzunehmen und zu verbescheiden. Dies stimmt damit überein, dass die Beigeladene ihren Kindergeldantrag laut Kindergeldakte persönlich bei der Kindergeldkasse am 02.07.1993 eingereicht hat und der Antrag laut Vermerk des Bearbeiters entgegengenommen worden ist, sich auch noch heute in der Kindergeldakte befindet. Ebenso ist in der Berufung L 14 KG 10/05 der Kindergeldantrag des dortigen Klägers am 08.07.1993 von einem Bediensteten des Arbeitsamts entgegen genommen worden.
Nur nebenbei sei noch erwähnt, dass vorliegend im Jahre 1993 doch im Vordergrund der Kindergeldanspruch der Beigeladenen für ihre leiblichen Kinder stand. Unbeschadet dieses Umstands stünde der Anwendung des § 9 Abs.2 BKGG keineswegs eine unrichtige Beratung des Klägers (im Jahre 1993) entgegen. Eine unrichtige Beratung vermag unter Umständen einen sozialrechtlilchen Herstellungsanspruch zu begründen, der § 9 Abs.2 BKGG a.F. nicht ausschließt, vielmehr sich auf einer anderen Ebene bewegt, so dass auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch selbst § 9 Abs.2 BKGG a.F. keine Anwendung findet.
3. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Ein solcher setzt voraus, a) eine Pflichtverletzung: Der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger muss eine Hauptpflicht oder Nebenpflicht aus seinem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis mit dem Anspruchsteller, die ihm gerade diesem gegenüber oblag, (objektiv) rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben; b) die Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils: Die Pflichtverletzung muss ferner als nicht hinwegdenkbare Bedingung, neben anderen Bedingungen zumindest gleichwertig, ("ursächlich") bewirkt haben, dass dem Betroffenen ein (verfahrensrechtliches oder materielles Leistungs-, Gestaltungs- oder Abwehr-)Recht, das ihm im jeweiligen Sozialrechtsverhältnis nach den oder aufgrund der Vorschriften des SGB gegen den Leistungsträger zugestanden hat oder ohne die Pflichtverletzung zugestanden hätte, nicht mehr zusteht; c) der Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil: Zur sachgerechten Begrenzung der dem Leistungsträger zurechenbaren Nachteile ist ergänzend zu kontrollieren, ob der geltend gemachte Nachteil nach Art und Entstehungsweise aus der Gefahr stammt, zu deren Abwendung die verletzte konkrete Pflicht diente (innerer Zusammenhang); (vgl. stellvertretend für viele höchstrichterliche Urteile BSG vom 15.12.1994 - 4 RA 64/93 in SozR 3-1200 § 14 Nr.17).
Der Vortrag des Klägers zielt in seiner Berufung vorrangig, wenn auch unwissentlich, auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ab, und zwar mit der pauschalen vergröbernden Behauptung, es sei ihm bzw. den bosnischen Flüchtlingen immer wieder gesagt worden, für den Kindergeldanspruch bedürfe es einer Aufenthaltserlaubnis, und eine Duldung sei nicht ausreichend. Pauschal wurden auch angeblich gleichgelagerte Beispielfälle genannt, die bei näherem Hinsehen verschiedene Sachverhaltsgestaltungen aufweisen und daher auch rechtlich differenziert zu behandeln sind. Zunächst muss hier allgemein auf einen vielfach unrichtigen und auch im Übrigen in wesentlichen Teilen unglaubwürdigen Vortrag der Klagepartei hingewiesen werden. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie der Kläger als Ehemann der Beigeladenen und mit dieser von April 1993 bis Januar 1995 in einer Wohnung zusammenlebend, guten Gewissens behaupten kann, er habe allein oder allenfalls zusammen mit der Beigeladenen einen Kindergeldantrag gestellt und er sei allein in der fraglichen Zeit sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer gewesen, auf dessen Tätigkeit ein Kindergeldanspruch beruhen könne. Es muss ihm hier bewusst sein, dass die damalige Ehefrau, die damals zweieinhalb Wochen früher als er in Beschäftigung stand, nahezu in gleichem zeitlichen Umfang bei beachtlichen Entgelten in Vollzeit versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Der Kläger gewinnt auch dadurch nicht an Glaubwürdigkeit, dass er auf schriftlichen Vorhalt seine unzutreffenden Angaben dahingehend eingeschränkt hat, dass die Beigeladene von 1993 bis 1995 nicht oder allenfalls in geringfügigem Umfang gearbeitet hätte; auch dies trifft den wesentlichen Kern der Sache nicht. Auffallend sind weiterhin ungenaue bis unzutreffende Angaben des Klägers über seine Arbeitsverhältnisse. Wiederholt hat er im Verwaltungsverfahren und auch beim Finanzgericht N. vorgetragen, er habe von April 1993 bis August 1997 bei der Firma W. gearbeitet (vorgewiesen wurde auch eine pauschale und insoweit unrichtige Bescheinigung des Arbeitgebers), einmal mit dem Nachsatz, er habe danach Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe bezogen, einmal mit dem vagen Hinweis, er sei in den angegebenen Zeiten ab 1993 sowohl in Beschäftigung gestanden als auch in Arbeitslosengeldbezug. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass damals das Kindergeld von April 1993 bis Oktober 1997 streitig war, kann ein Hang zu unpräzisen, zweckfördernden Angaben festgestellt werden. Der Senat vermag in der Zeit von April 1993 bis Oktober 1997 neben mehreren Beschäftigungsverhältnissen des Klägers vier Zeiträume des Bezugs von Arbeitslosengeld und drei Zeiträume des Bezugs von Arbeitslosenhilfe festzustellen. Die Neigung zu einem unsorgfältigen pauschalen Sachvortrag gilt auch für die Person des Prozessbevollmächtigten selbst, wenn er z.B. bei Befragen in der mündlichen Verhandlung am 04.08.2005 vor dem Sozialgericht Regensburg - der Kläger selbst war nicht anwesend - angab, der Kläger habe in den Jahren 1993 bis 1995 bei der Firma W. als Gerüstbauer gearbeitet (ein Hinweis auf längere Unterbrechungen bei Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe fehlt) und er selbst vertrete vor Gericht den Bruder (Kläger) und den Bekannten Z. B. , wobei die ehemalige Vertretung des Schwagers S. S. beim Sozialgericht Nürnberg und ab dem Jahre 2003 beim Bayer. Landessozialgericht unerwähnt blieb.
Zu erwähnen sind ferner zwei sich widersprüchliche Angaben; einmal soll der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 19.07.1993 nichts unternommen haben, ein andermal soll er versucht haben, Widerspruch einzulegen, wobei aber beides nicht erklärt, dass die Beigeladene als vom Bescheid Betroffene etwas unternehmen hätte müssen und Widerspruch einlegen hätte können. Auffallender sind die wiederholten Angaben, zwischen 1993 und 2001 habe der Kläger keinen Kindergeldantrag gestellt bzw. im Jahre 1996 keinen Neuantrag gestellt, wenn wiederum gelegentlich behauptet wurde, es sei zwischen 1993 und 2001, einmal wurde im Juli 1996 angegeben, ein Antrag gestellt worden. Entweder versteht die Klagepartei unter Anträge schriftliche Anträge (dann wären es ein Antrag im Jahre 2001, allenfalls unter Berücksichtigung des Antrags der Beigeladenen im Jahre 1993 zwei Anträge gewesen) oder sie meint wirksame schriftliche und unwirksame mündliche Anträge des Klägers, dann wären es drei Anträge gewesen. Die kunterbunte Abfolge von einmal zwei und einmal drei wie auch vier Anträgen ist aber kaum noch mit andauernd wechselnden Meinungen zu dem, was der Kläger als Antrag versteht, schlüssig zu erklären.
Erhebliches Gewicht misst der Senat der unrichtigen Angabe der Klagepartei zu, er bzw. die Beigeladene seien mit Bescheiden vom 19.07.1993, 16.07.1996 und 25.11.1996 mit der Begründung abgewiesen worden, es liege nur eine Duldung vor und es bedürfte zum Kindergeldbezug einer Aufenthaltserlaubnis. Dies ist nachweislich im jetzigen Streitfall unzutreffend. Laut Bescheid vom 19.07.1993, der § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung anwendete, hielt der Sachbearbeiter eine Duldung für ausreichend, weil er (zu Unrecht) einen dauernden Aufenthalt der Beigeladenen in der BRD annahm. Die Kindergeldgewährung scheiterte daran, dass wegen des in § 1 Abs.3 BKGG (in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung) vorgesehenen Aufschubs der Kindergeldzahlung die Jahresfrist von der erstmaligen Erteilung der Duldung am 19.03.1993 bis zum 18.03.1994 lief. Sinngemäß wurde damit (nach damaliger Auffassung des Sachbearbeiters zur Rechtslage) bekundet, dass ab 19.03.1994 eine Kindergeldgewährung bei Verlängerung der Duldung möglich sei. Die weiteren Ablehnungsbescheide vom 16.07.1996 und 25.11.1996 beruhten nur auf mangelnder Mitwirkung der Beigeladenen, in der Sache wurde nicht entschieden.
Unzutreffend war auch die Aussage desselben Zeugen in der Berufung L 14 KG 10/05, der dortige Kläger habe im Jahre 1993 ebenfalls die Auskunft erhalten, bei Duldung sei ein Kindergeldanspruch nicht gegeben, erforderlich sei eine Aufenthaltserlaubnis. Abgesehen davon, dass der dortige Kläger über eine Aufenthaltsgestattung für die Durchführung eines Asylverfahrens und nicht über eine Duldung verfügte, konnte die Beklagte im Juni/Juli 1993 nicht Auskünfte erteilen, die erst dem § 1 Abs.3 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung des 1.SKWPG vom 21.12.1993 entsprachen. Dies gilt auch für die angeblich unrichtige Beratung der Beigeladenen im Juli 1993 oder früher, so dass feststeht, dass sowohl die Klagepartei als auch der Zeuge einen Anspruch auf Kindergeld (wegen unzutreffender Informationen) mit objektiv wahrheitswidrigen Angaben begründet haben.
Im Bezug auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sieht der Senat - eine vollständige sichere Beurteilung ist wegen der unfundierten Angaben der Klagepartei und der genannten Widersprüchlichkeiten nicht möglich - folgende Rechtslage: Im Juli 1993 bestand ein Leistungsverhältnis bzw. ein sich eventuell anbahnendes Leistungsverhältnis, das eine Beratung erfordert hätte, allenfalls zwischen der Beklagten und der Beigeladenen als Antragstellerin. Ein vorher gegebenes "Leistungsverhältnis", wie es z.B. zwischen Versicherungsanstalt und Versicherten aufgrund des Versicherungsverhältnisses besteht, muss verneint werden; das Kindergeld wird aus allgemeinen, nicht zweckgebundenen Steuermitteln geleistet, und der Staat steht wegen des Kindergelds nicht zu einem (steuerzahlenden) Bürger in einer besonderen Rechtsbeziehung des "do, ut des". Die Beratung bezog sich auf die damals erwerbstätige Beigeladene, und der Kläger stand außen vor. In Bezug auf die Beigeladene kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Frage, weil dieser subsidiärer Art ist und nicht zum Tragen kommt, wenn für die Beseitigung eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns eine spezielle Regelung, hier § 44 SGB X, vorgesehen ist (BSG vom 28.01.1999 - B 14 EG 6/98 B in SozR 3-1300 § 44 Nr.25; BSG vom 23.07.1986 - 1 RA 31/85 in SozR 1300 § 44 Nr.23). Hinsichtlich des Klägers selbst kann der Senat eine Beratung nicht feststellen. Wäre sie aber erfolgt (das Mithören bei einer Besprechung allein reicht nicht aus), müsste sie so, wie gegenüber der Beigeladenen (s. Bescheid vom 19.07.1993) ausgefallen sein, so dass der Kläger nicht durch unrichtige Belehrung daran gehindert gewesen wäre, nach Wegfall des Kindergeldanspruchs der vorrangigen Beigeladenen (Wegfall der damaligen Beschäftigung, dann weitere Unterbrechung durch Arbeitslosenhilfebezug) einen Antrag wegen seines alleinigen Kindergeldrechts von Oktober 1993 bis Februar 1994 zu stellen. Es fehlt hier an der Ursächlichkeit. Dasselbe gilt, wenn der Kläger glaubte, mit Beginn seiner Beschäftigung im April 1994 (bei Ablauf der Jahresfrist mit dem 18.03.1994) selbst kindergeldberechtigt zu sein.
