Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 259/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 71/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14/7b AS 46/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Oktober 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außgerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 01.02. bis 31.10.2005 als Zuschuss, nicht nur als Darlehen zusteht.
Der 1950 geborene Kläger, der seit dem 21.01.2001 Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, ist Inhaber eines Erbbaurechtes an dem Grundstück Flurstück Nr. 3308/44 in der J.-Str. in N ... Das Erbbaurecht ist auf die Dauer von 99 Jahren ab dem 19.09.1956 bestellt. Auf dem Grundstück befindet sich ein Haus, das im Eigentum des Klägers steht. Das Haus wird von der Mutter des Klägers aufgrund eines ihr an dem Haus zustehenden lebenslangen Nießbrauchsrechts bewohnt. Der Kläger selbst wohnt in einer Mietwohnung in D ...
Auf seinen Antrag vom 15.10.2004 hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14.03.2005 Alg II in Höhe von monatlich 940,47 EUR bewilligt. Die Hilfegewährung erfolgte gemäß § 9 Abs. 4 SGB II in Form eines Darlehens. Hinsichtlich der Gewährung des Darlehens stützte sich die Beklagte darauf, dass der Kläger mit dem Erbbaurecht an dem Grundstück in N. und dem darauf befindlichen Haus über verwertbares Vermögen verfüge. Der Widerspruch des Klägers vom 30.03.2005, der sich gegen die nur darlehensweise Gewährung des Alg II richtete, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 zurückgewiesen. Sie begründete dies damit, dass weder das Erbbaurecht noch das Nießbrauchrecht eine Verwertung des Vermögens aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich machen würden. Tatsachen, die eine Verwertung lediglich erschwerten, jedoch nicht gänzlich unmöglich machen würden, reichten für einen Ausschluss der Verwertbarkeit nicht aus. Für diese Fälle sei die darlehensweise Gewährung vorgesehen. Eine Unverwertbarkeit des Vermögens nach § 12 Abs. 2 und 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei nicht ersichtlich.
Der Folgeantrag des Klägers vom 23.04.2005 auf Gewährung von Alg II für die Zeit ab dem 01.05.2005 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 16.06.2005 insgesamt, auch im Hinblick auf eine darlehensweise Leistungsgewährung, abgelehnt. Das im Eigentum des Klägers stehende Wohnhaus sei als Vermögen nicht geschützt, weil der Kläger es nicht selber bewohne, der Wert des Wohnhauses übersteige die Vermögensfreigrenzen von 11.550,00 EUR bei Weitem. Mangels Hilfebedürftigkeit sei daher der Antrag abzulehnen. Eine Entscheidung über einen Antrag auf darlehensweise Gewährung von Leistungen müsse einem gesonderten Bescheid vorbehalten bleiben.
Mit seinem Widerspruch vom 06.07.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2005 wurde dieser Widerspruch unter Hinweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 zurückgewiesen. Das Haus sei auch nicht als Vermögen zur Erhaltung von Wohnbedürfnissen der Mutter des Klägers als behinderte Angehörige geschützt, da bei einem Vermögenseinsatz in Form einer Darlehensinanspruchnahme dieser Zweck nicht offenkundig gefährdet wäre.
Gegen die Bescheide vom 14.03.2005 und 16.06.2005 hat der Klä-ger am 20.07.2005 und 04.08.2005 Klagen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung seiner Klagen machte der Kläger geltend, dass das in seinem Eigentum stehende Gebäude auf dem Erbbaurechtsgrundstück nicht verwertbar sei, da die dingliche Last des Nießbrauchs nicht zu beseitigen und deshalb kein Käufer zu finden sei. Seine Mutter könne wegen ihrer Sehbehinderung, aufgrund derer diese Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung gestellt habe, nicht aus dem Haus verdrängt werden. Eine dinglichen Belastung zur Erlangung eines Kredits scheide aus, da keine Bank bereit sei, ihm einen Kredit zu gewähren. Ein Zwangsverkauf sei offensichtlich unwirtschaftlich, weil dieser zu einem Verlust von 80 % führen würde.
Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 12.09.2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 04.10.2005 hat es die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2005 verurteilt, dem Kläger vom 01.02.2005 bis 30.04. 2005 monatlich 940,47 EUR als Leistungen (statt darlehensweise) zu gewähren und unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2005 ab 01.05. bis 31.10.2005 die Leistung weiter in gesetzlicher Höhe zu gewähren, wobei ab 01.07.2005 nur noch die Leistungen für eine angemessene Unterkunft zu erbringen seien.
Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das im Eigentum des Klägers stehende Hausgrundstück auf Erbbaugrund in N. sei als solches (abstrakt) verwertbar. Der Begriff der Verwertbarkeit sei ein rein wirtschaftlicher. Die Verwertung könne durch Veräußerung des Vermögensgegenstandes, aber auch durch Belastung erfolgen. Die Verwertbarkeit könne sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen sein. Tatsächlich nicht verwertbar seien Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein werde. Solange die Verwertung nur aus abwicklungstechnischen Gründen eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, sei die Darlehensgewährung nach § 9 Abs. 4 SGB II vorgesehen. Für den streitigen Zeitraum liege eine Nichtverwertbarkeit des Grundstücks vor. Aus den vorgelegten Absagen der regionalen Kreditinstitute sei für die Kammer glaubhaft, dass das Hausgrundstück nicht für eine Darlehensgewährung eingesetzt werden könne. Auch ein Verkauf sei aktuell und für die nächste Zukunft nicht vorstellbar, solange der Nießbrauch genutzt werde. Das Hausgrundstück sei als Immobilienkapitalanlage auch für nicht nur kurzfristig orientierte Kapitalanleger ungeeignet, weil das Haus auf Erbbaugrund erbaut sei und das Erbbaurecht schon zur Hälfte ausgeschöpft sei. Wegen des dinglichen Nießbrauchs auf Lebenszeit könnte das Hausgrundstück von einem Käufer aktuell nicht genutzt werden, und zwar weder für den Selbstbezug noch für eine Vermietung. Damit sei für den streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit erfüllt. Vom 01.05. bis 31.10.2005 bestehe weiter Anspruch auf Alg II in gesetzlicher Höhe, wobei die Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II nur für die ersten sechs Monate, d. h. bis 30.06.2005 in tatsächlicher Höhe von der Beklagten zu tragen seien, danach nur noch in angemessener Höhe.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 10.10.2005 zugestellte Urteil mit einem am 09.11.2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen gelten, sie habe dem Kläger durch eine zinslose Darlehensbewilligung eine Verwertungsmöglichkeit eingeräumt. § 9 Abs. 4 SGB II gelte auch für Fälle, bei denen prinzipiell zu berücksichtigendes Vermögen auch für längere Zeiträume nicht uneingeschränkt verwertet werden könne. An die "Nichtverwertbarkeit" seien wesentlich höhere Anforderungen zu stellen als die tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit in einem Bewilligungszeitraum.
Das Gericht hat vom Gutachterausschuss des Landkreises D. eine gutachtliche Stellungnahme vom 26.04.2006 zum Wert des Grundstücks eingeholt. Danach beträgt der Verkehrwert des Anwesens sowohl mit dem Nießbrauchrecht der Mutter als auch frei von diesem mehr als 25.000,00 EUR.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Oktober 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, das Anwesen sei nicht ver-wertbar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass er kein Darlehen von der Beklagten wolle.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn der Kläger begehrt Geldleis-tungen von mehr als 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel der Beklagten ist auch begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss zusteht.
Zwar hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), weil ein entsprechender Bedarf besteht, was von der Beklagten auch nicht bestritten wird. Dieser Anspruch geht jedoch nur auf Gewährung eines Darlehens, weil der Kläger nur insoweit hilfebedürftig ist.
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern kann. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Ist der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich, sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 9 Abs. 4 SGB II). Bei dem Erbbaurecht und dem Eigentum am Wohnhaus handelt es sich um Vermögen, das zwar verwertbar ist, allerdings nicht sofort, so dass die Beklagte dem Kläger die Leistungen zu Recht nur als Darlehen angeboten hat.
Ein Vermögensgegenstand ist nach der Rechtsprechung dann verwertbar, wenn der Hilfebedürftige durch dessen Einsatz Geld erhalten kann, mit dem der Bedarf gedeckt und der Bedürftigkeit abgeholfen werden kann (vgl. BVerwGE 106, 105). Das Nießbrauchrecht mit einer Restlaufzeit von über 49 Jahren und das Eigentum an dem Wohnhaus stellen sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich Vermögenswerte dar. Diese sind zwar durch das Nießbrauchrecht der Mutter des Klägers im Wert gemindert, aber nicht wertlos, was auch der Kläger zugestanden hat (so auch VGH München vom 27.09.2005 = FEVS 57, 374 für Miteigentumsanteil, der mit lebenslangem Nießbrauch und Veräußerungsverbot belastet war).
