Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10/8 AS 250/05 ER Ko.
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 B 224/06 AS KO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 86 b Abs. 2 SGG ist grundsätzlich auf den Gebührentatbestand der Nr. 3103 VV RVG abzustellen, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren vorausgegangen ist. Auch aus der Sicht des erkennenden Senats als Kostensenat des BayLSG rechtfertigen erhebliche Synergieeffekte ein Unterschreiten der so genannten "Mittelgebühr" in kostenrechtlich priviligierten Verfahren, wenn sowohl ein Widerspruchs- oder Klageverfahren einerseits als auch ein Antragsverfahren im Sinne von § 86 b Abs. 2 SGG andererseits betrieben worden ist oder wird. Ist jedoch wie vorliegend der Sonderfall gegeben, dass ausschließlich die Einleitung eines Antragsverfahrens erforderlich geworden ist, ohne dass es zu einem (parallelen) Widerspruchs- oder gar Hauptverfahren gekommen ist, dann fällt hier nur die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG an, wobei ein Ansatz der "Mittelgebühr" von 250 EUR nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 31.01.2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.12.2005 - S 10/8 AS 250/05 ER Ko. - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdegegner hat G. S. , geb. 1959, in dem Antragsverfahren S 8 AS 250/05 ER vor dem Sozialgericht Bayreuth vertreten. Dieses hat mit Beschluss vom 08.11.2005 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den Beschwerdegegner beigeordnet.
Das mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 20.07.2005 eingeleitete Antragsverfahren ist bereits zuvor mit Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 07.09.2005 in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Das Sozialgericht Bayreuth hat mit weiterem Beschluss vom 09.02.2006 - S 8 AS 250/05 ER ausgesprochen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Am 16.11.2005 hat der Beschwerdegegner die Kostenfestsetzung gemäß § 55 RVG beantragt und einen Betrag von insgesamt 313,20 EUR geltend gemacht. Dieser hat sich wie folgt aufgeschlüsselt: - Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, § 14 RVG, Nr.3102 VV RVG 250,00 EUR - Post und Telekommunikation, Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR - 16 % Mehrwertsteuer, Nr.7008 VV RVG 43,20 EUR 313,20 EUR
Am 22.11.2005 hat die Kostenbeamtin des Sozialgerichts Bayreuth die außergerichtlichen Kosten wie folgt festgesetzt: - Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, §§ 3, 14 RVG, Nr.3102 VV RVG 84,00 EUR - Auslagenpauschale, Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR - Umsatzsteuer auf die Vergütung 16,64 EUR 120,64 EUR
Hiergegen hat der Beschwerdegegner am 29.11.2005 Erinnerung eingelegt und darauf hingewiesen, dass das Gesetz eine Reduzierung der Gebühr nach Nr.3102 VV RVG nicht vorsehe. Im Übrigen würde eine derart drastische Gebührenreduzierung dazu führen, dass eine anwaltliche Vertretung in Sozialgerichtsangelegenheiten, in denen ein einstweiliger Rechtsschutz erforderlich sei, künftig nicht mehr möglich sei. Die Kostenbeamtin hat unter Hinweis auf eine entsprechende Weisung des Beschwerdeführers vom Oktober 2005 der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang der zuständigen Kostenrichterin am Sozialgericht Bayreuth vorgelegt.