Hinsichtlich des zweiten Sachverhalts im Jahre 1996 kann ein Kindergeldanspruch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (mit der Unterstellung, dass der schriftliche Kindergeldantrag bereits im Jahre 1996 gestellt worden wäre) nicht gegeben sein. Bei Gleichklang von Angaben der Klagepartei und des Zeugen hat der Kläger zwischen August und Dezember 1996 bei der Beklagten vorgesprochen, entweder zu seiner Information oder eventuell zur (versuchten) Stellung eines (dann nicht erfolgten) schriftlichen Antrags. Beides bezog sich aber - so ausdrücklich der Zeuge - nur auf die Kinder aus zweiter Ehe und nicht auf die von der ersten Ehefrau in die erste Ehe mitgebrachten Kinder, von denen der Kläger ja schon seit Januar 1995 getrennt lebte. Übereinstimmend damit hat der Kläger auch mit Antrag vom 15.02.2001 nicht Kindergeld für die Stiefkinder aus erster Ehe beantragt.
Die mögliche Beratung im Jahre 1996 betraf (auch nach § 66 Abs.3 EStG bestand im Übrigen der Ausschluss von Leistungen für mehr als sechs Kalendermonate vor dem Antragsmonat) das steuerrechtliche Kindergeld nach den ab 01.01.1996 geltenden Vorschriften des Steuerrechts und nicht das sozialrechtliche Kindergeld für die Kinder der Beigeladenen. Insofern erscheinen die weitgehend unsicheren und teilweise dubiosen Angaben des Klägers und des Zeugen stimmig, denn Kindergeld hatte die Beigeladene für ihre leiblichen Kinder schon während des Zusammenlebens mit dem Kläger bis Januar 1995 im Juli 1993 und dann wieder in Mai und Oktober 1996 beantragt; der Kläger hatte im Jahre 1996 eine neue Familie und nach Lebenserfahrung würde er sich um das aktuelle Kindergeld im Jahre 1996 für die neuen Familienangehörigen erkundigen.
Eine nicht nachgewiesene und höchst unwahrscheinliche unrichtige Beratung des Klägers im Jahre 1996 hinsichtlich der Kinder der Beigeladenen im Zeitraum von 1993 bis 1995 (sozialrechtlicher Kindergeldanspruch für die Vergangenheit) könnte im Übrigen nicht das nachträgliche Erbringen von vorenthaltenen Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.1996 bewirken. Eine Ursächlichkeit zwischen unrichtiger Beratung und dem bereits vorher eingetretenen sozialrechtlichen Nachteil kann nicht bestehen.
Den vom Kläger gestellten Antrag auf Einvernahme von leitenden Personen und Sachbearbeitern der Beklagten war nicht nachzukommen. Zum einen sollen Zeugen über (streitige und entscheidungserhebliche) tatsächliche Sachverhalte berichten und haben nicht - wie vom Kläger gewünscht - Gesetzestexte vorzulegen, die Gesetzesmotive zu erklären und die "gesetzlichen Grundlagen" für die Kindergeldentscheidungen der Verwaltung darzulegen. Die Gesetze selbst sind dem Senat bekannt, ebenso die Rechtsprechung mit ihrer Entwicklung. Die damalige Rechtsauffassung des Beklagten ergibt sich aus den von dieser vorgelegten Dienstanweisungen, die der Kläger in vielen Punkten falsch verstanden und fehlinterpretiert hat. Nicht geklärte und auch entscheidungserhebliche Tatsachen sind dem Senat nicht ersichtlich. Vermutlich geht es dem Kläger um einen vom vorliegenden Prozess nicht gedeckten Zweck, Material für den von ihm in leichtfertiger Weise behaupteten "Sozialbetrug" durch die Beklagte und die angebliche Missachtung des Urteils des Bundessozialgerichts 2000 in drei von ihm verfolgten Berufungen zu erlangen, wobei er wohl verkennt, dass bereits vom zu beurteilenden Sachverhalt her jeder Fall gegenüber dem anderen anders gestaltet ist.
Sofern sich der Kläger auf das Urteil des BSG vom 12.04.2000 und - unter Erwähnung des Falles Z. - auf eine Gleichbehandlung nach dem Gesetz (Art.3 GG) beruft, geht dies am Kern der Sache vorbei. Die Sozialgerichte urteilen nicht wie im anglosächsischem Recht nach einem Fallrecht, sondern nach den allgemein-gültigen Gesetzen, und eine Gleichbehandlung im Unrecht - also falls die Sache des Herrn Z. mit rückwirkender Gewährung des Kindergeldes ab 1993 unrichtig geregelt worden ist - kann ohnehin nach Art.3 GG nicht gefordert werden. Nur nebenbei weist der Senat darauf hin, dass den vom Kläger benannten zwei Fällen ein wesentlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde liegt. Dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 ging voraus, dass ein erstmaliger Kindergeldantrag vom April 1993 mit Bescheid vom Mai 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom Oktober 1993 abgelehnt worden ist und hierauf rechtzeitig Klage, Berufung und Revision folgten. Im Falle des Herrn Z. wurde zwar ein im November 1993 gestellter Kindergeldantrag bestandskräftig abgelehnt, aber ein weiterer Antrag wurde bereits im April 1994 gestellt.
In der jetzigen Berufung hatte der Kläger aber erstmals im April 2001 einen Kindergeldantrag gestellt, und der behauptete 12- bis 13-jährige Kampf um das Kindergeld ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Ansicht, materiell-rechtliche Kindergeldvorschriften und materiell-rechtliches Verfahrensrecht (z.B. § 9 Abs.2 BKGG a.F.; vorliegend waren nicht mehr einschlägig § 5 Abs.2 BKGG n.F., § 44 Abs.4 SGB X in unmittelbarer oder analoger Anwendung und § 45 SGB I) seien nicht zu beachten. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 wurde im Übrigen nicht missachtet, sondern auch unter Zugrundelegung dieser Entscheidung besteht seitens des Klägers kein durchsetzbarer Rechtsanspruch.
Eine Diskriminierung von Ausländern kann nicht gesehen werden. Der Ausschluss oder die fehlende Durchsetzbarkeit jahrelang zurückliegender Kindergeldansprüche gilt gleichermaßen für Deutsche wie für Ausländer. Ebenso ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit jeder lange zurückliegende Fall, der neu aufgerollt und zu entscheiden ist, mit erheblichem Zeitaufwand verbunden, wenn alle ehemaligen Umstände, auch wenn sie aus damaliger Rechtsansicht unerheblich waren, nicht vollständig in der Kindergeldakte dokumentiert sind oder Akten und sonstige Unterlagen wegen Zeitablaufs nicht mehr oder erschwert zugänglich sind.
Der Senat sah sich in der Lage, hinsichtlich der Berufungen des Klägers und der Beigeladenen ein Urteil zu erlassen, ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Weitergeltung des deutsch-jugoslawischen Abkommens für Bosnien abzuwarten. Bei Anwendbarkeit des Abkommens wäre das vorliegende Urteil nicht tangiert. Im Falle der Unanwendbarkeit bestünde nur ein zusätzlicher Grund, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsverfahren ist für den Kläger gerichtskostenfrei. Wegen seines Unterliegens sind ihm außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 19. Juli 1993 verpflichtet worden ist; die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2005 wird in vollem Umfang abgewiesen
III. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist im Zeitraum von April 1993 bis Dezember 1995 ein Kindergeldanspruch des Klägers für die Stiefkinder J. H. , geboren 1983, und D. H. , geboren 1985, die die beigeladene I. M. , frühere I. M. , in die im Jahre 1987 mit dem Kläger geschlossene Ehe mitbrachte, und die Verzinsung des Nachzahlungsbetrags mit 12,5 % (Berufung des Klägers). Streitbefangen ist ferner die Frage, ob in erster Instanz der Bescheid der Beklagten vom 19.07.1993 gegenüber der Beigeladenen aufgehoben werden durfte (Anschlussberufung der Beklagten).
1. Der Kläger und seine damaligen Familienangehörigen, alle Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas, flüchteten im März 1993 wegen des damaligen Bürgerkriegs von dort in die Bundesrepublik Deutschland (BRD), hielten sich aufgrund der für alle vom Landratsamt N. wiederholt befristet erteilten Duldungen (Aussetzung der Abschiebung) bis Ende des Jahres 1997 in W. auf und kehrten dann - getrennt - ins Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens (zunächst nach Kroatien) zurück. Die Ehe des Klägers wurde - laut unterschiedlichen früheren Angaben der Eheleute - entweder am 15.01.1996 (so die Beigeladene in ihrem Kindergeldverfahren 1996) oder am 22.06.1996 (so der Kläger im Klage- und Berufungsverfahren) geschieden. Bereits am 31.01.1995 trennten sich die Ehegatten; die Beigeladene mit ihren Kindern bezog - so die im Berufungsverfahren eingeholten Registerauskünfte der Stadt W./Meldebehörde und die auf Nachfrage des Senats ergangene Auskunft des Klägers - eine andere Wohnung in W ...
Der Kläger heiratete am 22.08.1996 Frau S. S. , geborene S. , die in diese Ehe ihre leiblichen Kinder J. S. , geboren 1986, und A. V. , geboren 1991, mitbrachte. Aus der zweiten Verbindung des Klägers gingen das vorehelich 1995 geborene Kind A. und die 1996 geborenen Drillinge H. , E. und M. hervor.
Die in den Jahren von 2001 bis 2006 angestellten Ermittlungen (vor allem Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 20.12.2005 und 03.01.2006 i.V.m. einem Speicherausdruck der Beklagten vom 30.03.2001 über Sozialleistungsbezüge des Klägers ab Dezember 1995 und die Auskünfte der AOK Bayern, Direktion W. vom 13.06.2006) ergaben im Einzelnen zu den Versicherungsverhältnissen des Klägers und seiner ersten beigeladenen Ehefrau folgendes: 20.04.1993 bis 18.01.1994: Entgelte von 20.874 und 749 DM 19.01.1994 bis 09.04.1994: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 11.04.1994 bis 30.11.1994: Entgelt von 20.913 DM 01.12.1994 bis 10.04.1995: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 11.04.1995 bis 05.06.1995: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosenhil fe 06.06.1995 bis 08.12.1995: Entgelte von 7.402 DM und 8.824 DM 09.12.1995 bis 06.03.1996: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosengeld 07.03.1996 bis 06.11.1996: Entgelt von 20.793 DM 07.11.1996 bis 05.08.1997: Pflichtbeiträge bei anfänglichem Arbeitslosengeld, ab 11.03.1997 bei Arbeitslosenhilfe 06. und 07.08.1997: Entgelt von 289 DM 08.08.1997 bis 30.10.1997: Pflichtbeiträge bei Arbeitslosenhil fe. Zwischen 1993 und 1997 war der Kläger ausschließlich bei der Firma S. W. , Putz- und Stuckgeschäft, Gerüstbau, in W. beschäftigt. Nach Verlassen der BRD Ende Oktober 1997 ließ er sich die Arbeitnehmeranteile der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von rund 7.441 DM bei damaligen Wohnsitz (noch) in Kroatien erstatten (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 19.06.2000).
Beigeladene: 02.04.1993 bis 18.09.1993: Entgelt von 7.969 DM 09.10.1993 bis 16.10.1993: Arbeitslosenhilfe 18.11.1993 bis 12.03.1994: Arbeitslosenhilfe 14.03.1994 bis 30.11.1997: Jahresentgelte von 11.116 DM, 16.216 DM, 16.728 DM und (für 1997) 5.263 DM und 1.316 DM und 8.881 DM. Die Beigeladene war im Jahre 1993 in der Gastwirtschaft R. in W. und ab März 1994 bei der Firma B. im H.haus beschäftigt und ließ sich später ebenfalls ihre Beiträge erstatten (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz vom 07.11.2000 über rund 6.448,00 DM).
2. Die Beigeladene persönlich reichte am 02.07.1993 beim Arbeitsamt W. (Kindergeldkasse) einen am 29.06.1993 von ihr unterschriebenen Kindergeldantrag auf einem zweisprachigen Formblatt in deutscher und kroatisch/serbischer Sprache für ihre leiblichen Kinder J. und D. ein; vermerkt war auf dem Formular ihre Beschäftigung in der BRD ab 20.04.1993. Auf dem Antrag hatte der Kläger (Stiefvater) seine Zustimmung zum Bezug des Kindergeldes durch die damalige Ehefrau erklärt.
