Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 VS 115/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 14/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.06.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung (WDBF) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Grad und die Gewährung von Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1948 geborene Kläger war vom 01.10.1967 bis 30.06.1996 Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt als Oberfeldarzt; 1976 begann seine fliegerärztliche Ausbildung.
Am 16.10.1991 wurde ein WDB-Blatt angelegt; der Kläger machte Versorgungsanprüche geltend wegen "ausgeprägter degenerativer HWS-Veränderungen, einer Spondylolisthesis L5/S1 sowie einer bilateralen Spondylolyse L5". Diese Gesundheitsstörungen führte er auf die hohen G-Beschleunigungen an einer Humanzentrifuge (bis 37 Zentrifugenfahrten) sowie auf die Belastungen bei insgesamt 30 Schleudersitzkatapultauschüssen zurück; als weitere besondere Belastung seiner Wirbelsäule gab er schweres Heben und Tragen bei vier dienstlich bedingten Umzügen zwischen 1996 und 1990 an.
Der vom Beklagten beauftragte Leiter der Abteilung Orthopädie des Bundeswehrkrankenhauses M. , Dr.T. , beschrieb in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 05.08.1991 erhebliche, deutliche über der Altersnorm liegende Degenerationen der HWS, die Nervenwurzelirritationen der oberen Extremität auslösen können, und hielt die Humanzentrifugenbeschleunigungen durchaus für geeignet, an einer vorbestehenden Schwachstelle des Körpers im Sinne der Verschlimmerung eines Leidens sich auswirken zu können. Insgesamt bewertete er die Wirbelschäden mit einer MdE von 20 v.H., den darauf entfallenden WDB-Anteil mit 10 v.H.
Der Oberfeldarzt H. bezog sich in seinem truppenärztlichen Gutachten vom 29.07.1992 im Wesentlichen auf Dr.T. und bewertete den wehrdienstbedingten Wirbelsäulenschaden ab dem 01.04.1991 mit 30 v.H.
Nachdem die Versorgungsmedizinerin Dr.V. am 14.09.1992 u.a. sowohl eine orthopädische als auch eine neurologische Stellungnahme/Begutachtung angeregt hatte, stellte der Orthopäde Prof.Dr.R. in seinem Bericht vom 22.06.1993 fest, die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Belastungen in der Zentrifuge und bei Schleudersitzausschüssen über angenommene Mikrotraumen (die keiner gesehen habe) überzeuge den Orthopäden nicht. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sichere Beschwerdefreiheit bis April 1980 bestanden habe und seit 1987 keine Zentrifugenfahrten mehr erfolgten, so dass die gesamte Belastung mit Zentrifugenfahrten sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren konzentriert habe. Die Auswertung der mitgebrachten Röntgenaufnahmen hätte ergeben, dass die degenerativen Veränderungen zwischen 1991 und 1993 nur geringgradig zugenommen hätten, eher im Bereich der HWS als im Bereich der LWS. Theoretisch könne man sich vorstellen, dass es zu Mikro-traumen kommen könne, aber eigentlich mehr durch abrupte Beschleunigungsverletzungen, die nicht stattgefunden hätten; ein Zusammenhang mit dem Wirbelgleiten und den dienstlichen Belastungen sei strikt abzulehnen. Die anschließend gehörte Leiterin der Abteilung Neurologie und Psychiatrie, Dr.G. stellte in ihrem Gutachten vom 07.07.1993 auf ihrem Fachgebiet keine wesentlichen Gesundheitsstörungen fest, bewertete die rezidivierenden Nervenreizerscheinungen im Bereich des Ulnaris-Versorgungsgebietes beidseits mit einer MdE von maximal 10 v.H. und stellte klar, die gleiche Bewertung ergäbe sich auch dann, wenn als Ursache dieser Nervenreizerscheinungen alternativ oder zusätzlich eine radikuläre Reizung der Sensibilitätsstörungen anzunehmen wäre. Es gebe keinen Anhalt für WDB im Falle einer alleinigen Ulnaris-Schädigung. Hinsichtlich der Frage des Ursachenzusammenhangs verwies sie auf das Gutachten des Prof. Dr.R ...
Nachdem in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme der Dr.V. vom 25.08.1993 letztlich alle beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit einer MdE unter 25 v.H. bewertet wurden, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.09.1993 die Zahlung eines Ausgleichs nach § 85 SVG ab und stellte fest, dass nicht darüber zu entscheiden gewesen sei, ob Folgen einer WDB im Sinne des § 81 SVG vorlägen.
Seine hiergegen eingelegte Beschwerde vom 12.10.1993 begründete der Kläger am 30.12.1993 vor allem mit den insgesamt 37 Fahrten in der Humanzentrifuge in den Jahren 1982 bis 1987, die sich zum Teil bis zu 10 Minuten mit Belastungen zwischen 1,5 und 4 G sowie Maximalbeschleunigungsbereichen bis zu 7 G für 30 Sekunden erstreckt hätten. Im Jahre 1988 seien bei ihm erstmalig längeranhaltende und rezidivierende Beschwerden im Bereich der HWS, auch in Verbindung mit Kopfschmerzen, aufgetreten, die im Laufe der Jahre bis 1991 an Heftigkeit zugenommen hätten; im Übrigen bezog er sich auf das Gutachten des Dr.T. und rügte am Gutachten des Prof.Dr.R. , dieser habe nicht berücksichtigt, dass der Kopf sich unphysiologisch in einer nach vorne geneigten Position befinde, die der Versuchsaufbau zur Augeninnendruckmessung unter Beschleunigungseinwirkung in der Zentrifuge vorgebe; hierbei werde die normale Statik der Wirbelsäule, insbesondere der HWS, aus dem Lot gebracht, die G-Beschleunigung wirke nun nicht mehr direkt auf die Wirbelkörper, sondern bilde Schervektoren auf die Kanten, die dann zu den diskutierten Mikroläsionen und späteren knöchernen Veränderungen geführt hätten.
Nachdem Dr.V. in ihrer Stellungnahme vom 03.02.1994 nach nochmaligem Studium des gesamten Akteninhalts keine anderen versorgungsmedizinischen Erkenntnisse feststellen konnte, wies die Beklagte die Beschwerde mit Bescheid vom 10.06.1994 mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Bescheid vom 13.09.1993 zurück.
Mit seiner anschließenden Klage vom 04.07.1994 zum Sozialgericht München verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.
Mit Schreiben des Gerichts vom 23.06.1995 wurde der Beklagten vorgeschlagen, den Kläger fachärztlich untersuchen zu lassen und einen Bescheid nach § 44 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X - zu erlassen. Mit Nachricht vom 08.05.1996 übersandte der Beklagte das chirurgische Gutachten des Dr.K. vom 22.03.1996, der u.a. unter Heranziehung der Grundsätze der Berufskrankheitenverordnung - BKVO - (Nr.2108, 2109 und 2110) es nicht für wahrscheinlich ansah, dass die vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsschäden der Wirbelsäule auf den Schleudersitzabschüssen, den Belastungen der Zentrifuge oder gar den Belastungen durch die vier Umzüge zwischen 1986 und 1990 beruhen. Insgesamt fehle es an der in der Unfallversicherung geforderten Grundvoraussetzung einer fast täglichen über mindestens zehn Jahre nachgewiesenen vergleichbaren schweren Belastung durch Heben und Tragen schwerer Lasten bzw. einer Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung.
