Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 EG 25/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 B 98/06 EG PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 29.12.2005 aufgehoben.
II. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin B. T. A. , beigeordnet.
Gründe:
I.
Die 1985 geborene Klägerin ist die Mutter der 2002 und 2005 geborenen Kinder T. und P ...
Mit Bescheid vom 02.09.2002 bewilligte der Beklagte Erziehungsgeld vom 18.07.2002 bis 17.07.2003 für das Kind T. (monatlich 307,00 EUR).
Für das zweite Lebensjahr des Kindes beantragte die Klägerin am 10.07.2003 Erziehungsgeld, das ihr mit Bescheid vom 14.07.2003 für die Zeit vom 18.07.2003 bis 17.07.2004 gewährt wurde (monatlich 307,00 EUR).
Am 12.07.2004 stellte sie Antrag auf Landeserziehungsgeld. Mit Bescheid vom 13.07.2004 gab der Beklagte dem Antrag statt und bewilligte Landeserziehungsgeld für die Zeit vom 18.07.2004 bis 17.01.2005.
Am 08.06.2005 sprach der leibliche Vater des Kindes T. beim Amt für Versorgung und Familienförderung in A. vor und erklärte, die Klägerin habe den Sohn seit ca. Anfang 2003 zur Vollzeitpflege in eine Pflegefamilie gebracht. Seit 06.08.2003 lebe das Kind bei ihm. Das Landratsamt A. teilte dem Beklagten auf Nachfrage mit, das Kind T. sei seit 03.11.2003 bis 12.05.2005 in Vollzeitpflege unterge- bracht gewesen. Mit Bescheid vom 11.07.2005 (zur Post gegeben am 25.07.2005) stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin ab 18.11.2003 kein Erziehungsgeld mehr zustehe, der überzahlte Betrag in Höhe von 2.456,00 EUR sei zu erstatten. Die Überzahlung werde bei dem (2005) geborenen Kind P. einbehalten.
Mit Bescheid vom 12.07.2005, abgesandt am 25.07.2005, stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin ab 18.07.2004 kein Landeserziehungsgeld mehr zustehe. Der erbrachte Betrag in Höhe von 1.200,00 EUR sei zu erstatten. Er werde von der Erziehungsgeldzahlung für P. einbehalten. Gegen die Bescheide vom 11.07. und 12.07.2005 wurde seitens der Klägerin am 09.08.2005 Widerspruch erhoben, der zurückgewiesen wurde (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005).
Nach der Geburt ihres Sohnes P. hatte die Klägerin am 15.06.05 Erziehungsgeld für ihn beantragt. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 25.07.05 ab 31.05.2005 die begehrte Leistung in Höhe von monatlich 300,00 EUR. Zur Tilgung der bei dem Kind T. entstandenen Überzahlung war ausgeführt, dass von der monatlich zustehenden Summe vom 300,00 EUR jeweils 150,00 EUR einbehalten würden, so dass lediglich 150,00 EUR zur Auszahlung kämen (§ 51 Abs.2 SGB I). Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005). Zur Begründung führte er aus, die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswirksamkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides müsse wegen § 13 Abs.2 BErzGG noch nicht endgültig gegeben sein. Bei der Entscheidung über die Rückforderung bzw deren Verrechnung habe das (frühere) AVF das ihm auferlegte Ermessen auszuüben, was fehlerfrei geschehen sei. Durch die Verrechnung der Hälfte des Erziehungsgeldes bestehe nicht die Gefahr, dass Sozialhilfebedürftigkeit eintrete, da das BErzg kein Einkommen im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes sei.
Mit den am 28.10.2005 beim Sozialgericht Augsburg erhobenen Klagen verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Bescheide vom 11.07.2005 und 12.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 (S 10 EG 24/05) sowie auf Abänderung des Bescheides vom 25.07.05 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 (S 10 EG 25/05) weiter.
Am 17.11.2005 stellte sie in beiden Verfahren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin B. T ... Hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird auf die Anlage dieses Beschlusses verwiesen.
