L 13 KN 17/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 113/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 17/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. September 2004 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2000 in vollem Umfang abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der 1946 geborene Kläger hat den Beruf des Elektroinstallateurs erlernt und zuletzt mit Unterbrechungen vom Juli 1994 bis Dezember 1998 sozialversicherungspflichtig ausgeübt. Er bezog aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit wegen Lumboischialgie vom 5. November 1998 bis 14. November 1999 Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sowie zwischenzeitlich erneut Krankengeld. Vom 1. Oktober bis 30. November 2001 war er als Büro- und Lagerarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ab 11. März 2002 übte er eine geringfügige Tätigkeit als Zaunbauer aus.

Im Anschluss an eine vom 12. August 1999 bis 9. September 1999 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme, aus der der Kläger als arbeitsfähig im Beruf des Elektrikers und als vollschichtig leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Arbeiten entlassen wurde (Entlassungsbericht vom 5. Oktober 1999), beantragte er am 14. September 1999 (Eingang bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern/Oberpfalz) eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und gab an, er könne wegen seiner Lumboischialgien seit November 1998 keine Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte holte eine Auskunft des letzten Arbeitgebers (vom 22. Oktober 1999) über die Tätigkeit des Klägers ein. Der Arbeitgeber gab an, der Kläger habe Bauinstallationen durchgeführt. Diese Tätigkeit werde im Allgemeinen nicht von Fachar-beitern ausgeübt. Die Arbeiten könnten von ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet werden. Der Stundenlohn habe 18,00 DM betragen.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 20. Januar 2000). Der Kläger könne u. a. noch als Lager- und Materialverwalter für Elektromaterial, Prüf- und Messwerkzeuge in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie, als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel oder als Kassierer an Selbstbedienungstankstellen arbeiten. Er sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig. Der Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger lediglich auf einen schlechten Gesundheitszustand verwies, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2000). Unter Berücksichtigung aller erhobenen Befunde könne der Kläger noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 15 kg und ohne häufiges Bücken oder vermehrtes Knien z.B. als Hauswart in der Wohnungswirtschaft, Kassierer an Selbstbedienungstankstellen und Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel verrichten, die ihm aufgrund seines bisherigen Berufs als Elektriker auch sozial zumutbar seien.

Mit der am 9. Juni 2000 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, er könne keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen. Er leide unverändert an Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Ausstrahlung in das rechte Bein, an Verspannungen im Nacken und Taubheitsgefühlen im Bereich des rechten Oberschenkels. Auch die Kniegelenke seien nicht mehr 100-prozentig belastbar und darüber hinaus sei die Herzleistung eingeschränkt.

Das SG hat einen Befundbericht des behandelnden Allgemeinmediziners und Psychotherapeuten Dr. S. und Auskünfte des letzten Arbeitgebers vom 9. April 2001, 4. März 2004, 23. April 2004, 9. Juni 2004 und 5. Juli 2004 eingeholt. Diesmal gab der Arbeitgeber an, der Kläger habe auch diverse Reparaturen an Fernsehern und Waschmaschinen durchgeführt. Es habe sich größtenteils um Facharbeitertätigkeiten gehandelt und er sei nach dem Facharbeitertarif des Bayerischen Elektrohandwerks entlohnt worden. Er hat dazu eine Tarifvereinbarung vom 21. Juli 1994 vorgelegt. Die Elektroinstallation sei eine reine Facharbeit gewesen, daneben seien aber auch Nebenleistungen wie das Verlegen von Leitungen, Mauerdurchbrüche und anderes angefallen. Der Umfang der Arbeiten, die nur von einem Facharbeiter ausgeführt werden könnten, habe unter 50% betragen. Zusammen mit den Installationsarbeiten, die von Facharbeitern üblicherweise auch durchgeführt würden, ergebe sich aber ein Anteil von mehr als 50%.

Außerdem hat das SG den Kläger ambulant durch den Chirurgen Dr. S. (Gutachten vom 27. April 2001), den Nervenarzt Dr. S. (im Auftrag des Klägers, Gutachten vom 11. Dezember 2001), den Neurologen und Psychiater Dr. G. (Gutachten vom 1. März 2003) sowie den Orthopäden Dr. K. (Gutachten vom 14. Juni 2003) begutachten lassen.