Im Folgenden hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 16.12.2005 - S 10/8 AS 250/05 ER Ko. - ausgesprochen: Auf die Erinnerung vom 29.11.2005 werden der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.11.2005 teilweise aufgehoben und die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen antragsgemäß auf 313,20 EUR festgesetzt. Die Beschwerde wird zugelassen. - In den Gründen ist hervorgehoben worden, dass eine Verschränkung der beiden kostenrechtlichen Regelungen in § 197 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) weder für einzelne Verfahrensarten noch für einzelne Instanzen vorgesehen ist. Die einzige Sonderregelung besteht nach der durch das 7. SGG-Änderungsgesetz vom 09.12.2004 (BGBl.I, 3302) mit Wirkung vom 01.01.2005 eingefügten Regelung des § 197a Abs.3 SGG für Träger der Sozialhilfe. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung für Eilverfahren des nach § 183 SGG kostenprivilegierten Personenkreises übersehen hätte, sind angesichts der strikten kostenrechtlichen Trennung nicht ersichtlich. Der Kostenbeamte hat die kostengrundrechtliche Entscheidung des Fachgerichts gemäß § 197 SGG entweder nach §§ 192 bis 194 SGG (für den kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG) oder nach § 197a Abs.1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (für den nicht privilegierten Personenkreis) ohne Unterscheidung nach der Art des Verfahrens bzw. des Klagebegehrens auszufüllen. Diese strikte Trennung allein nach Personenkreisen wurde in das SGG eingefügt durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 (BGBl.I, 2144). Zugrunde liegt dem ein Kompromiss zwischen dem traditionellen Verständnis eines besonderen (finanziellen) Schutzbedürfnisses der Kläger in SGG-Verfahren und dem Wunsch nach Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland zugrunde; es sollte ferner vermieden werden, dass eine unterschiedslose Kostenfreiheit auch Beteiligte begünstigte und kostenmäßig entlastete, für die sie nicht gedacht gewesen sei. Der Preis für diesen Kompromiss ist hoch, weil er zwei völlig voneinander getrennte Kategorien von Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit schafft, für die kostenmäßig sehr unterschiedliche Grundsätze gelten; aber genau dieser Preis ist vom Gesetzgeber gewollt. - Das Verfahren betrifft einen streitigen Wert von 313,20 EUR (beantragte Kosten) abzüglich 120,64 EUR (festgesetzte Kosten), mithin einen Betrag von 192,56 EUR. Die Beschwerde ist daher mangels Erreichen des Beschwerdewerts nicht zulässig. Die Beschwerde ist aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, da bisher die analoge Anwendbarkeit von Kostenrechtsbestandteilen nach § 197a SGG auf Fälle der §§ 183, 184 bis 191 SGG noch nicht obergerichtlich geklärt worden ist.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 31.01.2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschwerdebegründung vom 23.03.2006 ist ausgeführt worden, dass entsprechend § 49 RVG beigeordneten Rechtsanwälten durchaus eine Vergütungsminderung zugemutet werde. Denn ein Organ der Rechtspflege im Sinne von § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) habe durchaus manchmal erhöhte soziale Pflichten und mit der Staatskasse zumindest auch stets einen zahlungsfähigen Schuldner. Zudem diene § 49 RVG eindeutig auch der Kostendämpfung. Auch die z.B. in § 30 RVG enthaltene Regelung bezüglich des Gegenstandswerts in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz spräche angesichts der hier sicherlich rechtlich auch nicht einfachen Materie und des hierfür aufzubringenden Zeitaufwands nicht gerade für ein lohnendes finanzielles Ziel. Abgesehen davon gehe es vorliegend nicht (nur) um die Frage, ob speziell in einem ER-Verfahren mit erfolgter PKH-Bewilligung und Beiordnung eines Rechtsanwalts, sondern ob hier generell in einem ER-Verfahren eine Reduzierung der Betragsrahmensgebühr(en) dem Grunde nach angezeigt sei, soweit die Bedeutung bzw. eine Entscheidung des ER-Verfahrens nicht bereits die Hauptsache vorweg nehme. In diesem Zusammenhang werde auch auf den nach § 197 Abs.2 SGG ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 15.11.2005 - S 12 SF 49/05 - verwiesen. Danach sei in einem ER-Verfahren mit einem Beteiligten im Sinne von § 183 SGG in der Regel eine Gebühr über der Drittelgebühr der nach dem RVG einschlägigen Betragsrahmengebühren unbillig. Weiterhin habe das vorliegend anhängig gewesene ER-Verfahren von seiner "Wertigkeit" einer Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG entsprochen; auf die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde sei dabei nicht näher einzugehen. Für eine Untätigkeitsklage wiederum habe z.B. das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 31.01.2002 - S 17 RA 3802/00 - entschieden, dass für den Regelfall eine halbe Mittelgebühr angemessen sei. Je nach dem, welcher Auffassung man sich anschließe, ergäbe sich damit eine Verfahrensgebühr nach Nr.3102 VV RVG in Höhe von 125,00 EUR oder 170,00 EUR. Dem beigeordneten Rechtsanwalt (= Beschwerdegegner) stehe hier anstelle der geltend gemachten 250,00 EUR (nur) eine Verfahrensgebühr in Höhe von 170,00 EUR zu.
Das Sozialgericht Bayreuth hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Vorgang mit den Akten an das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) vorgelegt.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, die Verfahrensgebühr Nr.3102 VV RVG mit höchstens 170,00 EUR zugrunde zu legen.
