Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 SO 284/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 275/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.02.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Kosten der Unterbringung der Antragstellerin im Pflegeheim W ...
Die 1922 geborene Antragstellerin (Ast) wohnte bis zum 09.05.2005 in D ... Ein Versuch im April 2005, zu ihrer Tochter in N. zu ziehen, scheiterte. Deshalb wurde die an seniler Demenz erkrankte Ast zunächst von ihren Angehörigen in ihre Wohnung nach D. zurückgebracht. Sie machte sich daraufhin im Mai 2005 selbstständig auf den Weg zu ihrer Tochter, wo sie nie ankam. Am 09.05.2005 wurde sie verwirrt und desorientiert am N. Bahnhof aufgefunden und ins Bezirksklinikum A. eingeliefert. Mit einstweiliger Anordnung vom 10.05.2005 erhielt sie eine Betreuerin, die sie ausweislich der Vollmacht vom 12.12.2005 auch im vorliegenden Verfahren vertritt. Die Ast wurde im Pflegeheim W. , untergebracht, weil nach Auffassung der Betreuerin der Kontakt zu ihren Verwandten ihrem Gesundheitsstand förderlich ist.
Am 03.05.2005 stellte die Ast einen Antrag auf Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten für stationäre Unterbringung im Haus W ... Diesen Antrag lehnte die Ag mit Bescheid vom 22.07.2005 ab. Sie sei nach § 9 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht verpflichtet, den Wünschen der Ast zu entsprechen, wenn hieraus unverhältnismäßig hohe Mehrkosten entstünden. Das sei hier der Fall, weil für eine Unterbringung in W. ein Tagessatz von 85,17 EUR anzusetzen sei, während eine Unterbringung im Seniorenheim D. zu einem Tagessatz von 54,44 EUR möglich sei.
Hiergegen erhob die Ast Widerspruch, den der kommunale Sozialverband Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurückwies. Mit ihrer zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage macht die Klägerin die begehrten Leistungen weiterhin geltend.
Am 21.12.2005 beantragte sie beim SG zudem, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Reinigungskosten der Wäsche der Ast für die Zeit des Aufenthaltes im Bezirkskrankenhaus A. in Höhe von 68,20 EUR zu übernehmen, Bekleidungsbehilfe für die Neuanschaffung dringend benötigter Kleidung zu gewähren, bis zum Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache der Ast ein monatliches Taschengeld in Höhe von 88,66 EUR zur Verfügung zu stellen und ab dem 06.06.2005 bis zum Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die ungedeckten Heimkosten im Pflegeheim W. zu übernehmen.
Das SG verpflichtete die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung, der Ast ab dem 22.12.2005 bis zu einer Entscheidung über die Klage vom 06.12.2005 gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des kommunalen Sozialverbandes Sachsen vom 17.11.2005, die vollen Pflegekosten im Pflegeheim W. vorläufig zu bewilligen. Im Übrigen wies die Ag den Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ab.
Hiergegen hat die Ag Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben, mit der sie weiterhin geltend macht, sie habe die unverhältnismäßig hohen Mehrkosten iS des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht zu übernehmen.
Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 199 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lehnte der Senat mit Beschluss vom 04.05.2006 ab (Az: L 11 SO 26/06 ER).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und die vorlegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein noch die vom SG im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Verpflichtung der Ag, die vollen Pflegekosten für die Ast im Pflegeheim W. für die Zeit ab dem 22.12.2005 zu übernehmen. Die übrigen von der Ast geltend gemachten Antragsbegehren hat das SG abgelehnt. Sie sind nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, weil die Ast ihrerseits keine Beschwerde erhoben hat.
Die Beschwerde der Ag erweist sich als unbegründet, weil der Ast hinsichtlich des verbleibenden Teiles ihres Antragsbegehrens sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so Bundesverfassungsgericht - BVerfG - vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69, 74; vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Ast sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hat der Ast hierzu glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86b RdNr 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist bzw. wäre. Wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Falle ist ggfs. anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236).
Die Passivlegitimation der Ag ergibt sich aus § 98 Abs 2 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und nicht wie im Ausgangsbescheid vom 22.07.2005 angegeben aus "§ 98 SGB II Abs 2 (Sozialgesetzbuch)".