Die Beklagte fragte beim Landratsamt N. wegen des Aufenthaltsstatus der Beigeladenen an und erhielt von der Stadt W., Pass- und Ausländerabteilung, die Mitteilung, dass die Beigeladene keine Asylbewerberin sei; als Flüchtling aus Bosnien habe ihr das Landratsamt N. eine bis zum 30.09.1993 gültige Duldung erteilt. Die weitere formularmäßig vorgesehene Frage, ob im Falle der Duldung von aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen nach der derzeit geltenden Rechts- und Erlasslage bis auf Weiteres abgesehen werde, wurde nicht beantwortet. Die Beklagte lehnte den Antrag der Beigeladenen mit einem an sie adressierten Bescheid vom 19.07.1993 ab, weil Personen nach § 1 Abs.1 Nr.1 Bundeskindergeldgesetz (BKGG), die weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hätten, keinen Anspruch auf Kindergeld hätten. Als Ausländer könne sie einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet nur begründen, wenn ihrer Absicht, sich auf längere Zeit im Bundesgebiet aufzuhalten, keine ausländerrechtlichen Bestimmungen entgegenstünden. Zur Begründung eines rechtmäßigen Aufenthalts benötige sie eine Aufenthaltsgenehmigung (§ 5 des Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet - AuslG). Nach den Ermittlungen sei eine befristete Duldung gemäß § 55 AuslG erteilt worden, was grundsätzlich nicht zu einem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt führe, unabhängig davon, wie lange der Aufenthalt tatsächlich dauere. Die Antragstellerin erfülle auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.3 BKGG. Danach bestehe bei fehlender Aufenthaltsgenehmigung nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn der Ausländer nach den §§ 51, 53 oder 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne, frühestens jedoch für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten ununterbrochenen Aufenthalt von einem Jahr. Nach einer Bestätigung der für die Aufenthaltserlaubnis zuständigen Ausländerbehörde gehöre sie zwar zu dem Personenkreis, der auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne, aber die genannte Jahresfrist ende erst am 18.03.1994. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen wurde in dem Bescheid weiterhin empfohlen, vor Ablauf der Jahresfrist einen erneuten Antrag auf Kindergeld zu stellen, und es erging ferner der Hinweis, dass Kindergeld grundsätzlich nur für die letzten sechs Monate vor dem Monat der erneuten Antragstellung rückwirkend gezahlt werde (§ 9 Abs.2 BKGG).
Mit Schreiben vom 29.05.1996 beantragte die Beigeladene formlos beim Arbeitsamt W. erneut Kindergeld für ihre beiden Kinder unter Erwähnung einer Beschäftigung ab März 1994 bei H. , aber ohne Angaben zu ihrem Aufenthaltsstatus und ihren Familienverhältnissen und ohne die erforderlichen Unterlagen. Nachdem sie die von der Beklagten übersandten Formulare und Bescheinigungen trotz Hinweises auf ihre Mitwirkungspflicht nicht beigebracht hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.07.1996 einen Kindergeldanspruch nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab, weil die Beigeladene ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien (§§ 32 Abs.1, 67 EStG i.V.m. §§ 90, 93, 97 Abgabenordnung).
Einen weiteren von der Beigeladenen am 18.10.1996 unterschriebenen und mit Briefpost beim Arbeitsamt W. am 22.10.1996 eingegangenen Formblatt-Kindergeldantrag (nicht unterschrieben vom Kläger) lehnte die Beklagte ebenfalls mit der gleichen Begründung ab, nachdem die Beigeladene auf Anforderung verschiedener Unterlagen nicht reagierte (Bescheid vom 25.11.1996). Die drei der Beigeladenen erteilten Bescheide sind mit Widerspruch bzw. Einspruch nicht angegriffen und bestandskräftig geworden.
Am 01.03.2001 reichte der jetzige Bevollmächtigte und Bruder des Klägers einen von diesem am 15.02.2001 unterschriebenen und von ersterem nachträglich ergänzten Formblatt-Kindergeldantrag nur für vier leibliche und zwei Stiefkinder aus seiner zweiten Ehe persönlich beim Arbeitsamt W. ein. Dieses bewilligte mit Bescheid vom 03.04.2001 Kindergeld für die genannten sechs Kinder nach den Vorschriften des EStG für August 1997, dem letzten Monat der Beschäftigung des Klägers in der BRD. Abgelehnt wurde die Gewährung für Juli, September und Oktober 1997, weil der Kläger in diesen Monaten Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, und für die Zeit bis zum 30.06.1997, weil gemäß § 52 Abs.62 EStG eine rückwirkende Zahlung längstens bis Juli 1997 zulässig sei (Anm. des Senats: § 66 Abs.3 EStG mit dem Ausschluss von Kindergeldzahlungen für mehr als sechs Monate vor der Antragstellung wurde aufgehoben und war letztmals im Kalenderjahr 1997 anzuwenden).
Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch vom 17.04.2001 - vom Bevollmächtigten des Klägers wurde ein vom Kläger selbst im Jahre 1993 gestellter und abgelehnter Kindergeldantrag behauptet - wurde erstmals unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (gemeint wohl Urteil des BSG vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R und 3/99 R) auch Kindergeld für die von der Beigeladenen in die erste Ehe mitgebrachten zwei Kinder ab 1993 beantragt, weil der Kläger von April 1993 bis August 1997 beschäftigt gewesen oder Arbeitslosengeld bezogen habe.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19.04.2001 zurückgewiesen. Den Antrag vom 17.04.2001 lehnte die Beklagte als Antrag auf Kindergeld nach dem BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKGG a.F.) für die Jahre 1993 bis 1995 mit Bescheid vom 30.04.2001 ab, weil im Rahmen der Ausschlussfrist des § 9 Abs.2 BKGG a.F. eine rückwirkende Zahlung des Kindergeldes nur für sechs Monate vor dem Monat der Antragstellung zulässig sei; der Antrag sei aber erst im April 2001 eingegangen. In dem Bescheid, der im jetzigen Berufungsverfahren teilweise streitgegenständlich ist, wurden die vom genannten Zeitraum erfassten Kinder, zwei Stiefkinder aus erster Ehe des Klägers und der am 26.10.1995 von der zweiten Ehefrau geborenen Sohn Admir, nicht genannt. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung ist gegen diesen Bescheid ausdrücklich Widerspruch nicht erhoben worden.
Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht N. wegen des Bescheides vom 03.04.2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2001 begehrte der Kläger für acht Kinder das Kindergeld "ab 1993" (Klageschriftsatz vom 16.05.2001). Das Finanzgericht verwies mit Beschluss vom 27.04.2004 - II 134/2004 2004 - der Finanzrechtsweg sei insoweit unzulässig - den Rechtsstreit hinsichtlich Kindergeldansprüche bis Dezember 1995 an das Sozialgericht Regensburg und wies die Klage hinsichtlich der Kindergeldansprüche ab 01.01.1996 mit Urteil vom 27.04.2004 - II 209/2001 - wegen Unbegründetheit ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 23.08.2004 - VIII B 157/04 - als unzulässig verworfen.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg S 1 KG 1/04 wurde der beim Finanzgericht N. eingereichte Klageschriftsatz vom 16.05.2001 auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.04.2001 gewertet, und die Beteiligten einigten sich am 17.02.2005 vergleichsweise dahingehend, dass die Klage zurückgenommen werde und die Beklagte bis zum 01.04.2005 einen Widerspruchsbescheid über den sozialrechtlichen Kindergeldanspruch des Klägers für J. und D. (Stiefkinder aus erster Ehe des Klägers), für den 1995 geborenen A. (voreheliches Kind der zweiten Ehefrau) und für die Kinder J. und A. (in die im Jahre 1996 geschlossene Ehe mitgebrachte Kinder der zweiten Ehefrau), also für alle fünf vor dem 01.01.1996 geborenen Kinder erteile. Es erging der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005. Dieser stützte sich zunächst darauf, dass Kindergeldanträge nur schriftlich gestellt werden könnten und ein solcher Antrag seitens des Klägers erstmals am 17.04.2001 bei der Beklagten eingegangen sei. Nach § 9 Abs.2 BKGG a.F. seien Zahlungen für mehr als sechs Monate vor der Antragstellung ausgeschlossen. Auch nach dem BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 könne ein Antrag vom 17.04.2001 keine Zahlungspflicht für die Jahre 1993 bis 1995 auslösen. Denn danach sei § 5 Abs.2 BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.1997 letztmals für das Kalenderjahr 1997 anzuwenden, so dass Kindergeld für einen nach dem 31.12.1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden könne. Die Widerspruchsstelle führte weiterhin aus, der Kläger habe auch nicht im Wege eines Überprüfungsantrags gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) die Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 und die Zahlung des Kindergelds von 1993 bis 1995 erreichen können. Über den Antrag vom 02.07.1993 sei mit Bescheid vom 19.07.1993 entschieden worden (Anmerkung des Senats: damals Antrag der Beigeladenen und Bescheid nur gegenüber der Beigeladenen!); hiergegen sei der Kläger (?) nicht vorgegangen, so dass der Bescheid vom 19.07.1993 bestandskräftig geworden sei. Gemäß § 44 Abs.4 SGB X (Ausschlussfrist) dürften auf einen Überprüfungsantrag Leistungen rückwirkend nur für vier Jahre vor dem Jahr der Stellung des Antrags gezahlt werden. Ungeachtet dessen sei eine Zahlung des Kindergeldes für die Jahre 1993 bis 1995 nicht möglich, weil der Anspruch zwischenzeitlich verjährt sei. Das Ermessen, ob die Verjährungseinrede erhoben werde, sei aus haushaltsrechtlichen und fiskalischen Gründen in der Regel dahingehend auszuüben, dass von der Einrede der Verjährung - ausgenommen im Falle eines Verschuldens der Familienkasse - Gebrauch gemacht werde. Ein Verschulden der Familienkasse könne nicht festgestellt werden. Der Kläger habe trotz der Hinweise auf einen rechtzeitigen erneuten Antrag im Bescheid vom 19.07.1993 bis April 2001 keine weiteren schriftlichen Anträge auf Kindergeld gestellt.
In dem daraufhin folgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg S 1 KG 3/05 verfolgte der Bevollmächtigte des Klägers das bisherige Begehren ausdrücklich nur insoweit weiter, als er die "Aufhebung" (gemeint: Abänderung des Bescheides vom 30.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005) und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Kindergeld im Zeitraum von April 1993 bis Dezember 1995 für die Kinder J. und D. der ersten Ehefrau I. M. (M.) samt Zinsen beantragte, weiterhin in der mündlichen Verhandlung am 04.08.2005 zusätzlich noch die "Aufhebung" des Bescheides vom 19.07.1993. (Ein nebenbei nochmals bei der Beklagten am 18.02.2005 gestellter Antrag auf Kindergeld für die sechs Kinder aus zweiter Ehe des Klägers, beschränkt auf die Monate Juli, September und Oktober 1997, wurde mit dem nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 18.04.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2005 abgelehnt, weil das diesbezügliche Urteil des Finanzgerichts N. vom 27.04.2004 rechtskräftig sei).
Der Bevollmächtigte des Klägers trug beim Sozialgericht vor, die schriftliche Antragstellung im Jahre 1993 sei entgegen den Gesetzen mit der Begründung abgelehnt worden, dass der Kläger (?) keine Aufenthaltserlaubnis habe und eine Duldung nicht ausreiche. Auch die späteren schriftlichen Antragstellungen der Beigeladenen seien mit der gleichen Begründung, nämlich einer fehlenden Aufenthaltserlaubnis, abgelehnt worden. Wenn vor dem vierten schriftlichen Antrag im Jahre 2001 kein weiterer Antrag gestellt worden sei, so habe das daran gelegen, dass bei jedem erneuten Versuch, Kindergeld zu beantragen - der Kläger bezog sich auch auf die Fälle S. S. , S. H. und Z. B. und gab später an, mindestens zehn bosnischen Kriegsflüchtlingen bei der Antragstellung und vor Behörden geholfen zu haben -, sie ("wir") ausgelacht worden seien. Die Sachbearbeiter des Arbeitsamtes hätten ihnen gesagt, dass die Voraussetzungen für das Kindergeld nicht erfüllt seien und ein Antrag sofort abgelehnt werden würde, wie sie es auch schon vorher gemacht hätten: "Wir sind dann immer gegangen". Im Vertrauen auf die deutschen Behörden hätten sie alles so gelassen. Es sei für Flüchtlinge unzumutbar gewesen, sich bei Gericht gegen die deutschen Behörden zu stellen. Aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000, a.a.O. - erfahren habe der Kläger hiervon im Januar oder Februar 2001 über bosnische Organisationen - hätten sie ("wir") Kenntnis erhalten, dass sie ("wir") betrogen worden seien. Die Vier-Jahresfrist des § 44 Abs.4 SGB X rechne ab dem Tag der Antragstellung, also dem Jahre 1993. Die Familienkasse könne sich nicht auf Verjährung berufen, weil sie durch Demagogie die bosnischen Staatsangehörigen an der Antragstellung behindert habe und selbst schuld an der verweigerten Kindergeldauszahlung sei. Bürgerkriegsflüchtlinge hätten nach dem BSG-Urteil Anspruch auf Kindergeld bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der BRD von Anfang an und gemäß dem Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit - ohne Arbeitnehmertätigkeit - nach sechs Monaten Wohnaufenthalt in der BRD. Der Kläger berief sich ferner auf den angeblichen Parallelfall des Flüchtlings Z., der mit Bescheid vom 29.06.2003 (eine Kopie wurde vorgelegt) Kindergeld vom Arbeitsamt H. von 1993 bis 1995 erhalten hätte.
Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte, den Bescheid vom 19.07.1993 zurückzunehmen, und wies die Klage im Übrigen ab. Die durch den Antrag des Klägers vom 17.04.2001 veranlasste Prüfung der Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 21.07.1993 gemäß § 44 SGB X führe nur teilweise zum Erfolg. Wegen des Urteils des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 - rechtswidriger Ausschluss von geduldeten Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina vom Bezug des Kindergelds - sei die Ablehnung des Antrags der geschiedenen Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom "21."07.1993 nicht rechtens gewesen, was zur Folge habe, dass dieser Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sei. Der nachträglichen Gewährung von Kindergeld stehe jedoch § 44 Abs.4 SGB X entgegen, wonach, ausgehend von einem Antrag vom 17.04.2001, Leistungen rückwirkend längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Beantragung der Rücknahme erbracht werden könnten. Die Anwendung des § 27 SGB X (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) sei fraglich, könne aber offen bleiben, weil der diesbezügliche Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei. Daneben bleibe kein Raum für eine Folgenbeseitigung bzw. das Geltendmachen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Die Ausschlussfrist des § 44 Abs.4 SGB X greife selbst dann, wenn der Leistungsträger unrichtig beraten haben sollte. Als neuer Leistungsantrag führe der Antrag vom 17.04.2001 nicht zu einer nachträglichen Gewährung von Kindergeld (§ 20 Abs.2, § 5 Abs.2 BKGG n.F.). Die Berufung auf die Ausschlussfrist wäre nur dann unzulässig, wenn die Verantwortung für den Fristablauf der Behörde zuzurechnen wäre. Ein hierzu erforderliches qualifiziertes Fehlverhalten der Behörde sei jedoch nicht gegeben. Gerade die wiederholte Antragstellung der geschiedenen Ehefrau des Klägers belege, dass es dem Kläger nicht verwehrt gewesen wäre, einen entsprechenden neuen Antrag zu stellen.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrt der Kläger Kindergeld für die zwei Stiefkinder J. und D. (erste Ehe) von April 1993 bis Juli 1996, April 1993 bis Dezember 1995, 1993 bis 1997 und zuletzt wieder - nach zahlreichen richterlichen Hinweisen - beschränkt auf die Zeit von April 1993 bis Dezember 1995 nebst 12,5 % Zinsen. Sein Bevollmächtigter trägt vor, der Kläger habe zusammen mit der Beigeladenen im Jahre 1993 Kindergeld beantragt und sei alleiniger sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter in der BRD gewesen. Die Kinder und die damalige Ehefrau hätten ausschließlich vom Lohn des Klägers gelebt, und nur wegen der Beschäftigung des Klägers sei ein Kindergeldanspruch entstanden. § 44 Abs.4 SGB X und § 5 Abs.2 BKGG n.F. seien (sinngemäß) nicht oder anders anzuwenden, wobei auf den Erstantrag aus dem Jahre 1993 abzustellen sei, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X sei gemäß § 44 SGB X möglich und im Übrigen zu gewähren, weil "ein deutschlandsweiter Betrug seitens der Kindergeldkasse" vorliege. Wegen des Fehlverhaltens der Behörde könne sich diese auch nicht auf Verjährung berufen. Die Verjährung sei als pure Gehirnwäsche zu charakterisieren. Nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen und dem Europäischen Sozialabkommen habe Kindergeld von Anfang an zugestanden. Auch seien die Flüchtlinge nach den gültigen Gesetzen mit den Deutschen gleichgestellt. Ohne Anerkennung als Flüchtling wäre dem Kläger nie eine Duldung erteilt worden. "Sie" hätten immer schriftlich, persönlich und mündlich Kindergeldanträge gestellt und seien immer abgelehnt und ausgelacht worden. Es liege eine Diskriminierung von Ausländern vor, die seit zwölf Jahren um ihr Kindergeldrecht kämpften: "Wir kämpfen über zwölf Jahre dafür, was (für) Deutsche in fünf Minuten erledigt sei".
Im Hinblick auf die in zwei anderen Berufungen übersandten Dienstanweisungen der Beklagten zur Handhabung des BKGG a.F. bei Ausländerfällen vertritt der Kläger ferner die Ansicht, das "Spargesetz" (gemeint wohl der ab 01.01.1994 geltende § 1 Abs.3 BKGG, neu gefasst durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsilidierungs- und Wachstumsprogramms - 1. SKWPG vom 21.12.1993) sei auf dem Rücken von Flüchtlingen beschlossen worden, sei ohne gesetzliche Voraussetzungen und purer Betrug. Er kündigt eine Art von Sammelklage wegen "sozialen Betrugs" der Familienkasse Deutschland mit verantwortlicher Geschäftsführung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit an, die er im Namen von M. S. als "Hauptkläger" und wohl im Namen aller betroffener Bosnier dann auch beim Sozialgericht Regensburg (S 8 KG 4/06) eingelegt hat.
Unabhängig davon beantragt er im Berufungsverfahren die Zeugeneinvernahme von leitenden Personen der Familienkassen Deutschlands, die zuständig für die Verbreitung der damaligen betrügerischen Rechtsauslegung seien, und der zuständigen Mitarbeiter des Arbeitsamtes W. , die die Flüchtlinge immer wieder abgelehnt und ausgelacht hätten. Diese sollten nachweisen, welche gesetzlichen Grundlagen benutzt worden seien, um die damals herrschende Rechtsauslegung zu kreieren und zu verwirklichen, dem Gericht die Gesetzestexte entsprechend der Nichtgewährung von Kindergeld an die Bosnier vorlegen und erklären, wie die damalige Rechtsauslegung beschlossen worden sei, auf welchen Grundlagen, mit welchem Ziel, und warum der nach dem BSG-Urteil 2000 gerechte Kindergeldanspruch hartnäckig negiert werde.
Die Beklagte ist der Meinung, dass unabhängig von der materiell-rechtlichen Rechtslage verfahrensrechtliche Vorschriften (§ 5 Abs.2, § 20 Abs.2 BKGG n.F., § 45 SGB I - Verjährung, § 44 Abs.4 SGB X in unmittelbarer oder analoger Anwendung) der nachträglichen Kindergeldgewährung entgegen stünden. Außerdem habe das Sozialgericht zu Unrecht den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 19.07.1993 aufgehoben.
Der Senat hat zwei Bände Kindergeldakten (Kläger und Beigeladene) der Beklagten sowie die Klageakten des Sozialgerichts S 1 KG 1/04 und S 1 KG 3/05 beigezogen, Auskünfte beim Meldeamt der Stadt W. über die Wohnsitze der Beigeladenen und deren Kinder eingeholt sowie den Versicherungsverlauf für die Beigeladene und die Beitragsakte für den Kläger (mit Versicherungsverlauf) von der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz beigezogen, weiterhin die geschiedene Ehefrau des Klägers beigeladen. Eingeholt worden sind ferner Auskünfte der AOK W. über die Beschäftigungen des Klägers und der Beigeladenen und die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Auf schriftliche Anfragen und Vorhalte hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass - so auch die Meldeverhältnisse - sich die Beigeladene mit ihren Kindern vom Kläger im Januar 1995 getrennt habe; er hat weiterhin eingeräumt, dass die Beigeladene auch in den Jahren von 1993 bis 1995 auf geringfügiger (gemeint: versicherungsfreier) Basis gearbeitet habe, wohl erst ab der Scheidung 1996 in größerem Umfang.
Der Bevollmächtigte des Klägers ist am 08.05.2006 als Zeuge einvernommen worden. Er gab an, nicht zu wissen, ob der Kläger vom 19.01. bis 09.04.1994 Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen habe, ebenso wenig, ob die Beigeladene versicherungspflichtig oder nicht versicherungspflichtig gearbeitet habe; seiner Erinnerung nach sei sie circa ein Jahr nach Aufnahme einer Beschäftigung durch den Kläger in der BRD nicht erwerbstätig gewesen. Beim ersten Kindergeldantrag der Beigeladenen im Jahre 1993 sei er bei der Ausfüllung des Antrags und Abgabe mit den Unterlagen beim Arbeitsamt beteiligt bzw. anwesend gewesen. Den ablehnenden Bescheid vom 19.07.1993 habe er gelesen; vom zweiten und dritten Kindergeldantrag der Beigeladenen wisse er nur vom Hörensagen, die Gründe für die Ablehnung dieser Anträge habe er bis zum Jahre 2000 nicht gekannt. Der Kläger habe für die vier leiblichen Kinder aus zweiter Ehe und die von der zweiten Ehefrau mitgebrachten zwei Kinder bis zum Jahre 2001 keinen schriftlichen Kindergeldantrag gestellt. Vorgesprochen habe er beim Arbeitsamt W. - nach der zweiten Heirat (August 1996) - dreimal, zunächst wegen des Kindergelds für die drei Kinder J. S. , A. V. und A. M. , dann wegen des Kindergelds auch für die später geborenen Drillinge.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 04.08.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld für die Kinder der Beigeladenen vom 01.04.1993 bis zum 31.12.1995 nebst 12,5 % Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und - im Wege der Anschlussberufung - das Urteil des Sozialgerichts vom 04.08.2005 insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 verurteilt worden ist.
Die Beklagte hat aufgrund Drängens des Klägers - in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils - vorerst den Bescheid vom 07.09.2005 mit dem Wortlaut erteilt: "Der Bescheid vom 19.07.1993 wird aufgrund des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 04.08.2005 zurückgenommen."
Dem Senat lagen zur Verhandlung die Prozessakten beider Rechtszüge und die Kindergeldakten der Beklagten vor. Zur mündlichen Verhandlung sind noch wegen des übergreifenden Sachvortrags des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der angeblich gleich gelagerten Sachverhalte und der dortigen Zeugenaussagen des gleichen Prozessbevollmächtigten sowie der dort von der Beklagten eingereichten Dienstanweisungen die Berufungs-, Klage- und Kindergeldakten in den Berufungen S. S. L 14 KG 13/03 (Schwager des Prozessbevollmächtigten) und Z. B. L 14 KG 10/05 beigezogen worden.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die nicht an eine Frist gebundene Anschlussberufung der Beklagten ist zulässig und begründet; deswegen ist auch die in erster Instanz erhobene Klage wegen "Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides vom 19.07.1993", vom Sozialgericht im Urteil vom 04.08.2005 richtig gedeutet als Klage auf Rücknahme dieses Bescheides gemäß § 44 SGB X, abzuweisen, und zwar vorliegend wegen Unzulässigkeit.
1. Die Berufung der Beklagten war begründet, weil das Sozialgericht die Beklagte nicht zur Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 verurteilen durfte. Der Kläger war durch diesen Verwaltungsakt nicht beschwert. Der bestandskräftig gewordene Bescheid richtete sich an die Beigeladene als Adressatin. Es handelt sich auch nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, also einen Verwaltungsakt, der Ansprüche oder eine Rechtsposition des Klägers regelte und in diese eingriff oder einen notwendig gemeinsam gegenüber beiden Beteiligten zu regelnden und regelbaren Gegenstand betraf.
Beim Kindergeldanspruch handelt es sich nicht um einen irgendwie gearteten "Familienanspruch", der gleichermaßen dem einen oder dem anderen oder beiden Elternteilen bzw. der Familie zusteht und daher beliebig von Familienangehörigen geltend gemacht werden könnte. Es liegt auch kein nach Inhalt identischer Anspruch vor, der entweder vom Vater oder von der Mutter durch Antrag realisiert wird. Vielmehr können Vater und Mutter unter den im Gesetz (einschließlich der die zwischenstaatlichen Verträge umsetzenden Gesetze) geregelten Voraussetzungen jeder für sich einen eigenen Anspruch auf Kindergeld haben, so dass entweder der eine oder der andere oder beide oder keiner der Eltern kindergeldberechtigt ist. Tritt eine Anspruchskonkurrenz auf, regelt § 3 BKGG a.F., dass das Kindergeld nur einmal gezahlt werden darf, und wer der Bezugsberechtigte ist. Nur in bestimmten, genau umschriebenen Fällen bleibt es einem konkurrierend Anspruchsberechtigten überlassen, durch Verzicht auf seinen gesetzlichen Anspruchsvorrang dem subsidiär Berechtigten zum Kindergeld zu verhelfen, ebenso wie in bestimmten Fällen der Bezugsberechtigte von beiden Elternteilen bestimmt werden kann (§ 3 Abs.2 und Abs.3 BKGG a.F.). In anderen Fällen, auch in denen der "Nichteinigung", bestimmt das Gesetz nach objektiven Kriterien die Wahl des Bezugsberechtigten.
