L 8 B 117/04 AL PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 AL 277/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 117/04 AL PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 09.01.2004 wies das Sozialgericht Regensburg (SG) den am 13.06.2003 gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe ab.

Die Klage des Klägers richtete sich zum einen gegen eine Meldeaufforderung und zum anderen gegen ein Verwaltungshandeln der Beklagten, mit welchem diese dem Rentenversicherungsträger Auskünfte über eventuelle Anrechnungszeiten erteilte. Daneben noch auf rückwirkende Zahlung von Arbeitslosenhilfe und Nachholung einer Meldung an die BfA.

Der Antragsteller bezog bis 1991 Leistungen vom Arbeitsamt (jetzt: Arbeitsagentur) R ... Mit Schreiben vom 21.01.2002 meldete sich der Kläger arbeitssuchend und "arbeitslos". Die Beklagte teilte diesem daraufhin schriftlich am 25.01.2002 mit, dass gemäß § 122 SGB III eine Arbeitslosmeldung nur persönlich erfolgen könne. Damit war der Kläger nicht einverstanden und widersprach dem Schreiben der Beklagten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2003 verwarf die Beklagte den Rechtsbehelf als unzulässig. Ein Widerspruch könne nur gegen einen Verwaltungsakt gerichtet werden. Beim Schreiben vom 25.01.2002 habe es sich aber um die Aufklärung über die Rechtslage gehandelt. Eine Regelung des Rechtsverhältnisses zum Klägers selber sei nicht erfolgt.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.06.2003 Klage mit der Begründung, dass von ihm, der keine Leistungen der Beklagten beziehe, eine persönliche Meldung ausweislich der Merkblätter für Arbeitslose über die zurückliegenden 10 Jahre nicht habe verlangt werden durfte. Danach genüge es, dass das Vermittlungsgesuch im Abstand von drei Monaten persönlich, schriftlich und/oder fernmündlich erneuert und Sozialhilfe bezogen werde. Daher befürchte er, dass er nunmehr seine Anrechnungszeiten verliere.

Das zweite Verwaltungsverfahren bezog sich auf Meldungen der Beklagten an den Rentenversicherungsträger, bei denen der Kläger das Fehlen von Zeiten (02.04.1991 bis 10.05.1991, 16.06. 1991, 18.06.1991 bis 11.08.1991 und 12.08.1992 bis 03.04.2002) bemängelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 führte die Beklagte dazu aus, dass über diese Zeiten noch nicht rechtsbehelfsmäßig (mit Verwaltungsakt) entschieden worden sei. Daher sei auch dieser Widerspruch unzulässig. Eine diesbezügliche Entscheidung wurde im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 31.07.1990 - Az.: 11 BAr 21/90) in Aussicht gestellt.

Auch hiergegen erhob der Kläger Klage zum SG mit der Begründung, dass er erst jetzt darüber informiert worden sei, dass er sich ständig persönlich hätte arbeitslos melden müssen. Er sei 10 Jahre lang absichtlich in einem Wirkungen gelassen worden. Er habe 42 schriftliche Arbeitslosmeldungen aufzuweisen, die nicht sinnlos gewesen sein könnten.

Am 13.06.2003 (Eingang 18.06.2003) hat der Kläger Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 19.01.2004 hat das SG den Antrag zurückgewiesen. Gegen den am 06.02.2004 bekannt gegebenen Beschluss hat der Kläger am 01.03.2004 Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass die angefochtenen Widerspruchsbescheide ohne jeden Zweifel klagefähig seien. Die eigentliche Begründung werde der VDK liefern, dessen Mitglied er sei.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 16.03.2004).

II.

Der Antrag Klägers ist zulässig (§§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. 127 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -), aber nicht begründet.

Nach § 73a Abs. 1 SGG (i.V.m. § 114 ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Zunächst kann dahingestellt sein, ob beim Kläger - angesichts der von ihm selbst angeführten Mitgliedschaft im VDK - die wirtschaftlichen Voraussetzungen auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) vorliegen und er im Sinne der insoweit maßgeblichen Vorschriften über die PKH (§§ 73a SGG, 115 ff. ZPO) bedürftig ist.

Jedenfalls liegen in der Sache des Klägers keine Erfolgsaussichten vor.

Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an (vgl. Meyer-Ladewig, Komm. zum SGG, 7. Aufl., Rdnr. 7b zu § 73 a). Im Übrigen hat sich an der Sachlage seit Antragstellung im Juni 2003 nichts verändert. Hinreichende Erfolgsaussichten lagen und liegen - bei der gebotenen summarischen Prüfung, die sich hier vorwiegend auf Tatsachenfragen erstreckt, nicht vor.

Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz) zu beachten. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 8.Aufl., Rdnr. 7, 7a zu § 73a). Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000,1936). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei ist, wie sich aus dem auf die Rechtsverfolgung abstellenden Wortlaut und dem Normzweck der §§ 114 Satz 1, 119 Satz 2 ZPO ergibt, entscheidend auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sache selbst und nicht auf einen davon losgelösten Erfolg des Rechtsmittels zu sehen. Prozesskostenhilfe ist deshalb auch nicht zu bewilligen, wenn das materielle Ergebnis sich in der Berufungsinstanz voraussichtlich nicht ändern wird (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.09.1993 - Az.: III ZA 3/93 - ZIP 1993, 1729). Denn der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet lediglich, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG FamRZ 1993, 664, 665).