Mit Schriftsatz vom 25.06.1996 widersprach der Kläger diesen gutachterlichen Ausführungen und verwies u.a. auf eine beigefügte Dissertation von O.Hämäläinen über "Nackenschmerzen bei Jagdfliegern". Mit Schreiben vom 07.08.1996 übersandte er eine Ablichtung des Bescheides der Beklagten vom 26.07.1996 nach § 44 SGB X, mit dem eine Rücknahme der früheren Bescheide abgelehnt und die Wirbelsäulenschäden nicht als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung angesehen wurden.
Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 15.01.1997 die versorgungsmedizinische Stellungnahme des Oberfeldarztes K. vom 20.12.1996, der u.a. die Sachkompetenz des Gutachters Dr.K. gerade dadurch bestätigt sah, dass dieser sich auf die einschlägige Literatur zur BKVO beziehe; dagegen sei die vom Kläger genannte Dissertation absolut ungeeignet, in diesem Verfahren als Entscheidungsgrundlage dienen zu können.
Nachdem der Kläger in einem weiteren Schreiben vom 04.03.1997 nochmals auf die Notwendigkeit einer Begutachtung durch einen Flugmediziner hingewiesen hatte, erstellte Dr.S. am 10.09.1997 im Auftrag des Gerichtes ein flugmedizinisches Gutachten. Darin ging dieser zunächst davon aus, dass beim Kläger bereits vor seinem Eintritt in die Bundeswehr Vorschäden an der Wirbelsäule vorlagen und erachtete als wirbelsäulenbelastend alle angeschuldigten Tätigkeiten (Heben und Tragen schwerer Lasten bei Umzügen, Fahrten in der Humanzentrifuge, Schleudersitzabschüsse). Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien nicht vollständig in den angefochtenen Bescheiden erfasst, sie seien durch die Belastungen des Wehrdienstes hervorgerufen und insgesamt mit einer MdE von 40 v.H. zu bewerten.
Während die Klageseite sich im Schriftsatz vom 21.10.1997 auf dieses Gutachten bezog, rügte die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.12.1997 unter Vorlage der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Oberfeldarztes K. , der Sachverständige habe die zwingenden versorgungsrechtlichen/versorgungsmedizinischen Voraussetzungen nicht beachtet, die direkte Schädigung müsse voll bewiesen sein. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.
In einer ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten stellte Dr.S. am 27.02.1998 klar, dass es sich beim Kläger nicht um die Geltendmachung unfallbedingter Schäden handle. Er gehe davon aus, dass die gesundheitlichen Folgen gesundheitsschädlicher Ereignisse sich in der flugmedizinischen und arbeitsmedizinischen Begutachtung nicht sofort in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum Erstkontakt mit dem schädigenden Ereignis zeigten. Der Kläger sei während seiner langen Dienstzeit unstrittig Belastungen ausgesetzt gewesen, die jede für sich grundsätzlich geeignet seien, Wirbelsäulenschäden, wie beim Kläger vorhanden, auszulösen.
Der danach von Amts wegen gehörte Sachverständige Dr.F. stimmte in seinem Gutachten vom 19.01.1999 den Ausführungen des Dr.K. im Endergebnis weitgehend zu, den Überlegungen des Dr.S. widersprach er. Den Einlassungen der Beklagten sei letztlich nichts hinzuzufügen. Richtig sei, dass aufgrund der jetzigen herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung ein Zusammenhang zwischen den Wirbelsäulenschäden und wehrdiensteigentümlichen Einflüssen im Falle des Klägers nicht hergestellt werden könnte.
Mit Urteil vom 30.06.1999 wies das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein Zusammenhang zwischen jeweils kurzzeitigen Beschleunigungsbelastungen und Wirbelsäulenschäden werde bei den einschlägigen Berufskrankheiten nicht diskutiert; demnach lägen bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen, unter denen man die angeschuldigten dienstlichen Handlungen des Klägers als schädigende Ereignisse auffassen könnte, nicht vor. Es fehle demnach an einem schädigenden Ereignis im Sinne des Gesetzes.
Hiergegen richtet sich die am 30.08.1999 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers, die im Wesentlichen wie bisher begründet wurde. Gleichzeitig wurde ein biostatisches Gutachten beantragt und § 551 Abs.2 der Reichsversicherungsordnung - RVO - für analog anwendbar angesehen.
Beklagte und Beigeladener beantragten mit Schreiben vom 28.09. und 15.10.1999 die Zurückweisung der Berufung; der Beklagte bezog sich insbesondere in seinem Schreiben vom 20.04.2000 auf das Gutachten des Dr.F ...
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Dr.P. stellte in seinem orthopädisch-flugmedizinischen Gutachten vom 17.12.2001 klar, die festgestellten Beschwerden beim Kläger seien weder ursächlich noch im Sinne einer Verschlimmerung auf wehrdiensttypische Belastungen zurückzuführen. Zwar gebe es medizinische Hinweise für die Möglichkeit einer richtungsweisenden Verschlimmerung durch Beschleunigungsfahrten in unphysiologischer Haltung der Halswirbelsäule, eine Wahrscheinlichkeit liege aber nicht vor. In einer ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 18.03.2002 beantwortete er die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 18.02.2002 aufgeworfenen Fragen und stellte abschließend fest, es ergebe sich keine Änderung seiner bisherigen gutachterlichen Bewertung.
Hierzu stellte der Kläger im Schreiben vom 13.06.2002 fest, die Ausführungen des Dr.P. stünden in diametralem Widerspruch zu den profunden medizinischen Feststellungen des Prof. Dr.S. vom Universitätsklinikum F. , in dessen Publikationen die Untersucher überzeugend nachweisen würden, dass im Vergleich zu "Normalbefunden" eines MRT unter Belastungsmyelographie der tatsächliche Nachweis von (bislang falsch negativen) Bandscheibenschäden im MRT gelänge.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.08.2002 betonte Dr.P. , die durch den Kläger angesprochenen Publikationen könnten keinen ursächlichen Zusammenhang der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit den geschilderten Halswirbelsäulenbelastungen in der Humanzentrifuge wissenschaftlich begründen. Die Einholung eines biomechanischen Sachverständigengutachtens sei nicht notwendig, da die angesprochenen experimentellen Forschungsarbeiten eindeutig zeigten, dass die menschliche Wirbelsäule sehr hohe Belastungen tolerieren könne.