Die Beigeladene ist laut dem zweisprachigen Formblattantrag vom 29.06.1993 allein als Antragstellerin, und zwar hinsichtlich des Kindergeldes für sich, aufgetreten. Der Kläger als Ehegatte hat auch nicht bei der vorgesehenen Stelle "Unterschrift des Antragstellers" unterschrieben, sondern - deutlich davon räumlich getrennt - als Ehegatte, der damit einverstanden ist, dass dem anderen Ehegatten das Kindergeld gewährt wird (nebenbei: Bei der vorliegenden Fallgestaltung mit zwei Stiefkindern hätte es zum damaligen Zeitpunkt für den Kindergeldbezug der Beigeladenen nicht einer solcher Erklärung des Stiefvaters bedurft; die Erklärung hat aber die Sachbehandlung insoweit vereinfacht, als nicht ein Kindergeldanspruch des Klägers und der Vorrang der Beigeladenen zu prüfen und festzustellen war.). Die Formulierungen im Formblattantrag, noch dazu in der Heimatsprache der Prozessbeteiligten, waren klar und eindeutig und für einen Laien gut verständlich. Die Beigeladene allein ist als Antragstellerin zu behandeln. Auf den objektiv nach außen hin in Erscheinung getretenen Erklärungsinhalt kam es an, nicht auf die Behauptungen bzw. subjektiven Ansichten des Klägers, "er" habe einen Kindergeldantrag im Jahre 1993 gestellt, und (einmal), er und seine damalige Ehefrau hätten den Antrag gestellt. Hier handelt es sich nur um eine unrichtige Darstellung des Sachverhalts, die manchmal nicht allein auf eine vergröbernde und unsorgfältige Wiedergabe zu beruhen scheint, sondern auch von dem Bewusstsein getragen ist, die Angelegenheit zu seinen Gunsten abweichend und seinem Begehren förderlich zu schildern. Schließlich ist auch in Schreiben und Schriftsätzen der Klagepartei gelegentlich die Erkenntnis des Klägers festzustellen, der Antrag sei von der Beigeladenen gestellt worden.
Der Bescheid vom 19.07.1993 richtete sich an die Beigeladene unter Bezug auf den von ihr gestellten Antrag, so dass eindeutig eine regelnde, gestaltende oder auch nur feststellende Wirkung hinsichtlich der Kindergeldansprüche des Klägers nicht bestanden haben kann. Letzterer konnte seinen behaupteten eigenen Kindergeldanspruch unabhängig vom Bestand oder Nichtbestand dieses Bescheides verfolgen. Ein Rechtsschutzbedürfnis, gegen den bestandskräftigen Bescheid vom 19.07.1993 im Wege des § 44 SGB X mit Klage vorzugehen, bestand beim Kläger nicht. Es fehlte offensichtlich sowohl Aktiv- als auch Passivlegitimation für eine Klage.
§ 44 SGB X räumt keine Berechtigung im Verwaltungsverfahren ein, die Rücknahme allein dritte Personen betreffender rechtswidriger Verwaltungsakte zu beantragen, ebenso wenig wie §§ 54 ff. SGG eine Popularklage vorsehen. § 44 SGB X ist vom Sinn und Zweck her so zu verstehen, dass nur derjenige, dem durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt die ihm selbst zustehenden Sozialleistungen vorenthalten worden sind, diese unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich geltend machen kann, wobei der entgegenstehende Bescheid erst "beseitigt" werden muss, um die Nachzahlung zu ermöglichen.
Die auf § 44 SGB X gestützte Klage wäre im Übrigen auch deswegen unzulässig, weil (mangels eines entsprechenden Antrags im Verwaltungsverfahren) keine Verbescheidung durch die Beklagte vorliegt. Zulässiger Weg ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs.1 SGG (Ermessensentscheidung der Beklagten, siehe § 44 Abs.2 Satz 2 SGB X und vor allem § 44 Abs.1 SGB X i.V.m. § 20 Abs.5 BKGG a.F.), die einen von der Beklagten erteilten Bescheid und einen Widerspruchsbescheid voraussetzt. Das Sozialgericht konnte nicht an Stelle der Beklagten entscheiden. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 30.04.2001 hat vom Inhalt her nicht einen Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Dies gilt auch für den Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005, der letztlich nur den Ausgangsbescheid "bestätigt" und daher den Widerspruch zurückgewiesen hat. Sicherlich ist die "hilfsweise Begründung" des Widerspruchsbescheides unbehelflich und neben der Sache gewesen, als hier nach der zutreffenden Begründung der Ablehnung auch auf § 44 SGB X eingegangen worden ist. Hierin lag aber kein versteckter Regelungssatz des Inhalts, dass ein Antrag des Klägers gemäß § 44 SGB X erstmals im Widerspruchsverfahren (dies wäre unzulässig gewesen) abgelehnt worden wäre. Zunächst hat die Widerspruchsstelle nicht das Bestehen eines solchen Antrags festgestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Widerspruchsführer weder mit seinem Antrag vom 17.04.2001 noch in der Form eines Überprüfungsantrags, bei Stellung eines solchen Antrags, den geltend gemachten Anspruch auslösen könnte. Die sicherlich mißglückten Ausführungen lassen nicht den extensiven Schluss zu, dass eine (unzulässige) Ablehnung eines tatsächlich als vorliegend festgestellten Überprüfungsantrags erfolgt wäre.
In Kenntnis der Unbehelflichkeit von Hilfsbegründungen in Bezug auf die Unbegründetheit der Klage bei bereits vorliegender Unzulässigkeit ergeht seitens des Senats dennoch ein Hinweis auf die richtige Handhabung des § 44 SGB X, zumal der Kläger eine Verletzung elementarer Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts durch das Sozialgericht als mutigen Schritt begrüßt und in seiner weiteren Argumentationskette verwendet hat, letztlich auch aus der vom Sozialgericht erfolgten "Aufhebung" des im Jahre 1993 erteilten Bescheides noch auf offene Kindergeldansprüche schließt: Nach § 44 SGB X darf ein bereits bei Erlass rechtswidriger, also von Anfang an unrichtiger Verwaltungsakt, auch wenn er im vollem Umfang rechtswidrig sein sollte, nur insoweit aufgehoben, als dem Betroffenen hierdurch Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Zu diesem Umstand fehlt es an den notwendigen Ermittlungen und Feststellungen im sozialgerichtlichen Urteil. Die Unrichtigkeit des Bescheides ist in Bezug auf die Beigeladene nicht dargetan. Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs der Beigeladenen (Voraussetzungen der §§ 1 und 2 BKGG a.F. einschließlich der versicherungspflichtigen Tätigkeit oder des Arbeitslosengeld-Bezugs der Beigeladenen, gegebenenfalls Vorrang des Anspruchs nach § 3 BKGG a.F.) besteht im Urteil eine Lücke. Sollte das Sozialgericht den Bescheid vom 19.07.1993 aber versehentlich (unrichtigerweise) auf die dem Kläger in der Vergangenheit zustehenden Kindergeldleistungen bezogen haben, so wäre nach Ermittlung und Prüfung des Sachverhalts festzustellen, dass der Kläger von April 1993 bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 02.07.1993 wegen vorrangigen Kindergeldanspruchs der Ehefrau nicht zum Bezug des Kindergelds berechtigt gewesen ist, also anfängliche Unrichtigkeit des Bescheids in Bezug auf den Kläger nicht vorgelegen haben kann und dem Kläger durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt nicht Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind (sondern allenfalls der Beigeladenen).
Die Aufhebung des Bescheides vom 19.07.1993 wäre schon deshalb nicht möglich. Hierfür besteht auch ein zweiter Grund. Aus dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X ergibt sich in Hinblick auf § 44 Abs.4 SGB X (Ausschluss von Leistungen nach Ablauf der Vier-Jahresfrist), dass auch eine Rücknahme nach Ablauf der Frist nicht möglich ist. Die Rücknahme des "leistungsverhindernden" rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist mit der nachträglichen Erbringung von Leistungen verknüpft. Wenn ohnehin keine Leistungen erbracht werden dürfen, ist die isolierte Rücknahme sinnlos (wirkungslos und gesetzeswidrig laut BSG vom 06.03.1991 - 9b RAr 7/90 in SozR 3-1300 § 44 Nr.1), und es gilt der Grundsatz, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeit - gleich ob Rechtswidrigkeit oder nicht - der Rechtsfriede eintreten soll. In § 44 SGB X geht es nicht um eine "brotlose" Genugtuung, sondern um die Beseitigung von wirtschaftlichen Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns in bestimmten zeitlichen Grenzen. Ist die Beseitigung nicht möglich, darf auch die Rücknahme nicht verlangt werden. Ansonsten würde ein unhaltbarer Zustand eintreten. Bei Rücknahme des Bescheides vom 19.07.1993 läge ein offener, noch nicht verbeschiedener und damit nicht verbrauchter Leistungsantrag vor, der den Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 45 Abs.3 SGB I unterbricht (es gilt dann die 30-jährige Verjährungsfrist). Der Antrag wäre dann nach allgemeinen Regeln noch zugunsten des Betroffenen zu verbescheiden (Bewilligung), und in Ausführung dessen wären an sich die Leistungen zu erbringen, was aber gemäß § 44 Abs.4 SGB X nicht möglich ist. Wird aber durch einen neuen Bescheid der noch bestehende Antrag mit anderer Begründung erneut, wegen Verlustes der Ansprüche nach § 44 Abs.4 SGB X, abgelehnt, so Rechtswidrigkeit des früheren Verwaltungsakts voraus, wobei unabhängig davon das Ergebnis bereits feststeht, dass Ansprüche dennoch nicht mehr bestehen können. Es muss dann dabei verbleiben, dass bereits die Rücknahme nicht erfolgt. Zu dem gleichen Ergebnis kam das Bundessozialgericht mit einer dogmatisch gering abweichenden Begründung, nämlich dass ein Antragsteller nach § 44 SGB X kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und an der zusprechenden Entscheidung hat, die (beide) nach § 44 Abs.4 SGB X nicht vollzogen werden dürfen. Demnach war die Anschlussberufung der Beklagten begründet, d.h. das Urteil des Sozialgerichts musste insoweit aufgehoben und in der Folge die Klage wegen Rücknahme des Bescheids vom 19.07.1993 abgewiesen werden.
2. Im Rahmen der Prüfung der Berufung des Klägers konnte der Senat einen (noch) bestehenden und auch durchsetzbaren "sozialrechtlichen" Kindergeldanspruch des Klägers im Zeitraum ab April 1993 bis Dezember 1995 (33 Monate) nicht feststellen. Vielmehr hatte ehemals nur für die Zeit von Oktober 1993 bis Februar 1994 (fünf Monate) ein Anspruch bestanden, der vor mehr als zehn Jahren untergegangen ist und der mit dem im Jahre 2001 gestellten Antrag - in Bezug auf die Stiefkinder J. und H. handelt es sich um einen Erstantrag des Klägers - nicht mehr geltend gemacht werden kann.
2.1. Zunächst ergibt sich, dass von Februar bis Dezember 1995 von Anfang an kein Kindergeldanspruch des Klägers bestanden hat. Gemäß § 1 Abs.1 Satz BKGG in den von 1993 bis 1995 geltenden Fassungen "hat Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder und die ihnen durch § 2 Abs.1 Gleichgestellten, wer ...". Die von der Beigeladenen in die Ehe mitgebrachten Kinder sind keine Kinder des Klägers. Gemäß § 2 Abs.1 Nr.1 BKGG in der vom 01.01.1992 bis 12.08.1993 geltenden Fassung werden als Kinder auch Stiefkinder berücksichtigt, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat. Inhaltlich gleich regelte § 2 Abs.1 Nr.1 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung - der negativ besetzte Begriff Stiefkind sollte vermieden werden -, dass "vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten" berücksichtigt werden. Nach Angaben des Klägers, die mit den vom Senat eingeholten Auskünften der Stadt W. übereinstimmen, bestand aber vom 01.02. bis 31.12.1995 keine Haushaltsaufnahme mehr; vielmehr befanden sich die Kinder im alleinigen Haushalt der Beigeladenen. Auf die unbewiesen gebliebene Behauptung des Klägers, er habe die (angeblich nicht versicherungspflichtig tätige) Ehefrau mindestens bis Ende des Jahres 1995 finanziell unterstützt, kam es nicht an, ebenso wenig darauf, dass er angeblich einen (nicht geschuldeten) "Unterhalt" für die Kinder gezahlt hat.