Die Eilbedürftigkeit für eine entsprechende Anordnung liegt bereits wegen der persönlichen Situation der Ast, die sich im Alter von 84 Jahren allein nicht mehr helfen kann, vor.
Der Ast steht aber auch ein Anordnungsanspruch zur Seite, wie das SG ausgeführt hat. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Beschluss des SG vom 09.02.2006, denen er beitritt. Er selbst hat seinerseits in seinem Beschluss vom 04.05.2006 Az: L 11 SO 26/06 ER ausgeführt, dass für die hier zu entscheidende Frage letztlich die konkreten Umstände des Einzelfalles entscheidungserheblich sind. Soweit die Ag befürchtet, dass mögliche Überzahlungen von der Ast nicht zurückerstattet werden, stellt dies im Bereich des SGB XII die übliche Gefahrenlage für einen Leistungsträger dar. Die von der Ast vorgelegten zwei ärztlichen Atteste vom 23.01.2006 und 24.01.2006 zeigen dem Senat überzeugend, dass ihr ein Heimwechsel derzeit nicht unzumutbar ist. Die Feststellungen in diesen Attesten sind bereits vor dem Hintergrund des Alters der Ast und vor der Tatsache, dass sie bereits einmal im Zustand seniler Demenz am 09.05.2005 verwirrt und desorientiert am N. Hauptbahnhof aufgefunden worden ist, dass es sich hier um eine Entscheidung im Einzelfall handelt. Der Senat hegt zudem keine Zweifel daran, dass die Tochter der Ast überfordert wäre, müsste sie ihre Mutter im Seniorenheim in D. ergänzend versorgen und betreuen. Dies alles führt dazu, dass im Falle der Ast ausnahmsweise die erhöhten Pflegekosten zu bewilligen sind, und zwar nicht, weil es dem Wunsch der Ast entspricht, sondern weil es einer sozialen Notwendigkeit entspricht.
Die von der Ast herangezogenen Entscheidungen des VG D. sind vor diesem Hintergrund unbehelflich. Die übrigen Einwendungen sind in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zu klären.
Die Beschwerde der Ag hat nach alledem insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Kosten der Unterbringung der Antragstellerin im Pflegeheim W ...
Die 1922 geborene Antragstellerin (Ast) wohnte bis zum 09.05.2005 in D ... Ein Versuch im April 2005, zu ihrer Tochter in N. zu ziehen, scheiterte. Deshalb wurde die an seniler Demenz erkrankte Ast zunächst von ihren Angehörigen in ihre Wohnung nach D. zurückgebracht. Sie machte sich daraufhin im Mai 2005 selbstständig auf den Weg zu ihrer Tochter, wo sie nie ankam. Am 09.05.2005 wurde sie verwirrt und desorientiert am N. Bahnhof aufgefunden und ins Bezirksklinikum A. eingeliefert. Mit einstweiliger Anordnung vom 10.05.2005 erhielt sie eine Betreuerin, die sie ausweislich der Vollmacht vom 12.12.2005 auch im vorliegenden Verfahren vertritt. Die Ast wurde im Pflegeheim W. , untergebracht, weil nach Auffassung der Betreuerin der Kontakt zu ihren Verwandten ihrem Gesundheitsstand förderlich ist.
Am 03.05.2005 stellte die Ast einen Antrag auf Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten für stationäre Unterbringung im Haus W ... Diesen Antrag lehnte die Ag mit Bescheid vom 22.07.2005 ab. Sie sei nach § 9 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht verpflichtet, den Wünschen der Ast zu entsprechen, wenn hieraus unverhältnismäßig hohe Mehrkosten entstünden. Das sei hier der Fall, weil für eine Unterbringung in W. ein Tagessatz von 85,17 EUR anzusetzen sei, während eine Unterbringung im Seniorenheim D. zu einem Tagessatz von 54,44 EUR möglich sei.
Hiergegen erhob die Ast Widerspruch, den der kommunale Sozialverband Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurückwies. Mit ihrer zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage macht die Klägerin die begehrten Leistungen weiterhin geltend.
