Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 753/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 264/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.05.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1956 geborene Klägerin bezog Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 27.05.2000. Mit Bescheid vom 11.07.2000 bewilligte die Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 13.06.2000 Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 28.05.2000. Die Bewilligung hob die Beklagte mit Bescheid gleichen Datums ab dem 02.06.2000 wegen Arbeitsaufnahme auf. Nach erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung am 13.06.2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2000 Alhi ab dem 13.06.2000. Die genannten Bescheide sind von der Klägerin nicht mit Widersprüchen angefochten worden.
Mit der am 07.09.2000 eingegangenen Klageschrift vom 04.07.2000 behauptete die Klägerin, dass sich die Beklagte betrügerisch verhalten habe. Sie machte die sofortige Nachzahlung aller Sozialleistungen, der Alhi vom 27.05., der Miete für die Monate Juni und Juli 800,00 DM + 4 % Zinsen, die Rückerstattung der Lebensunterhaltskosten für Herrn F. für Juni in Höhe von 500,00 DM sowie die sofortige Bestätigung einer ABM-Stelle bei Z. e.V. und S. geltend. Darüberhinaus begehrte die Klägerin im Wege des Schadensersatzes die Erstattung von Bewerbungskosten, von Kosten für ein "Speditionsstudium" und Kosten bzw. Entschädigung in Höhe von 30.000,00 DM dafür, dass sie als psychisch krank und behindert bezeichnet worden sei.
Auf Grund mündlicher Verhandlung vom 07.05.2002 wies das Sozialgericht Nürnberg (SG) die Klage ab. Die Klage sei bereits unzulässig, denn die Bescheide zur Bewilligung des Arbeitslosengeldes bzw. der Alhi seien bindend geworden. Dagegen sei die Klägerin nicht mit Widerspruch vorgegangen. Soweit Klagegegenstand Schadensersatzansprüche sein sollten, sei hervorzuheben, dass dies nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem SG sein könne. Wenn die Klägerin begehre, ihr die Lebenshaltungskosten bzw. Mietzahlungen durch die Beklagte zu erstatten, sei dafür eine gesetzliche Grundlage nach dem SGB III oder anderen für das Verfahren gegen die Beklagte einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 12.07.2002, beim Bayer. Landessozialgericht Zweigstelle Schweinfurt am 12.07.2002 eingegangen, legte die Klägerin u.a. gegen dieses Urteil "Widerspruch" ein.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin mit Schriftsätzen vom 12.07.2002 und 06.09.2002 Folgendes vor:
Sie sei am Tag der mündlichen Verhandlung vor dem SG bereits um 10.30 Uhr vor dem Sitzungssaal gewesen. Als sie vor dem Sitzungssaal gestanden habe, sei die Urkundsbeamtin aus dem Saal gekommen und habe ihr gesagt, sie solle noch vor dem Sitzungssaal warten, da die Richterin und der Vertreter vom Arbeitsamt, Herr B. , noch sprächen. Hiermit sei erneut und deutlich zu erkennen, dass es zwischen der Richterin und dem Vertreter vom Arbeitsamt vor der Verhandlung eine eindeutige Absprache gegeben habe.
Seitens der Richterin sei nur nach der Akte des Arbeitsamts das Urteil gesprochen worden. Es sei ihr durch die Richterin erneut in jeder Hinsicht und in allen drei Urteilen ihre OP von 1995 vorgehalten worden. Bei jeglichen Entscheidungen und Urteilen durch das SG sei in keiner Hinsicht auf ihre soziale, wirtschaftliche und finanzielle Lage Rücksicht genommen worden.
Durch das BFW E. sei ein Gutachten ergangen, das eindeutig sage, dass sie auf dem freien Arbeitsmarkt vermittelbar sei. Durch eine Frau Dr.B. sei weder 2000 noch 2001 ein Gutachten erstellt worden. Sie sei auch vom Arbeitsamt über Jahre vorsätzlich betrogen worden; dies sei vom SG und dem Gericht noch unterstützt worden. Ihr seien nachweislich von der Beklagten Arbeit und Umschulung versagt worden, sie habe sogar in eine EU/BU-Rente gehen sollen. Wegen des Verhaltens der Mitarbeiter der Beklagten sei ihr Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR zu gewähren, den sie nunmehr geltend mache.