Die Verwertbarkeit war nicht aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Das Erbbaurecht kann ausweislich des Grundbuchauszuges mit Zustimmung der Grundstückseigentümer veräußert oder belastet werden; für eine Verweigerung der Zustimmung bestehen keine Anhaltspunkte. Auch der Nießbrauch der Mutter des Klägers beschränkt zwar die Verfügungsbefugnis insoweit, als der Nießbrauch dinglich auch bei einer Verwertung weiterbestehen würde, schließt aber die Verfügungsbefugnis des Klägers über das Erbbaurecht und das in seinem Eigentum stehende Wohnhaus nicht aus.
Die Verwertbarkeit war auch nicht aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Zwar ist aufgrund des Nießbrauchsrechts, das eine aktuelle Nutzungsmöglichkeit auf ungewisse Dauer ausschließt, ein sofortiger Verkauf unmöglich, wie durch die Ablehnung der Immobilienmaklerin A. R. vom 09.09.2005 bestätigt wird. Ebenso ist eine sofortige Verwertung durch Beleihung gegen ein Darlehen unmöglich, wie die Absagen der Darlehensanfragen des Klägers vom 02.05., 03.06. und 09.06.2005 bestätigen. Jedoch folgt aus der mangelnden sofortigen Verwertbarkeit nicht die Unverwertbarkeit des Vermögens im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II aus tatsächlichen Gründen. Denn für die Frage der tatsächlichen Verwertbarkeit von Vermögen kommt es grundsätzlich nicht auf die derzeitige Situation an, sondern auf die Frage, ob das Vermögen überhaupt, ggf. auch erst zu einem späteren Zeitpunkt, verwertbar ist.
Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der §§ 12 Abs. 1 SGB II und § 9 Abs. 4 SGB II. § 9 Abs. 4 SGB II regelt den Fall, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist und setzt damit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbares Vermögen voraus. Daraus folgt, dass eine Verzögerung bei der Verwertung die tatsächliche Verwertbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nicht ausschließt. Dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 ("der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung") ist nicht zu entnehmen, dass § 9 Abs. 4 SGB II auf Fälle einer zeitlich absehbaren Unverwertbarkeit, d.h. auf Übergangszeiträume, beschränkt wäre. Das Wort "sofortig" ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass mit der Grundsicherung immer ein aktuell bestehender Bedarf abgedeckt wird. Diesem Wort lässt sich daher nur entnehmen, dass bei Vorhandensein verwertbaren Vermögens, das aber nicht sofort zur Deckung des aktuellen Bedarfs eingesetzt werden kann, unmittelbar im Zeitpunkt des Hilfeeintritts Leistungen zu gewähren sind (vgl. zur Vorgängerregelung des § 89 BSHG: Fichtner in Fichtner/Wenzel, § 89 BSHG, RdNr 2). Eine zeitliche Beschränkung "nach oben hin", etwa für den Fall, dass eine Verwertung nicht in angemessener Zeit erfolgen kann, ist § 9 Abs. 4 SGB II nicht zu entnehmen (a.A. Brühl in LPK-SGB II, § 9 RdNr 40 ohne Begründung und Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9, RdNr 45).
Damit ist jedenfalls bei sicherer Verwertungsmöglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt die tatsächliche Verwertbarkeit nach § 12 Abs. 1 SGB II zu bejahen (so VGH München vom 27.09.2005). Das ist nach Überzeugung des Gerichts hinsichtlich des Nießbrauchrechts am Grundstück und des Eigentums am Haus der Fall. Das die Verwertung behindernde Nießbrauchrecht wird mit Sicherheit fortfallen, nur der Zeitpunkt ist ungewiss; dass die-ser ggf. nach Ende der konkreten Hilfebedürftigkeit liegt, schadet nicht (vgl. Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9 RdNr 45).
