Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 20/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 118/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.02.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr 4105 nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.
Der Versicherte M. L. , der Ehemann der Klägerin, geboren 1940, gestorben am 10.11.1999 befand sich seit 18.11.1968 in Deutschland. Er arbeitete hier als Elektriker. Von 1970 bis März 1988 war er in Deutschland bei kroatischen Firmen unversichert beschäftigt. Ab 14.03.1988 war er über die Firma O. Zeitarbeit GmbH u.a. bei den Firmen A. Haustechnik, S. , Gebäudetechnik, J.-Lufttechnik sowie Z. Klimatechnik, jeweils in N. , als Montagearbeiter tätig. Seit dem 11.01.1999 war er arbeitsunfähig krank. Er hatte angegeben, dass er in seinem Beruf Asbesteinwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Auch habe er mit Glaswolle gearbeitet. Am 10.11.1999 ist er verstorben. Der Versicherte war als Elektriker zum größten Teil mit dem Verlegen von Kabeln (Hausstrom, Fernmeldekabel usw.), Schaltschrankbau sowie dem Einbau und der Wartung raumlufttechnischer Anlagen beschäftigt. Verschiedene Beschäftigungsfirmen, soweit sie noch existierten, teilten auf Anfrage der Beklagten mit, der Versicherte sei nicht gegenüber Asbest exponiert gewesen. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD) führte dementsprechend in seiner Stellungnahme vom 02.05.2000 aus, das Tätigkeitsspektrum weise nicht auf einen Kontakt mit Asbest hin. Eine Gefährdung im Sinne der BK sei nicht gegeben. Der Pathologe Prof. M. stellte nach erfolgter Obduktion im Gutachten vom 28.01.2000 fest, dass der Versicherte an einem malignen Pleuramesotheliom gelitten hatte. Die staubanalytische Untersuchung habe mit maximal 470 Asbestkörper pro ccm Lungengewebe eine vergleichsweise vermehrte Asbestbelastung der Lungen ergeben. Unter der Voraussetzung einer arbeitstechnisch gesicherten Asbestexposition sei eine BK nach Nr 4105 mit der geforderten Wahrscheinlichkeit abzuleiten.
In einem weiteren Gutachten vom 02.03.2000 bestätigte der Pathologe Prof. Dr.W. das Grundleiden des Versicherten. Dieser sei im Rahmen des weit fortgeschrittenen malignen Tumorgeschehens der linken Lunge an respiratorischer Insuffizienz verstorben. Durch Lungenstaubanalyse sei eine vermehrte Asbestbelastung der Lungen gesichert. Der Versicherte sei somit an den Folgen der BK Nr 4105 verstorben (fortgeschrittenes malignes Pleuramesotheliom).
Mit Bescheid vom 21.09.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Brustfellkrebserkrankung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin als BK ab. Zwar seien die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr 4105 erfüllt. Ein Zusammenhang der Erkrankung mit der versicherten Tätigkeit sei aber nicht herzustellen. Der Versicherte sei nämlich in der Zeit ab März 1988 bei seiner Tätigkeit für die Firma O. nicht mit Asbest in Kontakt gekommen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr 4105 seien nicht erfüllt.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren gab der Zeuge L. (L) am 04.07.2002 an, dass der Versicherte bei Sanierungsarbeiten über längere Zeit mit Asbeststaub in Berührung gekommen sei. Der Zeuge T. (T) führte aus, dass er im Jahre 1985 mit dem Versicherten über die Firma I. aus Z. als Leiharbeitnehmer bei der Firma S. in E. beschäftigt gewesen sei. Dabei seien sie mit asbesthaltigen Stoffen (Brandabschottung) in Kontakt gekommen. Der Zeuge W. (W) erläuterte, dass der Versicherte bei ihm als Monteur für die Bundesanstalt für Arbeit in N. eingesetzt gewesen sei. Auf der Baustelle seien im gleichen Zeitraum Asbestsanierungen durchgeführt worden. Dass der Versicherte Kontakt mit Asbest hatte, sei ihm nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 20.12.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Danach habe kein direkter Kontakt des Versicherten mit Asbest während seiner beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich gemacht werden können. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben und beantragt, die Brustfellerkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als BK anzuerkennen und Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das SG hat den Heilverfahrens-Entlassungsbericht der Reha-Klinik R. , Bad S. vom 30.01.1996 sowie Befundberichte des Internisten Dr.H. vom 09.09.2003 und des Allgemeinarztes Dr.E. vom 07.10.2003 zum Verfahren beigezogen.