Dr. S. hat beim Kläger ein Wirbelsäulensyndrom mit subjektiver Schmerzsymptomatik ohne wesentliche Funktionseinschränkung diagnostiziert und ihn für fähig erachtet, leichte und mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, häufiges Bücken oder Arbeiten an Maschinen und am Fließband zu verrichten. Die Veränderungen an der LWS seien altersgemäß, der neurologische Befund unauffällig und die Beweglichkeit der Knie- und Hüftgelenke sowie der Schultergelenke altersentsprechend.

Dr. S. hat eine somatoforme Schmerzstörung und eine hirnorganisch bedingte Wesensänderung diagnostiziert und ausgeführt, durch die jetzt festgestellte Wesensänderung habe sich der Gesundheitszustand verschlechtert. Der Kläger könne seit 1. Januar 2002 nur noch leichte Arbeiten im Wechselrhythmus drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Die Konzentrationsfähigkeit und die Ausdauer sowie das Verantwortungsbewusstsein seien herabgesetzt.

Demgegenüber hat Dr. G. weder auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet relevante Gesundheitsstörungen festgestellt, insbesondere keine Anhaltspunkte für eine organische cerebrale Erkrankung und keinen Hinweis für cervicale oder lumbosakrale Nervenwurzelirritationen, Nervenwurzelläsionen oder für Schäden oder Reizungen peripherer Nerven. Es liege weder ein depressives Syndrom noch ein organisches Psychosyndrom vor, wohl aber Hinweise für eine Aggravationstendenz. Neurologisch-psychiatrisch sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht einge-schränkt.

Dr. K. hat beim Kläger degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (HWS) ohne neurologisches Defizit bei geringgradigen Funktionseinschränkungen, maximal mittelgradige degenerative Veränderungen der LWS ohne neurologische Ausfälle bei gering- bis mittelgradigen Funktonseinschränkungen, einen beginnenden Kniegelenksverschleiß rechts mit geringgradigen Funktionseinschränkungen, eine geringgradige Funktionseinschränkung des linken Daumens, eine diskrete Schultereckgelenksarthrose beidseits bei Rotatorenmanschettenteilruptur rechts, Senkspreizfüße beidseits sowie eine beschwerdefreie Coxarthrose diagnostiziert und den Kläger für fähig erachtet, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus ohne besonders wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten (Arbeiten aus der Vorlage, gebückt und gehockt), ohne Arbeiten im Knien oder mit häufigem Besteigen von Leitern, Treppen und Gerüsten vollschichtig zu verrichten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. September 2004 hat das SG berufskundliche Stellungnahmen des Landesarbeitsamtes Bayern vom 29. November 2001 und 25. Februar 2002 zu möglichen Verweisungstätigkeiten für Elektroinstallateure sowie eine Auskunft aus dem Informationssystem "Gabi" zum Beruf des Elektroinstallateurs in das Verfahren eingeführt und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2000 verurteilt, den Eintritt von Berufsunfähigkeit auf Dauer am 5. November 1998 anzunehmen und dem Kläger die gesetzlich vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. September 2004, der Beklagten zugestellt am 18. Oktober 2004).

Das SG hat zur Begründung ausgeführt, Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit sei der vom Kläger erlernte und ausgeübte Beruf des Elektroinstallateurs. Durch die später kurze Zeit ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter habe er sich nicht freiwillig von diesem Beruf gelöst, denn die Aufnahme einer minderqualifizierten Tätigkeit während des Rentenverfah-rens führe in der Regel nicht zu einer dauernden Lösung vom Beruf. Elektrikertätigkeiten könne der Kläger aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen aber nicht mehr ausüben. Es lägen auch keine sozial zumutbaren Verweisungstätigkeiten vor. Die Tätigkeit als Lagerverwalter für Elektromaterial sei teilweise schwer und mit Bücken, anderen Zwangshaltungen sowie dem Besteigen von Leitern verbunden. Die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel erfordere auch das Heben und Tragen mittelschwerer Lasten und sei für die Wirbelsäule besonders belastend. Als Kassierer an Selbstbedienungstankstellen könne der Kläger wegen der damit verbundenen Belastungen wie dem Tragen von Lasten, Bücken und Besteigen von Leitern ebenfalls nicht arbeiten. Außerdem sei eine dreimonatige Einarbeitungszeit nur ausreichend, wenn kaufmännische Vorkenntnisse vorlägen. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe nicht, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein könne.