Mit dem Wegfall des Nießbrauchs ist von einer Verwertbarkeit der Rechte des Klägers auszugehen. Dafür sprechen insbesondere die Restlaufzeit des Erbbaurechts von immer noch 49 Jahren und der gute Zustand des Hauses. Auch die Immobilienmaklerin A. R. hatte die mangelnde Veräußerungsmöglichkeit nur auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit infolge des Nießbrauchsrechts gestützt.
Der Kläger wird durch eine Leistungsgewährung als ggf. längerfristiges Darlehen nicht unzumutbar belastet, weil das Darlehen zinslos ist. Erweist sich der Verwertungserlös später als geringer als das Darlehen, so kann immer noch eine Umwandlung der zunächst als Darlehen gewährten Leistungen in einen Zuschuss erfolgen. Eine andere Auslegung würde den Kläger gegenüber jenen ungerechtfertigt besser stellen, die ihr Vermögen sofort verwerten müssen; das widerspräche zudem der umfassenden Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen.
Der Verwertbarkeit des Nießbrauchsrechts und des Eigentums am Haus steht auch nicht § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II entgegen, wonach ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe zum Schonvermögen zählt. Diese Norm greift hier nicht, weil das Haus nicht vom Kläger selbst bewohnt wird.
Vermögensschutz ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II. Nach dieser Vorschrift ist Vermögen geschützt, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Men-schen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Ein-satz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde. Das Vorliegen dieser Voraussetzung scheitert bereits daran, dass das Wohnrecht der sehbehinderten Mutter des Klägers durch eine Verwertung nicht gefährdet würde. Denn als dingliches Recht bliebe das Nießbrauchsrecht der Mutter von einer etwaigen Ver-wertung (Verkauf, Beleihung) unberührt.
Da es sich bei dem Nießbrauchrecht am Grundstück und bei dem Eigentum am Haus also um verwertbares Vermögen im Sinne von § 12 SGB II handelt, scheidet ein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss in der Zeit vom 01.02. bis 31.10.2005 aus. Zu Recht hat die Beklagte aufgrund der mangelnden sofortigen Verwertbarkeit des Vermögens des Klägers den Anspruch nach § 9 Abs. 4 SGB II nur als Darlehen gewährt bzw. angeboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage grundsätzliche Bedeutung zukommt, ob in Fällen der vorliegenden Art Leistungen nur als Darlehnen erbracht werden können.
II. Außgerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 01.02. bis 31.10.2005 als Zuschuss, nicht nur als Darlehen zusteht.
Der 1950 geborene Kläger, der seit dem 21.01.2001 Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, ist Inhaber eines Erbbaurechtes an dem Grundstück Flurstück Nr. 3308/44 in der J.-Str. in N ... Das Erbbaurecht ist auf die Dauer von 99 Jahren ab dem 19.09.1956 bestellt. Auf dem Grundstück befindet sich ein Haus, das im Eigentum des Klägers steht. Das Haus wird von der Mutter des Klägers aufgrund eines ihr an dem Haus zustehenden lebenslangen Nießbrauchsrechts bewohnt. Der Kläger selbst wohnt in einer Mietwohnung in D ...
Auf seinen Antrag vom 15.10.2004 hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14.03.2005 Alg II in Höhe von monatlich 940,47 EUR bewilligt. Die Hilfegewährung erfolgte gemäß § 9 Abs. 4 SGB II in Form eines Darlehens. Hinsichtlich der Gewährung des Darlehens stützte sich die Beklagte darauf, dass der Kläger mit dem Erbbaurecht an dem Grundstück in N. und dem darauf befindlichen Haus über verwertbares Vermögen verfüge. Der Widerspruch des Klägers vom 30.03.2005, der sich gegen die nur darlehensweise Gewährung des Alg II richtete, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 zurückgewiesen. Sie begründete dies damit, dass weder das Erbbaurecht noch das Nießbrauchrecht eine Verwertung des Vermögens aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich machen würden. Tatsachen, die eine Verwertung lediglich erschwerten, jedoch nicht gänzlich unmöglich machen würden, reichten für einen Ausschluss der Verwertbarkeit nicht aus. Für diese Fälle sei die darlehensweise Gewährung vorgesehen. Eine Unverwertbarkeit des Vermögens nach § 12 Abs. 2 und 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei nicht ersichtlich.