2.2. Hinsichtlich der noch offenen Zeit von April 1993 bis einschließlich Januar 1995 kann ein ehemaliger Kindergeldanspruch des Klägers - insoweit sollen ein realisierender (rechtzeitiger) Antrag des Klägers und das eventuell spätere Greifen von Ausschlussfristen noch unberücksichtigt bleiben - nur für fünf Monate, von Oktober 1993 bis Februar 1994, bestanden haben. Gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BKGG a.F. hat Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder und die durch § 2 Abs.1 gleichgestellten Kinder, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes (also der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1991 bis 31.12.1993 geltenden Fassung haben Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, einen Anspruch nach diesem Gesetz nur, wenn sie nach den §§ 51, 53 oder 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden können, frühestens für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten Aufenthalt von einem Jahr. Nach § 1 Abs.3 Satz 1 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung hat ein Ausländer einen Anspruch nach diesem Gesetz nur, wenn er in Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist (hierzu entschied das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 06.07.2004 - 1 BvL 4/97, 1 BvL 5/97 und 1 BvL 6/97, dass die für 1994 und 1995 geltende Bestimmung mit der Verfassung nicht vereinbar sei und in noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren das bis zum 31.12.1993 geltende Recht anzuwenden sei, wenn der Gesetzgeber bis zum 01.01.2006 keine Neuregelung treffe).
§ 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung beinhaltete - abgesehen von dem Hinausschieben des Kindergeldanspruchs um ein Jahr - keine lex specialis zu § 1 Abs.1 BKGG a.F. (Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt), sondern vollzog mit Wirkung ab 01.01.1991 lediglich die herrschende Meinung in der Literatur und die allgemeine Auffassung in der Rechtsprechung, dass der tatsächliche Aufenthalt eines Ausländers erst dann sich zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 SGB I entwickeln könne, wenn nach dem jeweils geltenden Ausländerrecht und der Handhabung der einschlägigen Ermessensvorschriften durch die deutschen Behörden (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) davon auszugehen sei, dass der Ausländer nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer im Bundesgebiet bleiben könne (vgl. BSG vom 31.08.1980 - 8b RKg 4/79 in BSGE 49, 254; BSG vom 15.06.1982 - 10 RKg 26/81, 27/81 und 34/81, ersteres in BSGE 53, 234; BSG vom 20.05.1987 - 10 RKg 18/85 in Breithaupt 1988, 339; BSG vom 23.08.1988 - 10 RKg 20/86, 21/86, 16/87 und 17/87, letzteres in BSGE 63, 67; BSG vom 12.02.1992 - 10 RKg 26/90).
Das Ausländergesetz in der damaligen Fassung sah in § 5 an Arten der Aufenthaltsgenehmigung, gestuft nach der Qualität der Berechtigungen, die Aufenthaltserlaubnis (§§ 15, 17 AuslG), die Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG), die Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 AuslG) und die Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG) vor. § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung bezog sich bei Fehlen einer Aufenthaltsgenehmigung insbesondere auf die Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens und die Duldung nach § 55 AuslG. § 1 Abs.3 BKGG a.F. in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung entfernte sich vom Begriff "Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt" im Sinne von § 1 Abs.1 BKGG a.F., § 30 SGB I (ex-ante-Prognose) und stellte nur mehr auf den gesicherten Aufenthalt eines Ausländers bei Vorliegen der qualitativ am höchsten stehenden Arten der Aufenthaltsgenehmigung, der Aufenthaltsberechtigung und der Aufenthaltserlaubnis ab.
Nach der bis zum Jahre 2000 geltenden unumstrittenen Rechtsprechung hatten der Kläger (und die Beigeladene) nach den genannten Vorschriften keinen Anspruch auf Kindergeld, weil ihr Aufenthalt von vornherein als "transitorisch" angelegt war und die Abschiebung mit Ende des Bürgerkriegs, dem Grund für die Erteilung der befristeten Duldungen, drohte. Das europäische Recht konnte vorliegend nicht zu einem Kindergeldanspruch verhelfen. Die EG-Verordnungen, die das innerstaatliche Kindergeld modifizierten, und zwar auch dann, wenn der Gesetzgeber insoweit (in § 42 BKGG a.F.) keine Ausnahmevorschriften vorgesehen hätte, waren nicht einschlägig, weil der Kläger nicht Angehöriger eines EG-Staates war. Im Übrigen bestimmte § 42 BKGG a.F.: "Soweit in diesem Gesetz Ansprüche Deutschen vorbehalten sind, haben Angehörige der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen die gleichen Rechte. Auch im Übrigen bleiben die Bestimmungen der genannten Verordnungen unberührt".
Nach diesen Regelungen konnte sich der Kläger auch nicht auf die Stellung als "Bürgerkriegsflüchtling" berufen. § 42 BKGG a.F. nimmt mit seiner Formulierung zunächst Bezug auf Flüchtlinge aufgrund des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951, BGBl.1953 II S.559 ("Genfer Flüchtlingskonvention"). Die Gleichstellung mit Deutschen, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, hat zur Folge, dass § 1 Abs.3 BKGG in der vor und ab 01.01.1994 geltenden Fassung nicht anzuwenden ist, setzt aber voraus, dass die Flüchtlinge nach diesem Gesetz (durch unanfechtbaren Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) anerkannt waren. Einen solchen qualifizierten Flüchtlingsstatus hatte aber der Kläger nicht. Er war auch nicht anerkannter Asylberechtigter oder anerkannter sonstiger politischer Verfolgter (§§ 1 und 2 Asylverfahrensgesetz) und gehörte ferner nicht zu den so genannten Kontingent-Flüchtlingen, die die Rechtsstellung nach dem Abkommen vom 28.07.1951 genießen (vgl. § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge vom 20.07.1980, BGBl.I S.1057 - HumHG). Eine derartige Rechtsstellung wird in der Regel durch eine amtliche Bescheinigung nachgewiesen, die nur erteilt werden kann und darf, wenn der Ausländer vor der Einreise in der Form eines Sichtvermerks oder aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs.1 AuslG im Bundesgebiet aufgenommen wird. Ein nachträgliches Anerkennungs- und Feststellungsverfahren hierzu war nicht vorgesehen, vielmehr entstand die Rechtsstellung im Sinne von § 1 Abs.1 HumHG kraft Gesetzes. Eine nachträgliche Anerkennung, etwa durch die Ausstellung eines Reiseausweises mit dem Vermerk Flüchtling im Sinne des § 1 Abs.1 HumHG, ist nicht möglich (ausführlich zu den Einzelheiten siehe Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 09.07.2001 - A 6 S 2218/99).
Der Kläger (ebenso die Beigeladene) hat aber vor seiner Einreise in die BRD kein Sichtvermerks- oder Übernahmeverfahren durchlaufen, sondern ist lediglich auf "Einladung" des Bevollmächtigten, der dann später von der Kostenübernahmepflicht überfordert war, in die BRD eingereist. Demnach erhielt der Kläger auch lediglich nur eine Duldung, wohingegen bei Zugehörigkeit zu den "humanitären Sonderkontingenten" (vgl. §§ 32, 33 AuslG) eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden wäre.
Ein Kindergeldanspruch (1993/1994) bestand aber ausschließlich aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974. (In Frage gestellt wird dies aber wieder vom 13. Senat des BSG, der mit Beschluss vom 23.05.2006 - B 13 RJ 17/05 R dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt hat, ob das Abkommen im Verhältnis der BRD und Bosnien-Herzegowina als einem der "Nachfolgestaaten" des ehemaligen Jugoslawiens mangels eines zustimmenden parlamentarischen Aktes - Bundesgesetz nach Art.59 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) - überhaupt zum anzuwendenden Gesetz geworden sei. Hierauf kam es im Folgenden nicht mehr an, weil dem Kläger auch bei Geltung des Abkommens kein Anspruch auf Kindergeld mehr zustünde.)
Der 14. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R und B 14 KG 3/99 R (letzteres in SozR 3-5870 § 1 Nr.18) kundgetan, dass er seine bisherige Rechtsprechung - genannt wurden die Urteile vom 19.11.1997 - 14/10 RKg 19/96 und vom 22.01.1998 - B 14 KG 2/97 R - aufgibt und bei Bürgerkriegsflüchtlingen (offen soll dies bei Asylbewerbern bleiben), sofern sie Arbeitnehmer sind oder Arbeitslosen- bzw. Krankengeld beziehen (Art.28 Abs.1 des Abkommens), die Voraussetzungen nach § 1 Abs.1 BKGG a.F. für gegeben ansieht. Aus Art.2 Abs.1 Buchst.d., 3 Abs.1 Buchst.a, 4 Abs.1 Satz 1 des Abkommens soll folgen, dass nicht erst Art.28 des Abkommens, die einzige Vorschrift in den besonderen Bestimmungen über die einzelnen Sozialleistungen, einen Anspruch auf Kindergeld begründe, sondern vielmehr Art.28 - abgesehen von der Erweiterung des Arbeitnehmerbegriffs durch Bezieher von Krankengeld und Arbeitslosengeld - je nach dem Aufenthalt des Kindes in einem oder dem anderen Vertragsstaat lediglich regele, ob das Kindergeld in Höhe des § 10 BKGG a.F. oder in Höhe der nach Art.28 Abs.2 des Abkommens geminderten Sätze zu zahlen sei. Hierbei soll der Begriff des "Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts" im Sinne von § 1 Abs.1 BKGG a.F. durch den Begriff des "Wohnens" (sich gewöhnlich aufhalten) des Arbeitnehmers und der Kinder im Sinne des Vertragsrechts modifiziert werden; demnach komme § 1 Abs.3 BKGG a.F. nicht mehr zur Anwendung.
Der Senat schließt sich vorbehaltlich der vom Bundesverfassungsgericht noch zu entscheidenden Frage der Anwendbarkeit des Abkommens dieser nicht nur ihn überraschenden Sichtweise letztlich an, weist aber darauf hin, dass der Kläger das Urteil des Bundessozialgerichts in zweifacher Hinsicht missverstanden hat. Zum einen wurde hier nicht, weder dem Kläger im Revisionsverfahren noch allen Bosniern, ein Kindergeldanspruch "zugesprochen", sondern lediglich das vorausgehende Urteil des Landessozialgerichts Darmstadt aufgehoben und diesem aufgegeben, zum Bestehen eines materiell-rechtlichen Kindergeldanspruchs zu ermitteln und dann hierüber zu entscheiden, wobei überdies zugrunde lag, dass der dortige Kläger gegen eine ablehnende Entscheidung noch im Jahre 1993 rechtzeitig Klage und später Berufung eingelegt hatte. Zum Zweiten ergibt sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts bereits die Nichtanwendbarkeit des § 1 Abs.3 BKGG a.F. in den vor und ab 01.01.1994 geltenden Fassungen, so dass es verwundert, dass der jetzige Kläger im Berufungsverfahren mit Vehemenz ("Betrug") gegen die Vorschrift ankämpft, von der er glaubt, dass sie nach wie vor seinen bestehenden Anspruch vereiteln könne. Insoweit rennt er offene Türen ein.
Auf der Grundlage des Urteils des Bundessozialgerichts ergibt sich zunächst eine "Kindergeldberechtigung" des Klägers nach §§ 1 und 2 BKGG a.F., die noch nicht mit einem Kindergeldanspruch gleichzusetzen ist, in der Zeit von April 1993 bis einschließlich Januar 1995 (versicherungspflichtige Beschäftigung oder Arbeitslosengeldbezug).
Der Kindergeldberechtigung des Klägers von April 1993 bis Januar 1995 steht aber die Kindergeldberechtigung der Beigeladenen von April bis September 1993 und von März 1994 bis Januar 1995 aufgrund von versicherungspflichtigen Beschäftigungen gegenüber. In der Erwerbstätigkeit der Beigeladenen bestand von Oktober 1993 bis einschließlich Februar 1994 eine Lücke, in der sie (laut Auskunft der AOK W. zeitweise) nur Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Die Argumentation des Klägers, es habe gegolten, dass Arbeitslosenhilfe erst dann zustehe, wenn vorher Arbeitslosengeld gezahlt werde, geht für die damalige Zeit fehl. Dieser Grundsatz hatte erst in späeren Jahren Geltung. Die Beigeladene erfüllte damals weder die Anwartschaftszeit von 360 Kalendertagen noch die für Sonderfälle ("Saisonbetriebe") geltende Anwartschaftszeit von 180 Kalendertagen (§ 104 Abs.1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - in der damaligen Fassung). Sie stand in der Rahmenfrist (drei Jahre vor Arbeitslosigkeit - § 104 Abs.2 und 3 AFG) weniger als 180 Kalendertage in einer die Betragspflicht begründenden Beschäftigung. Gemäß § 134 Abs.1 Ziffern 1, 2, 3 und 4 Buchstabe b AFG konnte jemand einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben, weil er die Anwartschaftszeit nach § 104 AFG nicht erfüllte (und auch nicht früher Arbeitslosengeld bezogen hat), wenn er 150 Kalendertage in Beschäftigung gestanden hat.
