L 8 B 698/06 AL PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 330/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 698/06 AL PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 31. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Klageverfahren streiten die Beteiligten um die Rückforderung von Vorschüssen, die die Beklagte dem Kläger wegen Förderung einer beruflichen Ausbildung erbracht hat.

Der 1987 geborene Kläger beantragte am 21.10.2002 bei der Beklagten für die Ausbildung zum Koch in der Zeit vom 01.09.2002 bis 31.08.2005 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). Er beantragte, dass der Bescheid an einen seiner gesetzlichen Vertreter, seinen Vater, gerichtet werden solle.

Mit dem Bescheid vom 16.04.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 BAB in Höhe von monatlich 25,00 Euro. Bei der Berechnung rechnete die Beklagte das Einkommen der Angehörigen an. Nach dem Einkommensteuerbescheides seiner Eltern für das Jahr 2000, waren bei seinem Vater Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 56.660,00 DM vorhandenen, bei seiner Mutter 28.216,00 DM aus nichtselbständiger Arbeit.

Am 29.04.2003 beantragte der Kläger eine Anpassung unter Vorlage einer von seinem Vater unterschriebenen Bestätigung, wonach sich die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb im Jahre 2002 auf voraussichtlich nur noch 16.000,00 Euro sowie in den Jahren 2003 und 2004 voraussichtlich nur auf jeweils 15.000,00 Euro belaufen würden. Beigegeben war auch der Steuerbescheid für das Jahr 2001 (Einkünfte von 35.754,00 DM bzw. 26.000,00 DM der Eltern) sowie eine Schätzung des Steuerbescheids für 2002 und 2003.

Am 29.04.2003 bestätigte der Kläger unterschriftlich, dass es ihm bekannt sei, dass er eine sich bei der endgültigen Berechnung ergebenden Überzahlung zu erstatten habe.

Daraufhin leistete die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.2003 (bekannt gegeben an den Vater des Klägers) BAB in Höhe von 147,00 Euro vom 01.10.2002 bis 31.03.2004. Zur Begründung führte sie an, dass sich dieser Betrag unter Berücksichtigung der im Aktualisierungsantrag gemachten Angaben ergebe. Weiter enthielt der Bescheid den Hinweis, dass über die Bewilligung der BAB gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) III nur vorläufig entschieden werde, weil sich das Einkommen des Vaters noch nicht abschließend feststellen lasse. Wenn sich bei der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch in geringerer Höhe errechne, sei die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte BAB zu erstatten.

Nach Auswertung der vom Finanzamt S. am 08.12.2005 erlangten Auskünfte über Einkünfte der Eltern des Klägers in den Jahren 2002 bis 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.01.2006 mit, dass die Leistungsbewilligung teilweise zurückgenommen werde. Der Kläger habe in der Zeit vom 01.10.2002 bis 31.03.2004 BAB in Höhe von 1.728,00 Euro zu Unrecht erhalten; dieser Betrag sei gemäß § 328 Abs. 3 SGB III zu erstatten. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2006 zurück; es wurde ergänzend darauf verwiesen, dass der Kläger nach endgültiger Berechnung der BAB nur Anspruch in Höhe von 51,00 Euro monatlich gehabt habe und die überzahlte Differenz zu erstatten sei.

Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG)und macht geltend, dass selbst wenn die für ihn in nicht nachvollziehbarer Weise ermittelte Höhe des BAB-Anspruchs rechnerisch richtig sein sollte, sich die Rückforderung nicht nach § 328 Abs. 3 SGB III zu richten habe, da der BAB-Bewilligungsbescheid gegenüber dem Vater des Klägers ergangen sei. Eine Rückforderung gegenüber ihm könne nur auf § 45 SGB X gestützt werden und scheitere am Vertrauensschutz.

Am 13.03.2006, gleichzeitig mit der Klage, hat der Kläger die Bewilligung von PKH und die Beiordnung von Rechtsanwalt B. S. , N. , beantragt.

Durch Beschluss vom 31.07.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es angeführt, dass bei summarischer Prüfung - wie sie in einem Prozesskostenhilfeverfahren veranlasst sei - die erforderliche Erfolgsaussicht nicht vorliege. Die vorläufige Bewilligung von BAB in Höhe von monatlich 147,00 Euro habe auf der Erklärung des Klägers beruht, dass sein Vater voraussichtlich ein wesentlich geringeres Einkommen haben werde, als dies dann tatsächlich in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2002 bis 2004 festgestellt worden sei. Daher sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die mit Bescheid vom 31.07.2003 bewilligte BAB wegen des nicht genau feststellbaren Einkommens des Vaters des Klägers vorläufig festgestellt habe und nunmehr mit der angefochtenen Entscheidung die Überzahlung vom Kläger gemäß § 328 Abs. 3 SGB III zurückfordere. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten müsse sich der inzwischen volljährige Kläger das Wissen seines gesetzlichen Vertreters, dem der Bescheid vom 31.07.2003 mit Zustimmung des Klägers bekannt gegeben worden sei, zurechnen lassen.