Mit Schriftsatz vom 06.09.2002 hat die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 04.09.2002 bzgl. der Höhe des gewährten Überbrückungsgeldes einschließlich ihres handschriftlichen Vermerks sowie die von ihr gestellte Rechnung an die Beklagte, in der sie ihre Schulden aufgelistet hat, übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des SG vom 07.05.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, a) den Anträgen aus der Klageschrift vom 04.07.2000 stattzugeben und b) Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR zu leisten, 2. hilfsweise, das Urteil des SG vom 07.05.2002 aufzuheben und den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
In ihrer Berufungserwiderung vom 29.08.2002 nimmt die Beklagte folgendermaßen Stellung:
Mit ihrer Klageschrift vom 04.07.2000 habe die Klägerin ein betrügerisches Verhalten der Beklagten moniert und die sofortige Zahlung diverser Leistungen verlangt. Konkrete Entscheidungen der Beklagten seien nicht angefochten worden. Im Vorfeld ergangene Bescheide der Beklagten seien bestandskräftig. Im Übrigen werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Mit der Berufungsbegründung seien keine neuen Tatsachen oder sonstigen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorgetragen worden.
Das Gericht hat folgende Akten beigezogen: L 10 AL 265/02; L 10 AL 284/00; L 10 AL 366/01 ER; L 10 B 1/01 AL ER; S 5 AL 869/01 ER; S 5 AL 14/02; S 13 AL 439/99; die Versichertenakten der Beklagten Bände I bis III sowie die Reha-Akten der Beklagten Bände I bis III.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, insbesondere der Gerichtsakten, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Der Antrag auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR durch die Beklagte ist als Berufungsänderung im Sinne einer Erweiterung gemäß § 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 1 SGG zulässig. Die Berufungserweiterung ist gemäß § 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 1 SGG sachdienlich und daher zulässig, denn mit dem Schadensersatzanspruch in Höhe von 100.000,00 EUR macht die Klägerin finanzielle Folgen von angeblich rechtswidrigen Ablehnungen von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben geltend. Daher steht der Schadensersatzanspruch mit den bisher geltend gemachten Schadensersatzansprüchen und dem jeweiligen Sachvortrag in Sachzusammenhang.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Klägerin stehen die mit Schriftsatz vom 04.07.2000 geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Soweit die Klägerin die sofortige Nachzahlung aller Sozialleistungen und Nachzahlung der Alhi vom 27.05.2000 bis jetzt zuzüglich 4 % Zinsen begehrt, ist die Berufung unbegründet, weil die Klage bereits gemäß § 54 Abs 1 SGG unzulässig ist.
Die Bescheide zur Bewilligung des Alg bzw. der Alhi sind nämlich bestandskräftig geworden, § 77 SGG. Die Klägerin hatte hiergegen nicht Widerspruch eingelegt. Im Übrigen wäre die Klage gemäß § 54 Abs 1 SGG auch dann unzulässig, wenn man in der Klageschrift vom 04.07.2000 einen Antrag auf Überprüfung der Alg-/Alhi-Bescheide gemäß § 44 SGB X sehen würde, denn auch insoweit ist noch kein Bescheid der Beklagten gemäß § 44 SGB X ergangen.
Auch die übrigen von der Klägerin mit Schriftsatz vom 04.07.2000 geltend gemachten Ansprüche sind nicht gegeben (Übernahme der Miete für die Monate Juni und Juli 800,00 DM + 4 % Zinsen, Rückerstattung der Lebensunterhaltskosten für Herrn F. Juni 500,00 DM, sofortige Bestätigung der ABM-Stelle bei Z. e.V. oder S., Schadensersatzansprüche). Insoweit sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des SG vom 07.05.2000 zurück, § 153 Abs 2 SGG.
Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Übernahme der Miete für Juni und Juli (welchen Jahres?) 800,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen sowie Erstattung der Lebensunterhaltskosten in Höhe von 500,00 DM auch als Schadensersatzansprüche von vorneherein nicht in Betracht kommen.
