L 20 R 200/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 688/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 200/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 09.12.2003 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1952 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben keinen Beruf erlernt. Sie war von 1967 an als Hilfsarbeiterin, Bedienung und zuletzt von 1993 bis 1995 als Näherin und Verpackerin versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 31.10.1996 beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Nach einer Begutachtung durch den Chirurgen Dr.G. lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 30.04.1997 ab, da die Klägerin nicht berufs- oder erwerbsunfähig sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.1997 zurück. Die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin sei weiterhin in der Lage, leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen in Vollschicht zu verrichten.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 14.08.1997 Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben; dieses Gericht hat den Rechtsstreit an das SG Bayreuth verwiesen. Das SG hat Befundberichte des Orthopäden Dr.Z. , des Allgemeinarztes Dr.T. , des Allgemeinarztes Dr.B. , des Allgemeinarztes Dr.W. sowie die Unterlagen des Krankenhauses F. und die Akten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten zum Verfahren beigenommen. Auf Veranlassung des SG hat der Orthopäde Dr.D. in A. das Gutachten vom 17.03.1998 erstattet. Er hat die Klägerin nur noch für fähig erachtet, leichte Arbeiten im Sitzen für zwei bis drei Stunden zu leisten; die der Klägerin zumutbare Gehstrecke hat er auf maximal 200 Meter eingeschätzt. Nach einem Ruhen des Verfahrens hat der Chirurg Dr.T. in A. das weitere Gutachten vom 20.01.2003 erstattet. Wie bereits in den Vorgutachten vermerkt, bestehe bei der Klägerin eine erhebliche Verdeutlichungstendenz, die dazu führe, dass eine korrekte Beurteilung der objektiven Befunde eigentlich nicht möglich sei. Anhand der Befunde, die dem Sachverständigen geboten wurden, entstehe der Eindruck, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbsunfähig sei. Dieser Eindruck decke sich jedoch weder mit den objektivierbaren Befunden noch mit den angefertigten Röntgenaufnahmen. Die der Klägerin zumutbare Gehstrecke betrage weniger als 400 Meter.

