L 2 B 685/06 P ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 P 46/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 685/06 P ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung für zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel zu Gunsten der Beschwerdeführerin sowie ein Verbot gegenüber der Beschwerdegegnerin, eine Bestätigung zu verlangen, dass die gewünschten Produkte ausschließlich für die ambulante private Pflege verwendet würden und eine Versorgung der Beschwerdeführerin mit diesen Pflegehilfsmitteln von der Abgabe dieser Erklärung abhängig zu machen.

Die die Pflegeleistungen gegenüber der Beschwerdeführerin erbringende Leistungserbringerin, die Firma E. , hat mit den Spitzenverbänden der Pflegekassen einen Vertrag gemäß § 78 Abs. 1 i.V.m. § 40 Abs. 2 SGB XI (Sozialgesetzbuch XI) geschlossen. Gegenstand des Vertrages ist die Abgabe zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel an Pflegebedürftige, die einen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben. Danach wählt der Pflegebedürftige bzw. sein gesetzlicher Vertreter oder Betreuer selbstständig die Art der Versorgung mit zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln. Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel sind vom Leistungserbringer an den Pflegebedürftigen, der Anspruch auf Leistungen gemäß § 40 Abs. 2 SGB XI hat, freihaus abzugeben. Die Pflegekasse überprüft gemäß § 40 Abs. 1 SGB XI die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes. Vor der Lieferung von zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln an einen Pflegebedürftigen ist eine Kostenübernahmeerklärung von der zuständigen Pflegekasse einzuholen. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen monatlich den Betrag von jeweils 31,00 Euro nicht übersteigen. Der Antrag auf Kostenübernahme befindet sich in der Anlage 4 zum Vertrag. Vorgesehen sind Angaben des Plegebedürftigen bezüglich der Art der Artikel (Bettschutzeinlagen, Fingerlinge, Einmalhandschuhe, Mundschutz, Schutzschürze, Desinfektionsmittel), zur benötigten Menge und eine Erklärung, mit der bestätigt wird, dass die gewünschten Produkte ausschließlich für die ambulante private Pflege verwendet werden. Dieser Antrag ist vom Pflegebedürftigen bzw. dessen Betreuer zu unterschreiben.

Im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 06.06.2006 führte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin aus, es könnten keinerlei Angaben über den Bedarf gemacht werden, denn es könne nicht abschließend gesagt werden, ob sich in der Zukunft das Bedürfnis zum Bezug anderer Pflegehilfsmittel ergeben werde. Die Pflegeintensität könne sich täglich ändern. Eine Rechtsgrundlage, nach der diese Angaben gemacht werden müssten, sei nicht ersichtlich. Die Überprüfungsmöglichkeit des § 40 Abs. 1 SGB XI betreffe ausschließlich technische Pflegehilfsmittel. In Abs. 2 der Vorschrift sei eine solche Überprüfungsmöglichkeit nicht geregelt, auch sei es rechtswidrig von der Beschwerdeführerin, die Bestätigung zu fordern, dass die Produkte ausschließlich für ambulante private Pflege verwendet würden. Dies sei nicht prüfbar und steuerbar. Die Beschwerdeführerin sei nun darauf verwiesen, sich die Pflegehilfsmittel, die sie dringend brauche, selbst zu kaufen. Hierzu sei sie in Anbetracht ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage. Daher sei sie ständig gefährdet, sich anzustecken. Auch bestehe die Gefahr, dass die Pflege nicht in der erforderlichen Intensität durchgeführt werde.

Mit Beschluss vom 20.07.2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin hätte durch Ausfüllen der Anlage 4 ohne weiteres eine zeitnahe Entscheidung der Antragsgegnerin erreichen können. Bislang fehlten genaue Angaben über die Art der beantragten Hilfsmittel sowie über die ungefähre Menge des Bedarfs. Die Antragsgegnerin habe nichts Unmögliches verlangt, sie wolle einzig und allein einen groben Anhaltspunkt aufgrund einer gewissenhaften Schätzung erhalten. Für eine Unterlassung einer solchen Erklärung sei kein Rechtsgrund ersichtlich. Zudem liege kein Anordnungsgrund vor, da keine Eilbedürftigkeit gegeben sei. Es sei nicht vorgetragen, dass sich die Antragstellerin die Pflegehilfsmittel selbst beschafft habe. Die rein abstrakte Gefährdung, die die Antragstellerin geltend mache, reiche für die Annahme einer eilbedürftigen Entscheidung nicht aus.

Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen und sie dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und Beschwerdeakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 SGG i.d.F. des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.08.2001 kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Sie kommt in Betracht, wenn die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung besteht, gegebenenfalls auch zur vorläufigen Begründung oder Erweiterung der Rechtsposition, soweit dies z.B. zur Abwehr von wesentlichen Nachteilen erforderlich ist. Sie setzt, wie jede andere einstweilige Anordnung, einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung besteht.

Im vorliegenden Fall fehlt es an der Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Eine einstweilige Anordnung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht erforderlich. Ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile der Beschwerdeführerin ohne eine gerichtliche Eilentscheidung drohen könnten. In Anbetracht der nicht allzu hohen Kosten, der aus den vorliegenden Unterlagen nicht eindeutig ersichtlichen Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln und einer nur ganz allgemein behaupteten Ansteckungsgefahr kann von besonderer Eilbedürftigkeit nicht ausgegangen werden.

Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin hat sich bislang geweigert, den Antrag in der Anlage 4 des Vertrages auszufüllen. Ohne nähere Angaben zu Art und Menge der begehrten Pflegehilfsmittel ist eine Entscheidung der Beschwerdegegnerin nicht möglich. Derartige Angaben sind der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Betreuerin zumutbar, dies umso mehr, als gemäß § 40 Abs. 1 SGB XI die Pflegekasse verpflichtet ist, die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Hilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes zu überprüfen.

Auch bezüglich des Antrages, der Beschwerdegegnerin zu untersagen, eine Bestätigung zu verlangen, dass die gewünschten Produkte ausschließlich für die ambulante private Pflege verwendet werden, ist ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich. Eine Eilbedürftigkeit ist nicht glaubhaft gemacht.
Rechtskraft
Aus
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