In einer weiteren Stellungnahme ging Dr.P. am 30.06.2002 auf die vom Kläger in seinem Schreiben vom 23.05.2002 zusätzlich aufgeworfenen Fragen ein, änderte jedoch insgesamt seine Meinung nicht. Schließlich stellte er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.12.2003 zu dem Schreiben der Klageseite vom 18.11.2003 klar, er habe in seinem Vorgutachten bzw. seiner bisherigen Stellungnahme ohne jeden Zweifel nachweisen können, dass die geklagten Wirbelsäulenbeschwerden bzw. Wirbelsäulenveränderungen des Klägers im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule weder ursächlich entstanden noch richtungsweisend verschlimmert worden seien; es liege kein Unfall vor. Es gebe in der flugmedizinischen Literatur und auch in der wehrmedizinischen Literatur keine Untersuchungsergebnisse, welche bewiesen, dass wehrdiensttypische Belastungen wie z.B. das Fliegen eines militärischen Luftfahrzeuges, Fahrten auf der Humanzentrifuge oder Trainingsabschüsse auf dem Schleudersitz ursächlich für die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien. Abschließend verwies er auf den Begutachtungsgrundsatz von Goldhahn (1994): "Grundsätzlich sollte sich jeder Gutachter davon leiten lassen, dass jeder Bandscheibenvorfall und jede Art einer Degeneration im Bereich der Wirbelsäule der Ausdruck einer Verschleiß- oder Aufbraucherscheinung ist, für den Betroffenen ein schicksalhaftes Ereignis im Ablauf dieser spezifischen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen in der Wirbelkörper-Bandscheibenreihe ist und schon verhältnismäßig früh auftreten kann."
Beklagte und Beigeladener hielten an ihren bisherigen Auffassungen fest, die Klageseite äußerte sich zu den ihr übersandten Urteilen des LSG NRW und Rheinland-Pfalz nicht.
Der Kläger stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 27.08.1999 und beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.06.1999 wird abgeändert.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 13.09.1993 in der Fassung des Beschwerdebescheides vom 10.06.1994 und des Bescheides vom 26.07.1996 wird aufgehoben.
Die Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als Wehrdienstbeschädigung im Sinne des SVG im rentenberechtigten Grad sind festzustellen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene schließt sich diesem Antrag an.
Zum Verfahren beigezogen wurden die WDB- und Beschwerdeakten sowie die Akten des Sozialgerichts München S 29 VS 115/94.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren der Beklagten wird gemäß § 202 SGG und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 142 ff., 151 SGG), jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 30.06.1999 und der Bescheid vom 13.09.1993 in der Fassung des Beschwerdebescheides vom 10.06.1994 sowie der Bescheid vom 26.07.1996 sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist nicht verpflichtet die Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als WDBF anzuerkennen und Ausgleich nach § 85 SVG i.V.m. § 30 Abs.1 und § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu gewähren; der Beigeladene ist nicht verpflichtet dem Kläger wegen der Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule als WDBF Versorgung nach den §§ 80 Satz 1, 81 Abs.5 Satz 1, 88 Abs.1 Satz 1 SVG i.V.m. § 9 BVG zu gewähren. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule sind nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung und entsprechende Versorgung hat.
Nach § 81 Abs.1 SVG ist Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtigung (1.), durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall (2.) oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (3.) herbeigeführt worden ist. Hinsichtlich der Beweislage ist dabei davon auszugehen, dass die dienstlichen Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben, nachzuweisen sind (BSG vom 24.09.1992, Az.: 9 a RV 31/90 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6). Nach ständiger Rechtsprechung in allen Zweigen der sozialen Entschädigung müssen die Schädigung und die Schädigungsfolgen nachgewiesen werden. Nur für die Kausalität zwischen diesen beiden Tatbestandsmerkmalen genügt die Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen wesentlich mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Dienstverrichtung oder der Unfall oder die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse für den Eintritt der gesundheitlichen Schädigung neben anderen Umständen versorgungsfremden Ursprungs von zumindest annähernd gleichwertiger Bedeutung - also wesentliche Bedingungen - gewesen ist/sind.
Unstreitig wird das Auftreten der Wirbelsäulenbeschwerden während des Wehrdienstes sowohl vom Kläger als auch von dem nach § 106 SGG beauftragten Arzt Dr.S. nicht auf ein zeitlich begrenztes traumatisches Ereignis (Unfall) während der Tätigkeit/Ausbildung zum Fliegerarzt zurückgeführt. Ursache der Wirbelsäulenbeschwerden sollen vor allem die circa 37 Fahrten in der Humanzentrifuge während der Jahre 1982 bis 1987 sein, die sich zum Teil bis zu zehn Minuten mit Belastungen zwischen 1,5 und 4 G sowie auf Maximalbeschleunigungsbereiche bis zu 7 G für 30 Sekunden erstreckt hätten. Danach seien im Jahre 1988 erstmalig längeranhaltende rezidivierende Beschwerden im Bereich der HWS, auch in Verbindung mit Kopfschmerzen, aufgetreten. Wirbelsäulenbelastend seien auch alle angeschuldigten Tätigkeiten während der dienstlich veranlassten Umzüge (Heben und Tragen schwerer Lasten) gewesen.
Nachdem sich auch aus den Akten keine Hinweise auf einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall ergeben, erübrigen sich weitere Ausführungen zu der o.g. Alternative (2).
Für unfallunabhängige Krankheiten/Gesundheitsstörungen (Alternativen 1 und 3) bestimmt sich der versorgungsrechtlich geschützte Bereich nach dem SVG nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu z.B. BSG vom 05.05.1993 in SozR-3200 § 81 Nr.8, vom 10.11.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.9, vom 24.09.1992 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6 sowie Beschlüsse vom 11.10.1994, Az.: 9 BV 55/94 und 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95) nach dem Vorbild des Berufskrankheitenrechtes der gesetzlichen Unfallversicherung, es sei denn es handelt sich um besondere außerordentliche Belastungen, die typischerweise nur unter den Bedingungen des Krieges auftreten. Dieses Berufskrankheitenrecht ist darüber hinaus Modell nicht nur für die Abgrenzung des versorgungsrechtlich geschützten Bereichs im Recht der Soldatenversorgung, sondern gilt auch im Bereich des BVG.
Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkungen des Wehrdienstes/wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, teilt das BSG in drei Gruppen ein:
a) Die angebliche Schädigungsfolge ist in der BKVO als Berufskrankheit anerkannt (§ 551 Abs.1 Reichsversicherungsordnung - RVO -);
b) die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden (§ 551 Abs.2 RVO);
c) die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch unter b), die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Anforderungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen.
Diese Regelung erklärt sich daraus, dass Krankheiten regelmäßig nicht auf ein äußeres Ereignis zurückgeführt werden können, sondern sich aufgrund vielfältiger Einflüsse entwickeln. Als Mitursachen kommen persönliche Lebensweise, Erbanlagen, Störungen während der Entwicklungsphase, private Unfälle, Umwelteinflüsse u.a. in Frage. Ob eine Krankheit auf bestimmte Einwirkungen zurückzuführen ist, denen ein Wehrpflichtiger oder Wehrdienstleistender ausgesetzt war, ist daher in der Regel nicht mit Hilfe medizinischer Sachverständigengutachten im Einzelfall feststellbar. Wegen der Vielfalt möglicher Ursachen und der begrenzten Leistungsfähigkeit auch der medizinischen Wissenschaft kann dies nur allgemein entschieden werden. Eine solche allgemeine Antwort hat der Gesetzgeber für das Gebiet des Berufskrankheitenrechtes mit der BKVO gegeben. Darin sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Unfallforschung und des Berufskrankheitenrechtes eingeflossen, wonach bestimmte Tätigkeiten im Arbeitsleben in auffallender Weise mit Erkrankungen verbunden sind.
