L 7 AS 245/06 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 521/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 245/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beklagte und Antragsgegnerin (Ag.) bewilligte dem 1949 geborenen Kläger und Antragsteller (Ast.) zunächst mit Bescheid vom 21.07.2005 für die Zeit vom 09. - der Antrag war am 09.06.2005 gestellt worden - bis 30.06.2005 monatlich 253,00 EUR und für die Zeit vom 01.07. bis 30.11.2005 345,00 EUR monatlich Arbeitslosengeld (Alg) II. Mit Kürzungsbescheiden vom 08.08. und 19.09.2005 wurden die Leistungen ab 01.08.2005 herabgesetzt, für Oktober 2005 schließlich auf 138,00 EUR und für November auf 241,50 EUR. Mit weiterem Kürzungsbescheid vom 25.10.2005 wurde die Leistung ab 01.11.2005 für drei Monate auf 138,00 EUR herabgesetzt. Hiergegen legte der Ast. Widerspruch ein und rügte u.a. die fehlende Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft (KdU). Mit Bescheid vom 08.02.2006 half die Ag. dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte unter Anerkennung von KdU von 82,53 EUR für die Zeit vom 01.10. bis 30.11.2005 monatlich 220,53 EUR. Im Übrigen wies sie die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 05. und 06.04.2006 als unbegründet zurück. Höhere KdU seien dem Kläger nicht zu erstatten, da es sich bei dem von ihm vorgelegten Mietvertrag, der seine Mutter als Vermieterin bezeichne, um ein Scheingeschäft handele.

Mit einem am 30.06.2006 beim Sozialgericht Augsburg (SG) eingegangenen Schreiben vom 29.06.2006 hat der Ast. Klage erhoben. Die Frist habe er wegen einer schweren Erkrankung seiner Mutter, die am 18.05.2006 schließlich verstorben sei, nicht einhalten können. Die Beerdigung habe am 23.05.2006 stattgefunden. Bereits knapp vier Wochen später habe er nach vorherigen Besprechungsterminen mit seinen Bevollmächtigten Klage erhoben.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, die Widerspruchsbescheide seien dem Bevollmächtigten am 07.04.2006 bekannt gegeben worden, die Klage wäre deshalb spätestens am 07.05.2006 zu erheben gewesen. Wiedereinsetzungsgründe gemäß § 67 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen nicht vor. Der Ast. habe gegen diverse Bescheide der Beklagten rechtzeitig Widerspruch eingelegt, z.B. im fraglichen Zeitraum durch seinen Bevollmächtigten am 27.04. gegen einen Bescheid vom 20.04.2006. Darüber hinaus habe er bei der Ag. sogar kurz nach dem Tod seiner Mutter am 24.05.2006 persönlich vorgesprochen und habe zwischen dem Tod seiner Mutter und der Klageerhebung einen Neuantrag bei der Ag. gestellt. Vor dem Tod seiner Mutter sei nach den eigenen Angaben des Ast. ein mobiler Pflegedienst im Einsatz gewesen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Ast. Berufung eingelegt und einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er habe die Klagefrist nicht einhalten können, da sich der Zustand seiner Mutter täglich verschlechtert habe und diese Tage nach Ablauf der Frist im eigenen Haus verstorben sei. Seit 01.08.2006 erhalte er keinerlei Zahlungen mehr, obwohl er das Geld für seinen Lebensunterhalt benötige und laufende Nebenkosten zu tragen habe.

Die Ag. verweist darauf, dass der Ast. hinsichtlich der Leistungen ab dem 01.05.2006 Widerspruch eingelegt habe, da erneut Sanktionen verhängt worden seien. Ab 01.07.2006 seien wegen Nichtbefolgung von Vermittlungsvorschlägen, der Verweigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung, der Versäumung von Meldeterminen und der Nichtteilnahme an einem Bewerbertraining zehn Mal Kürzungen ausgesprochen worden. Da der Ast. seine Weigerungshaltung fortsetze und sich nach wie vor auf Vermittlungsvorschlägen nicht nachkommen, würden ab 01.12.2006 aller Voraussicht nach weitere Sanktionen in Kraft treten. Der Ast. sei nachgewiesenermaßen im Juli und August einige Tage als Bergführer tätig gewesen und habe entsprechende Einkünfte erzielt. Es stehe zu vermuten, dass er auch im September, Oktober und November Einkommen erzielt habe. Jedenfalls habe er die Rückstände bezüglich der laufenden Strompauschalen ausgeglichen. Ihm seien auch Lebensmittelgutscheine angeboten worden, die er nicht habe in Anspruch nehmen wollen. Bis zur Klärung der Einkommenssituation seien die Leistungen ab dem 01.12.2006 vorläufig eingestellt.

II.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs.2 SGG liegen nicht vor. Denn eine solche Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn bei summarischer Prüfung das Hauptsachebegehren keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Dies ist hier der Fall. Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, da unstreitig die Klagefrist versäumt wurde und Wiedereinsetzungsgründe nach § 67 Abs.1 SGG nicht erkennbar sind. Der Ast. war zur damaligen Zeit durch seine bevollmächtigten Rechtsanwälte, denen die Widerspruchsbescheide zugestellt wurden, vertreten. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass diese am 27.04.2004 in einer anderen Angelegenheit Widerspruch eingelegt haben. Deshalb ist es trotz der anzuerkennenden schwierigen Situation, in der sich der Ast. wegen der schweren Erkrankung seiner Mutter befunden hat, nicht nachvollziehbar, dass er nicht zumindest seine Bevollmächtigten mit der Klageerhebung beauftragt hat. Im Übrigen müsste, wollte man die schwere Erkrankung und den Tod der Mutter als Entschuldigungsgründe für das Verstreichen der Klagefrist anerkennen wollen, ein Wegfall dieses Hinderungsgrundes spätestens mit der Beerdigung am 23.05.2006 angenommen werden. Gemäß § 67 Abs.2 Satz 1 SGG hätte der Wiedereinsetzungsantrag binnen eines Monats nach Wegfall dieses Hindernisses gestellt werden müssen, was aber ebenfalls nicht der Fall war, obwohl der Ast. angibt, in dieser Zeit mehrere Besprechungstermine mit seinen Bevollmächtigten gehabt zu haben.

Die in der Folgezeit ergangenen Bescheide sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Diesbezüglich ist der Ast. gehalten, Widerspruch und gegebenenfalls Klage zu erheben. Im Übrigen ist sein Verhalten nicht nachvollziehbar, wenn er einerseits eine akute Notlage reklamiert, andererseits aber jegliche Mitarbeit im Zusammenhang mit Vermittlungsvorschlägen oder Eingliederungsmaßnahmen verweigert. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ist daran geknüpft, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten nutzt, seine Erwerbslosigkeit und damit seine Hilfebedürftigkeit zu beenden. Hierzu ist der Ast. offensichtlich nicht bereit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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