Hieraus ergibt sich, dass allein der Kläger von Oktober 1993 bis Februar 1994 einen Kindergeldanspruch hatte. Für die Zeit von April bis September 1993 und März 1994 bis Januar 1995 trafen konkurrierende Kindergeldansprüche der Eheleute zusammen. Für den Fall, dass ein Kind im gemeinsamen Haushalt eines Stiefelternteils und eines leiblichen Elternteils wohnt, bestimmt § 3 Abs.1 Satz 2 BKGG in der bis zum 31.12.1993 und in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung, dass das nach § 3 Abs.1 BKGG a.F. nur einmal zu zahlende Kindergeld dem Elternteil, also hier der Beigeladenen, zu gewähren ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Elternteil gegenüber der Kindergeldkasse schriftlich auf seinen Vorrang verzichtet hat. Vorliegend wurde eine solche Erklärung zugunsten des Klägers nicht abgegeben, vielmehr hatte die Kindsmutter selbst ausdrücklich das Kindergeld beansprucht.
Für den Kläger bestand also ehemals nur ein Kindergeldanspruch von fünf Monaten in der Zeit von Oktober 1993 bis einschließlich Februar 1994, und sämtliche monatlichen Zahlungsansprüche aus dieser Zeit sind spätestens mit Ablauf des 31.08.1994 untergegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger nicht einen Kindergeldantrag gestellt. § 9 Abs.2 BKGG a.F. bestimmt, dass der nach § 17 BKGG a.F. schriftlich zu stellende Kindergeldantrag eine Zahlungspflicht rückwirkend nur für sechs Monate vor Beginn des Eingangs des Antrags auslöst. Der letzte monatliche Anspruch des Klägers für Februar 1994 war damit nur mit einem spätestens im August 1994 gestellten Antrag noch zu verwirklichen. Der Kläger hat aber erstmals im Jahre 2001 einen Antrag auf Kindergeld für seine Stiefkinder im Zeitraum von 1993 bis 1995 gestellt.
Bei der in § 9 Abs.2 BKGG a.F. geregelten Frist handelt es sich nach seinem Sinn und Zweck um eine (absolut wirkende) materiell-rechtliche Ausschlussfrist (BSG vom 22.11.1979 - 8b RKg 3/79 in BSGE 49, 154), so dass es weder auf die Kenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch noch auf ein etwaiges Verschulden bezüglich verspäteter Antragstellung ankommt. Bei einer solchen Frist ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X möglich. § 9 BKGG a.F. bestand bereits vor In-Kraft-Treten des Sozialgesetzbuchs und musste der von einer Mindermeinung im Schrifttum vertretenen und vom Bundessozialgericht nicht geteilten Ansicht, ab In-Kraft-Treten des SGB X müsste in solchen neu eingeführten Vorschriften ausdrücklich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sein, nicht entsprechen.
Die Anwendung des § 9 Abs.2 BKGG a.F. ist vorliegend nicht durch eine eventuell unrichtige Information des Klägers (siehe zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch unten zu Ziffer 3.) ausgeschlossen. Entgegen gehalten werden kann nicht die von der Beklagten im Bescheid vom 19.07.1993 gegenüber der Beigeladenen bekundete Rechtsansicht, erst nach Ablauf der Jahresfrist zum 18.03.1994 bestehe ein Kindergeldanspruch (in diesem Falle hätte der Kläger im Übrigen wegen seiner von Oktober 1993 bis Februar 1994 bestehenden Ansprüche noch im März und April 1994 einen rechtzeitigen Antrag stellen können). Ebensowenig kann gegen die Geltung des § 9 Abs.2 BKGG a.F. die damals von der Beklagten und der Rechtsprechung allgemeinhin vertretene Ansicht eingewendet werden, Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien stehe in der Regel kein Kindergeldanspruch zu. Sicherlich handelt es sich hierbei um eine unzutreffende Rechtsansicht. Die Berufung auf § 9 Abs.2 BKGG a.F., dessen Frist kraft Gesetzes und nicht erst auf Einrede zu beachten wäre, wäre nur bei einer unzulässigen Rechtsausübung ausgeschlossen. Hierfür genügt nicht eine unrichtige Sachbehandlung (rechtswidriger ablehnender Verwaltungsakt) oder eine sachlich unzutreffende Beratung, vielmehr wäre ein qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten erforderlich. Dies träfe z.B. dann zu, wenn die Beklagte durch ein arglistiges Verhalten, also absichtlich in Kenntnis eines bestehenden Anspruchs des Klägers, diesen selbst von einer Antragstellung bis zum 31.08.1994 abgehalten hätte. Von einem arglistigen Verhalten der Beklagten kann aber im Hinblick auf die Entwicklung der Gesetzgebung und der Rechtsprechung nicht die Rede sein. Im Übrigen hat der Zeuge bei seiner Einvernahme am 08.05.2006 in den Berufungen L 14 KG 10/05 und L 14 KG 13/03 bekundet, dass es bereits damals bekannt gewesen sei, dass Kindergeldanträge schriftlich zu stellen seien und die in der Kindergeldkasse W. beschäftigten Personen sich keinesfalls geweigert hätten, Antragsformulare auszuhändigen sowie Anträge entgegenzunehmen und zu verbescheiden. Dies stimmt damit überein, dass die Beigeladene ihren Kindergeldantrag laut Kindergeldakte persönlich bei der Kindergeldkasse am 02.07.1993 eingereicht hat und der Antrag laut Vermerk des Bearbeiters entgegengenommen worden ist, sich auch noch heute in der Kindergeldakte befindet. Ebenso ist in der Berufung L 14 KG 10/05 der Kindergeldantrag des dortigen Klägers am 08.07.1993 von einem Bediensteten des Arbeitsamts entgegen genommen worden.
Nur nebenbei sei noch erwähnt, dass vorliegend im Jahre 1993 doch im Vordergrund der Kindergeldanspruch der Beigeladenen für ihre leiblichen Kinder stand. Unbeschadet dieses Umstands stünde der Anwendung des § 9 Abs.2 BKGG keineswegs eine unrichtige Beratung des Klägers (im Jahre 1993) entgegen. Eine unrichtige Beratung vermag unter Umständen einen sozialrechtlilchen Herstellungsanspruch zu begründen, der § 9 Abs.2 BKGG a.F. nicht ausschließt, vielmehr sich auf einer anderen Ebene bewegt, so dass auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch selbst § 9 Abs.2 BKGG a.F. keine Anwendung findet.
3. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Ein solcher setzt voraus, a) eine Pflichtverletzung: Der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger muss eine Hauptpflicht oder Nebenpflicht aus seinem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis mit dem Anspruchsteller, die ihm gerade diesem gegenüber oblag, (objektiv) rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben; b) die Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils: Die Pflichtverletzung muss ferner als nicht hinwegdenkbare Bedingung, neben anderen Bedingungen zumindest gleichwertig, ("ursächlich") bewirkt haben, dass dem Betroffenen ein (verfahrensrechtliches oder materielles Leistungs-, Gestaltungs- oder Abwehr-)Recht, das ihm im jeweiligen Sozialrechtsverhältnis nach den oder aufgrund der Vorschriften des SGB gegen den Leistungsträger zugestanden hat oder ohne die Pflichtverletzung zugestanden hätte, nicht mehr zusteht; c) der Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil: Zur sachgerechten Begrenzung der dem Leistungsträger zurechenbaren Nachteile ist ergänzend zu kontrollieren, ob der geltend gemachte Nachteil nach Art und Entstehungsweise aus der Gefahr stammt, zu deren Abwendung die verletzte konkrete Pflicht diente (innerer Zusammenhang); (vgl. stellvertretend für viele höchstrichterliche Urteile BSG vom 15.12.1994 - 4 RA 64/93 in SozR 3-1200 § 14 Nr.17).
Der Vortrag des Klägers zielt in seiner Berufung vorrangig, wenn auch unwissentlich, auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ab, und zwar mit der pauschalen vergröbernden Behauptung, es sei ihm bzw. den bosnischen Flüchtlingen immer wieder gesagt worden, für den Kindergeldanspruch bedürfe es einer Aufenthaltserlaubnis, und eine Duldung sei nicht ausreichend. Pauschal wurden auch angeblich gleichgelagerte Beispielfälle genannt, die bei näherem Hinsehen verschiedene Sachverhaltsgestaltungen aufweisen und daher auch rechtlich differenziert zu behandeln sind. Zunächst muss hier allgemein auf einen vielfach unrichtigen und auch im Übrigen in wesentlichen Teilen unglaubwürdigen Vortrag der Klagepartei hingewiesen werden. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie der Kläger als Ehemann der Beigeladenen und mit dieser von April 1993 bis Januar 1995 in einer Wohnung zusammenlebend, guten Gewissens behaupten kann, er habe allein oder allenfalls zusammen mit der Beigeladenen einen Kindergeldantrag gestellt und er sei allein in der fraglichen Zeit sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer gewesen, auf dessen Tätigkeit ein Kindergeldanspruch beruhen könne. Es muss ihm hier bewusst sein, dass die damalige Ehefrau, die damals zweieinhalb Wochen früher als er in Beschäftigung stand, nahezu in gleichem zeitlichen Umfang bei beachtlichen Entgelten in Vollzeit versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Der Kläger gewinnt auch dadurch nicht an Glaubwürdigkeit, dass er auf schriftlichen Vorhalt seine unzutreffenden Angaben dahingehend eingeschränkt hat, dass die Beigeladene von 1993 bis 1995 nicht oder allenfalls in geringfügigem Umfang gearbeitet hätte; auch dies trifft den wesentlichen Kern der Sache nicht. Auffallend sind weiterhin ungenaue bis unzutreffende Angaben des Klägers über seine Arbeitsverhältnisse. Wiederholt hat er im Verwaltungsverfahren und auch beim Finanzgericht N. vorgetragen, er habe von April 1993 bis August 1997 bei der Firma W. gearbeitet (vorgewiesen wurde auch eine pauschale und insoweit unrichtige Bescheinigung des Arbeitgebers), einmal mit dem Nachsatz, er habe danach Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe bezogen, einmal mit dem vagen Hinweis, er sei in den angegebenen Zeiten ab 1993 sowohl in Beschäftigung gestanden als auch in Arbeitslosengeldbezug. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass damals das Kindergeld von April 1993 bis Oktober 1997 streitig war, kann ein Hang zu unpräzisen, zweckfördernden Angaben festgestellt werden. Der Senat vermag in der Zeit von April 1993 bis Oktober 1997 neben mehreren Beschäftigungsverhältnissen des Klägers vier Zeiträume des Bezugs von Arbeitslosengeld und drei Zeiträume des Bezugs von Arbeitslosenhilfe festzustellen. Die Neigung zu einem unsorgfältigen pauschalen Sachvortrag gilt auch für die Person des Prozessbevollmächtigten selbst, wenn er z.B. bei Befragen in der mündlichen Verhandlung am 04.08.2005 vor dem Sozialgericht Regensburg - der Kläger selbst war nicht anwesend - angab, der Kläger habe in den Jahren 1993 bis 1995 bei der Firma W. als Gerüstbauer gearbeitet (ein Hinweis auf längere Unterbrechungen bei Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe fehlt) und er selbst vertrete vor Gericht den Bruder (Kläger) und den Bekannten Z. B. , wobei die ehemalige Vertretung des Schwagers S. S. beim Sozialgericht Nürnberg und ab dem Jahre 2003 beim Bayer. Landessozialgericht unerwähnt blieb.