Am 21.12.2005 beantragte sie beim SG zudem, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Reinigungskosten der Wäsche der Ast für die Zeit des Aufenthaltes im Bezirkskrankenhaus A. in Höhe von 68,20 EUR zu übernehmen, Bekleidungsbehilfe für die Neuanschaffung dringend benötigter Kleidung zu gewähren, bis zum Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache der Ast ein monatliches Taschengeld in Höhe von 88,66 EUR zur Verfügung zu stellen und ab dem 06.06.2005 bis zum Erlass einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die ungedeckten Heimkosten im Pflegeheim W. zu übernehmen.
Das SG verpflichtete die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung, der Ast ab dem 22.12.2005 bis zu einer Entscheidung über die Klage vom 06.12.2005 gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des kommunalen Sozialverbandes Sachsen vom 17.11.2005, die vollen Pflegekosten im Pflegeheim W. vorläufig zu bewilligen. Im Übrigen wies die Ag den Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ab.
Hiergegen hat die Ag Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben, mit der sie weiterhin geltend macht, sie habe die unverhältnismäßig hohen Mehrkosten iS des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht zu übernehmen.
Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 199 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lehnte der Senat mit Beschluss vom 04.05.2006 ab (Az: L 11 SO 26/06 ER).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und die vorlegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein noch die vom SG im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Verpflichtung der Ag, die vollen Pflegekosten für die Ast im Pflegeheim W. für die Zeit ab dem 22.12.2005 zu übernehmen. Die übrigen von der Ast geltend gemachten Antragsbegehren hat das SG abgelehnt. Sie sind nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, weil die Ast ihrerseits keine Beschwerde erhoben hat.
Die Beschwerde der Ag erweist sich als unbegründet, weil der Ast hinsichtlich des verbleibenden Teiles ihres Antragsbegehrens sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so Bundesverfassungsgericht - BVerfG - vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69, 74; vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Ast sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hat der Ast hierzu glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86b RdNr 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist bzw. wäre. Wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Falle ist ggfs. anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236).
Die Passivlegitimation der Ag ergibt sich aus § 98 Abs 2 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und nicht wie im Ausgangsbescheid vom 22.07.2005 angegeben aus "§ 98 SGB II Abs 2 (Sozialgesetzbuch)".
Die Eilbedürftigkeit für eine entsprechende Anordnung liegt bereits wegen der persönlichen Situation der Ast, die sich im Alter von 84 Jahren allein nicht mehr helfen kann, vor.
Der Ast steht aber auch ein Anordnungsanspruch zur Seite, wie das SG ausgeführt hat. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Beschluss des SG vom 09.02.2006, denen er beitritt. Er selbst hat seinerseits in seinem Beschluss vom 04.05.2006 Az: L 11 SO 26/06 ER ausgeführt, dass für die hier zu entscheidende Frage letztlich die konkreten Umstände des Einzelfalles entscheidungserheblich sind. Soweit die Ag befürchtet, dass mögliche Überzahlungen von der Ast nicht zurückerstattet werden, stellt dies im Bereich des SGB XII die übliche Gefahrenlage für einen Leistungsträger dar. Die von der Ast vorgelegten zwei ärztlichen Atteste vom 23.01.2006 und 24.01.2006 zeigen dem Senat überzeugend, dass ihr ein Heimwechsel derzeit nicht unzumutbar ist. Die Feststellungen in diesen Attesten sind bereits vor dem Hintergrund des Alters der Ast und vor der Tatsache, dass sie bereits einmal im Zustand seniler Demenz am 09.05.2005 verwirrt und desorientiert am N. Hauptbahnhof aufgefunden worden ist, dass es sich hier um eine Entscheidung im Einzelfall handelt. Der Senat hegt zudem keine Zweifel daran, dass die Tochter der Ast überfordert wäre, müsste sie ihre Mutter im Seniorenheim in D. ergänzend versorgen und betreuen. Dies alles führt dazu, dass im Falle der Ast ausnahmsweise die erhöhten Pflegekosten zu bewilligen sind, und zwar nicht, weil es dem Wunsch der Ast entspricht, sondern weil es einer sozialen Notwendigkeit entspricht.
Die von der Ast herangezogenen Entscheidungen des VG D. sind vor diesem Hintergrund unbehelflich. Die übrigen Einwendungen sind in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zu klären.
Die Beschwerde der Ag hat nach alledem insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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