Auf Veranlassung des SG hat der Arzt für Neurochirurgie und Sozialmedizin Dr.W. das weitere Gutachten nach Aktenlage vom 23.10.2003 erstattet. Aus den Befunden der jeweiligen Gutachten nachvollziehbar sei die Äußerung sowohl von Dr.G. wie auch von Dr.T., dass die Klägerin leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne einseitige körperliche Belastung vollschichtig verrichten könne. Im Gutachten von Dr.T. werde aus zwar wohl schwer zu erhebenden Befunden der klinischen Untersuchung und den doch klaren Ergebnissen der apparativen Diagnostik unter Einbeziehung der Erfahrung bei ähnlich gelagerten Fällen stimmig ein vollschichtiges Leistungsprofil entwickelt, das einen vollschichtigen Einsatz vorsehe unter der Maßgabe einiger Funktionseinschränkungen. Überraschend exakt sei die Angabe bezüglich der möglichen Gehstrecke. Ohne nähere Begründung werde eine Entfernung von weniger als 400 Metern angegeben. Aus den in diesem Gutachten aufgeführten Daten sei diese detaillierte Angabe nicht stringent nachvollziehbar.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 09.12.2003 hat das SG die Klage - gerichtet auf Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab Antragstellung - abgewiesen. Die Klägerin sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr.T. und auch von Dr.W. , wohingegen die Leistungsbeurteilung durch Dr.D. nicht fachgerecht bzw. nachvollziehbar sei. Insbesondere sei die von Dr.D. angenommene Lockerung der Hüftendoprothese (nach Operation im März 1995) später nicht mehr festgestellt oder nachgewiesen worden. Nach der Auffassung des Gerichts sei auch ein Nachweis einer Einschränkung der zumutbaren Wegstrecke auf weniger als 500 Meter nicht erbracht, was letztlich von Dr.W. bestätigt worden sei. Zur Überzeugung des Gerichts liege deshalb eine gesundheitsbedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter acht Stunden täglich nicht vor, zumindest sei eine solche nicht nachgewiesen. Gleiches gelte für die diskutierte Einschränkung der zumutbaren Wegstrecke auf unter 500 Meter.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 07.04.2004 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Diese hat mitgeteilt, dass seit Januar 1999 keine fachorthopädische Behandlung mehr erfolgt sei; seit dieser Zeit finde nur eine hausärztliche Betreuung statt. Der Senat hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.J. und des Chirurgen Dr.D. zum Verfahren beigenommen. Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Dr.G. das Gutachten vom 27.02.2006 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin erstattet. Er hat als Diagnosen genannt: 1. Periarthropathie der linken Hüfte nach operativ versorgter Schenkelhalsfraktur 1987 sowie Implantation einer zement freien Hüftendoprothese 1995, 2. rezidivierendes Lumbalsyndrom funktioneller Genese, 3. rezidivierendes Zerfikalsyndrom funktioneller Genese. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten, überwiegend sitzend in geschlossenen Räumen verrichten, und zwar im Umfang von vollschichtig bzw. mindestens 6 Stunden bei durchschnittlicher Belastung und betriebsüblichen Arbeitspausen. Die Klägerin erscheine auch für fähig, Wegstrecken zu Fuß von etwa 500 Metern in einer Zeit von etwa 20 Minuten zurückzulegen; die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie eines PKW sei möglich. Eine rentenrelevante Wegstreckeneinschränkung liege aus Sicht des Sachverständigen nicht vor. Das beschriebene Leistungsbild bestehe zumindest seit Rentenantragstellung im Oktober 1996; seither sei eher von einer Besserung der Belastungsfähigkeit der linken Hüfte auszugehen. Die Klägerin hat in Kenntnis des Gutachtens mitgeteilt, dass sie an ihrem Klage- und Berufungsbegehren festhält.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Bayreuth vom 09.12.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab Antragstellung, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten des SG Bayreuth sowie Kopien aus den Akten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten und der Leistungsakte der Bundesanstalt für Arbeit vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel der Klägerin erweist sich als nicht begründet.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit iS des § 43 SGB VI oder wegen Erwerbsunfähigkeit iS des § 44 SGB VI, jeweils in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung nicht zusteht. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf die während des Klageverfahrens erstellten Gutachten des Dr.T. und des Dr.W. gestützt und hat auch überzeugend dargelegt, weshalb der Begutachtung durch Dr.D. in der Leistungsbeurteilung nicht gefolgt werden konnte. Das vom SG gefundene Ergebnis ist durch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren in vollem Umfang bestätigt worden. Der Orthopäde Dr.G. hat in seinem Gutachten vom 27.02.2006 ausdrücklich eine Besserung im Gesamtbefinden der Klägerin seit Rentenantragstellung erkannt, wobei auch von einer Besserung der Belastungsfähigkeit der linken Hüfte auszugehen sei. Die objektivierbaren Beeinträchtigungen hat er als nicht derartig ausgeprägt angesehen, als dass dadurch aktuell oder retrospektiv eine Aufhebung der Leistungsfähigkeit aus orthopädischer Sicht formuliert werden könnte. Die Klägerin kann deshalb nach seiner Auffasung noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen in Vollschicht verrichten.

Die Befunderhebung und die Leistungsbeurteilung durch den ärztlichen Sachverständigen sind in sich schlüssig und eindeutig. Er hat alle bei der Klägerin vorliegenden objektivierbaren Befunde gewürdigt, hat sich auch mit den Ergebnissen der Vorgutachten auseinandergesetzt und daraus - für den Senat überzeugend - die aktuell wie auch retrospektiv zutreffende Leistungsbeurteilung getroffen. Die aufgrund ihres Berufsweges auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin ist demnach nicht berufs- oder erwerbsunfähig iS der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung. Bei weiterhin gegebenen vollschichtigem Leistungsvermögen besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit 2001 geltenden Neuregelung.

Da die Berufung der Klägerin zurückzuweisen war, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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