L 11 B 511/06 SO PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 107/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 511/06 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.06.2006 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Bschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Bereits mehrfach lehnte die Antragsgegnerin, die Rente bezieht, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 41 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bzw nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) ab. Mit Schreiben vom 27.02.2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht München (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend begehrt, die Antragsgegnerin zur Zahlung einer kompletten Wohnungseinrichtung nach Wunsch in Höhe von mindestens vorläufig 40.000,00 EUR sowie zur Zahlung von Umzug, Kaution, Miete und Einrichtung sowie zur Zahlung für beantragte Grundsicherung rückwirkend, gegenwärtig und zukünftig zu verpflichten. Sie sei aus alleinigen Verschulden der Antragsgegnerin in eine Notunterkunft eingewiesen worden. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 02.06.2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenso abgelehnt wie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Ein konkreter Umzug stünde nicht an, ein Bedarf an Wohnungserstausstattung, Umzugskosten und Kaution sei daher nicht ersichtlich und auch Prozesskostenhilfe könne mangels Erfolgsaussicht nicht bewilligt werden.

Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe begehrt. Sie habe einen Rechtsanspruch auf eine menschenwürdige Wohnung. Sie lebe ohne Kühlschrank, Waschmaschine, Herd, Küche und Geschirr.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das Sozialgericht hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Die Rechtsmittel erweisen sich jedoch als unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 und vom 22.11.2002 aaO).

Hinsichtlich der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung fehlt es - unabhängig von der Frage eines laufenden Hauptsacheverfahrens - bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Das Einkommen der Antragstellerin übersteigt deren Bedarf. Gegenteilige Anhaltspunkte fehlen.

Bezüglich der Kosten für Umzug und für eine eventuell erforderliche Kaution fehlt es sowohl an einem laufenden Hauptsacheverfahren wie auch an einem Anordnungsgrund, denn ein konkreter Umzug steht nicht in Aussicht.

Dies gilt ebenso bezüglich der Wohnungserstausstattung gemäß § 31 Abs 1 Nr 1 SGB XII. Gegenstände für die derzeit bewohnte Notunterkunft (Kühlschrank, Herd etc.) hat sich - soweit dort nicht vorhanden - die Antragstellerin aus dem vorhandenen Einkommen, dass den Bedarf übersteigt, durch entsprechende Ansparung zu verschaffen (§ 31 Abs 2 SGB XII).

Nach alledem ist die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.

Ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat die Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren damit nicht. Es fehlt an der erforderlichen Erfolgsaussicht (§ 73 a SGG iVm § 114 ZPO).

Nach alledem sind die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Für das Beschwerdeverfahren selbst ist Prozesskostenhilfe ebenfalls mangels Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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