Zu der unter a) oben aufgezeigten Möglichkeit haben die Mediziner vom Medizinischen Dienst der Beklagten in ihren Stellungnahmen/Gutachten mehrfach darauf hingewiesen, die Belastungen durch die bundeswehrtypischen Verrichtungen seien nicht mit den Belastungen vergleichbar, die zum Anerkenntnis analog der Berufskrankheiten Nr.2108 bzw. 2110 führen könnten; insbesondere handle es sich bei den Belastungen, denen der Kläger vor allem während seiner circa 37 Fahrten in der Humanzentrifuge (auch unter Berücksichtigung der besonderen Körperhaltung) in den Jahren 1982 bis 1987 ausgesetzt war, nicht um die hier zu fordernden langjährigen Belastungen. Diese Fahrten in der Humanzentrifuge sowie die circa 30 Schleudersitzkatapultausschüsse sowie die Belastungen beim Heben und Tragen bei vier dienstlich bedingten Umzügen zwischen 1996 und 1990 seien mit den in den Legenden zu den Nrn.2108, 2109 und 2110 beschriebenen langjährigen Tätigkeiten (Heben, Tragen schwerer Lasten oder in extremer Rumpfbeugehaltung oder langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen) nicht zu vergleichen. Unter Bezug auf die herrschende medizinische Lehrmeinung haben hierauf auch mehrere Gutachter/Sachverständige sowohl im Verwaltungs- als auch in den Gerichtsverfahren nachdrücklich hingewiesen (vgl. Bericht des Prof. Dr.R. vom 22.06.1993, Gutachten des Dr.K. vom 22.03.1996, Gutachten Dr.F. vom 19.01.1999). Diese Kausalitätsbeurteilung deckt sich auch mit den "Anhaltspunkten" (AP), die als "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB IX)", Ausgaben 1983 - 2005, bis zu ihrer Verrechtlichung weiter als antizipierte Sachverständigengutachten wie untergesetzliche Normen gelten (siehe zuletzt BSG, Az.: B 9 SB 3/02 R und B 9 SB 6/02 R vom 18.09.2003). Im Interesse des Gleichbehandlung aller Versicherten/Versorgungsberechtigten sind diese AP von den Gerichten zu beachten. Unter der Nr.128 Abs.7 ist in den AP seit 1996 u.a. festgehalten, dass traumatische Bandscheibenschädigungen selten sind: "Sie kommen z.B. bei diskoligamentären Wirbelsäulenverletzungen oder bei Wirbelbrüchen an der benachbarten Zwischenwirbelscheibe oder bei Stich- und Schussverletzungen vor, die die Bandscheibe direkt treffen. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule nach
- langjährigem Heben oder Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung oder
- nach langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen
können Schädigungsfolge sein, sofern die in den Merkblättern zu entsprechenden Berufskrankheiten genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Gleiches gilt für die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäule nach langjährigem Tragen schwerer Lasten auf der Schulter."
Nachdem die Berufsgenossenschaften für das Anerkenntnis einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit im Bereich der LWS eine mindestens zehnjährige außerordentliche schwere Belastung der Bandscheibe fordern, dies beim Kläger jedoch nicht gegeben ist, sind die Voraussetzungen für eine entsprechende Anerkennung nicht erfüllt.
Zu demselben Ergebnis kommt im Übrigen auch der vom Kläger nach § 109 SGG benannte Sachverständige Dr.P. in seinem orthopädisch-flugmedizinischen Gutachten vom 17.12.2001. Auch auf mehrfache Nachfrage des als Mediziner sachkundigen Klägers bekräftigt dieser Sachverständige, die festgestellten Beschwerden seien weder ursächlich noch im Sinne einer Verschlimmerung auf wehrdiensttypische Belastungen zurückzuführen. Die durch den Kläger angesprochenen Publikationen könnten auch keinen ursächlichen Zusammenhang der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit den geschilderten Halswirbelsäulenbelastungen in der Humanzentrifuge wissenschaftlich begründen. Die Einholung eines biomechanischen Sachverständigengutachtens sei nicht notwendig, da die angesprochenen experimentiellen Forschungsarbeiten eindeutig zeigten, dass die menschliche Wirbelsäule sehr hohe Belastungen tolerieren könne.
Auch die Alternativen unter b) und c) scheiden aus. Die unter b) geschilderten Verhältnisse, die den Dienstherrn wegen der durch sie verursachten Gefährdung der Soldaten zum Handeln veranlassen müssten, sind weder vorgetragen noch erkennbar; diesbezüglich neue Erkenntnisse im Sinne des § 9 Abs.2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VII - liegen den Verwaltungen oder den Gerichten nicht vor (vgl. auch die Entscheidung des LSG NRW vom 01.08.2002, Az.: L 7 VS 3/98 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 05.12.1996, Az.: L 4 V 70/94), noch sind sie von der Klageseite entsprechend substantiiert vorgetragen oder aus den Akten erkennbar. Das im Auftrag des Sozialgerichts erstellte flugmedizinische Gutachten des Sachverständigen Dr.S. vom 10.09.1997 ist insoweit wegen erheblicher Mängel, auf die insbesondere Dr.F. nachdrücklich hinweist, nicht verwertbar. Dieses Gutachten liefert keine brauchbaren Angaben zur Situation der Wirbelsäule; es wurden weder Messungen zur Beweglichkeit angestellt noch die Wirbelsäulenschwingungen beschrieben oder die Skoliose näher definiert; es erfolgte auch keine eigene Röntgenauswertung. Völlig abwegig und unter Außerachtlassung der AP ging dieser Sachverständige von einer MdE von 40 v.H. aus. Im Übrigen hat er bei der Beurteilung der Kausalität sowohl die Richtlinien der einschlägigen Standard-Literatur als auch die der BKVO völlig außer Acht gelassen. Hinweise auf neuere medizinische Untersuchungen, die das bisherige Beurteilungsschema in Frage stellen könnten, lieferte er nicht.
Die unter c) geschilderte Alternative entfällt ebenfalls. Die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen bei der Fliegerausbildung sind nicht mit kriegsähnlichen Anforderungen zu vergleichen, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen, z.B. bei Testpiloten. Im Übrigen sind die Belastungen des Klägers während seiner flugmedizinischen/experimentiellen Ausbildung nicht zu vergleichen mit dem gesundheitlichen Risiko und den Belastungen, denen Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge über lange Jahre dauernd ausgesetzt sind; wenn für diese Gruppen der Nachweis einer "gruppentypischen Risikoerhöhung" nicht erbracht werden konnte, so gilt dies erst recht für den weniger starken Belastungen ausgesetzten Kläger - auch unter Berücksichtigung der von ihm als unphysiologisch geschilderten, d.h. nach vorn geneigten Position des Kopfes.
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat der Kläger weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber dem Beigeladenen entsprechende Ansprüche nach dem SVG/BVG - unabhängig von der insoweit unklaren Antragstellung der Klageseite. Auf die Problematik des § 44 SGB X muss der Senat nicht näher eingehen, nachdem er den gesamten medizinischen Sachverhalt wie bei einem Erstantrag geprüft hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG), zumal sich der Senat ausdrücklich auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG bezieht.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung (WDBF) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Grad und die Gewährung von Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1948 geborene Kläger war vom 01.10.1967 bis 30.06.1996 Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt als Oberfeldarzt; 1976 begann seine fliegerärztliche Ausbildung.
