L 11 B 453/05 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 137/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 453/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.06.2005 wird verworfen.
II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.06.2005 in der Gestalt des Beschlusses vom 15.08.2005 wird zurückgewiesen.
III. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.08.2005 wird zurückgewiesen.
IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Antragsgegnerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen hat.

Die 1964 geborene Antragstellerin beantragte am 16.09.2004 für sich und ihre 1989 geborene Tochter Alg II. Mit Bescheid vom 20.12.2004 bewilligte die Antragsgegnerin ab 01.01.2005 diese Leistung für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.027,19 EUR. Gleichzeitig forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, die Unterkunftskosten auf die angemessenen Kosten zu senken (Schreiben vom 22.12.2004). Die Antragstellerin übersandte daher der Antragsgegnerin einen am 26.11.2004 mit Herrn M. (vormals: N.) geschlossenen Mietvertrag über die Untervermietung eines Zimmers (12 qm) ab 01.12.2004 und die Zahlung eines Mietzinses von monatlich 113,50 EUR. Daraufhin hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 20.12.2004 auf und bewilligte - unter Berücksichtigung der Mieteinnahmen - vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 Alg II für die aus der Antragstellerin und ihrer Tochter bestehende Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 913,67 EUR (Bescheid vom 17.01.2005).

Aufgrund der Feststellungen des Außendienstes vom 31.01.2005 ging die Beklagte nunmehr von einer Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Antragstellerin, ihrer Tochter und Herrn M. aus und berechnete mit Bescheid vom vom 02.03.2005 ab 01.03.2005 das Alg II neu. Dieser Bescheid wurde durch die Bescheide vom 07.03.2005, 01.04.2005, 02.05.2005 und 10.05.2005 aufgehoben bzw für die Monate April neu berechnet.

Gegen die genannten Bescheide hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, die zum Teil mit Widerspruchsbescheiden vom 20.07.2005 und 16.09.2005 zurückgewiesen wurden.

Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass sich die Tochter der Antragstellerin ständig bei deren Mutter aufhält, hob sie die Bewilligung von Alg II für die Zeit ab 01.05.2005 mit Bescheid vom 02.05.2005 auf. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie am 10.05.2005 zurücknahm.

Am 23.05.2005 hat Antragstellerin beim Sozialgericht Nürnberg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren beantragt, die Antragsgegnerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes rückwirkend seit dem 01.03.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen. Zugleich hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Sie wende sich gegen die Anrechnung von Einkommen des Herrn M ... Eine eheähnliche Gemeinschaft und folglich eine Bedarfsgemeinschaft bestehe nicht. Der Antrag sei eilbedürftig, da sie mit Ausnahme der Mieteinnahmen über keine Einkünfte verfüge, aber Miete und Nebenkosten zahlen müsse. Sie habe Schulden und der Vermieter drohe mit Kündigung.

Mit Beschluss vom 13.06.2005 - zugestellt an die Klägerbevollmächtigten am 23.06.2005 - hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Hinsichtlich einer rückwirkenden Leistungsgewährung fehle es an einer Eilbedürftigkeit der Anordnung. Im Übrigen sei die Höhe der bewilligten Leistungen nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin sei zu Recht von einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn M. ausgegangen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das SG durch Beschluss vom 15.06.2005 - ebenfalls an die Bevollmächtigten der Antragstellerin am 23.06.2005 zugestellt - mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Den Tenor dieses Beschlusses korrigierte das SG mit Beschluss vom 15.08.2005.

Gegen den Beschluss vom 15.06.2005 hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.07.2005 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ebenfalls Beschwerde hat sie mit Schriftsatz vom 08.09.2005 gegen den Beschluss vom 15.08.2005 eingelegt. Beschwerde gegen den Beschluss vom 13.06.2005 hat sie mit Schreiben vom 08.09.2005 - eingegangen beim Bayer. Landessozialgericht am 12.09.2005 - erhoben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden gegen die Beschlüsse vom 15.06.2005 und 15.08.2005 sind form- und fristgerecht (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegt worden. Das SG hat ihnen nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Die Beschwerde gegen Beschluss vom 15.06.2005 ist jedoch ebensowenig begründet wie die Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.08.2005.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13.06.2005 - von der Antragstellerin als Beschluss vom 20.06.2005 im Schreiben vom 08.09.2005 bezeichnet - ist als unzulässig zu verwerfen.

Sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden, denn sie ist nicht binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses erhoben worden (§ 173 Satz 1 SGG). Die Beschwerdeschrift vom 22.07.2005 richtet sich ausdrücklich gegen den Beschluss vom 15.06.2005. Allein aus der Angabe in der Betreffzeile in diesem Schriftsatz lässt sich nicht darauf schließen, dass die von einem Bevollmächtigten vertretene Antragstellerin gegen den Beschluss des SG vom 13.06.2005 vorgehen wollte. Dieser Beschwerdeschrift selbst war sowohl der Beschluss vom 13.06.2005 als auch der Beschluss vom 15.06.2005 beigefügt gewesen, so dass auch hieraus kein eindeutiger Schluss darauf gezogen werden kann, dass nicht der erwähnte Beschluss vom 15.06.2005, sondern der Beschluss vom 13.06.2005 angegriffen werden sollte. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13.06.2005 ist somit frühestens mit Schreiben vom 08.09.2005 und somit verfristet eingelegt worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht ersichtlich. Mangels rechtzeitiger Einlegung der Beschwerde ist vorliegend nicht darauf einzugehen, ob die Antragstellerin im streitgegenständlichen Hauptsacheverfahren gegen die erlassenen Widerspruchsbescheide Klage erhoben hat.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.06.2005 in der Gestalt des Beschlusses vom 15.08.2005 ist zurückzuweisen. Bei dem Beschluss vom 15.08.2005 handelt es sich im Gegensatz zur Auffassung des SG lediglich um eine Berichtigung des Tenors des Beschlusses vom 15.06.2005, nicht aber um einen inhaltlich neuen Beschluss. Ein solcher hätte nach der Nichtabhilfeverfügung vom 12.08.2005 durch das SG nicht mehr ergehen dürfen. Das SG hat mit Beschluss vom 15.08.2005 die offenbare Unrichtigkeit der Tenorierung vom 15.06.2005 in entsprechender Anwendung des § 138 SGG korrigiert.

Nach § 73 a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO erhält ein Berechtigter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass die Bewilligung von PKH abzulehnen ist. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage es möglich erscheint, dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren durchdringen wird. Hierbei wird die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen, sondern überprüft, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache besteht. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz für Leistungen, die bereits zurückliegende Zeiträume betreffen. Streitig ist nämlich allein noch der Zeitraum bis 30.04.2005, denn ab 01.05.2005 hat die Antragsgegnerin die Bewilligung von Alg II mit Bescheid vom 02.05.2005 abgelehnt, den hiergegen eingelegten Widerspruch hat die Antragstellerin zurückgenommen, so dass dieser Bescheid vom 02.05.2005 bestandskräftig geworden ist und ein Hauptsacheverfahren, für das einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren wäre, nicht mehr anhängig ist. Eine Regelungsanordnung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dient jedoch dazu, wesentliche Nachteile für die Zukunft abzuwenden. In einem Rechtsstreit über einen abgelaufenen Zeitraum ist daher die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorliegend nicht erforderlich (vgl zuletzt BayLSG vom 23.02.2006 L 10 B 32/06 AS ER mwH).

Offen gelassen werden kann damit, ob - wofür hier jedoch viele Anhaltspunkte sprechen - eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn M. besteht.

Die - gesondert eingelegte - Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.08.2005 ist ebenfalls unbegründet, denn bei diesem Beschluss handelt es sich lediglich um eine Berichtigung des Tenors des Beschlusses vom 15.06.2005. Hiergegen ist zwar eine Beschwerdeeinlegung möglich, wobei jedoch lediglich zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung vorliegen. Dies ist hier gegeben, denn die Tenorierung des Beschlusses vom 15.06.2005 war unzutreffend. Gründe, die gegen die Zulässigkeit einer Berichtigung sprechen, hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen (vgl zum Ganzen: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 138 RdNr 3 ff).

Nach alledem ist die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13.06.2005 als unzulässig zu verwerfen und die Beschwerden gegen die Beschlüsse vom 15.06.2005 und 15.08.2005 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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