L 5 KR 178/06 C

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 12/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 178/06 C
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge der Klägerin vom 17.05.2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 03.11.2005 war über die Versicherungspflicht der Klägerin vom 01.01.2003 bis 12.09.2003 zu befinden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.05.2006 hat der Senat einen dort gestellten Prozesskostenhilfe-Antrag abschlägig beschieden. Dagegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin. Sie bemängelt im Wesentlichen, der Beschluss des Senats hätte nicht ohne Anhörung der Beteiligten sowie nicht nach der Urteilsverkündung ergehen dürfen.

II.

Die zulässige Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 178a Sozialgerichtsgesetz in der Fassung vom 09.12.2004 (eingefügt durch Art. 9 Nr. 3 Gesetz vom 09.12.2004 BGBl I 3220), der zum 01.01.2005 in Kraft getreten ist, ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Mit diesem eigenständigen Rechtsbehelf hat der Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen, richterliche Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör im fachgerichtlichen Verfahren zu rügen, wobei die Überprüfung von Anhörungsverstößen zunächst im vorhandenen Rechtsmittelzug stattfindet. Bei erfolgreicher Rüge ist das Verfahren in der Lage fortzusetzen, in der es sich vor der mit der Gehörsrüge angefochtenen Entscheidung befand. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist bei unanfechtbaren instanzbeendenden Entscheidungen in allen Rechtszügen anwendbar und eröffnet insoweit jedem Gericht die Möglichkeit der Selbstkorrektur (Bundestags-Drucksache 15/3706, S. 1, 13, 21).

Das schlüssig gerügte Vorgehen des Senats verstößt nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Zwar gebietet es der Grundsatz des fairen Verfahrens, über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gem. § 73a SGG i.V.m § 144 ff ZPO vor Erlass der endgültigen Entscheidung des Gerichts zu befinden, damit eine ordnungsgemäße Vertretung der Interessen eines Klägers vor den Sozialgerichten sichergestellt ist und dieser - nicht zuletzt aus Gründen der Waffengleichheit - rechtzeitig in die Lage versetzt wird, seine Positionen wirksam zu artikulieren und mit anwaltlicher Hilfe durchzusetzen (vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 73a SGG, RNr 11). Von diesem Grundsatz durfte der Senat im vorliegenden Falle berechtigt abweichen. Ausweislich der Niederschrift hat der Klägerbevollmächtigte in dem seit 09.02.2006 anhängigen Berufungsverfahren den Prozesskostenhilfe-Antrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt, nachdem der Sachverhalt vorgetragen war, die Beteiligten das Wort erhalten hatten und mit ihnen das Sach- und Streitverhältnis erörtert worden war. Der Prozesskostenhilfe-Antrag wurde kurz vor dem Antrag zur Sache gestellt. Der Senat war damit berechtigt, die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe uno actu mit der Sachentscheidung zu verkünden; dass insoweit logischerweise eine zeitliche Reihung erforderlich war und die Verkündung des Urteils zunächst erfolgt ist, begründet keinen relevanten Verfahrensfehler. Zu beachten ist insoweit, dass gegen die Entscheidung des Senats kein Rechtsmittel eröffnet war (§ 177 SGG), der Klägerin also durch die Verkündung der Entscheidung erst in der Folge der Urteilsverkündung kein Nachteil dadurch erwachsen konnte, dass ihr faktisch die Durchsetzung des Anspruches auf Prozesskostenhilfe im Rechtsmittelweg abgeschnitten worden wäre.

Auch war der Senat bei diesem zeitlichen Ablauf berechtigt, zur Vereinfachung und Verfahrenserleichterung den Prozesskostenhilfe-Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe der Hauptsache zurückzuweisen.

Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Beteiligten seien nicht zum Prozesskostenhilfe-Antrag gehört worden. Die Beklagte hatte im gesamten Verwaltungs- sowie im gesamten Gerichtsverfahren unmissverständlich und nachdrücklich den Standpunkt vertreten, dass die Klägerin nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Sie hat auch vor Erlass der gerügten Entscheidung beantragt, die Berufung der Klägerin in vollem Umfange zurückzuweisen. Daraus war klar zu entnehmen, dass die Beklagte der Berufung keine Erfolgsaussicht zugemessen hatte, da sie andernfalls - nicht zuletzt wegen der Gesetzesbindung der Verwaltung gem. Art. 20 Abs. 3 GG und auf Grund der Verpflichtung in § 17 Abs. 1 SGB I - diesen Standpunkt nicht hätte einnehmen dürfen. Der Senat war damit berechtigt, den Antrag auf Zurückweisung der Berufung dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte dem Prozesskostenhilfe-Antrag negativ gegenüber gestanden hatte. Hinweise darauf, dass die anderen Beteiligten die Erfolgsaussichten der Berufung positiv beurteilt hätten, waren nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ergeht endgültig, § 178a Abs. 4 S. 3 SGG.
Rechtskraft
Aus
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