Am 16.10.1991 wurde ein WDB-Blatt angelegt; der Kläger machte Versorgungsanprüche geltend wegen "ausgeprägter degenerativer HWS-Veränderungen, einer Spondylolisthesis L5/S1 sowie einer bilateralen Spondylolyse L5". Diese Gesundheitsstörungen führte er auf die hohen G-Beschleunigungen an einer Humanzentrifuge (bis 37 Zentrifugenfahrten) sowie auf die Belastungen bei insgesamt 30 Schleudersitzkatapultauschüssen zurück; als weitere besondere Belastung seiner Wirbelsäule gab er schweres Heben und Tragen bei vier dienstlich bedingten Umzügen zwischen 1996 und 1990 an.
Der vom Beklagten beauftragte Leiter der Abteilung Orthopädie des Bundeswehrkrankenhauses M. , Dr.T. , beschrieb in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 05.08.1991 erhebliche, deutliche über der Altersnorm liegende Degenerationen der HWS, die Nervenwurzelirritationen der oberen Extremität auslösen können, und hielt die Humanzentrifugenbeschleunigungen durchaus für geeignet, an einer vorbestehenden Schwachstelle des Körpers im Sinne der Verschlimmerung eines Leidens sich auswirken zu können. Insgesamt bewertete er die Wirbelschäden mit einer MdE von 20 v.H., den darauf entfallenden WDB-Anteil mit 10 v.H.
Der Oberfeldarzt H. bezog sich in seinem truppenärztlichen Gutachten vom 29.07.1992 im Wesentlichen auf Dr.T. und bewertete den wehrdienstbedingten Wirbelsäulenschaden ab dem 01.04.1991 mit 30 v.H.
Nachdem die Versorgungsmedizinerin Dr.V. am 14.09.1992 u.a. sowohl eine orthopädische als auch eine neurologische Stellungnahme/Begutachtung angeregt hatte, stellte der Orthopäde Prof.Dr.R. in seinem Bericht vom 22.06.1993 fest, die Annahme der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Belastungen in der Zentrifuge und bei Schleudersitzausschüssen über angenommene Mikrotraumen (die keiner gesehen habe) überzeuge den Orthopäden nicht. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sichere Beschwerdefreiheit bis April 1980 bestanden habe und seit 1987 keine Zentrifugenfahrten mehr erfolgten, so dass die gesamte Belastung mit Zentrifugenfahrten sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren konzentriert habe. Die Auswertung der mitgebrachten Röntgenaufnahmen hätte ergeben, dass die degenerativen Veränderungen zwischen 1991 und 1993 nur geringgradig zugenommen hätten, eher im Bereich der HWS als im Bereich der LWS. Theoretisch könne man sich vorstellen, dass es zu Mikro-traumen kommen könne, aber eigentlich mehr durch abrupte Beschleunigungsverletzungen, die nicht stattgefunden hätten; ein Zusammenhang mit dem Wirbelgleiten und den dienstlichen Belastungen sei strikt abzulehnen. Die anschließend gehörte Leiterin der Abteilung Neurologie und Psychiatrie, Dr.G. stellte in ihrem Gutachten vom 07.07.1993 auf ihrem Fachgebiet keine wesentlichen Gesundheitsstörungen fest, bewertete die rezidivierenden Nervenreizerscheinungen im Bereich des Ulnaris-Versorgungsgebietes beidseits mit einer MdE von maximal 10 v.H. und stellte klar, die gleiche Bewertung ergäbe sich auch dann, wenn als Ursache dieser Nervenreizerscheinungen alternativ oder zusätzlich eine radikuläre Reizung der Sensibilitätsstörungen anzunehmen wäre. Es gebe keinen Anhalt für WDB im Falle einer alleinigen Ulnaris-Schädigung. Hinsichtlich der Frage des Ursachenzusammenhangs verwies sie auf das Gutachten des Prof. Dr.R ...
Nachdem in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme der Dr.V. vom 25.08.1993 letztlich alle beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit einer MdE unter 25 v.H. bewertet wurden, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.09.1993 die Zahlung eines Ausgleichs nach § 85 SVG ab und stellte fest, dass nicht darüber zu entscheiden gewesen sei, ob Folgen einer WDB im Sinne des § 81 SVG vorlägen.
Seine hiergegen eingelegte Beschwerde vom 12.10.1993 begründete der Kläger am 30.12.1993 vor allem mit den insgesamt 37 Fahrten in der Humanzentrifuge in den Jahren 1982 bis 1987, die sich zum Teil bis zu 10 Minuten mit Belastungen zwischen 1,5 und 4 G sowie Maximalbeschleunigungsbereichen bis zu 7 G für 30 Sekunden erstreckt hätten. Im Jahre 1988 seien bei ihm erstmalig längeranhaltende und rezidivierende Beschwerden im Bereich der HWS, auch in Verbindung mit Kopfschmerzen, aufgetreten, die im Laufe der Jahre bis 1991 an Heftigkeit zugenommen hätten; im Übrigen bezog er sich auf das Gutachten des Dr.T. und rügte am Gutachten des Prof.Dr.R. , dieser habe nicht berücksichtigt, dass der Kopf sich unphysiologisch in einer nach vorne geneigten Position befinde, die der Versuchsaufbau zur Augeninnendruckmessung unter Beschleunigungseinwirkung in der Zentrifuge vorgebe; hierbei werde die normale Statik der Wirbelsäule, insbesondere der HWS, aus dem Lot gebracht, die G-Beschleunigung wirke nun nicht mehr direkt auf die Wirbelkörper, sondern bilde Schervektoren auf die Kanten, die dann zu den diskutierten Mikroläsionen und späteren knöchernen Veränderungen geführt hätten.
Nachdem Dr.V. in ihrer Stellungnahme vom 03.02.1994 nach nochmaligem Studium des gesamten Akteninhalts keine anderen versorgungsmedizinischen Erkenntnisse feststellen konnte, wies die Beklagte die Beschwerde mit Bescheid vom 10.06.1994 mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Bescheid vom 13.09.1993 zurück.
Mit seiner anschließenden Klage vom 04.07.1994 zum Sozialgericht München verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.
Mit Schreiben des Gerichts vom 23.06.1995 wurde der Beklagten vorgeschlagen, den Kläger fachärztlich untersuchen zu lassen und einen Bescheid nach § 44 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X - zu erlassen. Mit Nachricht vom 08.05.1996 übersandte der Beklagte das chirurgische Gutachten des Dr.K. vom 22.03.1996, der u.a. unter Heranziehung der Grundsätze der Berufskrankheitenverordnung - BKVO - (Nr.2108, 2109 und 2110) es nicht für wahrscheinlich ansah, dass die vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsschäden der Wirbelsäule auf den Schleudersitzabschüssen, den Belastungen der Zentrifuge oder gar den Belastungen durch die vier Umzüge zwischen 1986 und 1990 beruhen. Insgesamt fehle es an der in der Unfallversicherung geforderten Grundvoraussetzung einer fast täglichen über mindestens zehn Jahre nachgewiesenen vergleichbaren schweren Belastung durch Heben und Tragen schwerer Lasten bzw. einer Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung.