Für die Klägerin ergibt sich auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte in Höhe von 100.000 EUR. Für einen auf Geldleistung gerichteten Schadensersatzanspruch, der kein sozialechtlicher Herstellungsanspruch ist, ist nämlich gemäß § 40 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (BSG SozR 4100 § 151 Nr 3). Der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist auch nicht als sozialrechtlicher Herstellungsanspruch einklagbar, denn er ist im SGB III nicht vorgesehen. Im Übrigen ergibt sich aus dem unsubstantiierten Vortrag der Klägerin schon keine Pflichtverletzung der Beklagten, die wesentlich kausal für einen sozialrechtlichen Schaden wäre. Für einen etwaigen Amtshaftungsanspruch gegen Mitarbeiter der Beklagten gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm Art 34 Grundgesetz (GG) ist der Zivilrechtsweg gegeben.
Der Rechtsstreit war auch nicht gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 159 SGG liegen nicht vor.
Der von der Klägerin in Zusammenhang mit dem Vortrag zum Verfahren vor dem SG gestellte Hilfsantrag stellt lediglich eine Anregung an das Gericht dar, denn hierüber ist auf Grund einer Ermessensentscheidung von Gerichts wegen zu entscheiden.
Nach § 159 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet, Nr.2.
Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gemäß § 159 SGG liegen hier nicht vor, denn es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass das Verfahren vor dem SG an einem wesentlichen Mangel gelitten hat. Ein wesentlicher Verfahrensmangel durch Mitwirkung eines gemäß § 60 SGG iVm § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnten bzw. abzulehnenden Richters an der mündlichen Verhandlung und Beratung, auf die das Urteil ergangen ist, liegt hier nicht vor, denn die Vorsitzende der 5. Kammer des SG ist nicht gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm §§ 42 ff ZPO abgelehnt worden bzw. abzulehnen.
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.07.2002 ist gemäß § 60 SGG iVm § 43 ZPO verspätet und daher unzulässig.
Die Klägerin hat sich in die mündliche Verhandlung vor dem SG am 07.05.2002 eingelassen und darüber hinaus einen Sachantrag gestellt, obwohl das Gespräch zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer und dem Vertreter der Beklagten, auf das sich die Klägerin bezieht, vor Beginn der mündlichen Verhandlung stattgefunden haben soll. Somit ist der Antrag der Klägerin vom 12.07.2002 gemäß § 60 SGG iVm § 43 ZPO verspätet und unzulässig.
Der Antrag wäre im Übrigen auch gemäß § 60 SGG iVm § 42 ZPO unbegründet, denn die Klägerin trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG ergibt. Gemäß § 42 Abs 1 ZPO kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Urkundsbeamtin der mündlichen Verhandlung des SG tatsächlich mit der Klägerin ein Gespräch mit dem von der Klägerin wiedergegebenen Inhalt geführt hat. Jedenfalls trägt die Klägerin selbst schon keine Tatsachen vor, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG zu rechtfertigen. Der Inhalt des Gesprächs zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG und dem Vertreter der Beklagten - unterstellt, es habe vor Beginn der mündlichen Verhandlung stattgefunden - ist der Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag unbekannt. Ihre Behauptung, es habe zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG und dem Vertreter der Beklagten vor der Verhandlung eine eindeutige Absprache zu ihren Lasten gegeben, stellt sich somit als bloße Vermutung der Klägerin dar.
Ein Grund für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG ergibt sich auch nicht daraus, dass sie - nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 12.07.2002 - ihr in jeder Hinsicht ihre OP von 1995 vorgehalten haben soll, denn das SG war gemäß § 103 SGG gehalten, alle für die Entscheidung in prozessualer und sachlicher Hinsicht wesentlichen Tatsachen festzustellen. Die OP von 1995 und die Folgen für die Klägerin, insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet, gehören zur Chronologie des zugrunde liegenden Sachverhalts. Die Vorsitzende der 5. Kammer des SG durfte verfahrensfehlerfrei auf diese Tatsachen hinweisen. Somit hat die Klägerin schon keine Tatsachen substantiiert vorgetragen, aus denen sich ihre Diskriminierung bzw. Diffamierung durch die Feststellungen der Vorsitzenden der 5. Kammer bezüglich der OP von 1995 ergibt.
Ein Zurückverweisungsgrund gemäß § 159 SGG liegt nach alledem nicht vor.