Entscheidend ist demnach auf die Rechtmäßigkeit des im Streit stehenden Verwaltungshandelns abzustellen. Der Kläger ist durch das Handeln der Beklagten nicht beschwert. Er ist nicht in seinen verfassungsgemäßen Rechten verletzt.

Die von der Beklagten vorgenommene Aufklärung über die förmlichen Voraussetzungen einer Arbeitslosmeldung beruht auf die in den Sozialversicherungsträger zu kommenden Verpflichtungen im Sozialversicherungsverhältnis, jeden über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch zu beraten (vgl. § 14 SGB I). Der von der Beklagten erteilte Hinweis entspricht auch der Rechtslage und ist damit nicht falsch und nicht gegebenenfalls zu unterlassen. Zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung galt jedenfalls die Verpflichtung des Arbeitslosen, sich persönlich arbeitslos zu melden (vgl. § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes 1997). Eine entsprechende allgemeine Leistungsklage des Klägers auf Unterlassung der erfolgten Auskunft oder Erteilung einer anderen Auskunft findet damit keine Rechtsgrundlage. Eine insoweit erfolgte Klage wäre demnach unbegründet. Ebenso ohne Erfolg ist eine Anfechtungsklage. Diese setzt, wie die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend zum Ausdruck bringt, zu ihrer Statthaftigkeit den Erlass eines Verwaltungsaktes voraus (vgl. § 62 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -, §§ 78 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 31 SGB X). Hier ist aber keine Regelung im Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Kläger und der Beklagten erfolgt. Das im Streit befindliche Verwaltungshandeln betrifft ausschließlich Nebenpflichten und verlangt von keinem Beteiligten ein verbindliches Tun oder Unterlassen oder sonst eine Verpflichtung.

Ähnliches gilt für den zweiten Klagegegenstand. Hier verneint die Beklagte zurecht bereits selbst das Vorliegen einer Regelung über die betreffenden Zeiträume. Es ist auch nicht ersichtlich, dass durch die dem Träger der Rentenversicherung bereits mitgeteilten Zeiten inzidenter eine Ablehung der gewünschten Anrechnungszeiten erfolgt ist. Auch ist das Handeln der Beklagten nicht formal in das Gewand eines Verwaltungsaktes gekleidet gewesen.

Die begehrte Meldung des Arbeitsamtes bei Arbeitslosigkeit an den Rentenversicherungsträger entfaltet allein noch keine Rechtswirkungen, sondern dient nur dazu, Tatsachenmaterial für die spätere Entscheidung über die Anerkennung einer Anrechnungszeit (früher Ausfallzeit) an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten, der dann aber eigenverantwortlich entscheidet (vgl. Urteile des BSG SozR 3 - 1500 § 144 Nr. 1 und vom 09.02. 1994, Az.: 11 RAr 49/93). Das streitige Rechtsverhältnis beschränkt sich hier auf die Meldung eines Anrechnungszeiten-Tatbestandes (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) an die BfA. Von diesem Rechtsverhältnis, das auf die Erbringung einer einzelnen behördlichen Handlung gerichtet ist, ist das Rechtsverhältnis, das zwischen dem Versicherten und dem Rentenversicherungsträger besteht, zu unterscheiden. Wie das Bundessozialgericht (BSG) in seiner - bereits zitierten - Rechtsprechung ausgeführt hat, entfaltet die Meldung der Arbeitslosigkeit allein noch keine Rechtswirkungen, sondern dient nur dazu, Tatsachenmaterial für die spätere Entscheidung über die Anerkennung einer Anrechnungszeit (früher Ausfallzeit) an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten, der dann aber eigenverantwortlich entscheidet (vgl. BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 1). Die Meldung einer Ausfallzeit durch die BA unterscheidet sich insoweit von der Vormerkung dieser Ausfallzeit durch den Rentenversicherungsträger. Damit steht im Einklang, dass die Bescheinigung der Beklagten über die Zeiten, in denen ein Versicherter dort als arbeitslos gemeldet war, nach der Rechtsprechung des BSG eine öffentliche Urkunde i.S. von § 418 Zivilprozessordnung (ZPO) darstellt (BSGE 68, 163, 166 = SozR 3-2200 § 1259 Nr. 4). Eine derartige Urkunde ist aber über die streitigen Zeiträume von der Beklagten noch nicht ausgestellt worden. Eine Weigerung dazu besteht nicht.

Damit ist zwar der weiteren Klage des Klägers das Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen, weil er ebenso eine Vormerkung beim Rentenversicherungsträger bewirken könnte. Sie ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungshandeln der Beklagten nicht rechtswidrig war.

Damit waren die vom Kläger erhobenen Widersprüche unzulässig. Eines Vorverfahrens bedarf es nur vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 78 SGG). Eine solche wiederum wäre nur zulässig, wenn der Kläger durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt beschwert wäre (§ 54 Abs. 2 SGG). Dies müsste er zumindest schlüssig behaupten. Das ist hier nicht der Fall. Damit hat die Beklagte zutreffend die unzulässigen Widersprüche verworfen.

Wegen der weitern Klageanträge und deren Erfolgsaussichten wird auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 6 des Gerichtsbescheides vom 20.01.2004 verwiesen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist nicht mehr anfechtbar und kostenfrei.
Rechtskraft
Aus
Saved