Das Sozialgericht Augsburg lehnte beide Anträge mit Beschluss vom 29.12.2005 ab. Es stehe der Klägerin ein Anspruch auf Erziehungsgeld nicht zu - betreffend Verfahren S 10 EG 24/05 - , da es an der Anspruchsvoraussetzung nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BErzGG fehle (Leben in einem Haushalt und Betreuung und Erzie- hung des Kindes durch die Klägerin persönlich). Zum Verfahren bezüglich Aufrechnung (S 10 EG 25/05) verwies das Gericht darauf, das die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beziehe. Erziehungsgeldleistungen seien kein Einkommen im Sinne des SGB XII. Es folge aus § 8 Abs.1 BErzGG, dass die Aufrechnung von Erstattungsansprüchen, die aus dem unrechtmäßigen Bezug von Erziehungsgeld herrührten, mit der laufenden Leistung von Erziehungsgeld gundsätzlich möglich sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn dem Leistungsempfänger noch so viel an laufenden Leistungen belassen werde, dass der Zweck des Erziehungsgeldes als einer ergänzenden Sozialleistung noch erhalten bleibe (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.06.1995 - L 6 Eg 989/94). Dies sei im Falle der Klägerin gegeben. Es sei auch zu beachten, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechnung schützenswert sei.
Mit der Beschwerde vom 03.02.2006 trägt die Klägerin vor, sie sei in ihrem Vertrauen auf die erlassenen Verwaltungsakte im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X geschützt. Die Rechtmäßigkeit der Verrechnung eines Betrages vom 150,00 EUR setze grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Rückforderung voraus. Im Falle der Klägerin sei aber die Aufhebung der gewährenden Verwaltungsakte nicht zulässig.
Der Beklagte sieht die Beschwerde als unbegründet an.
Das Sozialgericht half der Beschwerde nicht ab.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt, § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 172 Abs.1, 173, 176 SGG.
Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialge- richt die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 114 ZPO, der wie alle Vorschriften über die Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG entsprechend auf das Sozialgerichtsverfahren anzuwenden ist, erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere kann die Klägerin die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen, wie sich aus der Anlage zu diesem Beschluss ergibt. Die Anlage ist Bestandteil des Beschlusses und darf dem Beklagten nur mit Zustimmung der Klägerin zugänglich gemacht werden (§ 127 Abs.1 Satz 3 ZPO).
Auch kann bei der im Rahmen der bei Entscheidung über die Prozesskostenhilfe gebotenen prognostischen und überschlägigen Betrachtungsweise eine hinreichende Aussicht auf mindestens teilweisen Erfolg der Klage nicht verneint werden. Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtstandpunkt der Beteiligten auf Grund der Sachverhaltschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, wobei eine summarische Prüfung vorzunehmen ist. Die Erfolgsaussicht kann in der Regel nicht verneint werden, wenn weitere Beweiserhebungen von Amts wegen für notwendig gehalten werden (Meyer-Ladewig, SGG, Rdnrn.7a, b zu § 73a SGG). Ein Rechtsschutzbegehren hat insbesondere in aller Regel hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, soweit die Erfolgschance nicht nur eine ganz entfernte ist (BVerfGE 81, 347, 356 ff., BVerfG in NJW 1997, S.2103).