Die Berufung war im Ergebnis mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1956 geborene Klägerin bezog Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 27.05.2000. Mit Bescheid vom 11.07.2000 bewilligte die Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 13.06.2000 Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 28.05.2000. Die Bewilligung hob die Beklagte mit Bescheid gleichen Datums ab dem 02.06.2000 wegen Arbeitsaufnahme auf. Nach erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung am 13.06.2000 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2000 Alhi ab dem 13.06.2000. Die genannten Bescheide sind von der Klägerin nicht mit Widersprüchen angefochten worden.
Mit der am 07.09.2000 eingegangenen Klageschrift vom 04.07.2000 behauptete die Klägerin, dass sich die Beklagte betrügerisch verhalten habe. Sie machte die sofortige Nachzahlung aller Sozialleistungen, der Alhi vom 27.05., der Miete für die Monate Juni und Juli 800,00 DM + 4 % Zinsen, die Rückerstattung der Lebensunterhaltskosten für Herrn F. für Juni in Höhe von 500,00 DM sowie die sofortige Bestätigung einer ABM-Stelle bei Z. e.V. und S. geltend. Darüberhinaus begehrte die Klägerin im Wege des Schadensersatzes die Erstattung von Bewerbungskosten, von Kosten für ein "Speditionsstudium" und Kosten bzw. Entschädigung in Höhe von 30.000,00 DM dafür, dass sie als psychisch krank und behindert bezeichnet worden sei.
Auf Grund mündlicher Verhandlung vom 07.05.2002 wies das Sozialgericht Nürnberg (SG) die Klage ab. Die Klage sei bereits unzulässig, denn die Bescheide zur Bewilligung des Arbeitslosengeldes bzw. der Alhi seien bindend geworden. Dagegen sei die Klägerin nicht mit Widerspruch vorgegangen. Soweit Klagegegenstand Schadensersatzansprüche sein sollten, sei hervorzuheben, dass dies nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem SG sein könne. Wenn die Klägerin begehre, ihr die Lebenshaltungskosten bzw. Mietzahlungen durch die Beklagte zu erstatten, sei dafür eine gesetzliche Grundlage nach dem SGB III oder anderen für das Verfahren gegen die Beklagte einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 12.07.2002, beim Bayer. Landessozialgericht Zweigstelle Schweinfurt am 12.07.2002 eingegangen, legte die Klägerin u.a. gegen dieses Urteil "Widerspruch" ein.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin mit Schriftsätzen vom 12.07.2002 und 06.09.2002 Folgendes vor:
Sie sei am Tag der mündlichen Verhandlung vor dem SG bereits um 10.30 Uhr vor dem Sitzungssaal gewesen. Als sie vor dem Sitzungssaal gestanden habe, sei die Urkundsbeamtin aus dem Saal gekommen und habe ihr gesagt, sie solle noch vor dem Sitzungssaal warten, da die Richterin und der Vertreter vom Arbeitsamt, Herr B. , noch sprächen. Hiermit sei erneut und deutlich zu erkennen, dass es zwischen der Richterin und dem Vertreter vom Arbeitsamt vor der Verhandlung eine eindeutige Absprache gegeben habe.
Seitens der Richterin sei nur nach der Akte des Arbeitsamts das Urteil gesprochen worden. Es sei ihr durch die Richterin erneut in jeder Hinsicht und in allen drei Urteilen ihre OP von 1995 vorgehalten worden. Bei jeglichen Entscheidungen und Urteilen durch das SG sei in keiner Hinsicht auf ihre soziale, wirtschaftliche und finanzielle Lage Rücksicht genommen worden.
Durch das BFW E. sei ein Gutachten ergangen, das eindeutig sage, dass sie auf dem freien Arbeitsmarkt vermittelbar sei. Durch eine Frau Dr.B. sei weder 2000 noch 2001 ein Gutachten erstellt worden. Sie sei auch vom Arbeitsamt über Jahre vorsätzlich betrogen worden; dies sei vom SG und dem Gericht noch unterstützt worden. Ihr seien nachweislich von der Beklagten Arbeit und Umschulung versagt worden, sie habe sogar in eine EU/BU-Rente gehen sollen. Wegen des Verhaltens der Mitarbeiter der Beklagten sei ihr Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR zu gewähren, den sie nunmehr geltend mache.
