Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 528/05 WA
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 382/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 R 491/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 24.05.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die dem Sozialgericht gegenüber erklärte Rücknahme der Klage rechtswirksam ist.
Der 1946 geborene Kläger hat nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 12.09.2005 bis Juni 1991 175 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet; mit dem 17.06.1991 endet der Versicherungsverlauf. Den Antrag des Klägers vom 10.09.2004 auf Rente wegen voller Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.09.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.10.2004 ab, da trotz Erfüllung der allgemeinen Wartezeit die weitere Voraussetzung, nämlich das Vorliegen von drei Jahren Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der teilweisen/vollen Erwerbsminderung, nicht gegeben sei.
Dagegen hat der Kläger am 09.11.2004 Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Mit Fax vom 23.08.2005, eingegangen beim SG am 24.08.2005, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er "den Rechtsstreit wegen EU-Rente gegen die LVA mit sofortiger Wirkung zurückziehe".
Mit Schriftsatz vom 01.09.2005 beantragte der Kläger die "Wiederaufnahme bzw. Fortführung" der Klage. Die Rücknahme der Klage sei auf Nötigung und Erpressung u.a. gegenüber einem schwer Herzkranken und Nierenkranken gesetzeswidrig erzwungen worden. Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG den Antrag des Klägers mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2006 zurück. Es stellte fest, dass die Klage vom 09.11.2004 durch Klagerücknahme vom 24.08.2005 erledigt sei. Ein Widerruf der Klagerücknahme sei nur unter den Voraussetzungen der Wiederaufnahme gemäß den §§ 179, 180 SGG iVm den §§ 578 bis 591 ZPO möglich. Die Anfechtungsgründe des Bürgerlichen Gesetzbuches fänden hingegen auf Prozesshandlungen wie die Klagerücknahme keine Anwendung. Der Kläger habe seine Klage schriftlich wirksam gemäß § 102 SGG zurückgenommen. Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens oder für die Unwirksamkeit der Klagerücknahme seien nicht ersichtlich, zumal der Kläger ein ärztliches Attest dafür, dass sein Gesundheitszustand einer Teilnahme an einem Erörterungstermin entgegenstünde, erst vorgelegt habe, nachdem seine Klagerücknahme beim SG eingegangen sei.
Gegen den am 02.06.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.06.2006 Berufung eingelegt mit dem Begehren, die Klage fortzuführen. Er ist der Auffassung, ihm stehe bereits seit April 1994 EU-Rente zu.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 24.05.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2004 zu verurteilen, ihm ab April 1994 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 24.05.2006 als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Beklagte auf die erstinstanzielle Begründung im Gerichtsbescheid und die Ausführungen im angefochtenen Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid.
Beigezogen sind neben den Streitakten erster und zweiter Instanz die Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die früheren Klageakten des SG Würzburg S 8 Ar 164/95 und S 6 Ar 663/96 sowie die frühere Berufungsakte des BayLSG L 19 Ar 239/96.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24.05.2006 zu Recht festgestellt, dass das Klageverfahren vor dem SG mit dem Az. S 13 R 776/04 durch die Erklärung des Klägers im Fax vom 24.08.2005 durch Rücknahme erledigt worden ist (§ 102 Satz 2 SGG).
Gemäß § 102 Satz 1 SGG kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. Der Kläger hat im Fax vom 24.08.2005 die Rücknahme erklärt. Die Rücknahme der Klage kann, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, als Prozesshandlung nicht angefochten werden. Dies entspricht allgemeiner Meinung. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtung, insbesondere auch wegen Irrtums, sind auf Prozesshandlungen nicht anwendbar (vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer SGG 8.Aufl RdNr 12 vor § 60).
Möglich wäre allenfalls ein Widerruf. Dieser kommt aber nur in Betracht, wenn Restitutionsgründe gemäß § 580 ZPO vorliegen (Keller aaO Rdnr 12a). Da solche in dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen weder vorgetragen noch irgendwie erkennbar sind, kann auch der Widerruf nicht erfolgen, so dass das Klageverfahren vor dem SG Würzburg durch die Erklärung des Klägers seine Erledigung gefunden hat. Im Übrigen findet sich für die Behauptung des Klägers in der Berufungsbegründung, er sei "unter Lebensbedrohung genötigt und erpresst" worden, in den Unterlagen und auch sonst keinerlei Hinweis.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht, weil vorliegend es nicht um die Nichteinhaltung von gesetzlichen Verfahrensfristen geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb (§ 193 SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die dem Sozialgericht gegenüber erklärte Rücknahme der Klage rechtswirksam ist.