Zu erwähnen sind ferner zwei sich widersprüchliche Angaben; einmal soll der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 19.07.1993 nichts unternommen haben, ein andermal soll er versucht haben, Widerspruch einzulegen, wobei aber beides nicht erklärt, dass die Beigeladene als vom Bescheid Betroffene etwas unternehmen hätte müssen und Widerspruch einlegen hätte können. Auffallender sind die wiederholten Angaben, zwischen 1993 und 2001 habe der Kläger keinen Kindergeldantrag gestellt bzw. im Jahre 1996 keinen Neuantrag gestellt, wenn wiederum gelegentlich behauptet wurde, es sei zwischen 1993 und 2001, einmal wurde im Juli 1996 angegeben, ein Antrag gestellt worden. Entweder versteht die Klagepartei unter Anträge schriftliche Anträge (dann wären es ein Antrag im Jahre 2001, allenfalls unter Berücksichtigung des Antrags der Beigeladenen im Jahre 1993 zwei Anträge gewesen) oder sie meint wirksame schriftliche und unwirksame mündliche Anträge des Klägers, dann wären es drei Anträge gewesen. Die kunterbunte Abfolge von einmal zwei und einmal drei wie auch vier Anträgen ist aber kaum noch mit andauernd wechselnden Meinungen zu dem, was der Kläger als Antrag versteht, schlüssig zu erklären.
Erhebliches Gewicht misst der Senat der unrichtigen Angabe der Klagepartei zu, er bzw. die Beigeladene seien mit Bescheiden vom 19.07.1993, 16.07.1996 und 25.11.1996 mit der Begründung abgewiesen worden, es liege nur eine Duldung vor und es bedürfte zum Kindergeldbezug einer Aufenthaltserlaubnis. Dies ist nachweislich im jetzigen Streitfall unzutreffend. Laut Bescheid vom 19.07.1993, der § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung anwendete, hielt der Sachbearbeiter eine Duldung für ausreichend, weil er (zu Unrecht) einen dauernden Aufenthalt der Beigeladenen in der BRD annahm. Die Kindergeldgewährung scheiterte daran, dass wegen des in § 1 Abs.3 BKGG (in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung) vorgesehenen Aufschubs der Kindergeldzahlung die Jahresfrist von der erstmaligen Erteilung der Duldung am 19.03.1993 bis zum 18.03.1994 lief. Sinngemäß wurde damit (nach damaliger Auffassung des Sachbearbeiters zur Rechtslage) bekundet, dass ab 19.03.1994 eine Kindergeldgewährung bei Verlängerung der Duldung möglich sei. Die weiteren Ablehnungsbescheide vom 16.07.1996 und 25.11.1996 beruhten nur auf mangelnder Mitwirkung der Beigeladenen, in der Sache wurde nicht entschieden.
Unzutreffend war auch die Aussage desselben Zeugen in der Berufung L 14 KG 10/05, der dortige Kläger habe im Jahre 1993 ebenfalls die Auskunft erhalten, bei Duldung sei ein Kindergeldanspruch nicht gegeben, erforderlich sei eine Aufenthaltserlaubnis. Abgesehen davon, dass der dortige Kläger über eine Aufenthaltsgestattung für die Durchführung eines Asylverfahrens und nicht über eine Duldung verfügte, konnte die Beklagte im Juni/Juli 1993 nicht Auskünfte erteilen, die erst dem § 1 Abs.3 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung des 1.SKWPG vom 21.12.1993 entsprachen. Dies gilt auch für die angeblich unrichtige Beratung der Beigeladenen im Juli 1993 oder früher, so dass feststeht, dass sowohl die Klagepartei als auch der Zeuge einen Anspruch auf Kindergeld (wegen unzutreffender Informationen) mit objektiv wahrheitswidrigen Angaben begründet haben.
Im Bezug auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sieht der Senat - eine vollständige sichere Beurteilung ist wegen der unfundierten Angaben der Klagepartei und der genannten Widersprüchlichkeiten nicht möglich - folgende Rechtslage: Im Juli 1993 bestand ein Leistungsverhältnis bzw. ein sich eventuell anbahnendes Leistungsverhältnis, das eine Beratung erfordert hätte, allenfalls zwischen der Beklagten und der Beigeladenen als Antragstellerin. Ein vorher gegebenes "Leistungsverhältnis", wie es z.B. zwischen Versicherungsanstalt und Versicherten aufgrund des Versicherungsverhältnisses besteht, muss verneint werden; das Kindergeld wird aus allgemeinen, nicht zweckgebundenen Steuermitteln geleistet, und der Staat steht wegen des Kindergelds nicht zu einem (steuerzahlenden) Bürger in einer besonderen Rechtsbeziehung des "do, ut des". Die Beratung bezog sich auf die damals erwerbstätige Beigeladene, und der Kläger stand außen vor. In Bezug auf die Beigeladene kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Frage, weil dieser subsidiärer Art ist und nicht zum Tragen kommt, wenn für die Beseitigung eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns eine spezielle Regelung, hier § 44 SGB X, vorgesehen ist (BSG vom 28.01.1999 - B 14 EG 6/98 B in SozR 3-1300 § 44 Nr.25; BSG vom 23.07.1986 - 1 RA 31/85 in SozR 1300 § 44 Nr.23). Hinsichtlich des Klägers selbst kann der Senat eine Beratung nicht feststellen. Wäre sie aber erfolgt (das Mithören bei einer Besprechung allein reicht nicht aus), müsste sie so, wie gegenüber der Beigeladenen (s. Bescheid vom 19.07.1993) ausgefallen sein, so dass der Kläger nicht durch unrichtige Belehrung daran gehindert gewesen wäre, nach Wegfall des Kindergeldanspruchs der vorrangigen Beigeladenen (Wegfall der damaligen Beschäftigung, dann weitere Unterbrechung durch Arbeitslosenhilfebezug) einen Antrag wegen seines alleinigen Kindergeldrechts von Oktober 1993 bis Februar 1994 zu stellen. Es fehlt hier an der Ursächlichkeit. Dasselbe gilt, wenn der Kläger glaubte, mit Beginn seiner Beschäftigung im April 1994 (bei Ablauf der Jahresfrist mit dem 18.03.1994) selbst kindergeldberechtigt zu sein.
Hinsichtlich des zweiten Sachverhalts im Jahre 1996 kann ein Kindergeldanspruch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (mit der Unterstellung, dass der schriftliche Kindergeldantrag bereits im Jahre 1996 gestellt worden wäre) nicht gegeben sein. Bei Gleichklang von Angaben der Klagepartei und des Zeugen hat der Kläger zwischen August und Dezember 1996 bei der Beklagten vorgesprochen, entweder zu seiner Information oder eventuell zur (versuchten) Stellung eines (dann nicht erfolgten) schriftlichen Antrags. Beides bezog sich aber - so ausdrücklich der Zeuge - nur auf die Kinder aus zweiter Ehe und nicht auf die von der ersten Ehefrau in die erste Ehe mitgebrachten Kinder, von denen der Kläger ja schon seit Januar 1995 getrennt lebte. Übereinstimmend damit hat der Kläger auch mit Antrag vom 15.02.2001 nicht Kindergeld für die Stiefkinder aus erster Ehe beantragt.
Die mögliche Beratung im Jahre 1996 betraf (auch nach § 66 Abs.3 EStG bestand im Übrigen der Ausschluss von Leistungen für mehr als sechs Kalendermonate vor dem Antragsmonat) das steuerrechtliche Kindergeld nach den ab 01.01.1996 geltenden Vorschriften des Steuerrechts und nicht das sozialrechtliche Kindergeld für die Kinder der Beigeladenen. Insofern erscheinen die weitgehend unsicheren und teilweise dubiosen Angaben des Klägers und des Zeugen stimmig, denn Kindergeld hatte die Beigeladene für ihre leiblichen Kinder schon während des Zusammenlebens mit dem Kläger bis Januar 1995 im Juli 1993 und dann wieder in Mai und Oktober 1996 beantragt; der Kläger hatte im Jahre 1996 eine neue Familie und nach Lebenserfahrung würde er sich um das aktuelle Kindergeld im Jahre 1996 für die neuen Familienangehörigen erkundigen.
Eine nicht nachgewiesene und höchst unwahrscheinliche unrichtige Beratung des Klägers im Jahre 1996 hinsichtlich der Kinder der Beigeladenen im Zeitraum von 1993 bis 1995 (sozialrechtlicher Kindergeldanspruch für die Vergangenheit) könnte im Übrigen nicht das nachträgliche Erbringen von vorenthaltenen Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.1996 bewirken. Eine Ursächlichkeit zwischen unrichtiger Beratung und dem bereits vorher eingetretenen sozialrechtlichen Nachteil kann nicht bestehen.
Den vom Kläger gestellten Antrag auf Einvernahme von leitenden Personen und Sachbearbeitern der Beklagten war nicht nachzukommen. Zum einen sollen Zeugen über (streitige und entscheidungserhebliche) tatsächliche Sachverhalte berichten und haben nicht - wie vom Kläger gewünscht - Gesetzestexte vorzulegen, die Gesetzesmotive zu erklären und die "gesetzlichen Grundlagen" für die Kindergeldentscheidungen der Verwaltung darzulegen. Die Gesetze selbst sind dem Senat bekannt, ebenso die Rechtsprechung mit ihrer Entwicklung. Die damalige Rechtsauffassung des Beklagten ergibt sich aus den von dieser vorgelegten Dienstanweisungen, die der Kläger in vielen Punkten falsch verstanden und fehlinterpretiert hat. Nicht geklärte und auch entscheidungserhebliche Tatsachen sind dem Senat nicht ersichtlich. Vermutlich geht es dem Kläger um einen vom vorliegenden Prozess nicht gedeckten Zweck, Material für den von ihm in leichtfertiger Weise behaupteten "Sozialbetrug" durch die Beklagte und die angebliche Missachtung des Urteils des Bundessozialgerichts 2000 in drei von ihm verfolgten Berufungen zu erlangen, wobei er wohl verkennt, dass bereits vom zu beurteilenden Sachverhalt her jeder Fall gegenüber dem anderen anders gestaltet ist.
Sofern sich der Kläger auf das Urteil des BSG vom 12.04.2000 und - unter Erwähnung des Falles Z. - auf eine Gleichbehandlung nach dem Gesetz (Art.3 GG) beruft, geht dies am Kern der Sache vorbei. Die Sozialgerichte urteilen nicht wie im anglosächsischem Recht nach einem Fallrecht, sondern nach den allgemein-gültigen Gesetzen, und eine Gleichbehandlung im Unrecht - also falls die Sache des Herrn Z. mit rückwirkender Gewährung des Kindergeldes ab 1993 unrichtig geregelt worden ist - kann ohnehin nach Art.3 GG nicht gefordert werden. Nur nebenbei weist der Senat darauf hin, dass den vom Kläger benannten zwei Fällen ein wesentlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde liegt. Dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 ging voraus, dass ein erstmaliger Kindergeldantrag vom April 1993 mit Bescheid vom Mai 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom Oktober 1993 abgelehnt worden ist und hierauf rechtzeitig Klage, Berufung und Revision folgten. Im Falle des Herrn Z. wurde zwar ein im November 1993 gestellter Kindergeldantrag bestandskräftig abgelehnt, aber ein weiterer Antrag wurde bereits im April 1994 gestellt.
In der jetzigen Berufung hatte der Kläger aber erstmals im April 2001 einen Kindergeldantrag gestellt, und der behauptete 12- bis 13-jährige Kampf um das Kindergeld ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Ansicht, materiell-rechtliche Kindergeldvorschriften und materiell-rechtliches Verfahrensrecht (z.B. § 9 Abs.2 BKGG a.F.; vorliegend waren nicht mehr einschlägig § 5 Abs.2 BKGG n.F., § 44 Abs.4 SGB X in unmittelbarer oder analoger Anwendung und § 45 SGB I) seien nicht zu beachten. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.2000 wurde im Übrigen nicht missachtet, sondern auch unter Zugrundelegung dieser Entscheidung besteht seitens des Klägers kein durchsetzbarer Rechtsanspruch.
Eine Diskriminierung von Ausländern kann nicht gesehen werden. Der Ausschluss oder die fehlende Durchsetzbarkeit jahrelang zurückliegender Kindergeldansprüche gilt gleichermaßen für Deutsche wie für Ausländer. Ebenso ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit jeder lange zurückliegende Fall, der neu aufgerollt und zu entscheiden ist, mit erheblichem Zeitaufwand verbunden, wenn alle ehemaligen Umstände, auch wenn sie aus damaliger Rechtsansicht unerheblich waren, nicht vollständig in der Kindergeldakte dokumentiert sind oder Akten und sonstige Unterlagen wegen Zeitablaufs nicht mehr oder erschwert zugänglich sind.
Der Senat sah sich in der Lage, hinsichtlich der Berufungen des Klägers und der Beigeladenen ein Urteil zu erlassen, ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Weitergeltung des deutsch-jugoslawischen Abkommens für Bosnien abzuwarten. Bei Anwendbarkeit des Abkommens wäre das vorliegende Urteil nicht tangiert. Im Falle der Unanwendbarkeit bestünde nur ein zusätzlicher Grund, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsverfahren ist für den Kläger gerichtskostenfrei. Wegen seines Unterliegens sind ihm außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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