Mit Schriftsatz vom 06.09.2002 hat die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 04.09.2002 bzgl. der Höhe des gewährten Überbrückungsgeldes einschließlich ihres handschriftlichen Vermerks sowie die von ihr gestellte Rechnung an die Beklagte, in der sie ihre Schulden aufgelistet hat, übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des SG vom 07.05.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, a) den Anträgen aus der Klageschrift vom 04.07.2000 stattzugeben und b) Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR zu leisten, 2. hilfsweise, das Urteil des SG vom 07.05.2002 aufzuheben und den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
In ihrer Berufungserwiderung vom 29.08.2002 nimmt die Beklagte folgendermaßen Stellung:
Mit ihrer Klageschrift vom 04.07.2000 habe die Klägerin ein betrügerisches Verhalten der Beklagten moniert und die sofortige Zahlung diverser Leistungen verlangt. Konkrete Entscheidungen der Beklagten seien nicht angefochten worden. Im Vorfeld ergangene Bescheide der Beklagten seien bestandskräftig. Im Übrigen werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Mit der Berufungsbegründung seien keine neuen Tatsachen oder sonstigen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorgetragen worden.
Das Gericht hat folgende Akten beigezogen: L 10 AL 265/02; L 10 AL 284/00; L 10 AL 366/01 ER; L 10 B 1/01 AL ER; S 5 AL 869/01 ER; S 5 AL 14/02; S 13 AL 439/99; die Versichertenakten der Beklagten Bände I bis III sowie die Reha-Akten der Beklagten Bände I bis III.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, insbesondere der Gerichtsakten, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Der Antrag auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 100.000,00 EUR durch die Beklagte ist als Berufungsänderung im Sinne einer Erweiterung gemäß § 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 1 SGG zulässig. Die Berufungserweiterung ist gemäß § 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 1 SGG sachdienlich und daher zulässig, denn mit dem Schadensersatzanspruch in Höhe von 100.000,00 EUR macht die Klägerin finanzielle Folgen von angeblich rechtswidrigen Ablehnungen von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben geltend. Daher steht der Schadensersatzanspruch mit den bisher geltend gemachten Schadensersatzansprüchen und dem jeweiligen Sachvortrag in Sachzusammenhang.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Klägerin stehen die mit Schriftsatz vom 04.07.2000 geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Soweit die Klägerin die sofortige Nachzahlung aller Sozialleistungen und Nachzahlung der Alhi vom 27.05.2000 bis jetzt zuzüglich 4 % Zinsen begehrt, ist die Berufung unbegründet, weil die Klage bereits gemäß § 54 Abs 1 SGG unzulässig ist.
Die Bescheide zur Bewilligung des Alg bzw. der Alhi sind nämlich bestandskräftig geworden, § 77 SGG. Die Klägerin hatte hiergegen nicht Widerspruch eingelegt. Im Übrigen wäre die Klage gemäß § 54 Abs 1 SGG auch dann unzulässig, wenn man in der Klageschrift vom 04.07.2000 einen Antrag auf Überprüfung der Alg-/Alhi-Bescheide gemäß § 44 SGB X sehen würde, denn auch insoweit ist noch kein Bescheid der Beklagten gemäß § 44 SGB X ergangen.
Auch die übrigen von der Klägerin mit Schriftsatz vom 04.07.2000 geltend gemachten Ansprüche sind nicht gegeben (Übernahme der Miete für die Monate Juni und Juli 800,00 DM + 4 % Zinsen, Rückerstattung der Lebensunterhaltskosten für Herrn F. Juni 500,00 DM, sofortige Bestätigung der ABM-Stelle bei Z. e.V. oder S., Schadensersatzansprüche). Insoweit sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des SG vom 07.05.2000 zurück, § 153 Abs 2 SGG.
Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Übernahme der Miete für Juni und Juli (welchen Jahres?) 800,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen sowie Erstattung der Lebensunterhaltskosten in Höhe von 500,00 DM auch als Schadensersatzansprüche von vorneherein nicht in Betracht kommen.