Der Folgeantrag des Klägers vom 23.04.2005 auf Gewährung von Alg II für die Zeit ab dem 01.05.2005 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 16.06.2005 insgesamt, auch im Hinblick auf eine darlehensweise Leistungsgewährung, abgelehnt. Das im Eigentum des Klägers stehende Wohnhaus sei als Vermögen nicht geschützt, weil der Kläger es nicht selber bewohne, der Wert des Wohnhauses übersteige die Vermögensfreigrenzen von 11.550,00 EUR bei Weitem. Mangels Hilfebedürftigkeit sei daher der Antrag abzulehnen. Eine Entscheidung über einen Antrag auf darlehensweise Gewährung von Leistungen müsse einem gesonderten Bescheid vorbehalten bleiben.
Mit seinem Widerspruch vom 06.07.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2005 wurde dieser Widerspruch unter Hinweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 zurückgewiesen. Das Haus sei auch nicht als Vermögen zur Erhaltung von Wohnbedürfnissen der Mutter des Klägers als behinderte Angehörige geschützt, da bei einem Vermögenseinsatz in Form einer Darlehensinanspruchnahme dieser Zweck nicht offenkundig gefährdet wäre.
Gegen die Bescheide vom 14.03.2005 und 16.06.2005 hat der Klä-ger am 20.07.2005 und 04.08.2005 Klagen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung seiner Klagen machte der Kläger geltend, dass das in seinem Eigentum stehende Gebäude auf dem Erbbaurechtsgrundstück nicht verwertbar sei, da die dingliche Last des Nießbrauchs nicht zu beseitigen und deshalb kein Käufer zu finden sei. Seine Mutter könne wegen ihrer Sehbehinderung, aufgrund derer diese Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung gestellt habe, nicht aus dem Haus verdrängt werden. Eine dinglichen Belastung zur Erlangung eines Kredits scheide aus, da keine Bank bereit sei, ihm einen Kredit zu gewähren. Ein Zwangsverkauf sei offensichtlich unwirtschaftlich, weil dieser zu einem Verlust von 80 % führen würde.
Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 12.09.2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 04.10.2005 hat es die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2005 verurteilt, dem Kläger vom 01.02.2005 bis 30.04. 2005 monatlich 940,47 EUR als Leistungen (statt darlehensweise) zu gewähren und unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2005 ab 01.05. bis 31.10.2005 die Leistung weiter in gesetzlicher Höhe zu gewähren, wobei ab 01.07.2005 nur noch die Leistungen für eine angemessene Unterkunft zu erbringen seien.
Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das im Eigentum des Klägers stehende Hausgrundstück auf Erbbaugrund in N. sei als solches (abstrakt) verwertbar. Der Begriff der Verwertbarkeit sei ein rein wirtschaftlicher. Die Verwertung könne durch Veräußerung des Vermögensgegenstandes, aber auch durch Belastung erfolgen. Die Verwertbarkeit könne sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen sein. Tatsächlich nicht verwertbar seien Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein werde. Solange die Verwertung nur aus abwicklungstechnischen Gründen eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, sei die Darlehensgewährung nach § 9 Abs. 4 SGB II vorgesehen. Für den streitigen Zeitraum liege eine Nichtverwertbarkeit des Grundstücks vor. Aus den vorgelegten Absagen der regionalen Kreditinstitute sei für die Kammer glaubhaft, dass das Hausgrundstück nicht für eine Darlehensgewährung eingesetzt werden könne. Auch ein Verkauf sei aktuell und für die nächste Zukunft nicht vorstellbar, solange der Nießbrauch genutzt werde. Das Hausgrundstück sei als Immobilienkapitalanlage auch für nicht nur kurzfristig orientierte Kapitalanleger ungeeignet, weil das Haus auf Erbbaugrund erbaut sei und das Erbbaurecht schon zur Hälfte ausgeschöpft sei. Wegen des dinglichen Nießbrauchs auf Lebenszeit könnte das Hausgrundstück von einem Käufer aktuell nicht genutzt werden, und zwar weder für den Selbstbezug noch für eine Vermietung. Damit sei für den streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit erfüllt. Vom 01.05. bis 31.10.2005 bestehe weiter Anspruch auf Alg II in gesetzlicher Höhe, wobei die Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II nur für die ersten sechs Monate, d. h. bis 30.06.2005 in tatsächlicher Höhe von der Beklagten zu tragen seien, danach nur noch in angemessener Höhe.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 10.10.2005 zugestellte Urteil mit einem am 09.11.2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen gelten, sie habe dem Kläger durch eine zinslose Darlehensbewilligung eine Verwertungsmöglichkeit eingeräumt. § 9 Abs. 4 SGB II gelte auch für Fälle, bei denen prinzipiell zu berücksichtigendes Vermögen auch für längere Zeiträume nicht uneingeschränkt verwertet werden könne. An die "Nichtverwertbarkeit" seien wesentlich höhere Anforderungen zu stellen als die tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit in einem Bewilligungszeitraum.
