L 11 B 94/06 AY PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AY 6/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 94/06 AY PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen Ziff II des Beschlusses des Sozialgerichts Augsburg vom 22.12.2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Taschengeld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Ihren eigenen Angaben folgend sind die Kläger aserbaidschanische Staatsangehörige und reisten zusammen mit ihren Eltern am 31.10.2003 ohne Ausweispapiere in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie am 10.11.2003 Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte stellten. Nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (vormals das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) diese Anträge als offensichtlich unbegründet abgelehnt hatte, blieben auch die Rechtsbehelfe der Kläger dagegen erfolglos. Zuletzt wies das Verwaltungsgericht A. mit Urteil vom 20.07.2004 ihre Klagen der Kläger ab. Die Kläger sind seither vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet wurde durch Duldungen geregelt.

Bei der Beklagten legten die Eltern der Kläger eine am 13.02.2004 von der aserbaidschanischen Botschaft in B. ausgestellte Bescheinigung über die Beantragung von Heimreisedokumenten vor. Im Rahmen deren Überprüfung teilte die deutsche Botschaft in B. mit Schreiben vom 18.06.2004 mit, dass die angegegebenen Personalien bei den aserbaischanischen Behörden nicht registriert seien. Ferner existiere die von den Klägern angegebene letzte Wohnanschrift in B. nicht. Hierzu anlässlich einer polizeilichen Vernehmung am 23.02.2005 befragt, erklärte der Vater der Kläger, die Angaben der aserbaidschanischen Behörden seien unrichtig.

Ergebnislos verpflichtete die Ausländerbehörde der Beklagten die Eltern der Kläger daraufhin, bis zum 09.07.2004 Pässe oder Passersatzpapiere vorzulegen, ggfs. Anträge auf Ausstellung derartiger Dokumente bei der zuständigen Vertretung ihres Herkunftsstaates zu stellen und gegenüber der Ausländerbehörde vorzulegen.

Mit Schreiben vom 07.09.2004 und vom 25.10.2004 drohte die Beklagte die Kürzung des Taschengeldes gemäß § 1a AsylbLG an, falls die Eltern der Kläger nicht bis zum 17.09.2004 bei der Ausländerbehörde vorsprächen, um an ihrer Identitätsfeststellung und Passbeschaffung mitzuwirken. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein, ebenso gegen die mit Bescheiden vom 29.10.2004 erfolgte Kürzung um 50 vH des Taschengeldes ab dem 01.10.2004 und den Wegfall des Taschengeldes ab dem 01.11.2004. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2005 wies die Regierung von Schwaben die Widersprüche zurück.

Am 31.08.2005 erhoben die Kläger zusammen mit ihren Eltern Klage beim Sozialgericht Augsburg, mit der sie die am 01.10.2005 vorgenommene Kürzung um 50 vH der gemäß § 3 Abs 1 Satz 4 AsylbLG zu gewährenden Geldleistung zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (Taschengeld) aufzuheben und die Geldleistungen nach dem AsylbLG ab dem 01.10.2004 ungekürzt zu bewilligen begehrten.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2006 wies das Sozialgericht Augsburg (SG) die Klagen ab, weil die Kläger aus allein von ihnen zu vertretenden Gründen keine Heimreisepapiere besitzen.

Gegen Ziff II des vorausgegangenen Beschlusses vom 22.12.2005, mit dem das SG die Anträge der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwältin M. , E. , abgelehnt hatte, haben die Kläger Beschwerde zum Bayer.Landessozialgericht insoweit eingelegt, als die minderjährigen Kinder - vormals die Kläger zu 3 und 4 - betroffen sind. Den minderjährigen Kindern könne das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter nicht angerechnet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorglegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat in der hier angefochtenen Ziff II seines Beschlusses vom 22.12.2005 die Bewilligung von PKH und die Beiordnung von Rechtsanwältin M. , E. , für das Verfahren vor dem SG zu Recht versagt.

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte, wie vorliegend im sozialgerichtlichen Verfahren, nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 121 Abs 2 ZPO).

Vorliegend hatte das Klageverfahren vor dem SG von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht im oben angegebenen Sinn. Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht besteht nur dann, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage es möglich erscheint, dass die Kläger mit ihrem Begehren durchdringen werden, wenn mithin die gute Möglichkeit ihres Obsiegens besteht, wobei allerdings letztliche Zweifel an der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeschlossen werden müssen (Düring in Jansen, SGG, 1.Aufl 2003, § 73a RdNr 7).

Die Klage der Kläger hatte in diesem Sinne von Anfang an keine Erfolgsaussicht. Die Kläger gehören - das ist unstreitig - gemäß § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Dass die Eltern der Kläger die Voraussetzungen des § 1a Nr 2 AsylbLG erfüllen, steht nicht mehr im Streit. Der Gerichtsbescheid vom 12.01.2006, mit dem das SG ihre Klagen auf Aufhebung der Kürzung des Taschengeldes abgewiesen hatte, ist insoweit rechtskräftig geworden. Gegen diesen Gerichtsbescheid haben nur die minderjährigen Kinder - vormals die Kläger zu 3 und 4 - Berufung beim Bayer.Landessozialgericht eingelegt.

Eine Erfolgsaussicht der Klage der im Verfahren vor dem SG minderjährigen Kläger lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mit dem Hinweis begründen, den minderjährigen Kindern könne das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter nicht zugerechnet werden. Es entspricht bislang der obergerichtlichen Recht- sprechung, der sich der Senat anschließt, dass sich minder- jährige Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter insoweit zurechnen lassen müssen, als Art und Umfang ihres Hilfeanspruches betroffen ist (vgl dazu VGH BW vom 14.09.1994 FEVS 46, 27; BayVGH vom 06.12.2004 Az: 12 CE 04.3015 und vom 27.02.2002 Az: 12 CE 01.2945; Fasselt in Fichtner/Wenzel, SGB XII, AsylbLG, SGB II und BKGG, 3.Aufl 2005 § 1a AsylbLG RdNr 15 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass im Einzelfall ein Missbrauch des Sorgerechts vorliegt, oder dass hier allein höchstpersönliche Mitwir- kungspflichten der minderjährigen Kläger inmitten standen (vgl dazu GK-AsylbLG, § 1a RdN 36) sind weder ersichtlich noch dargetan. Insbesondere ergeben sich solche auch aus der Berufungsschrift vom 27.01.2006 nicht. Darauf, dass es sich bei den Leistungen nach dem AsylbLG um Individualansprüche handelt, kommt es nicht an, denn die zur Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen erforderliche Mitwirkungspflichten sind nicht höchstpersönlicher Natur.

Eine solche Kürzung oder Einstellung der Bewilligung des Geldbetrages zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens ist schon deshalb nicht unverhältnismäßig angesichts des dauerhaften Verweigerns der Mitwirkung der Eltern am Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen nach § 1a Nr 2 AsylbLG, weil dieses Taschengeld nicht vom verfassungsrechtlichen Existenzminimum umfasst ist (siehe dazu Linhart/Adolph SGB II, SGB XII, AsylbLG, 46. AL Februar 2006, § 1a AsylbLG RdNr 25 mwN).

Fehlt es nach alledem bereits an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für deren Klage vor dem SG, so kommt es auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH und auf die Frage der Mutwilligkeit der Antragsstellung seitens der Kläger nicht mehr an.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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