Für die Klägerin ergibt sich auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte in Höhe von 100.000 EUR. Für einen auf Geldleistung gerichteten Schadensersatzanspruch, der kein sozialechtlicher Herstellungsanspruch ist, ist nämlich gemäß § 40 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (BSG SozR 4100 § 151 Nr 3). Der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist auch nicht als sozialrechtlicher Herstellungsanspruch einklagbar, denn er ist im SGB III nicht vorgesehen. Im Übrigen ergibt sich aus dem unsubstantiierten Vortrag der Klägerin schon keine Pflichtverletzung der Beklagten, die wesentlich kausal für einen sozialrechtlichen Schaden wäre. Für einen etwaigen Amtshaftungsanspruch gegen Mitarbeiter der Beklagten gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm Art 34 Grundgesetz (GG) ist der Zivilrechtsweg gegeben.
Der Rechtsstreit war auch nicht gemäß § 159 Abs 1 SGG an das SG zurückzuverweisen, denn die Voraussetzungen des § 159 SGG liegen nicht vor.
Der von der Klägerin in Zusammenhang mit dem Vortrag zum Verfahren vor dem SG gestellte Hilfsantrag stellt lediglich eine Anregung an das Gericht dar, denn hierüber ist auf Grund einer Ermessensentscheidung von Gerichts wegen zu entscheiden.
Nach § 159 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet, Nr.2.
Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gemäß § 159 SGG liegen hier nicht vor, denn es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass das Verfahren vor dem SG an einem wesentlichen Mangel gelitten hat. Ein wesentlicher Verfahrensmangel durch Mitwirkung eines gemäß § 60 SGG iVm § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnten bzw. abzulehnenden Richters an der mündlichen Verhandlung und Beratung, auf die das Urteil ergangen ist, liegt hier nicht vor, denn die Vorsitzende der 5. Kammer des SG ist nicht gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm §§ 42 ff ZPO abgelehnt worden bzw. abzulehnen.
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.07.2002 ist gemäß § 60 SGG iVm § 43 ZPO verspätet und daher unzulässig.
Die Klägerin hat sich in die mündliche Verhandlung vor dem SG am 07.05.2002 eingelassen und darüber hinaus einen Sachantrag gestellt, obwohl das Gespräch zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer und dem Vertreter der Beklagten, auf das sich die Klägerin bezieht, vor Beginn der mündlichen Verhandlung stattgefunden haben soll. Somit ist der Antrag der Klägerin vom 12.07.2002 gemäß § 60 SGG iVm § 43 ZPO verspätet und unzulässig.
Der Antrag wäre im Übrigen auch gemäß § 60 SGG iVm § 42 ZPO unbegründet, denn die Klägerin trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG ergibt. Gemäß § 42 Abs 1 ZPO kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Urkundsbeamtin der mündlichen Verhandlung des SG tatsächlich mit der Klägerin ein Gespräch mit dem von der Klägerin wiedergegebenen Inhalt geführt hat. Jedenfalls trägt die Klägerin selbst schon keine Tatsachen vor, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG zu rechtfertigen. Der Inhalt des Gesprächs zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG und dem Vertreter der Beklagten - unterstellt, es habe vor Beginn der mündlichen Verhandlung stattgefunden - ist der Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag unbekannt. Ihre Behauptung, es habe zwischen der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG und dem Vertreter der Beklagten vor der Verhandlung eine eindeutige Absprache zu ihren Lasten gegeben, stellt sich somit als bloße Vermutung der Klägerin dar.
Ein Grund für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der 5. Kammer des SG ergibt sich auch nicht daraus, dass sie - nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 12.07.2002 - ihr in jeder Hinsicht ihre OP von 1995 vorgehalten haben soll, denn das SG war gemäß § 103 SGG gehalten, alle für die Entscheidung in prozessualer und sachlicher Hinsicht wesentlichen Tatsachen festzustellen. Die OP von 1995 und die Folgen für die Klägerin, insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet, gehören zur Chronologie des zugrunde liegenden Sachverhalts. Die Vorsitzende der 5. Kammer des SG durfte verfahrensfehlerfrei auf diese Tatsachen hinweisen. Somit hat die Klägerin schon keine Tatsachen substantiiert vorgetragen, aus denen sich ihre Diskriminierung bzw. Diffamierung durch die Feststellungen der Vorsitzenden der 5. Kammer bezüglich der OP von 1995 ergibt.
Ein Zurückverweisungsgrund gemäß § 159 SGG liegt nach alledem nicht vor.
Die Berufung war im Ergebnis mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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