Mit Schriftsatz vom 25.06.1996 widersprach der Kläger diesen gutachterlichen Ausführungen und verwies u.a. auf eine beigefügte Dissertation von O.Hämäläinen über "Nackenschmerzen bei Jagdfliegern". Mit Schreiben vom 07.08.1996 übersandte er eine Ablichtung des Bescheides der Beklagten vom 26.07.1996 nach § 44 SGB X, mit dem eine Rücknahme der früheren Bescheide abgelehnt und die Wirbelsäulenschäden nicht als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung angesehen wurden.
Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 15.01.1997 die versorgungsmedizinische Stellungnahme des Oberfeldarztes K. vom 20.12.1996, der u.a. die Sachkompetenz des Gutachters Dr.K. gerade dadurch bestätigt sah, dass dieser sich auf die einschlägige Literatur zur BKVO beziehe; dagegen sei die vom Kläger genannte Dissertation absolut ungeeignet, in diesem Verfahren als Entscheidungsgrundlage dienen zu können.
Nachdem der Kläger in einem weiteren Schreiben vom 04.03.1997 nochmals auf die Notwendigkeit einer Begutachtung durch einen Flugmediziner hingewiesen hatte, erstellte Dr.S. am 10.09.1997 im Auftrag des Gerichtes ein flugmedizinisches Gutachten. Darin ging dieser zunächst davon aus, dass beim Kläger bereits vor seinem Eintritt in die Bundeswehr Vorschäden an der Wirbelsäule vorlagen und erachtete als wirbelsäulenbelastend alle angeschuldigten Tätigkeiten (Heben und Tragen schwerer Lasten bei Umzügen, Fahrten in der Humanzentrifuge, Schleudersitzabschüsse). Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien nicht vollständig in den angefochtenen Bescheiden erfasst, sie seien durch die Belastungen des Wehrdienstes hervorgerufen und insgesamt mit einer MdE von 40 v.H. zu bewerten.
Während die Klageseite sich im Schriftsatz vom 21.10.1997 auf dieses Gutachten bezog, rügte die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.12.1997 unter Vorlage der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Oberfeldarztes K. , der Sachverständige habe die zwingenden versorgungsrechtlichen/versorgungsmedizinischen Voraussetzungen nicht beachtet, die direkte Schädigung müsse voll bewiesen sein. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.
In einer ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten stellte Dr.S. am 27.02.1998 klar, dass es sich beim Kläger nicht um die Geltendmachung unfallbedingter Schäden handle. Er gehe davon aus, dass die gesundheitlichen Folgen gesundheitsschädlicher Ereignisse sich in der flugmedizinischen und arbeitsmedizinischen Begutachtung nicht sofort in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum Erstkontakt mit dem schädigenden Ereignis zeigten. Der Kläger sei während seiner langen Dienstzeit unstrittig Belastungen ausgesetzt gewesen, die jede für sich grundsätzlich geeignet seien, Wirbelsäulenschäden, wie beim Kläger vorhanden, auszulösen.
Der danach von Amts wegen gehörte Sachverständige Dr.F. stimmte in seinem Gutachten vom 19.01.1999 den Ausführungen des Dr.K. im Endergebnis weitgehend zu, den Überlegungen des Dr.S. widersprach er. Den Einlassungen der Beklagten sei letztlich nichts hinzuzufügen. Richtig sei, dass aufgrund der jetzigen herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung ein Zusammenhang zwischen den Wirbelsäulenschäden und wehrdiensteigentümlichen Einflüssen im Falle des Klägers nicht hergestellt werden könnte.
Mit Urteil vom 30.06.1999 wies das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein Zusammenhang zwischen jeweils kurzzeitigen Beschleunigungsbelastungen und Wirbelsäulenschäden werde bei den einschlägigen Berufskrankheiten nicht diskutiert; demnach lägen bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen, unter denen man die angeschuldigten dienstlichen Handlungen des Klägers als schädigende Ereignisse auffassen könnte, nicht vor. Es fehle demnach an einem schädigenden Ereignis im Sinne des Gesetzes.
Hiergegen richtet sich die am 30.08.1999 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers, die im Wesentlichen wie bisher begründet wurde. Gleichzeitig wurde ein biostatisches Gutachten beantragt und § 551 Abs.2 der Reichsversicherungsordnung - RVO - für analog anwendbar angesehen.
Beklagte und Beigeladener beantragten mit Schreiben vom 28.09. und 15.10.1999 die Zurückweisung der Berufung; der Beklagte bezog sich insbesondere in seinem Schreiben vom 20.04.2000 auf das Gutachten des Dr.F ...
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Dr.P. stellte in seinem orthopädisch-flugmedizinischen Gutachten vom 17.12.2001 klar, die festgestellten Beschwerden beim Kläger seien weder ursächlich noch im Sinne einer Verschlimmerung auf wehrdiensttypische Belastungen zurückzuführen. Zwar gebe es medizinische Hinweise für die Möglichkeit einer richtungsweisenden Verschlimmerung durch Beschleunigungsfahrten in unphysiologischer Haltung der Halswirbelsäule, eine Wahrscheinlichkeit liege aber nicht vor. In einer ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 18.03.2002 beantwortete er die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 18.02.2002 aufgeworfenen Fragen und stellte abschließend fest, es ergebe sich keine Änderung seiner bisherigen gutachterlichen Bewertung.
Hierzu stellte der Kläger im Schreiben vom 13.06.2002 fest, die Ausführungen des Dr.P. stünden in diametralem Widerspruch zu den profunden medizinischen Feststellungen des Prof. Dr.S. vom Universitätsklinikum F. , in dessen Publikationen die Untersucher überzeugend nachweisen würden, dass im Vergleich zu "Normalbefunden" eines MRT unter Belastungsmyelographie der tatsächliche Nachweis von (bislang falsch negativen) Bandscheibenschäden im MRT gelänge.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.08.2002 betonte Dr.P. , die durch den Kläger angesprochenen Publikationen könnten keinen ursächlichen Zusammenhang der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit den geschilderten Halswirbelsäulenbelastungen in der Humanzentrifuge wissenschaftlich begründen. Die Einholung eines biomechanischen Sachverständigengutachtens sei nicht notwendig, da die angesprochenen experimentellen Forschungsarbeiten eindeutig zeigten, dass die menschliche Wirbelsäule sehr hohe Belastungen tolerieren könne.