Dagegen hat die Beklagte am 8. November 2004 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt mit der Begründung, der Kläger genieße zwar Berufschutz als Elektroinstallateur, könne aber noch zumutbar auf die Tätigkeit als Arzneimittelauslieferungsfahrer, Kassierer an Selbstbedienungstankstellen oder Automatenauffüller im Tabakwarengroßhandel verwiesen werden. Als Arzneimittelauslieferungsfahrer müsse er nach Auskunft des Bundesverbandes des pharma-zeutischen Großhandels in der Regel nur Lasten bis 7 kg bewegen. Eine berufskundliche Beweiserhebung durch das LSG Nordrhein-Westfalen habe Maximalgewichte von 10 bis 15 kg ergeben. Dies sei dem Kläger noch zumutbar. Nach dem Ergebnis umfassender berufskundlicher Beweiserhebungen des LSG Nordrhein-Westfalen sei dem Kläger auch die Tätigkeit eines Kassierers an Selbstbedienungstankstellen möglich. Dazu seien 21 Auskünfte von Firmen, Betrieben und Dachverbänden des Kfz- und Tankstellengewerbes ausgewertet worden. Die Tätigkeit sei in der Regel als leicht einzustufen und nur mit dem Heben und Tragen von Gewichten unter 10 kg verbunden. Sie werde im Wechselrhythmus ausgeübt, wobei die Anteile von der Ausgestaltung der konkreten Tätigkeit abhingen. Vorkenntnisse seien nach der überwiegenden Zahl der Auskünfte nicht erforderlich. Die Anlernzeit sei mit bis zu drei Monaten angegeben worden. Tariflich werde diese Tätigkeit aber als Anlerntätigkeit entlohnt. Die Tätigkeit des Automatenauffüllers im Tabakwarengroßhandel sei ebenfalls eine leichte Tätigkeit, bei der üblicherweise Lasten von 9 kg zu bewegen seien. Die Tätigkeit könne innerhalb von drei Monaten vollwertig verrichtet werden und werde tariflich wie eine Facharbeiter-Tätigkeit entlohnt. Dies sei nicht auf qualitätsfremde Merkmale zurückzuführen, sondern auf die notwendige Zuverläs-sigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Beschäftigten. Außerdem sei der Kläger aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung auch als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektriker einsetzbar. Diese Arbeiten seien nach berufskundlichen Ermittlungen des LSG Nordrhein-Westfalen weder mit Zwangshaltungen oder einseitigen körperlichen Belastungen noch mit Überkopfarbeiten oder Witterungseinwirkungen verbunden. Auch eine besondere Feinmotorik werde hierfür nicht verlangt.

Die Beklagte hat die berufskundlichen Unterlagen, auf die sie sich in ihrer Berufungsbegründung bezieht, vorgelegt. Der Senat hat darüber hinaus berufskundliche Unterlagen des Sozialgerichts Dortmund (Az.: S 42 (38) RJ 197/97 und S 13 RJ 85/01) beigezogen. Der letzte Arbeitgeber hat auf Befragen mitgeteilt, der Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei nur mündlich geschlossen worden. Der Kläger hat sich zu den beigezogenen Unterlagen inhaltlich nicht geäußert.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. September 2004 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat keine Anschlussberufung eingelegt und bezieht seit 1. März 1999 eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau (Bescheid vom 21. Februar 2000).

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 20. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2000 nur, soweit die Beklagte es darin abgelehnt hat, dem Kläger auf seinen Antrag vom 14. September 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen. Soweit die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt hat, ist der Bescheid bindend geworden (§ 77 SGG). Der Kläger hat gegen das insoweit klageabweisende Urteil des SG keine (Anschluss) Berufung eingelegt.