Unter diesen Prämissen kann der Klage eine für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausreichende zumindest teilweise hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
Zutreffend geht das Sozialgericht zwar davon aus, dass grundsätzlich durch Verwaltungsakt mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen auch gegen Ansprüche auf Erziehungsgeld nach § 51 Abs.2 SGB I bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden kann (BSG SozR 3-1200 § 51 Nr.5), wobei dies auch gilt, wenn die Klägerin Sozialhilfe bzw Leistungen nach dem SGB II bezieht (BSG a.a.O.). Richtig ist auch, dass der Klage gegen die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide ebenso wenig aufschiebende Wirkung zukommt wie der Klage gegen den Aufrechnungsbescheid (§ 13 Abs.2 BErzGG). Daraus ergibt sich aber nicht, dass bei noch nicht bestandskräftigen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden - jedenfalls im Rahmen der Prozesskostenhilfe - die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide bei der Prüfung des Aufrechnungsbescheides ohne Bedeutung ist. Anders als bei Verrechnung nach § 52 SGB I ist zwar nicht Voraussetzung, dass die zugrunde liegenden Ansprüche bestandskräftig feststehen. Aber ob die Klage gegen den Aufrechnungsbescheid Erfolg haben wird, hängt - neben anderen Voraussetzungen - von der Vorfrage ab, ob der Beklagte tatsächlich einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen hat, d.h. ob materiell ein Anspruch, mit dem aufgerechnet werden kann, gegeben ist. Dies ist keine Frage der aufschiebenden Wirkung der Klagen, sondern ihrer inhaltlichen Begründetheit. Das Fehlen der aufschiebenden Wirkung besagt, dass der Beklagte die Aufrechnung trotz Widerspruch und Klage durchführen darf, sie bedeutet aber nicht, dass die Klage betreffend die Aufrechnung bereits aus diesem Grund keine Erfolgsaussicht besitzen könnte. Da die vorgreifliche Klage gegen die Aufhebung und Rückforderung des Erziehungsgeldes aber durchaus Erfolgsaussicht hat (vgl. Beschluss des 9. Senats des Bayer. Landessozialgerichts vom 05.09.2006, Az.: L 9 B 97/06 EG PKH), kann der Klage gegen die Aufrechnung im Rahmen der Bewilligung von PKH hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls nicht abgesprochen werden.
Davon abgesehen liegt hinreichende Erfolgsaussicht aber auch deswegen vor, weil sehr zweifelhaft ist, ob der Beklagte das ihm in § 51 Abs. 2 SGB I eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Im Bescheid vom 25.07.2005 ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass eine Ermessensausübung stattgefunden hat. Es ist nur festgestellt, dass zur Tilgung der Überzahlung monatlich 150,00 EUR einbehalten werden. Eine Abwägung fand nicht statt, sie ist jedenfalls nicht zu erkennen. Im Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005 wird auf die fehlerfreie Ermessensausübung durch des damalige AVF verwiesen, Gesichtspunkte zur Ausübung werden nicht genannt. Ob dies als Ausübung des Ermessens angesehen werden kann, ist jedenfalls zweifelhaft. Dabei spielt eine Rolle, dass durchaus Anlass bestanden hat, zumindest die Höhe des Aufrechnungsbetrages zu überprüfen. Dass trotz Bezugs von Leistungen nach dem SGB II eine Aufrechnung zulässig ist, bedeutet nicht, dass der höchste Betrag zugrunde gelegt werden muss. Die persönlichen Verhältnisse der Klägerin sind jedenfalls in die Abwägung mit einzubeziehen. Im Rahmen der summarischen Prüfung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist eine hinreichende Erfolgsaussicht auch aus diesem Grund zu bejahen.
Schließlich hält der Senat auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs.2 ZPO für erforderlich. Dies kann grundsätzlich nicht allein unter Bezugnahme auf den im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Amtsermittlungsgrundsatz verneint werden (siehe Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.1997 - 1 BvR 1640/96 in SozSich 97, 275). Die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts auch im sozialgerichtlichen Verfahren entspricht vielmehr der Absicht des Gesetzgebers (vgl. § 73a SGG). Dies bedeutet zwar nicht, dass grundsätzlich in jedem sozialgerichtlichen Verfahren eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheinen muss, vielmehr ist diese Frage jeweils gesondert zu prüfen. Dabei ist insbesondere die Schwie- rigkeit der Sach- und Rechtslage und die wirtschaftliche Bedeutung der Streitsache zu berücksichtigen. Im Falle der Klägerin weist die Streitsache überdurchschnittliche Schwierigkeiten auf. Aus einer bisherigen Berufstätigkeit lässt sich die Fähigkeit der Klägerin nicht ableiten, das Verfahren eigenverant- wortlich in angemessener Weise zu führen. Die Streitsache besitzt für die Klägerin auch eine ausreichend erhebliche Bedeutung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
II. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin B. T. A. , beigeordnet.