Der Beschwerdegegner hat mit Schriftsatz vom 24.04.2006 an seiner Auffassung festgehalten.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Streit- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs.2, 33 Abs.3 RVG zulässig. Das Sozialgericht Bayreuth hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Mangels förmlicher Zustellung der Entscheidung kommt es auf die Nichteinhaltung der in § 33 Abs.3 Satz 3 RVG normierten Frist von zwei Wochen nicht an.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 31.01.2006 erweist sich jedoch als unbegründet. Denn die Angelegenheit ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Antragstellerin G. S. am 18.04.2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem "Arbeitslosengeld II" gestellt hat. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben am 05.06.2005 und am 28.06.2005 versucht, bei der Antragsgegnerin ihre Unterlagen abzugeben, sei jedoch nicht eingelassen worden. Am 05.07.2005 wurden die Antragsunterlagen dann, soweit sie bis dahin angefordert waren, vollständig übergeben. Bei der Vorsprache am 05.07.2005 ist von der Antragsgegnerin die Vorlage weiterer Unterlagen angefordert worden. Diese sind von der Antragstellerin am 14.05.2005 vollständig bei der Antragsgegnerin abgegeben worden, welche jedoch mit Schreiben vom gleichen Tage weitere Unterlagen von der Antragstellerin angefordert hat. Der Beschwerdegegner (= Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 20.07.2005 den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werde, der Antragstellerin antragsgemäß die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, mindestens aber in Höhe von 300,00 EUR. Nachdem dann die Zahlungen am 27.07.2005 bei der Antragstellerin eingegangen sind, hat der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 07.09.2005 das Antragsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der Sache selbst (betreffend Leistungen nach dem SGB II) ist ein weiteres Tätigwerden nicht mehr erforderlich gewesen.
Hiervon ausgehend ist die Bestimmung der Gebühr durch den Beschwerdegegner nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 4 RVG. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits mit Beschluss vom 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 (SozR 3-1500 § 193 Nr.6) grundlegend ausgesprochen: Das durch den Antrag auf Anordnung der Vollziehung eines angefochtenen Bescheides in Zulassungssachen eingeleitete Verfahren löst unabhängig vom Verfahren der Hauptsache eigenständig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Beteiligten gegeneinander aus. Für das Verfahren ist der Gegenstandswert für die Gebühren des Rechtsanwalts gesondert festzusetzen.
In Fortführung dieser Rechtsprechung zu § 116 Abs.2 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGebO) hat das Landessozialgericht für das Land Niedersachsen mit Beschluss vom 20.09.2001 - L 3 B 252/01 KA - (Juris) darauf hingewiesen, dass der Gegenstandswert im sozialgerichtlichen Verfahren differenziert nach der unterschiedlichen Interessenlage und wirtschaftlichen Betroffenheit der Beteiligten festzusetzen ist, um ein unkalkulierbares Kostenrisiko zu vermeiden, das möglicherweise in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Prozesses für den jeweiligen Beteiligten steht.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 12.12.2001 - 1 BvR 1571/00 - (SozR 3-1500 § 97 Nr.5) zur Frage der Verletzung von Art.19 Abs.4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) durch Ablehnung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung eines Psychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung Stellung genommen und hierbei den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Hautpverfahren auf 60.000,00 DM und für das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 30.000,00 DM festgesetzt.
Soweit ersichtlich, hat erstmalig das Sozialgericht Aurich mit Beschluss vom 09.05.2006 - S 25 SF 20/05 AS - (AGS 2006, 444 bis 445) die in kostenpflichtigen sozialgerichtlichen Eilverfahren entwickelten Grundsätze auf ein kostenrechtlich privilegiertes Eilverfahren übertragen und ausgesprochen: Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs.2 SGG ist grundsätzlich auf den Gebührentatbestand der Nr.3103 VV RVG abzustellen, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren vorausgegangen ist: In den Gründen wird insbesondere zu Recht auf die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestags-Drucksache 15/1971, S.1 ff.) abgestellt. Auf S.212 der Bundestags-Drucksache 15/1971 ist als Erläuterung zu dem Gebührentatbestand Ziffer 3103 u.a. ausgeführt: " ... Es soll jedoch berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in diesem Verwaltungsverfahren die Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert. Deshalb soll die Verfahrensgebühr nur 20,00 EUR bis 320,00 EUR betragen ..." Bei dem Gebührentatbestand Ziffer 3103 handelt es sich im Verhältnis zu Ziffer 3102 um eine vorrangige Sondervorschrift. Der Gebührentatbestand Ziffer 3103 sieht im Verhältnis zu Ziffer 3102 einen geringeren Gebührenrahmen für den Fall vor, dass eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Denn in diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass der Rechtsanwalt aufgrund der vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren im sozialgerichtlichen Verfahren einen geringeren Aufwand hat. Aufgrund dieses regelmäßig geringeren Aufwandes ist der niedrigere Gebührenrahmen nach Ziffer 3103 gerechtfertigt. Nach Überzeugung des Gerichts gilt dieser Grundsatz auch für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Denn die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren wird regelmäßig dadurch erleichtert, wenn er in derselben Sache bereits im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren tätig geworden ist.