Das SG hat der Klage auf Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Urteil vom 28. September 2004 jedoch zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil er noch zumutbar auf eine Tätigkeit als Verdrahtungselektriker verwiesen werden kann.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), weil er den zu Grunde liegenden Antrag vor dem 3. April 2001 gestellt hat und Rente auch für Zeiten vor dem 1. Januar 2001 begehrt (§ 300 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch). Soweit ein Anspruch (Stammrecht) erstmals für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet er sich nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Unter den selben Voraussetzungen haben seit dem 1. Januar 2001 Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1962 geboren sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 SGB VI n.F.)

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Bei ihm liegt jedoch keine Berufsunfähigkeit vor.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. Bundesssozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Das SG hat den Kläger in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten aufgrund einer zuletzt von Juli 1994 bis Dezember 1998 sozialversicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung als Elektroinstallateur innerhalb des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas nicht der Gruppe der Angelernten (mit einer Anlern- oder Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren), sondern der Gruppe der Facharbeiter (mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren) zugeordnet. Ob diese Zuordnung zutreffend ist, erscheint zweifelhaft, nachdem der damalige Arbeitgeber gegenüber der Beklagten zunächst angegeben hat, der Kläger habe Arbeiten (Leitungen auf Baustellen verlegen) ausgeführt, die üblicherweise nicht von Facharbeitern verrichtet würden und für die bei betriebsfremden ungelernten Kräften nur eine Anlernzeit von einer Woche erforderlich sei (Auskunft vom 22. Oktober 1999). Gegenüber dem SG hat derselbe Arbeitgeber dagegen ange-geben, der Kläger habe auch Elektroinstallationen und diverse Reparaturen (z.B. an Farbfernseher und Waschmaschinen) durchgeführt und sei als Facharbeiter beschäftigt sowie nach einer Facharbeiterlohngruppe des Tarifvertrags für das Bayerische Elektrohandwerk entlohnt worden (Auskunft vom 9. April 2001). Er hat zur Erläuterung ausgeführt, der Umfang der reinen Facharbeitertätigkeiten habe wohl unter 50% betragen, zusammen mit Installationsarbeiten, die von Facharbeitern üblicherweise auch durchgeführt würden, sei aber ein Anteil von mehr als 50% gegeben (Auskunft vom 5. Juli 2004). Es habe im Betrieb auch andere Facharbeiter gegeben, denen aufgrund persönlicher Qualifikation, der Dauer des Arbeitsverhältnisses etc. ein höherer Stundenlohn gezahlt worden sei (Auskunft von 23. April 2004). Später gab der Arbeitgeber allerdings an, der Kläger sei der einzige Facharbeiter mit Stundenlohn gewesen (Auskunft vom 9. Juni 2004). Danach steht nicht zweifelsfrei fest, dass der Kläger tatsächlich überwiegend Arbeiten im erlernten Beruf des Elektroinstallateurs ausgeführt hat. Die Entlohnung erfolgte - ausgehend vom angegebenen Stundenlohn in Höhe von 18,00 DM - nach Lohngruppe 2 der Tarifvereinbarung für das Bayerische Elektrohandwerk vom 21. Juli 1994 (Tariflohn 17,02 DM, Tariflohn der Gruppe 3 18,30 DM), wobei die Lohngruppe 1 Arbeitnehmer ohne einschlägige Ausbildung, die Lohngruppe 2 Elektroinstallationsmonteure mit abgeschlossener Handwerkslehre und die Lohngruppe 3 Elektroinstallationshandwerker mit abgeschlossener Handwerkslehre nach Einarbeitung und entsprechender Leistung umfasst. Danach ist die Lohngruppe 2 eine Lohngruppe, in die Facharbeiter nur zu Beginn ihrer Tätigkeit eingruppiert werden. Die Eingruppierung des ausgebildeten und berufserfahrenen Klägers in Lohn-gruppe 2 spricht nicht dafür, dass er tatsächlich als Facharbeiter beschäftigt wurde. Dies bestätigen letztlich auch die Auskünfte des Arbeitgebers, der zunächst als Tätigkeit nur das Verlegen von Elektroleitungen und erst später auch Facharbeitertätigkeiten angegeben hat, wobei deren Anteil weniger als die Hälfte der Gesamttätigkeit umfasste. Als Angelernter (des oberen Bereichs) wäre der Kläger auch auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar, die sich durch Qualitätsmerkmale wie das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.).