Gründe:
I.
Die 1985 geborene Klägerin ist die Mutter der 2002 und 2005 geborenen Kinder T. und P ...
Mit Bescheid vom 02.09.2002 bewilligte der Beklagte Erziehungsgeld vom 18.07.2002 bis 17.07.2003 für das Kind T. (monatlich 307,00 EUR).
Für das zweite Lebensjahr des Kindes beantragte die Klägerin am 10.07.2003 Erziehungsgeld, das ihr mit Bescheid vom 14.07.2003 für die Zeit vom 18.07.2003 bis 17.07.2004 gewährt wurde (monatlich 307,00 EUR).
Am 12.07.2004 stellte sie Antrag auf Landeserziehungsgeld. Mit Bescheid vom 13.07.2004 gab der Beklagte dem Antrag statt und bewilligte Landeserziehungsgeld für die Zeit vom 18.07.2004 bis 17.01.2005.
Am 08.06.2005 sprach der leibliche Vater des Kindes T. beim Amt für Versorgung und Familienförderung in A. vor und erklärte, die Klägerin habe den Sohn seit ca. Anfang 2003 zur Vollzeitpflege in eine Pflegefamilie gebracht. Seit 06.08.2003 lebe das Kind bei ihm. Das Landratsamt A. teilte dem Beklagten auf Nachfrage mit, das Kind T. sei seit 03.11.2003 bis 12.05.2005 in Vollzeitpflege unterge- bracht gewesen. Mit Bescheid vom 11.07.2005 (zur Post gegeben am 25.07.2005) stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin ab 18.11.2003 kein Erziehungsgeld mehr zustehe, der überzahlte Betrag in Höhe von 2.456,00 EUR sei zu erstatten. Die Überzahlung werde bei dem (2005) geborenen Kind P. einbehalten.
Mit Bescheid vom 12.07.2005, abgesandt am 25.07.2005, stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin ab 18.07.2004 kein Landeserziehungsgeld mehr zustehe. Der erbrachte Betrag in Höhe von 1.200,00 EUR sei zu erstatten. Er werde von der Erziehungsgeldzahlung für P. einbehalten. Gegen die Bescheide vom 11.07. und 12.07.2005 wurde seitens der Klägerin am 09.08.2005 Widerspruch erhoben, der zurückgewiesen wurde (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005).
Nach der Geburt ihres Sohnes P. hatte die Klägerin am 15.06.05 Erziehungsgeld für ihn beantragt. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 25.07.05 ab 31.05.2005 die begehrte Leistung in Höhe von monatlich 300,00 EUR. Zur Tilgung der bei dem Kind T. entstandenen Überzahlung war ausgeführt, dass von der monatlich zustehenden Summe vom 300,00 EUR jeweils 150,00 EUR einbehalten würden, so dass lediglich 150,00 EUR zur Auszahlung kämen (§ 51 Abs.2 SGB I). Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005). Zur Begründung führte er aus, die Rechtmäßigkeit bzw. die Rechtswirksamkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides müsse wegen § 13 Abs.2 BErzGG noch nicht endgültig gegeben sein. Bei der Entscheidung über die Rückforderung bzw deren Verrechnung habe das (frühere) AVF das ihm auferlegte Ermessen auszuüben, was fehlerfrei geschehen sei. Durch die Verrechnung der Hälfte des Erziehungsgeldes bestehe nicht die Gefahr, dass Sozialhilfebedürftigkeit eintrete, da das BErzg kein Einkommen im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes sei.
Mit den am 28.10.2005 beim Sozialgericht Augsburg erhobenen Klagen verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Bescheide vom 11.07.2005 und 12.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 (S 10 EG 24/05) sowie auf Abänderung des Bescheides vom 25.07.05 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2005 (S 10 EG 25/05) weiter.
Am 17.11.2005 stellte sie in beiden Verfahren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin B. T ... Hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird auf die Anlage dieses Beschlusses verwiesen.