In einer weiteren Stellungnahme ging Dr.P. am 30.06.2002 auf die vom Kläger in seinem Schreiben vom 23.05.2002 zusätzlich aufgeworfenen Fragen ein, änderte jedoch insgesamt seine Meinung nicht. Schließlich stellte er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.12.2003 zu dem Schreiben der Klageseite vom 18.11.2003 klar, er habe in seinem Vorgutachten bzw. seiner bisherigen Stellungnahme ohne jeden Zweifel nachweisen können, dass die geklagten Wirbelsäulenbeschwerden bzw. Wirbelsäulenveränderungen des Klägers im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule weder ursächlich entstanden noch richtungsweisend verschlimmert worden seien; es liege kein Unfall vor. Es gebe in der flugmedizinischen Literatur und auch in der wehrmedizinischen Literatur keine Untersuchungsergebnisse, welche bewiesen, dass wehrdiensttypische Belastungen wie z.B. das Fliegen eines militärischen Luftfahrzeuges, Fahrten auf der Humanzentrifuge oder Trainingsabschüsse auf dem Schleudersitz ursächlich für die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien. Abschließend verwies er auf den Begutachtungsgrundsatz von Goldhahn (1994): "Grundsätzlich sollte sich jeder Gutachter davon leiten lassen, dass jeder Bandscheibenvorfall und jede Art einer Degeneration im Bereich der Wirbelsäule der Ausdruck einer Verschleiß- oder Aufbraucherscheinung ist, für den Betroffenen ein schicksalhaftes Ereignis im Ablauf dieser spezifischen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen in der Wirbelkörper-Bandscheibenreihe ist und schon verhältnismäßig früh auftreten kann."
Beklagte und Beigeladener hielten an ihren bisherigen Auffassungen fest, die Klageseite äußerte sich zu den ihr übersandten Urteilen des LSG NRW und Rheinland-Pfalz nicht.
Der Kläger stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 27.08.1999 und beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.06.1999 wird abgeändert.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 13.09.1993 in der Fassung des Beschwerdebescheides vom 10.06.1994 und des Bescheides vom 26.07.1996 wird aufgehoben.
Die Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als Wehrdienstbeschädigung im Sinne des SVG im rentenberechtigten Grad sind festzustellen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene schließt sich diesem Antrag an.
Zum Verfahren beigezogen wurden die WDB- und Beschwerdeakten sowie die Akten des Sozialgerichts München S 29 VS 115/94.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren der Beklagten wird gemäß § 202 SGG und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 142 ff., 151 SGG), jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 30.06.1999 und der Bescheid vom 13.09.1993 in der Fassung des Beschwerdebescheides vom 10.06.1994 sowie der Bescheid vom 26.07.1996 sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist nicht verpflichtet die Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als WDBF anzuerkennen und Ausgleich nach § 85 SVG i.V.m. § 30 Abs.1 und § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu gewähren; der Beigeladene ist nicht verpflichtet dem Kläger wegen der Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule als WDBF Versorgung nach den §§ 80 Satz 1, 81 Abs.5 Satz 1, 88 Abs.1 Satz 1 SVG i.V.m. § 9 BVG zu gewähren. Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule sind nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung und entsprechende Versorgung hat.
Nach § 81 Abs.1 SVG ist Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtigung (1.), durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall (2.) oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (3.) herbeigeführt worden ist. Hinsichtlich der Beweislage ist dabei davon auszugehen, dass die dienstlichen Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben, nachzuweisen sind (BSG vom 24.09.1992, Az.: 9 a RV 31/90 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6). Nach ständiger Rechtsprechung in allen Zweigen der sozialen Entschädigung müssen die Schädigung und die Schädigungsfolgen nachgewiesen werden. Nur für die Kausalität zwischen diesen beiden Tatbestandsmerkmalen genügt die Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen wesentlich mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Dienstverrichtung oder der Unfall oder die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse für den Eintritt der gesundheitlichen Schädigung neben anderen Umständen versorgungsfremden Ursprungs von zumindest annähernd gleichwertiger Bedeutung - also wesentliche Bedingungen - gewesen ist/sind.
Unstreitig wird das Auftreten der Wirbelsäulenbeschwerden während des Wehrdienstes sowohl vom Kläger als auch von dem nach § 106 SGG beauftragten Arzt Dr.S. nicht auf ein zeitlich begrenztes traumatisches Ereignis (Unfall) während der Tätigkeit/Ausbildung zum Fliegerarzt zurückgeführt. Ursache der Wirbelsäulenbeschwerden sollen vor allem die circa 37 Fahrten in der Humanzentrifuge während der Jahre 1982 bis 1987 sein, die sich zum Teil bis zu zehn Minuten mit Belastungen zwischen 1,5 und 4 G sowie auf Maximalbeschleunigungsbereiche bis zu 7 G für 30 Sekunden erstreckt hätten. Danach seien im Jahre 1988 erstmalig längeranhaltende rezidivierende Beschwerden im Bereich der HWS, auch in Verbindung mit Kopfschmerzen, aufgetreten. Wirbelsäulenbelastend seien auch alle angeschuldigten Tätigkeiten während der dienstlich veranlassten Umzüge (Heben und Tragen schwerer Lasten) gewesen.
Nachdem sich auch aus den Akten keine Hinweise auf einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall ergeben, erübrigen sich weitere Ausführungen zu der o.g. Alternative (2).
Für unfallunabhängige Krankheiten/Gesundheitsstörungen (Alternativen 1 und 3) bestimmt sich der versorgungsrechtlich geschützte Bereich nach dem SVG nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu z.B. BSG vom 05.05.1993 in SozR-3200 § 81 Nr.8, vom 10.11.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.9, vom 24.09.1992 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6 sowie Beschlüsse vom 11.10.1994, Az.: 9 BV 55/94 und 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95) nach dem Vorbild des Berufskrankheitenrechtes der gesetzlichen Unfallversicherung, es sei denn es handelt sich um besondere außerordentliche Belastungen, die typischerweise nur unter den Bedingungen des Krieges auftreten. Dieses Berufskrankheitenrecht ist darüber hinaus Modell nicht nur für die Abgrenzung des versorgungsrechtlich geschützten Bereichs im Recht der Soldatenversorgung, sondern gilt auch im Bereich des BVG.
Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkungen des Wehrdienstes/wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, teilt das BSG in drei Gruppen ein:
a) Die angebliche Schädigungsfolge ist in der BKVO als Berufskrankheit anerkannt (§ 551 Abs.1 Reichsversicherungsordnung - RVO -);
b) die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden (§ 551 Abs.2 RVO);
c) die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch unter b), die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Anforderungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen.
Diese Regelung erklärt sich daraus, dass Krankheiten regelmäßig nicht auf ein äußeres Ereignis zurückgeführt werden können, sondern sich aufgrund vielfältiger Einflüsse entwickeln. Als Mitursachen kommen persönliche Lebensweise, Erbanlagen, Störungen während der Entwicklungsphase, private Unfälle, Umwelteinflüsse u.a. in Frage. Ob eine Krankheit auf bestimmte Einwirkungen zurückzuführen ist, denen ein Wehrpflichtiger oder Wehrdienstleistender ausgesetzt war, ist daher in der Regel nicht mit Hilfe medizinischer Sachverständigengutachten im Einzelfall feststellbar. Wegen der Vielfalt möglicher Ursachen und der begrenzten Leistungsfähigkeit auch der medizinischen Wissenschaft kann dies nur allgemein entschieden werden. Eine solche allgemeine Antwort hat der Gesetzgeber für das Gebiet des Berufskrankheitenrechtes mit der BKVO gegeben. Darin sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Unfallforschung und des Berufskrankheitenrechtes eingeflossen, wonach bestimmte Tätigkeiten im Arbeitsleben in auffallender Weise mit Erkrankungen verbunden sind.