Auch aus der Sicht des erkennenden Senats als Kostensenat des BayLSG rechtfertigen erhebliche Synergieefekte ein Unterschreiten der sogenannten "Mittelgebühr" in kostenrechtlich privilegierten Verfahren wie hier, wenn sowohl ein Widerspruchs- oder Klageverfahren einerseits als auch ein Antragsverfahren im Sinne von § 86b Abs.2 SGG andererseits betrieben worden ist oder wird. Hier ist jedoch der Sonderfall gegeben, dass ausschließlich die Einleitung eines Antragsverfahrens erforderlich geworden ist, ohne dass es zu einem (parallelen) Widerspruchs- oder gar Hauptsacheverfahren gekommen ist.
Das Spannungsverhältnis von Nr.3102 VV RVG zu Nr.3103 VV RVG ist daher in Fällen wie dem vorliegenden dahingehend zu entscheiden, dass auch in kostenrechtlich privilegierten Verfahren im Sinne von §§ 183, 184 bis 191 SGG, in denen nur die Verfahrensgebühr Nr.3102 VV RVG anfällt, der Ansatz der Mittelgebühr von 250,00 EUR nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 4 RVG ist. Dies gilt auch in Berücksichtigung des Umstandes, dass in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs.2 SGG notwendig aber auch ausreichend ist, das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen. - Eine Vergleichbarkeit mit einer Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG (oder gar einer Dienstaufsichtsbeschwerde) ist aus kostenrechtlicher Sicht nicht möglich, weil hierdurch nur ein Tätigwerden der Verwaltung als solches erreicht werden kann, ein Antrags- oder auch Eilverfahren im Sinne von § 86b Abs.2 SGG jedoch auf ein konkretes Ziel ausgerichtet, also erfolgsorientiert ist.
Nach alledem ist die Beschwerede des Beschwerdeführers vom 31.01.2006 zurückzuweisen gewesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs.2 Sätze 2 und 3 RVG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdegegner hat G. S. , geb. 1959, in dem Antragsverfahren S 8 AS 250/05 ER vor dem Sozialgericht Bayreuth vertreten. Dieses hat mit Beschluss vom 08.11.2005 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den Beschwerdegegner beigeordnet.
Das mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 20.07.2005 eingeleitete Antragsverfahren ist bereits zuvor mit Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 07.09.2005 in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Das Sozialgericht Bayreuth hat mit weiterem Beschluss vom 09.02.2006 - S 8 AS 250/05 ER ausgesprochen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Am 16.11.2005 hat der Beschwerdegegner die Kostenfestsetzung gemäß § 55 RVG beantragt und einen Betrag von insgesamt 313,20 EUR geltend gemacht. Dieser hat sich wie folgt aufgeschlüsselt: - Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, § 14 RVG, Nr.3102 VV RVG 250,00 EUR - Post und Telekommunikation, Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR - 16 % Mehrwertsteuer, Nr.7008 VV RVG 43,20 EUR 313,20 EUR
Am 22.11.2005 hat die Kostenbeamtin des Sozialgerichts Bayreuth die außergerichtlichen Kosten wie folgt festgesetzt: - Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, §§ 3, 14 RVG, Nr.3102 VV RVG 84,00 EUR - Auslagenpauschale, Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR - Umsatzsteuer auf die Vergütung 16,64 EUR 120,64 EUR
Hiergegen hat der Beschwerdegegner am 29.11.2005 Erinnerung eingelegt und darauf hingewiesen, dass das Gesetz eine Reduzierung der Gebühr nach Nr.3102 VV RVG nicht vorsehe. Im Übrigen würde eine derart drastische Gebührenreduzierung dazu führen, dass eine anwaltliche Vertretung in Sozialgerichtsangelegenheiten, in denen ein einstweiliger Rechtsschutz erforderlich sei, künftig nicht mehr möglich sei. Die Kostenbeamtin hat unter Hinweis auf eine entsprechende Weisung des Beschwerdeführers vom Oktober 2005 der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang der zuständigen Kostenrichterin am Sozialgericht Bayreuth vorgelegt.