Hiergegen hat der Kläger eine Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 28.08.2006).

II.

Die Beschwerde des Klägers ist zulässig (§§ 73a, 172 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit § 127 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -), aber nicht begründet.

Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet - wie das SG überzeugend ausgeführt hat - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz) zu beachten. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 8. Aufl., Rdnr. 7, 7a zu § 73a). Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936).

Auch unter Zugrundelegung dieser zu Gunsten des Klägers herabgesetzter Anforderungen ist eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht gegeben.

Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Tatsachen liegen unbestritten vor und sind auch mit der Beschwerde nicht angegriffen. Der Kläger argumentiert vielmehr damit, dass dem Kläger trotz der vorläufigen Feststellungen der Leistungen derselbe Vertrauensschutz und dieselbe Rechtssicherheit zukomme, wie bei einem erstmalig festgestellten Rechtsanspruch. Gemäß § 45 SGB X könnte aber eine derart zugewandte Leistung wegen des erfolgten Verbrauchs nicht mehr zurückgenommen und zurückgefordert werden. Zu dem betreffe ihn der an seinen Vater bekannt gegebene Bescheid nicht.

Die Rechtsansicht des Klägers trifft nicht zu.

Gemäß § 36 SGB I war der Kläger, weil er das fünfzehnte Lebensjahr vollendet hatte, handlungsfähig. Er konnte Anträge auf Sozialleistungen stellen und verfolgen sowie Sozialleistungen entgegennehmen. Der Leistungsträger soll dabei den gesetzlichen Vertreter über die Antragstellung und die erbrachten Sozialleistungen unterrichten. Diese Handlungsfähigkeit ist vom gesetzlichen Vertreter nicht durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger eingeschränkt werden. Damit, aber auch wegen der er den Kläger erfolgten Empfangsbevollmächtigung seines Vaters hinsichtlich Verwaltungsentscheidung der Beklagten, hat sich an der Stellung des Klägers als Beteiligten im Sozialversicherungsverhältnis gegenüber der Beklagten nichts geändert. Er war Rechtsinhaber des Anspruchs auf berufliche Ausbildung und Begünstigter der jeweiligen Bewiligungsbescheide. Hinsichtlich der von der Beklagten bewilligten vorläufigen Leistungen ergibt sich damit auch nichts anderes. Nur der Kläger war Inhaber des Rechts und der empfangenen Leistung. Die Kenntnis des bevollmächtigten Vaters über die vorläufige Leistungen musste er sich zurechnen lassen. Soweit dieser dem Kläger dadurch einen Schaden zugefügt haben sollte, dass er eine Anfechtung des Bescheides vom 31.07.2003 über nur vorläufige Leistungen unterlassen hat, muss sich der Kläger an seinen Bevollmächtigten halten.

Hinsichtlich des Rückforderungsverlangens der Beklagten bestehen keinerlei Bedenken. Der hier allein streitige Bescheid vom 12.01.2006 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte ist aufgrund §§ 328 Abs. 3 SGB III, 42 SGB I befugt, die tatsächlich zustehenden Leistungen ohne Bindung - der Höhe nach - an vorangegangene Feststellungen erstmalig festzusetzen und überschüssige Beträge zurückzufordern. Dies ist gerade der Sinn einer vorläufigen Leistungsbewilligung, dem Versicherten bzw. hier dem nach dem SGB III Förderungsberechtigten, bei feststehendem Anspruchsgrund vorläufig Leistungen zukommen zu lassen, ohne dass der Leistungsträger der Höhe nach an die zugewandte Leistungen gebunden ist. Ein Vertrauensschutz ist hier gerade nicht erforderlich, weil der Begünstigte genau weiß, dass die Leistung nur vorläufig erfolgt und es hier noch unterschriftlich bestätigt hatte.

Gemäß § 328 SGB III kann - wie hier zutreffend geschehen - über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind - wie hier geschehen - anzugeben. Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 328 Abs. 3 SGB III).

Im Übrigen bezieht sich der Senat in vollem Umfange auf die zutreffenden Ausführungen des SG (§ 136 Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 142 Abs. 1, 153 Abs. 1 und 2 SGG). Denn nach dem nun vorhandenen Steuerbescheid vom 02.02.2004 beliefen sich die Einkünfte des Vaters des Klägers im Jahre 2002 tatsächlich auf 25.502,00 Euro aus Gewerbebetrieb (insgesamt 32.083,00 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen) und nicht auf 16.000,00 Euro - wie es der Kläger in seinem Aktualisierungsantrag vom 29.04.2003 vorausgesagt hatte. Hinzugekommen sind Einkünfte der Mutter des Klägers von 11.496,00 Euro. Für das Jahr 2004 handelte es sich um Einkünfte von 30.932,00 Euro und 12.186,00 Euro.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen

Dieser Beschluss ist nicht mehr anfechtbar und kostenfrei (§§ 177, 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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