Zu der unter a) oben aufgezeigten Möglichkeit haben die Mediziner vom Medizinischen Dienst der Beklagten in ihren Stellungnahmen/Gutachten mehrfach darauf hingewiesen, die Belastungen durch die bundeswehrtypischen Verrichtungen seien nicht mit den Belastungen vergleichbar, die zum Anerkenntnis analog der Berufskrankheiten Nr.2108 bzw. 2110 führen könnten; insbesondere handle es sich bei den Belastungen, denen der Kläger vor allem während seiner circa 37 Fahrten in der Humanzentrifuge (auch unter Berücksichtigung der besonderen Körperhaltung) in den Jahren 1982 bis 1987 ausgesetzt war, nicht um die hier zu fordernden langjährigen Belastungen. Diese Fahrten in der Humanzentrifuge sowie die circa 30 Schleudersitzkatapultausschüsse sowie die Belastungen beim Heben und Tragen bei vier dienstlich bedingten Umzügen zwischen 1996 und 1990 seien mit den in den Legenden zu den Nrn.2108, 2109 und 2110 beschriebenen langjährigen Tätigkeiten (Heben, Tragen schwerer Lasten oder in extremer Rumpfbeugehaltung oder langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen) nicht zu vergleichen. Unter Bezug auf die herrschende medizinische Lehrmeinung haben hierauf auch mehrere Gutachter/Sachverständige sowohl im Verwaltungs- als auch in den Gerichtsverfahren nachdrücklich hingewiesen (vgl. Bericht des Prof. Dr.R. vom 22.06.1993, Gutachten des Dr.K. vom 22.03.1996, Gutachten Dr.F. vom 19.01.1999). Diese Kausalitätsbeurteilung deckt sich auch mit den "Anhaltspunkten" (AP), die als "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB IX)", Ausgaben 1983 - 2005, bis zu ihrer Verrechtlichung weiter als antizipierte Sachverständigengutachten wie untergesetzliche Normen gelten (siehe zuletzt BSG, Az.: B 9 SB 3/02 R und B 9 SB 6/02 R vom 18.09.2003). Im Interesse des Gleichbehandlung aller Versicherten/Versorgungsberechtigten sind diese AP von den Gerichten zu beachten. Unter der Nr.128 Abs.7 ist in den AP seit 1996 u.a. festgehalten, dass traumatische Bandscheibenschädigungen selten sind: "Sie kommen z.B. bei diskoligamentären Wirbelsäulenverletzungen oder bei Wirbelbrüchen an der benachbarten Zwischenwirbelscheibe oder bei Stich- und Schussverletzungen vor, die die Bandscheibe direkt treffen. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule nach
- langjährigem Heben oder Tragen schwerer Lasten oder nach langjähriger Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung oder
- nach langjähriger, vorwiegend vertikaler Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen
können Schädigungsfolge sein, sofern die in den Merkblättern zu entsprechenden Berufskrankheiten genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Gleiches gilt für die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäule nach langjährigem Tragen schwerer Lasten auf der Schulter."
Nachdem die Berufsgenossenschaften für das Anerkenntnis einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit im Bereich der LWS eine mindestens zehnjährige außerordentliche schwere Belastung der Bandscheibe fordern, dies beim Kläger jedoch nicht gegeben ist, sind die Voraussetzungen für eine entsprechende Anerkennung nicht erfüllt.
Zu demselben Ergebnis kommt im Übrigen auch der vom Kläger nach § 109 SGG benannte Sachverständige Dr.P. in seinem orthopädisch-flugmedizinischen Gutachten vom 17.12.2001. Auch auf mehrfache Nachfrage des als Mediziner sachkundigen Klägers bekräftigt dieser Sachverständige, die festgestellten Beschwerden seien weder ursächlich noch im Sinne einer Verschlimmerung auf wehrdiensttypische Belastungen zurückzuführen. Die durch den Kläger angesprochenen Publikationen könnten auch keinen ursächlichen Zusammenhang der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule mit den geschilderten Halswirbelsäulenbelastungen in der Humanzentrifuge wissenschaftlich begründen. Die Einholung eines biomechanischen Sachverständigengutachtens sei nicht notwendig, da die angesprochenen experimentiellen Forschungsarbeiten eindeutig zeigten, dass die menschliche Wirbelsäule sehr hohe Belastungen tolerieren könne.
Auch die Alternativen unter b) und c) scheiden aus. Die unter b) geschilderten Verhältnisse, die den Dienstherrn wegen der durch sie verursachten Gefährdung der Soldaten zum Handeln veranlassen müssten, sind weder vorgetragen noch erkennbar; diesbezüglich neue Erkenntnisse im Sinne des § 9 Abs.2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VII - liegen den Verwaltungen oder den Gerichten nicht vor (vgl. auch die Entscheidung des LSG NRW vom 01.08.2002, Az.: L 7 VS 3/98 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 05.12.1996, Az.: L 4 V 70/94), noch sind sie von der Klageseite entsprechend substantiiert vorgetragen oder aus den Akten erkennbar. Das im Auftrag des Sozialgerichts erstellte flugmedizinische Gutachten des Sachverständigen Dr.S. vom 10.09.1997 ist insoweit wegen erheblicher Mängel, auf die insbesondere Dr.F. nachdrücklich hinweist, nicht verwertbar. Dieses Gutachten liefert keine brauchbaren Angaben zur Situation der Wirbelsäule; es wurden weder Messungen zur Beweglichkeit angestellt noch die Wirbelsäulenschwingungen beschrieben oder die Skoliose näher definiert; es erfolgte auch keine eigene Röntgenauswertung. Völlig abwegig und unter Außerachtlassung der AP ging dieser Sachverständige von einer MdE von 40 v.H. aus. Im Übrigen hat er bei der Beurteilung der Kausalität sowohl die Richtlinien der einschlägigen Standard-Literatur als auch die der BKVO völlig außer Acht gelassen. Hinweise auf neuere medizinische Untersuchungen, die das bisherige Beurteilungsschema in Frage stellen könnten, lieferte er nicht.
Die unter c) geschilderte Alternative entfällt ebenfalls. Die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen bei der Fliegerausbildung sind nicht mit kriegsähnlichen Anforderungen zu vergleichen, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen, z.B. bei Testpiloten. Im Übrigen sind die Belastungen des Klägers während seiner flugmedizinischen/experimentiellen Ausbildung nicht zu vergleichen mit dem gesundheitlichen Risiko und den Belastungen, denen Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge über lange Jahre dauernd ausgesetzt sind; wenn für diese Gruppen der Nachweis einer "gruppentypischen Risikoerhöhung" nicht erbracht werden konnte, so gilt dies erst recht für den weniger starken Belastungen ausgesetzten Kläger - auch unter Berücksichtigung der von ihm als unphysiologisch geschilderten, d.h. nach vorn geneigten Position des Kopfes.
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat der Kläger weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber dem Beigeladenen entsprechende Ansprüche nach dem SVG/BVG - unabhängig von der insoweit unklaren Antragstellung der Klageseite. Auf die Problematik des § 44 SGB X muss der Senat nicht näher eingehen, nachdem er den gesamten medizinischen Sachverhalt wie bei einem Erstantrag geprüft hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG), zumal sich der Senat ausdrücklich auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG bezieht.
Rechtskraft
Aus
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