Im Folgenden hat das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 16.12.2005 - S 10/8 AS 250/05 ER Ko. - ausgesprochen: Auf die Erinnerung vom 29.11.2005 werden der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.11.2005 teilweise aufgehoben und die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen antragsgemäß auf 313,20 EUR festgesetzt. Die Beschwerde wird zugelassen. - In den Gründen ist hervorgehoben worden, dass eine Verschränkung der beiden kostenrechtlichen Regelungen in § 197 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) weder für einzelne Verfahrensarten noch für einzelne Instanzen vorgesehen ist. Die einzige Sonderregelung besteht nach der durch das 7. SGG-Änderungsgesetz vom 09.12.2004 (BGBl.I, 3302) mit Wirkung vom 01.01.2005 eingefügten Regelung des § 197a Abs.3 SGG für Träger der Sozialhilfe. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung für Eilverfahren des nach § 183 SGG kostenprivilegierten Personenkreises übersehen hätte, sind angesichts der strikten kostenrechtlichen Trennung nicht ersichtlich. Der Kostenbeamte hat die kostengrundrechtliche Entscheidung des Fachgerichts gemäß § 197 SGG entweder nach §§ 192 bis 194 SGG (für den kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG) oder nach § 197a Abs.1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (für den nicht privilegierten Personenkreis) ohne Unterscheidung nach der Art des Verfahrens bzw. des Klagebegehrens auszufüllen. Diese strikte Trennung allein nach Personenkreisen wurde in das SGG eingefügt durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 (BGBl.I, 2144). Zugrunde liegt dem ein Kompromiss zwischen dem traditionellen Verständnis eines besonderen (finanziellen) Schutzbedürfnisses der Kläger in SGG-Verfahren und dem Wunsch nach Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland zugrunde; es sollte ferner vermieden werden, dass eine unterschiedslose Kostenfreiheit auch Beteiligte begünstigte und kostenmäßig entlastete, für die sie nicht gedacht gewesen sei. Der Preis für diesen Kompromiss ist hoch, weil er zwei völlig voneinander getrennte Kategorien von Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit schafft, für die kostenmäßig sehr unterschiedliche Grundsätze gelten; aber genau dieser Preis ist vom Gesetzgeber gewollt. - Das Verfahren betrifft einen streitigen Wert von 313,20 EUR (beantragte Kosten) abzüglich 120,64 EUR (festgesetzte Kosten), mithin einen Betrag von 192,56 EUR. Die Beschwerde ist daher mangels Erreichen des Beschwerdewerts nicht zulässig. Die Beschwerde ist aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, da bisher die analoge Anwendbarkeit von Kostenrechtsbestandteilen nach § 197a SGG auf Fälle der §§ 183, 184 bis 191 SGG noch nicht obergerichtlich geklärt worden ist.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 31.01.2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschwerdebegründung vom 23.03.2006 ist ausgeführt worden, dass entsprechend § 49 RVG beigeordneten Rechtsanwälten durchaus eine Vergütungsminderung zugemutet werde. Denn ein Organ der Rechtspflege im Sinne von § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) habe durchaus manchmal erhöhte soziale Pflichten und mit der Staatskasse zumindest auch stets einen zahlungsfähigen Schuldner. Zudem diene § 49 RVG eindeutig auch der Kostendämpfung. Auch die z.B. in § 30 RVG enthaltene Regelung bezüglich des Gegenstandswerts in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz spräche angesichts der hier sicherlich rechtlich auch nicht einfachen Materie und des hierfür aufzubringenden Zeitaufwands nicht gerade für ein lohnendes finanzielles Ziel. Abgesehen davon gehe es vorliegend nicht (nur) um die Frage, ob speziell in einem ER-Verfahren mit erfolgter PKH-Bewilligung und Beiordnung eines Rechtsanwalts, sondern ob hier generell in einem ER-Verfahren eine Reduzierung der Betragsrahmensgebühr(en) dem Grunde nach angezeigt sei, soweit die Bedeutung bzw. eine Entscheidung des ER-Verfahrens nicht bereits die Hauptsache vorweg nehme. In diesem Zusammenhang werde auch auf den