L 20 R 472/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 138/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 472/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a/4 R 55/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 14.06.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Erstattung der vom Vater des Klägers zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge.

Der Kläger ist der Sohn des bei der Beklagten versichert gewesenen B. S. (Versicherter), der 1929 geboren war und am 07.02.1990 verstorben ist. Nach dessen Tod bezog seine Witwe F. S. bis zu ihrem Tod am 31.01.2000 Hinterbliebenenrente nach dem Versicherten.

Im Rahmen des Antrags auf Erstattung der von ihm selbst entrichteten Beiträge (vgl Berufungsverfahren L 20 R 651/06) beantragte der Kläger am 22.11.2005 auch die Erstattung der von seinem Vater entrichteten Beiträge. Mit Bescheid vom 22.12.2005 und Widerspruchsbescheid vom 30.01.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die Voraussetzungen für eine Erstattung nicht gegeben seien, nachdem der Versicherte bis zu seinem Tod die allgemeine Wartezeit erfüllt habe und aus der Versicherung des Verstorbenen eine Rente wegen Todes in Form einer Witwenrente für die Zeit vom 07.02.1990 bis 31.01.2000 gewährt worden sei. Eine Beitragserstattung aus der Versicherung des B. S. komme daher nicht in Betracht.

Dagegen hat der frühere Bevollmächtigte des Klägers am 06.03.2006 Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben mit dem Versprechen, die Prozessvollmacht nachzureichen. Das SG hat den früheren Bevollmächtigten mehrmals erfolglos aufgefordert, eine entsprechende Vollmacht des Klägers vorzulegen und auf die Folgen einer fehlenden Vollmacht hingewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.06.2006 hat das SG die Klage nach entsprechenden Hinweisen abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da der Bevollmächtigte die erforderliche Prozessvollmacht trotz Aufforderung des Gerichts und Erinnerungen vom 14.04.2006 und 09.05.2006 nicht zu den Akten gereicht habe. Das Vorliegen der Prozessvollmacht sei Prozessvoraussetzung, die bei Schluss der mündlichen Verhandlung oder bei Entscheidung durch Gerichtsbescheid bis unmittelbar vor Absendung der Entscheidung erfüllt sein müsse. Eine Vollmacht des Klägers befinde sich auch nicht in den Verwaltungsunterlagen der Beklagten. Denn die im Vorverfahren ausgestellte Vollmacht des Klägers vom 24.09.2005 betreffe die Erstattung von Beiträgen aus der eigenen Rentenversicherung und nicht die hier streitgegenständliche Erstattung von Beiträgen aus der Rentenversicherung des B. S ...

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat sich der Kläger mit "einfacher Beschwerde" vom 22.06.2006 an das BSG gewandt. Dieses hat seinerseits mit Schreiben vom 27.06.2006 den Kläger auf die Vorschrift des § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und das Schreiben des Klägers mit dem Anheimstellen eines Tätigwerdens an das SG weitergeleitet. Dieses hat das Schreiben des Klägers als Berufung angesehen und dem BayLSG übermittelt.

Der Kläger hat verschiedene Kopien eingereicht. Er ist der Auffassung, eine Berufung sei überhaupt nicht gegeben. Er wolle vom BayLSG nur eine schriftliche Anweisung, dass die Beitragcerstattung in Höhe von insgesamt 60.000,00 EUR an ihn ausgezahlt werde. Der frühere Bevollmächtigte des Klägers hat darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung im Anschluss an das Schreiben des BSG vom 27.06.2006 das Schreiben des Klägers vom 22.06.2006 als Antrag auf mündliche Verhandlung (vor dem SG) gewertet werden müsse. Am Tag der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Bevollmächtigte des Klägers das Mandat niedergelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 14.06.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 22.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die von seinem Vater B. S. zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Beklagte auf die erstinstanzielle Urteilsbegründung und die Ausführungen im angefochtenen Bescheid bzw Widerspruchsbescheid.

Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 105 Abs 2 Satz 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Es liegt eine wirksam eingelegte Berufung vor.

Das ursprünglich an das BSG gerichtete Schreiben des Klägers vom 22.06.2006 stellt, wie das SG zu Recht festgestellt hat, eine Berufung iS des Gesetzes dar. Eine förmliche Bezeichnung als Berufung ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Es genügt nach einem Urteil des BSG vom 29.06.1997 - 2 RU 93/66 -, dass die Berufungsschrift wenigstens sinngemäß die Erklärung enthält, dass gegen die erstinstanzliche Entscheidung "Berufung" eingelegt werde. Dass in dem bezeichneten Schreiben vom 22.06.2006 nicht das Wort "Berufung", sondern der Begriff "einfache Beschwerde" verwendet wurde, ist unerheblich. Aus seinem Inhalt ergibt sich, dass der Kläger sich gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 14.06.2006 wendet, den er für nichtig hält. Aus besagtem Schriftsatz ergibt sich außerdem, dass der Kläger die Aufhebung des Gerichtsbescheids begehrt. Dadurch, dass sich der Kläger an ein dem SG übergeordnetes Gericht wandte, ergibt sich auch, dass er eine weitere richterliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung begehrt. Damit liegt inhaltlich eine Berufung vor. Diese ist auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist eingelegt, nachdem das die Berufung enthaltende Schreiben des Klägers vom 22.06.2006 am 28.06.2006 beim SG eingegangen ist.

Die Berufung ist auch der einzig mögliche Rechtsbehelf gegen den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG. Denn entgegen der Auffassung des Klägers und seines früheren Bevollmächtigten ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr zulässig. Gegen Gerichtsbescheide, gegen die die Berufung unbeschränkt zulässig ist, findet als Rechtsbehelf nur die Berufung statt (§ 105 Abs 2 SGG), worauf bereits das BSG im Schreiben vom 27.06.2006 hingewiesen hat. Ein Antrag des Klägers auf mündlich Verhandlung vor dem SG ginge somit ins Leere.

Das Rechtsmittel des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage wegen Fehlens der Prozessvollmacht als unzulässig abgewiesen. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG). Eine Heilung des Mangels ist nicht erfolgt. Sie wäre in der Berufungsinstanz grundsätzlich auch nicht mehr möglich gewesen (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl. § 73a Rdnr 18a).

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger ohnehin keinen Anspruch auf Erstattung der von seinem Vater entrichteten Beiträge hätte. Er könnte einen solchen Anspruch allenfalls als Rechtsnachfolger geltend machen. Die Vererbbarkeit richtet sich nach §§ 59 Satz 2, 58, Satz 1 SGB I iVm §§ 1922 ff BGB (BSG Urteile vom 30.10.1990 - 4 RLw 2/90 - und 24.04.2003 - B 10 LW 15/02 R). Dies bedeutet, dass der Anspruch zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits festgestellt oder zumindest ein Verwaltungsverfahren darüber hätte anhängig sein müssen. Beides war vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen bestünde ein Beitragserstattungsanspruch schon deshalb nicht, weil die Witwe des Versicherten B. S. Witwenrente bezogen hatte. Der Bezug einer Rente wegen Todes schließt eine Beitragserstattung aus (§ 210 Abs 1 Nr 3 SGB VI).

Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass auch die Berufung des Klägers erfolglos blieb.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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