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2003 hat das SG den Zeugen T einvernommen. Dieser hat bestätigt, dass er während des ganzen Jahres 1985, möglicherweise auch schon 1984 mit dem Versicherten zusammengearbeitet habe. Während der Tätigkeit hätten sie Asbestkontakte gehabt. In der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2004 hat der Zeuge W ausgeführt, dass bei der Arbeit des Versicherten an Kabelzugschächten durchaus Asbestkontakt möglich gewesen sei. Insbesondere bei der Bundesanstalt für Arbeit sei damals eine Asbestsanierung durchgeführt worden. Der Versicherte sei im Jahr 1993 ca. 4 bis 5 Monate auf der dortigen Baustelle eingesetzt gewesen. Ob der Versicherte dort und bei weiteren Baustellen mit Asbest in Berührung gekommen sei, könne er nicht sagen. Der Zeuge L gab an, dass der Versicherte durchaus mit Asbest in Kontakt kommen konnte, so im Gerätewerk E. und auf einer Baustelle in B ... Dies sei insbesondere bei der Kabelverlegung und beim Schlitzaufschlagen der Fall gewesen. Dies sei unausweichlich. Er wisse natürlich nicht, inwiefern der Versicherte konkret zu Asbest Kontakt hatte. Mit Urteil vom 10.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zwar die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr 4105 als vorliegend angesehen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK lägen aber nicht vor. Die zu fordernde Gewissheit einer Exposition des Versicherten gegen Asbeststaub könne nicht bestätigt werden. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, das Vordergericht habe nicht ausreichend geprüft, ob eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin zum Tragen komme. Zudem bekundeten die Zeugen W und L, dass der Versicherte Asbestkontakt hatte. Dies gelte insbesondere für die Zeit, in der er in Kabelzugschächten arbeitete. Eine entsprechende Zeichnungspflicht bei erstmaliger Asbestverwendung habe aber erst 1995 bestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte bereits erkrankt gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, dass die objektive Beweislast den treffe, der Rechte aus dem angeschuldigten Ereignis herleiten wolle. Zudem sei der Nachweis geführt worden, dass der Versicherte während der Dauer seiner versicherten Tätigkeit keiner Gefährdung der BK Nr 4105 ausgesetzt geesen sei. Hierzu hat die Beklagte noch eine Stellungnahme ihres TAD vom 27.08.2004 vorgelegt. Danach sei der Versicherte zwischen 1970 und 1988 asbestexponiert gewesen, habe aber nicht dem deutschen Sozialversicherungssystem unterlegen, da seine Arbeitsverhältnisse bei kroatischen Firmen im Ausland begründet waren. Eine Asbestexposition in den 90er Jahren sei aufgrund der langen Latenzzeit daher nicht in Betracht zu ziehen.
Weitere Anfragen des Senats an die Firmen, bei denen der Versicherte früher tätig war, blieben hinsichtlich des Kontakts mit Asbest ergebnislos (Fa. K. Haustechnik vom 18.11.2004, Fa. Elektro D. vom 23.11.2004, S. Building Technologies vom 23.11.2004, L. vom 03.12.2004).
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.02.2004 sowie des Bescheides vom 21.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2002 zu verurteilen, die Brustfellerkrankung des verstorbenen Versicherten als BK nach der Anlage zur BKV Nr 4105 anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 10.02.2004 zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der LVA Niederbayern-Oberpfalz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung einer BK sowie auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen gemäß §§ 2 Abs 1 Nr 1, 9 Abs 1 iVm Nr 4105 der Anlage zur BKV, 63 f SGB VII, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Nach § 9 Abs 1 SGB VII sind BKen die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Es muss sich also um Krankheiten handeln, die sich ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen hat. Nach Nr 4105 der Anlage zur BKV gelten als BKen durch Asbest verursachte Mesotheliome des Rippenfells, des Bauchfells und des Perikards. Die Feststellung dieser BK setzt also voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK in der Person des Versicherten gegeben sein müssen, zum anderen das typische Krankheitsbild dieser BK vorliegen muss und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (vgl. Kasseler Kommentar - Ricke - § 9 SGB VII, RdNr 11; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung Bd. 3 - Stand 1997 - § 9 SGB VII RdNr 21 ff).
Unzweifelhaft sind die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr 4105 erfüllt. Unstreitig ergibt sich dies aus den medizinischen Gutachten. Die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 4105 sind aber nicht nachgewiesen.
Dies folgt vor allem aus den Stellungnahmen des TAD der Beklagten vom 02.05.2000 und 27.08.2004. Danach war der Versicherte in der Zeit von 1970 bis März 1988 nicht über das deutsche Sozialversicherungssystem versichert. Seine Arbeitsverhältnisse waren bei kroatischen Firmen im Ausland begründet. Dies lässt sich ohne Weiteres aus der Rentenlücke im Rentenbescheid der LVA Niederbayern - Oberpfalz nachweisen. Vor 1988, insbesondere um 1985, war er ohne Zweifel erheblich asbestexponiert. Dies kann den Zeugenaussagen von L und T entnommen werden. Auch der Gutachter Prof. Dr.W. hat eine ursächliche Exposition vor dem Jahr 1988 für das Mesotheliom des Versicherten angenommen. Diese asbestexponierte Tätigkeit bei den ausländischen Firmen kann aber nicht Grundlage für die Anerkennung einer BK Nr 4105 sein.