nach § 197 Abs.2 SGG ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 15.11.2005 - S 12 SF 49/05 - verwiesen. Danach sei in einem ER-Verfahren mit einem Beteiligten im Sinne von § 183 SGG in der Regel eine Gebühr über der Drittelgebühr der nach dem RVG einschlägigen Betragsrahmengebühren unbillig. Weiterhin habe das vorliegend anhängig gewesene ER-Verfahren von seiner "Wertigkeit" einer Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG entsprochen; auf die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde sei dabei nicht näher einzugehen. Für eine Untätigkeitsklage wiederum habe z.B. das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 31.01.2002 - S 17 RA 3802/00 - entschieden, dass für den Regelfall eine halbe Mittelgebühr angemessen sei. Je nach dem, welcher Auffassung man sich anschließe, ergäbe sich damit eine Verfahrensgebühr nach Nr.3102 VV RVG in Höhe von 125,00 EUR oder 170,00 EUR. Dem beigeordneten Rechtsanwalt (= Beschwerdegegner) stehe hier anstelle der geltend gemachten 250,00 EUR (nur) eine Verfahrensgebühr in Höhe von 170,00 EUR zu.
Das Sozialgericht Bayreuth hat der Beschwerde nicht abgeholfen und den Vorgang mit den Akten an das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) vorgelegt.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, die Verfahrensgebühr Nr.3102 VV RVG mit höchstens 170,00 EUR zugrunde zu legen.
Der Beschwerdegegner hat mit Schriftsatz vom 24.04.2006 an seiner Auffassung festgehalten.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Streit- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs.2, 33 Abs.3 RVG zulässig. Das Sozialgericht Bayreuth hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Mangels förmlicher Zustellung der Entscheidung kommt es auf die Nichteinhaltung der in § 33 Abs.3 Satz 3 RVG normierten Frist von zwei Wochen nicht an.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 31.01.2006 erweist sich jedoch als unbegründet. Denn die Angelegenheit ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Antragstellerin G. S. am 18.04.2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem "Arbeitslosengeld II" gestellt hat. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben am 05.06.2005 und am 28.06.2005 versucht, bei der Antragsgegnerin ihre Unterlagen abzugeben, sei jedoch nicht eingelassen worden. Am 05.07.2005 wurden die Antragsunterlagen dann, soweit sie bis dahin angefordert waren, vollständig übergeben. Bei der Vorsprache am 05.07.2005 ist von der Antragsgegnerin die Vorlage weiterer Unterlagen angefordert worden. Diese sind von der Antragstellerin am 14.05.2005 vollständig bei der Antragsgegnerin abgegeben worden, welche jedoch mit Schreiben vom gleichen Tage weitere Unterlagen von der Antragstellerin angefordert hat. Der Beschwerdegegner (= Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 20.07.2005 den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werde, der Antragstellerin antragsgemäß die ihr zustehenden Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, mindestens aber in Höhe von 300,00 EUR. Nachdem dann die Zahlungen am 27.07.2005 bei der Antragstellerin eingegangen sind, hat der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 07.09.2005 das Antragsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der Sache selbst (betreffend Leistungen nach dem SGB II) ist ein weiteres Tätigwerden nicht mehr erforderlich gewesen.
Hiervon ausgehend ist die Bestimmung der Gebühr durch den Beschwerdegegner nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 4 RVG. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits mit Beschluss vom 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 (SozR 3-1500 § 193 Nr.6) grundlegend ausgesprochen: Das durch den Antrag auf Anordnung der Vollziehung eines angefochtenen Bescheides in Zulassungssachen eingeleitete Verfahren löst unabhängig vom Verfahren der Hauptsache eigenständig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Beteiligten gegeneinander aus. Für das Verfahren ist der Gegenstandswert für die Gebühren des Rechtsanwalts gesondert festzusetzen.