Der 1946 geborene Kläger hat nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 12.09.2005 bis Juni 1991 175 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet; mit dem 17.06.1991 endet der Versicherungsverlauf. Den Antrag des Klägers vom 10.09.2004 auf Rente wegen voller Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.09.2004 und Widerspruchsbescheid vom 11.10.2004 ab, da trotz Erfüllung der allgemeinen Wartezeit die weitere Voraussetzung, nämlich das Vorliegen von drei Jahren Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der teilweisen/vollen Erwerbsminderung, nicht gegeben sei.
Dagegen hat der Kläger am 09.11.2004 Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Mit Fax vom 23.08.2005, eingegangen beim SG am 24.08.2005, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er "den Rechtsstreit wegen EU-Rente gegen die LVA mit sofortiger Wirkung zurückziehe".
Mit Schriftsatz vom 01.09.2005 beantragte der Kläger die "Wiederaufnahme bzw. Fortführung" der Klage. Die Rücknahme der Klage sei auf Nötigung und Erpressung u.a. gegenüber einem schwer Herzkranken und Nierenkranken gesetzeswidrig erzwungen worden. Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG den Antrag des Klägers mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2006 zurück. Es stellte fest, dass die Klage vom 09.11.2004 durch Klagerücknahme vom 24.08.2005 erledigt sei. Ein Widerruf der Klagerücknahme sei nur unter den Voraussetzungen der Wiederaufnahme gemäß den §§ 179, 180 SGG iVm den §§ 578 bis 591 ZPO möglich. Die Anfechtungsgründe des Bürgerlichen Gesetzbuches fänden hingegen auf Prozesshandlungen wie die Klagerücknahme keine Anwendung. Der Kläger habe seine Klage schriftlich wirksam gemäß § 102 SGG zurückgenommen. Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens oder für die Unwirksamkeit der Klagerücknahme seien nicht ersichtlich, zumal der Kläger ein ärztliches Attest dafür, dass sein Gesundheitszustand einer Teilnahme an einem Erörterungstermin entgegenstünde, erst vorgelegt habe, nachdem seine Klagerücknahme beim SG eingegangen sei.
Gegen den am 02.06.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.06.2006 Berufung eingelegt mit dem Begehren, die Klage fortzuführen. Er ist der Auffassung, ihm stehe bereits seit April 1994 EU-Rente zu.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 24.05.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2004 zu verurteilen, ihm ab April 1994 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 24.05.2006 als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Beklagte auf die erstinstanzielle Begründung im Gerichtsbescheid und die Ausführungen im angefochtenen Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid.
Beigezogen sind neben den Streitakten erster und zweiter Instanz die Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die früheren Klageakten des SG Würzburg S 8 Ar 164/95 und S 6 Ar 663/96 sowie die frühere Berufungsakte des BayLSG L 19 Ar 239/96.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24.05.2006 zu Recht festgestellt, dass das Klageverfahren vor dem SG mit dem Az. S 13 R 776/04 durch die Erklärung des Klägers im Fax vom 24.08.2005 durch Rücknahme erledigt worden ist (§ 102 Satz 2 SGG).
Gemäß § 102 Satz 1 SGG kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. Der Kläger hat im Fax vom 24.08.2005 die Rücknahme erklärt. Die Rücknahme der Klage kann, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, als Prozesshandlung nicht angefochten werden. Dies entspricht allgemeiner Meinung. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtung, insbesondere auch wegen Irrtums, sind auf Prozesshandlungen nicht anwendbar (vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer SGG 8.Aufl RdNr 12 vor § 60).
Möglich wäre allenfalls ein Widerruf. Dieser kommt aber nur in Betracht, wenn Restitutionsgründe gemäß § 580 ZPO vorliegen (Keller aaO Rdnr 12a). Da solche in dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen weder vorgetragen noch irgendwie erkennbar sind, kann auch der Widerruf nicht erfolgen, so dass das Klageverfahren vor dem SG Würzburg durch die Erklärung des Klägers seine Erledigung gefunden hat. Im Übrigen findet sich für die Behauptung des Klägers in der Berufungsbegründung, er sei "unter Lebensbedrohung genötigt und erpresst" worden, in den Unterlagen und auch sonst keinerlei Hinweis.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht, weil vorliegend es nicht um die Nichteinhaltung von gesetzlichen Verfahrensfristen geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb (§ 193 SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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