L 7 AS 86/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 359/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 86/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 27. März 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung eines Zuschusses für den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von monatlich 56,00 EUR statt 51,13 EUR streitig.

Der 1949 geborene Kläger beantragte am 01.09.2004 bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Er legte ein Attest des Internisten Dr.H. vom 05.01.2004 vor, wonach er eine kostenaufwändige Ernährung benötige, und zwar lipidsenkende Kost und Diabeteskost. Bei dem Kläger ist mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung R. vom 15.05.2004 ein GdB von 60 anerkannt, als Behinderungen sind u.a. ein Bluthochdruck und eine "Zuckerkrankheit (mit Diät und oralen Antidiabetica einstellbar)" festgestellt.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 10.12.2004 für die Monate Januar bis März 2005 monatlich 657,63 EUR und für die Monate April bis Juni 2005 617,63 EUR; in dieser Leistung ist ein Zuschlag für Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung von monatlich 51,13 EUR enthalten. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und wandte sich gegen die Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie dagegen, dass der ihm bisher bewilligte Mehrbedarfszuschlag für Diabetiker von 56,00 EUR auf 51,13 EUR gekürzt worden sei.

Mit Änderungsbescheid vom 30.06.2005 bewilligte die Beklagte für Januar bis März 2005 monatlich 662,29 EUR und für April bis Juni 2005 670,20 EUR. Im Übrigen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2005 den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Diabetes mellitus Typ IIa werde nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge ein Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR berücksichtigt; dies sei bei den angeführten Kostformen der Höchstbetrag.

Mit einem am 12.07.2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hat der Kläger weiterhin die Bewilligung eines Mehrbedarfs in Höhe von 56,00 EUR begehrt. Auf die Erklärung des Klägers hin, dieses Schreiben sei als Klage zu werten, hat die Beklagte es an das Sozialgericht Regensburg (SG) weitergeleitet. Zur Begründung hat der Kläger eine Kopie von Sozialhilferichtlinien vorgelegt, in denen für Diabeteskost ein Betrag von 56,00 EUR vorgesehen ist.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.03.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Bestimmung der Höhe des Mehrbedarfs, der sich nach dem ernährungswissenschaftlich erforderlichen Ernährungsbedarf richte, würden nach überwiegender Rechtsprechung die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwcckelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen. Die hiernach zu gewährende Zulage orientiere sich bei Vorliegen mehrerer, einen Mehrbedarf auslösender Krankheiten an der höchsten Krankenkostenzulage. Nach den Regelwerten des Deutschen Vereins (Stand 2005) belaufe sich die Krankenkostenzulage bei Hyperlipidämie auf 35,79 EUR und bei Diabetes mellitus Typ IIa auf 51,13 EUR. Zu berücksichtigen sei auch, dass nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen weder bei Vorliegen einer Hyperlipidämie noch einer Hypertonie die gebotene Ernährung einen Mehrbedarf verursache. Selbst wenn der Kläger nach dem BSHG einen monatlichen Betrag von 56,00 EUR erhalten habe, ergebe sich daraus kein Bestandsschutz für die Leistungen nach dem SGB II.

Das SG hat die Berufung zugelassen.

Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt und auf seine Klagebegründung Bezug genommen.

Dr.H. hat auf Anfrage des Gerichts hin mit Schreiben vom 31.07.2006 mitgeteilt, die Diabeteskost beinhalte eine lipidsenkende Kost.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 27. März 2006 und unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 10. Dezember 2004 und 30. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2005 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2005 zusätzlich 4,87 EUR monatlich zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und vom SG zugelassene Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da dem Kläger kein höherer Zuschlag für ernährungsbedingte Mehraufwendungen zusteht.

Die Beklagte hat den dem Kläger zustehenden Anspruch zutreffend in dem Änderungsbescheid vom 30.06.2005 berechnet. Neben der Regelleistung von 345,00 EUR hat sie die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 266,16 EUR erstattet; dass dies zutreffend ist, wird auch vom Kläger nicht bestritten. Dieser wendet sich lediglich dagegen, dass ihm anstelle des bis 31.12.2004 gezahlten Mehrbedarfes von 56,00 EUR nur 51,13 EUR bewilligt wurden; entgegen seiner Auffassung ist dies jedoch nicht zu beanstanden.

Gemäß § 21 Abs.5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes "in angemessener Höhe" steht der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zu. Diesen hat sie in zutreffender Weise durch Heranziehung der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostenzulagen ausgefüllt. Diese Empfehlungen sehen bei einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ IIa und Typ IIb eine Zulage von monatlich 51,13 EUR vor. Diese Empfehlungen beruhen auf sachkundigen Einschätzungen der im Normalfall durch eine solche Erkrankung bedingten Mehraufwendungen für Ernährung. Im Übrigen entspricht die Heranziehung dieser Empfehlungen bei der Bestimmung der angemessenen Höhe im Sinne des § 21 Abs.5 SGB II dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (BT-Drs. 15/1516 S.57). Unabhängig davon hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass gerade in seinem Fall die notwendigen krankheitsbedingten Mehraufwendungen für Ernährung höher als 51,13 EUR im Monat sind.

Es kann dahinstehen, ob der Auffassung der Beklagten zu folgen ist, dass bei mehreren Krankheitsbildern, bei denen jeweils die Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung denkbar ist, nur der Mehrbedarf zu gewähren ist, der der höchsten Krankenkostzulage entspricht. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls für die zusätzlich vorliegende Hyperlipidämie keine eigene Zulage zu bewilligen, da sich aus der Stellungnahme des Dr.H. vom 31.07.2006 ergibt, dass die Diabetes-Kost, für die die Zulage von 51,13 EUR monatlich bewilligt wird, bereits eine lipidsenkende Kost beinhaltet (vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr.69 zu § 21).

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm bis 31.12.2004 monatlich 56,00 EUR bewilligt wurden. Die dieser Zahlung zugrundeliegenden Richtlinien haben keine Gesetzeskraft und sind somit nicht verbindlich. Zudem sind diese Richtlinien zur Ausführung der Bestimmungen des BSHG ergangen, eines Gesetzes, das zum 31.12.2004 außer Kraft getreten ist. Ab 01.01.2005 ist ausschließlich § 21 Abs.5 SGB II anzuwenden mit der Folge, dass die Beklagte bei der Rechtsanwendung nicht an frühere, außer Kraft getretene Richtlinien gebunden ist.

Somit war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 27.03.2006 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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