In Fortführung dieser Rechtsprechung zu § 116 Abs.2 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGebO) hat das Landessozialgericht für das Land Niedersachsen mit Beschluss vom 20.09.2001 - L 3 B 252/01 KA - (Juris) darauf hingewiesen, dass der Gegenstandswert im sozialgerichtlichen Verfahren differenziert nach der unterschiedlichen Interessenlage und wirtschaftlichen Betroffenheit der Beteiligten festzusetzen ist, um ein unkalkulierbares Kostenrisiko zu vermeiden, das möglicherweise in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Prozesses für den jeweiligen Beteiligten steht.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 12.12.2001 - 1 BvR 1571/00 - (SozR 3-1500 § 97 Nr.5) zur Frage der Verletzung von Art.19 Abs.4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) durch Ablehnung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung eines Psychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung Stellung genommen und hierbei den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Hautpverfahren auf 60.000,00 DM und für das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 30.000,00 DM festgesetzt.
Soweit ersichtlich, hat erstmalig das Sozialgericht Aurich mit Beschluss vom 09.05.2006 - S 25 SF 20/05 AS - (AGS 2006, 444 bis 445) die in kostenpflichtigen sozialgerichtlichen Eilverfahren entwickelten Grundsätze auf ein kostenrechtlich privilegiertes Eilverfahren übertragen und ausgesprochen: Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs.2 SGG ist grundsätzlich auf den Gebührentatbestand der Nr.3103 VV RVG abzustellen, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren vorausgegangen ist: In den Gründen wird insbesondere zu Recht auf die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestags-Drucksache 15/1971, S.1 ff.) abgestellt. Auf S.212 der Bundestags-Drucksache 15/1971 ist als Erläuterung zu dem Gebührentatbestand Ziffer 3103 u.a. ausgeführt: " ... Es soll jedoch berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in diesem Verwaltungsverfahren die Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert. Deshalb soll die Verfahrensgebühr nur 20,00 EUR bis 320,00 EUR betragen ..." Bei dem Gebührentatbestand Ziffer 3103 handelt es sich im Verhältnis zu Ziffer 3102 um eine vorrangige Sondervorschrift. Der Gebührentatbestand Ziffer 3103 sieht im Verhältnis zu Ziffer 3102 einen geringeren Gebührenrahmen für den Fall vor, dass eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Denn in diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass der Rechtsanwalt aufgrund der vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren im sozialgerichtlichen Verfahren einen geringeren Aufwand hat. Aufgrund dieses regelmäßig geringeren Aufwandes ist der niedrigere Gebührenrahmen nach Ziffer 3103 gerechtfertigt. Nach Überzeugung des Gerichts gilt dieser Grundsatz auch für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Denn die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren wird regelmäßig dadurch erleichtert, wenn er in derselben Sache bereits im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren tätig geworden ist.
Auch aus der Sicht des erkennenden Senats als Kostensenat des BayLSG rechtfertigen erhebliche Synergieefekte ein Unterschreiten der sogenannten "Mittelgebühr" in kostenrechtlich privilegierten Verfahren wie hier, wenn sowohl ein Widerspruchs- oder Klageverfahren einerseits als auch ein Antragsverfahren im Sinne von § 86b Abs.2 SGG andererseits betrieben worden ist oder wird. Hier ist jedoch der Sonderfall gegeben, dass ausschließlich die Einleitung eines Antragsverfahrens erforderlich geworden ist, ohne dass es zu einem (parallelen) Widerspruchs- oder gar Hauptsacheverfahren gekommen ist.
Das Spannungsverhältnis von Nr.3102 VV RVG zu Nr.3103 VV RVG ist daher in Fällen wie dem vorliegenden dahingehend zu entscheiden, dass auch in kostenrechtlich privilegierten Verfahren im Sinne von §§ 183, 184 bis 191 SGG, in denen nur die Verfahrensgebühr Nr.3102 VV RVG anfällt, der Ansatz der Mittelgebühr von 250,00 EUR nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 4 RVG ist. Dies gilt auch in Berücksichtigung des Umstandes, dass in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs.2 SGG notwendig aber auch ausreichend ist, das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen. - Eine Vergleichbarkeit mit einer Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG (oder gar einer Dienstaufsichtsbeschwerde) ist aus kostenrechtlicher Sicht nicht möglich, weil hierdurch nur ein Tätigwerden der Verwaltung als solches erreicht werden kann, ein Antrags- oder auch Eilverfahren im Sinne von § 86b Abs.2 SGG jedoch auf ein konkretes Ziel ausgerichtet, also erfolgsorientiert ist.
Nach alledem ist die Beschwerede des Beschwerdeführers vom 31.01.2006 zurückzuweisen gewesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs.2 Sätze 2 und 3 RVG).
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