Das Sozialgericht Augsburg lehnte beide Anträge mit Beschluss vom 29.12.2005 ab. Es stehe der Klägerin ein Anspruch auf Erziehungsgeld nicht zu - betreffend Verfahren S 10 EG 24/05 - , da es an der Anspruchsvoraussetzung nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BErzGG fehle (Leben in einem Haushalt und Betreuung und Erzie- hung des Kindes durch die Klägerin persönlich). Zum Verfahren bezüglich Aufrechnung (S 10 EG 25/05) verwies das Gericht darauf, das die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beziehe. Erziehungsgeldleistungen seien kein Einkommen im Sinne des SGB XII. Es folge aus § 8 Abs.1 BErzGG, dass die Aufrechnung von Erstattungsansprüchen, die aus dem unrechtmäßigen Bezug von Erziehungsgeld herrührten, mit der laufenden Leistung von Erziehungsgeld gundsätzlich möglich sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn dem Leistungsempfänger noch so viel an laufenden Leistungen belassen werde, dass der Zweck des Erziehungsgeldes als einer ergänzenden Sozialleistung noch erhalten bleibe (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.06.1995 - L 6 Eg 989/94). Dies sei im Falle der Klägerin gegeben. Es sei auch zu beachten, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechnung schützenswert sei.
Mit der Beschwerde vom 03.02.2006 trägt die Klägerin vor, sie sei in ihrem Vertrauen auf die erlassenen Verwaltungsakte im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X geschützt. Die Rechtmäßigkeit der Verrechnung eines Betrages vom 150,00 EUR setze grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Rückforderung voraus. Im Falle der Klägerin sei aber die Aufhebung der gewährenden Verwaltungsakte nicht zulässig.
Der Beklagte sieht die Beschwerde als unbegründet an.
Das Sozialgericht half der Beschwerde nicht ab.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt, § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 172 Abs.1, 173, 176 SGG.
Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialge- richt die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 114 ZPO, der wie alle Vorschriften über die Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG entsprechend auf das Sozialgerichtsverfahren anzuwenden ist, erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere kann die Klägerin die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen, wie sich aus der Anlage zu diesem Beschluss ergibt. Die Anlage ist Bestandteil des Beschlusses und darf dem Beklagten nur mit Zustimmung der Klägerin zugänglich gemacht werden (§ 127 Abs.1 Satz 3 ZPO).
Auch kann bei der im Rahmen der bei Entscheidung über die Prozesskostenhilfe gebotenen prognostischen und überschlägigen Betrachtungsweise eine hinreichende Aussicht auf mindestens teilweisen Erfolg der Klage nicht verneint werden. Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtstandpunkt der Beteiligten auf Grund der Sachverhaltschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, wobei eine summarische Prüfung vorzunehmen ist. Die Erfolgsaussicht kann in der Regel nicht verneint werden, wenn weitere Beweiserhebungen von Amts wegen für notwendig gehalten werden (Meyer-Ladewig, SGG, Rdnrn.7a, b zu § 73a SGG). Ein Rechtsschutzbegehren hat insbesondere in aller Regel hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, soweit die Erfolgschance nicht nur eine ganz entfernte ist (BVerfGE 81, 347, 356 ff., BVerfG in NJW 1997, S.2103).