Das Gericht hat vom Gutachterausschuss des Landkreises D. eine gutachtliche Stellungnahme vom 26.04.2006 zum Wert des Grundstücks eingeholt. Danach beträgt der Verkehrwert des Anwesens sowohl mit dem Nießbrauchrecht der Mutter als auch frei von diesem mehr als 25.000,00 EUR.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Oktober 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, das Anwesen sei nicht ver-wertbar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass er kein Darlehen von der Beklagten wolle.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn der Kläger begehrt Geldleis-tungen von mehr als 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel der Beklagten ist auch begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss zusteht.
Zwar hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), weil ein entsprechender Bedarf besteht, was von der Beklagten auch nicht bestritten wird. Dieser Anspruch geht jedoch nur auf Gewährung eines Darlehens, weil der Kläger nur insoweit hilfebedürftig ist.
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern kann. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Ist der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich, sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 9 Abs. 4 SGB II). Bei dem Erbbaurecht und dem Eigentum am Wohnhaus handelt es sich um Vermögen, das zwar verwertbar ist, allerdings nicht sofort, so dass die Beklagte dem Kläger die Leistungen zu Recht nur als Darlehen angeboten hat.
Ein Vermögensgegenstand ist nach der Rechtsprechung dann verwertbar, wenn der Hilfebedürftige durch dessen Einsatz Geld erhalten kann, mit dem der Bedarf gedeckt und der Bedürftigkeit abgeholfen werden kann (vgl. BVerwGE 106, 105). Das Nießbrauchrecht mit einer Restlaufzeit von über 49 Jahren und das Eigentum an dem Wohnhaus stellen sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich Vermögenswerte dar. Diese sind zwar durch das Nießbrauchrecht der Mutter des Klägers im Wert gemindert, aber nicht wertlos, was auch der Kläger zugestanden hat (so auch VGH München vom 27.09.2005 = FEVS 57, 374 für Miteigentumsanteil, der mit lebenslangem Nießbrauch und Veräußerungsverbot belastet war).
Die Verwertbarkeit war nicht aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Das Erbbaurecht kann ausweislich des Grundbuchauszuges mit Zustimmung der Grundstückseigentümer veräußert oder belastet werden; für eine Verweigerung der Zustimmung bestehen keine Anhaltspunkte. Auch der Nießbrauch der Mutter des Klägers beschränkt zwar die Verfügungsbefugnis insoweit, als der Nießbrauch dinglich auch bei einer Verwertung weiterbestehen würde, schließt aber die Verfügungsbefugnis des Klägers über das Erbbaurecht und das in seinem Eigentum stehende Wohnhaus nicht aus.
Die Verwertbarkeit war auch nicht aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Zwar ist aufgrund des Nießbrauchsrechts, das eine aktuelle Nutzungsmöglichkeit auf ungewisse Dauer ausschließt, ein sofortiger Verkauf unmöglich, wie durch die Ablehnung der Immobilienmaklerin A. R. vom 09.09.2005 bestätigt wird. Ebenso ist eine sofortige Verwertung durch Beleihung gegen ein Darlehen unmöglich, wie die Absagen der Darlehensanfragen des Klägers vom 02.05., 03.06. und 09.06.2005 bestätigen. Jedoch folgt aus der mangelnden sofortigen Verwertbarkeit nicht die Unverwertbarkeit des Vermögens im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II aus tatsächlichen Gründen. Denn für die Frage der tatsächlichen Verwertbarkeit von Vermögen kommt es grundsätzlich nicht auf die derzeitige Situation an, sondern auf die Frage, ob das Vermögen überhaupt, ggf. auch erst zu einem späteren Zeitpunkt, verwertbar ist.
Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der §§ 12 Abs. 1 SGB II und § 9 Abs. 4 SGB II. § 9 Abs. 4 SGB II regelt den Fall, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist und setzt damit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbares Vermögen voraus. Daraus folgt, dass eine Verzögerung bei der Verwertung die tatsächliche Verwertbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nicht ausschließt. Dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 ("der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung") ist nicht zu entnehmen, dass § 9 Abs. 4 SGB II auf Fälle einer zeitlich absehbaren Unverwertbarkeit, d.h. auf Übergangszeiträume, beschränkt wäre. Das Wort "sofortig" ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass mit der Grundsicherung immer ein aktuell bestehender Bedarf abgedeckt wird. Diesem Wort lässt sich daher nur entnehmen, dass bei Vorhandensein verwertbaren Vermögens, das aber nicht sofort zur Deckung des aktuellen Bedarfs eingesetzt werden kann, unmittelbar im Zeitpunkt des Hilfeeintritts Leistungen zu gewähren sind (vgl. zur Vorgängerregelung des § 89 BSHG: Fichtner in Fichtner/Wenzel, § 89 BSHG, RdNr 2). Eine zeitliche Beschränkung "nach oben hin", etwa für den Fall, dass eine Verwertung nicht in angemessener Zeit erfolgen kann, ist § 9 Abs. 4 SGB II nicht zu entnehmen (a.A. Brühl in LPK-SGB II, § 9 RdNr 40 ohne Begründung und Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9, RdNr 45).
Damit ist jedenfalls bei sicherer Verwertungsmöglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt die tatsächliche Verwertbarkeit nach § 12 Abs. 1 SGB II zu bejahen (so VGH München vom 27.09.2005). Das ist nach Überzeugung des Gerichts hinsichtlich des Nießbrauchrechts am Grundstück und des Eigentums am Haus der Fall. Das die Verwertung behindernde Nießbrauchrecht wird mit Sicherheit fortfallen, nur der Zeitpunkt ist ungewiss; dass die-ser ggf. nach Ende der konkreten Hilfebedürftigkeit liegt, schadet nicht (vgl. Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9 RdNr 45).
Mit dem Wegfall des Nießbrauchs ist von einer Verwertbarkeit der Rechte des Klägers auszugehen. Dafür sprechen insbesondere die Restlaufzeit des Erbbaurechts von immer noch 49 Jahren und der gute Zustand des Hauses. Auch die Immobilienmaklerin A. R. hatte die mangelnde Veräußerungsmöglichkeit nur auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit infolge des Nießbrauchsrechts gestützt.
Der Kläger wird durch eine Leistungsgewährung als ggf. längerfristiges Darlehen nicht unzumutbar belastet, weil das Darlehen zinslos ist. Erweist sich der Verwertungserlös später als geringer als das Darlehen, so kann immer noch eine Umwandlung der zunächst als Darlehen gewährten Leistungen in einen Zuschuss erfolgen. Eine andere Auslegung würde den Kläger gegenüber jenen ungerechtfertigt besser stellen, die ihr Vermögen sofort verwerten müssen; das widerspräche zudem der umfassenden Selbsthilfeverpflichtung des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen.
Der Verwertbarkeit des Nießbrauchsrechts und des Eigentums am Haus steht auch nicht § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II entgegen, wonach ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe zum Schonvermögen zählt. Diese Norm greift hier nicht, weil das Haus nicht vom Kläger selbst bewohnt wird.
Vermögensschutz ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II. Nach dieser Vorschrift ist Vermögen geschützt, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Men-schen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Ein-satz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde. Das Vorliegen dieser Voraussetzung scheitert bereits daran, dass das Wohnrecht der sehbehinderten Mutter des Klägers durch eine Verwertung nicht gefährdet würde. Denn als dingliches Recht bliebe das Nießbrauchsrecht der Mutter von einer etwaigen Ver-wertung (Verkauf, Beleihung) unberührt.
Da es sich bei dem Nießbrauchrecht am Grundstück und bei dem Eigentum am Haus also um verwertbares Vermögen im Sinne von § 12 SGB II handelt, scheidet ein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss in der Zeit vom 01.02. bis 31.10.2005 aus. Zu Recht hat die Beklagte aufgrund der mangelnden sofortigen Verwertbarkeit des Vermögens des Klägers den Anspruch nach § 9 Abs. 4 SGB II nur als Darlehen gewährt bzw. angeboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage grundsätzliche Bedeutung zukommt, ob in Fällen der vorliegenden Art Leistungen nur als Darlehnen erbracht werden können.
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