L 7 B 754/06 AS PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 22 AS 531/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 754/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Rahmen eines Verfahrens wegen Arbeitslosengeld II streitig.

Die 1955 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am 27.10.2005 bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Bg.) die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 11.11.2005 lehnte die Bg. den Antrag mangels Hilfebedürftigkeit ab. Nach den Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) verfüge die Bf. über ein Vermögen von insgesamt 93.791,95 Euro, welches die Grundfreibeträge von 10.750,00 Euro übersteige. Die Bf. sei daher in der Lage, ihren Lebensunterhalt aus dem Vermögen zu bestreiten. Der notwendige Lebensunterhalt belaufe sich unter Berücksichtigung des Regelsatzes, der Kosten der Unterkunft und freiwilliger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf 759,87 Euro monatlich. Die Bf. sei daher in der Lage, aus ihrem ungeschonten Vermögen von 83.041,95 Euro für ca. neun Jahre ihren notwendigen Lebensunterhalt zu finanzieren. Mit dem Widerspruch machte die Bf. insbesondere geltend, es sei zu berücksichtigen, dass sie ihre Versicherungen nicht abgeschlossen habe, um später in Saus und Braus leben zu können, sondern um ihre aufgrund ihrer schlechten Verdienste und häufigen Arbeitslosigkeiten sehr geringe gesetzliche Rente von ca. 481,00 Euro auf das Existenzminimum anzuheben, damit sie später der Allgemeinheit nicht zur Last fiele. Durch den "Zwang", diese Versicherungen nunmehr aufzulösen, werde sie automatisch später zum Sozialfall. Dies könne und dürfe nicht Zweck der von der Bg. angewendeten Vorschriften sein. Nach Vorlage weiterer Unterlagen wies die Bg. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2006 zurück. Allein die Verwertung der Lebensversicherung W. Nr.24575854 sei als unwirtschaftlich anzusehen. Denn der Summe der eingezahlten Beiträge in Höhe von 7.992,64 Euro stehe ein Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung von 4.081,73 Euro gegenüber. Der Verkehrswert umfasse 51 % des Substanzwertes. Im Übrigen verbleibe ein zu berücksichtigendes Vermögen im Wert von 69.534,52 Euro. Dieser Betrag übersteige den Grundfreibetrag gemäß § 12 Abs.2 Nr.1 und Nr.4 SGB II um 58.784,52 Euro, weshalb Hilfebedürftigkeit nicht gegeben sei.

Dagegen hat die Bf. am 11.04.2006 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr.jur.G.H. beantragt. Bei den Vermögensgegenständen handle es sich um Altersvorsorge, die bei der Frage der Bedürftigkeit keine Berücksichtigung finden dürften. Sie könne ihrer Meinung nach nicht auf ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen werden, da die von ihr zur Zeit erworbene Rentenanwartschaft, bezogen auf das 65. Lebensjahr, bei lediglich 481,32 Euro und somit weit unterhalb des Durchschnittes liege. Zumindest würde es jedoch eine weder von Gesetzgeber noch von der BSG-Rechtsprechung beabsichtigte "besondere Härte" bedeuten, sollte man sie bei Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II auf die vorhandenen Versicherungsverträge verweisen.

Mit Beschluss vom 24.07.2006 hat das SG den Antrag auf die Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt. Zu Recht habe die Bg. schlüssig und nachvollziehbar ein einzusetzendes Vermögen (§ 12 SGB II) der Bf. in Höhe von 69.534,42 Euro (bei einem Gesamtvermögen von mehr als 100.000,00 Euro nach den eigenen Angaben der Bf.) ermittelt. Demgegenüber würden Freibeträge gemäß § 12 Abs.2 Nrn.1, 4 SGB II in Höhe von 10.950,00 Euro bei Klageerhebung stehen. Die Voraussetzungen von § 12 Abs.2 Nrn.2, 3 SGB II lägen ebensowenig vor, wie die von § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.3 SGB II. Schließlich läge entgegen der Auffassung der Bf. eine besondere Härte im Sinne von § 12 Abs.1 Satz 3 Nr.6 SGB II nicht schon darin, dass die Bf. im Falle einer Verwertung von (beträchtlichen) Teilen ihres Vermögens (wie im Gesetz vorgesehen) damit rechnen müsse, im Alter eine geringere als die durchschnittliche Rente zu erhalten. Das Alg II sei eine bedürftigkeitsabhängige Fürsorgeleistung, woraus folge, dass der Hilfesuchende zunächst auf den Einsatz des eigenen Vermögens zu verweisen sei, bevor er Leistungen der Allgemeinheit in Anspruch nehmen könne (§ 9 Abs.1 Nr.2 SGB II). Vor diesem Hintergrund könne die Bf. nicht erwarten, die voraussichtlich mehr als zehn Jahre bis zum Beginn ihrer Altersrente mit staatlichen Fürsorgeleistungen überbrücken zu können und anschließend, durch den Einsatz ihres ungeschmälerten Vermögens, in den Genuss einer "zumindest durchschnittlichen Altersversorgung" kommen zu können. Die vorliegende Konstellation sei auch keineswegs völlig untypisch im Sinne eines besonderen Härtefalls dergestalt, dass die vorhandenen Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögen unzureichend seien oder auf den hier zu entscheidenden Fall in Folge besonderer Umstände nicht passen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde. Der angefochtene Beschluss gehe im Ansatz zutreffend davon aus, dass sie im Falle einer Verwertung von Teilen ihres Vermögens damit rechnen müsse, im Alter eine geringere als die durchschnittliche Rente zu erhalten. Zu Unrecht werde daraus jedoch nicht der nach ihrer Auffassung zwingende Schluss gezogen, dass sie diese Vermögenswerte zu erhalten habe, um eine auch bescheidene Altersversorgung zu sichern.

Die Bf. beantragt,

den Beschluss des SG München vom 24.07.2006 aufzuheben und ihr für das Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Bg. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen im angefochtenen Beschluss des SG an.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Bg. und die Verfahrensakten beider Rechtszüge verwiesen.

II.

Der Antrag der Klägerin ist zulässig (§§ 73a, 114 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 127 Abs.1 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -), aber nicht begründet.

Nach § 73a Abs.1 SGG i.V.m. § 114 erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 Satz 1 ZPO).

Es kann für den vorliegenden Antrag dahinstehen, ob die Klägerin die wirtschaftlichen Voraussetzungen auf Gewährung von PKH erfüllt und sie im Sinne der insoweit maßgeblichen Vorschriften über die PKH (§§ 73a SGG, 115 ff. ZPO) bedürftig ist.

Jedenfalls liegen keine Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO vor. Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7.Aufl., Rdnr.7b zu § 73a). An der Sachlage hat sich seit Antragstellung nicht verändert. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen nicht vor.

Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art.3 Abs.1, 20 Abs.3, 19 Abs.4 Grundgesetz) zu beachten. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers bzw. der Klägerin aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 8.Aufl., Rdnrn.7, 7a zu § 73a). Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936).

Erfolgsaussichten im vorbezeichnten Sinne sind nicht gegeben. Insofern kann in vollem Umfang gemäß § 142 Abs.2 Satz 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen werden. Die Bf. hat hiergegen in ihrer Beschwerdeschrift nichts Maßgebliches vorgebracht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar und kostenfrei (§§ 177, 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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