Unter diesen Prämissen kann der Klage eine für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausreichende zumindest teilweise hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
Zutreffend geht das Sozialgericht zwar davon aus, dass grundsätzlich durch Verwaltungsakt mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen auch gegen Ansprüche auf Erziehungsgeld nach § 51 Abs.2 SGB I bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden kann (BSG SozR 3-1200 § 51 Nr.5), wobei dies auch gilt, wenn die Klägerin Sozialhilfe bzw Leistungen nach dem SGB II bezieht (BSG a.a.O.). Richtig ist auch, dass der Klage gegen die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide ebenso wenig aufschiebende Wirkung zukommt wie der Klage gegen den Aufrechnungsbescheid (§ 13 Abs.2 BErzGG). Daraus ergibt sich aber nicht, dass bei noch nicht bestandskräftigen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden - jedenfalls im Rahmen der Prozesskostenhilfe - die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide bei der Prüfung des Aufrechnungsbescheides ohne Bedeutung ist. Anders als bei Verrechnung nach § 52 SGB I ist zwar nicht Voraussetzung, dass die zugrunde liegenden Ansprüche bestandskräftig feststehen. Aber ob die Klage gegen den Aufrechnungsbescheid Erfolg haben wird, hängt - neben anderen Voraussetzungen - von der Vorfrage ab, ob der Beklagte tatsächlich einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen hat, d.h. ob materiell ein Anspruch, mit dem aufgerechnet werden kann, gegeben ist. Dies ist keine Frage der aufschiebenden Wirkung der Klagen, sondern ihrer inhaltlichen Begründetheit. Das Fehlen der aufschiebenden Wirkung besagt, dass der Beklagte die Aufrechnung trotz Widerspruch und Klage durchführen darf, sie bedeutet aber nicht, dass die Klage betreffend die Aufrechnung bereits aus diesem Grund keine Erfolgsaussicht besitzen könnte. Da die vorgreifliche Klage gegen die Aufhebung und Rückforderung des Erziehungsgeldes aber durchaus Erfolgsaussicht hat (vgl. Beschluss des 9. Senats des Bayer. Landessozialgerichts vom 05.09.2006, Az.: L 9 B 97/06 EG PKH), kann der Klage gegen die Aufrechnung im Rahmen der Bewilligung von PKH hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls nicht abgesprochen werden.
Davon abgesehen liegt hinreichende Erfolgsaussicht aber auch deswegen vor, weil sehr zweifelhaft ist, ob der Beklagte das ihm in § 51 Abs. 2 SGB I eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Im Bescheid vom 25.07.2005 ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass eine Ermessensausübung stattgefunden hat. Es ist nur festgestellt, dass zur Tilgung der Überzahlung monatlich 150,00 EUR einbehalten werden. Eine Abwägung fand nicht statt, sie ist jedenfalls nicht zu erkennen. Im Widerspruchsbescheid vom 26.09.2005 wird auf die fehlerfreie Ermessensausübung durch des damalige AVF verwiesen, Gesichtspunkte zur Ausübung werden nicht genannt. Ob dies als Ausübung des Ermessens angesehen werden kann, ist jedenfalls zweifelhaft. Dabei spielt eine Rolle, dass durchaus Anlass bestanden hat, zumindest die Höhe des Aufrechnungsbetrages zu überprüfen. Dass trotz Bezugs von Leistungen nach dem SGB II eine Aufrechnung zulässig ist, bedeutet nicht, dass der höchste Betrag zugrunde gelegt werden muss. Die persönlichen Verhältnisse der Klägerin sind jedenfalls in die Abwägung mit einzubeziehen. Im Rahmen der summarischen Prüfung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist eine hinreichende Erfolgsaussicht auch aus diesem Grund zu bejahen.
Schließlich hält der Senat auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs.2 ZPO für erforderlich. Dies kann grundsätzlich nicht allein unter Bezugnahme auf den im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Amtsermittlungsgrundsatz verneint werden (siehe Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.02.1997 - 1 BvR 1640/96 in SozSich 97, 275). Die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts auch im sozialgerichtlichen Verfahren entspricht vielmehr der Absicht des Gesetzgebers (vgl. § 73a SGG). Dies bedeutet zwar nicht, dass grundsätzlich in jedem sozialgerichtlichen Verfahren eine anwaltliche Vertretung erforderlich erscheinen muss, vielmehr ist diese Frage jeweils gesondert zu prüfen. Dabei ist insbesondere die Schwie- rigkeit der Sach- und Rechtslage und die wirtschaftliche Bedeutung der Streitsache zu berücksichtigen. Im Falle der Klägerin weist die Streitsache überdurchschnittliche Schwierigkeiten auf. Aus einer bisherigen Berufstätigkeit lässt sich die Fähigkeit der Klägerin nicht ableiten, das Verfahren eigenverant- wortlich in angemessener Weise zu führen. Die Streitsache besitzt für die Klägerin auch eine ausreichend erhebliche Bedeutung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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