L 11 B 457/06 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 22 SO 6/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 457/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 12.04.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin im Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die 1962 geborene Antragstellerin (Ast) erhält seit mehreren Jahren Leistungen der Sozialhilfe von der Antragsgegnerin (Ag).

Mit Bescheid vom 16.12.2004 bewilligte ihr die Ag aufgrund eines Antrags vom 30.10.2003 die Kosten für eine Küchenausstattung, weil bei einem Hausbesuch vom 19.04.2004 die Prüfung ergeben habe, dass die vorhandene Küchenzeile nicht funktionsfähig sei. Hiergegen erhob die Ast Widerspruch mit Schreiben vom 20.12.2004. Die bewilligten Geräte und Einrichtungsgegenstände könnten nicht in die Küche gestellt werden. Auch in der Folgezeit konnte hierüber keine Einigung erzielt werden.

Am 04.01.2006 beantragte die Ast beim Sozialgericht München (SG) die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Kosten der Kücheneinrichtung inkl. Waschmaschine in Höhe von 3.000,00 EUR zu verpflichten. Die Kücheneinrichtung sei genehmigt. Jedoch habe sie sie seit 2 Jahren nicht erhalten. Ihr wäre sehr geholfen, wenn sie mit einem Betrag von 3.000,00 EUR passende Geräte selbst kaufen könnte.

Die Ag trat dementgegen und wies darauf hin, dass die Ast Rente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Höhe von 639,69 EUR monatlich erhalte. Ausweislich des Bescheids der BfA über die Neufeststellung der Rente vom 19.07.2005 erhalte die Ast 6.973,82 EUR als Nachzahlung. Auf entsprechende Anfragen der Ag vom 08.02.2006 und 13.02.2006 habe die Ast nicht mehr geantwortet. Einer Erledigterklärung des Rechtsstreits werde vorsorglich zugestimmt.

Die Ast gab hierzu keine Stellungnahme mehr ab.

Das SG lehnte daraufhin mit Beschluss vom 12.04.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Hiergegen hat die Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Die angekündigte Beschwerdebegründung erfolgte nicht. Auch die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht mehr vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das Sozialgericht hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so Bundesverfassungsgericht - BVerfG - vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69, 74; vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die Ast ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hat die Ast hierzu glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86b RdNr 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist bzw. wäre. Wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Falle ist ggfs. anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).

Wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat, hat es die Ast im Verfahren vor dem SG versäumt, einen Anordnungsgrund im oben angegebenen Sinne glaubhaft zu machen. Auch der Senat geht davon aus, dass die Ast zwischenzeitlich die Rentennachzahlung in Höhe von knapp 7.000,00 EUR erhalten hat und hieraus bis zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens die Möglichkeit hat, den letztlich zur Führung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen Bedarf an Kücheneinrichtungen anzuschaffen. Die Ast kann zumutbarerweise zur Deckung eines etwaigen Bedarfes auf die Rentennachzahlung verwiesen werden, da sie ihre Beschwerde nicht weiter begründet hat und auch keinerlei Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen des PKH-Verfahrens gemacht hat. Es gibt damit keine Anhaltspunkte, dass die Ast hierdurch ungleich hart betroffen wäre.

Nach alledem hat die Beschwerde insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Aus den oben angeführten Gründen ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, weil die Beschwerde keine hinreichende Erfolgsaussicht iS des § 114 Zivilprozessordnung hat. Auf das Vorliegen der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen kommt es nach alledem nicht mehr an.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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