Aber auch wenn der Kläger der Gruppe der Facharbeiter zugeordnet wird, liegt bei ihm noch keine Berufsunfähigkeit vor, denn er kann z.B. auf die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers verwiesen werden. Aus den von der Beklagten vorgelegten und den vom Senat beigezogenen berufskundlichen Stellungnahmen ergibt sich, dass im Bundesgebiet frei zugängliche Stellen für eine Tätigkeit als Verdrahtungselektriker in nennenswertem Umfang vorhanden sind. Hierbei werden Geräte in Kleinserien an Einzelarbeitsplätzen verdrahtet und teilweise auch geprüft. In der Regel ist Wechselrhythmus möglich und die Tätigkeit weder mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, noch mit längerer Zwangshaltung, Arbeiten im Knien, Bücken oder Hocken, dem häufigen Besteigen von Leitern, Treppen und Gerüsten oder besonderen Anforderungen an die Feinmotorik verbunden, wobei die Greiffunktionen des Klägers trotz der Funktonseinschränkung des linken Daumens auch nicht nennenswert eingeschränkt sind (vgl. die aufgrund von Betriebsbesichtigungen erstellte Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Köln vom 7. Juli 2000 für das LSG NRW, Az.: L 8 RJ 180/99). Es handelt sich um Tätigkeiten, die eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten erfordern, von einem gelernten Elektriker oder Elektroinstallateur aber ohne weiteres in weniger als drei Monaten erlernt werden können (vgl. insbesondere die berufskundliche Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Bayern - vom 7. April 2005 im Verfahren mit dem Az.: L 5 R 4348/03). Eine solche Anlerntätigkeit ist dem Kläger sozial zumutbar und entspricht seinem im Wege der Beweiserhebung festgestellten beruflichen Leistungsvermögen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. G. weder neurologische noch psychiatrische Gesundheitsstörungen vorliegen, die sein Leistungsvermögen einschränken. Insbesondere liegt keine Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit, des technischen Verständnisses, der Reaktions- und Übersichtsfähigkeit, der Anpassungsfähigkeit und der geistigen Beweglichkeit vor, die der Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des bisherigen Berufsfeldes entgegenstehen könnten. Die anders lautende Beurteilung des Vorgutachters Dr. S. konnte Dr. G. in keiner Weise bestätigen, was angesichts fehlender pathologischer Befunde ohne weiteres nachvollziehbar erscheint. Orthopädisch fanden sich bei der letzten Begutachtung durch Dr. K. beim Kläger nur geringgradige Funktionseinschränkungen der HWS, bis zu mittelgradige Funktonseinschränkungen der LWS, geringgradige Funktionseinschränkungen der Kniegelenke, eine endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und eine geringgradige Funktionseinschränkung des linken Daumens. Hinsichtlich der Wirbelsäule werden dadurch nur schwere wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeschlossen. Hinsichtlich des Geh- und Stehvermögens sowie der Wegefähigkeit besteht seitens der Wirbelsäule und der Kniegelenke keine wesentliche Einschränkung. Präventiv sollten jedoch besonders kniebelastende Tätigkeiten vermieden werden. Die Beeinträchtigung am linken Daumen und der rechten Schulter schließt lediglich schwere manuelle Arbeiten, insbesondere über Kopfhöhe, aus. Eine Unfähigkeit, gelegentlich Leitern und Treppen zu besteigen, lässt sich aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen nicht begründen. Dies kann aber dahinstehen, da die Tätigkeit eines Ver-drahtungselektrikers kein Besteigen von Treppen und Leitern erfordert.

Der Kläger selbst hat weder gegen den Inhalt der von Amts wegen eingeholten Gutachten und die dort getroffene Leistungsbeurteilung, noch gegen die von der Beklagten vorgetragene Verweisbarkeit (u.a.) auf eine Tätigkeit als Verdrahtungselektriker konkrete Einwände erhoben.

Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes, die zu weiteren medizinischen Ermittlungen, insbesondere zu einer erneuten Begutachtung, Anlass geben könnten, sind weder vorgetragen worden, noch ersichtlich.

Soweit das SG die Beklagte dem Grunde nach verurteilt hat, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen, war das Urteil daher aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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