In der Zeit vom März 1988 bis Januar 1999 war der Versicherte über die Firma O. Zeitarbeit dem deutschen Sozialversicherungssystem unterworfen. Er war als Schlosser bei mehr als zehn Firmen eingesetzt. Zum größten Teil war er mit dem Verlegen von Kabeln, Schaltschrankbau sowie dem Einbau und der Wartung von raumlufttechnischen Anlagen beschäftigt. Dieses Tätigkeitsspektrum deutet nicht auf einen Kontakt mit Asbest hin. Jedenfalls konnte in keinem Fall ein Kontakt mit Asbest nachgewiesen werden, wie die negativen Anfragen bei den jeweiligen Arbeitgebern zeigen. Auch seine Einsätze bei der Firma S. , bei der er zusammen mit den Zeugen L bzw. W arbeitete, führen zu keinem anderen Ergebnis. So war die vom Zeugen L benannte Asbestbaustelle bei S. in E. dem Zeugen W in dieser Form nicht bekannt. Eine Arbeit des Versicherten auf einer Baustelle mit gleichzeitiger Asbestsanierung hat lediglich bei der Bundesagentur für Arbeit bestanden. Hier war Mitte der 90er Jahre eine Asbestsanierung im Bereich der Außenfassade und der tragenden Stahlkonstruktion erfolgt. Kabelkanäle werden aber nicht als asbestbelastet benannt. Zudem ist der Aussage des Zeugen W zu entnehmen, dass die Firma S. in Bereichen arbeitete, nachdem bereits die Asbestsanierung erfolgt war. Des Weiteren spricht gegen eine Asbestbelastung des Versicherten die lange Latenzzeit bei Mesotheliomen. Sie beträgt im Mittel 17 und bis ca. 65 Jahre seit Beginn der Asbestexposition (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Aufl, S 1185). Damit ist nach den eingeholten Arbeitgeberanfragen und Zeugenaussagen sowie der langen Latenzzeit nicht erkennbar, dass der Versicherte einer Gefährdung iS der BK Nr 4105 unterlag.
Nach dem Grundsatz zur objektiven Beweislast gilt, dass jeder die Beweislast zu Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft das Vorhandensein positiver wie das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. Ein Beteiligter muss daher die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl, § 103 RdNr 19a). Eine Umkehr der Beweislast ist nach den sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht möglich, auch dann nicht, wenn es sich um einen sogenannten Beweisnotstand handelt oder sich im Einzelfall Billigkeitserwägungen ergeben (Meyer-Ladewig aaO RdNr 19f).
Das Urteil des SG Nürnberg ist daher nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers muss als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr 4105 nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.
Der Versicherte M. L. , der Ehemann der Klägerin, geboren 1940, gestorben am 10.11.1999 befand sich seit 18.11.1968 in Deutschland. Er arbeitete hier als Elektriker. Von 1970 bis März 1988 war er in Deutschland bei kroatischen Firmen unversichert beschäftigt. Ab 14.03.1988 war er über die Firma O. Zeitarbeit GmbH u.a. bei den Firmen A. Haustechnik, S. , Gebäudetechnik, J.-Lufttechnik sowie Z. Klimatechnik, jeweils in N. , als Montagearbeiter tätig. Seit dem 11.01.1999 war er arbeitsunfähig krank. Er hatte angegeben, dass er in seinem Beruf Asbesteinwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Auch habe er mit Glaswolle gearbeitet. Am 10.11.1999 ist er verstorben. Der Versicherte war als Elektriker zum größten Teil mit dem Verlegen von Kabeln (Hausstrom, Fernmeldekabel usw.), Schaltschrankbau sowie dem Einbau und der Wartung raumlufttechnischer Anlagen beschäftigt. Verschiedene Beschäftigungsfirmen, soweit sie noch existierten, teilten auf Anfrage der Beklagten mit, der Versicherte sei nicht gegenüber Asbest exponiert gewesen. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD) führte dementsprechend in seiner Stellungnahme vom 02.05.2000 aus, das Tätigkeitsspektrum weise nicht auf einen Kontakt mit Asbest hin. Eine Gefährdung im Sinne der BK sei nicht gegeben. Der Pathologe Prof. M. stellte nach erfolgter Obduktion im Gutachten vom 28.01.2000 fest, dass der Versicherte an einem malignen Pleuramesotheliom gelitten hatte. Die staubanalytische Untersuchung habe mit maximal 470 Asbestkörper pro ccm Lungengewebe eine vergleichsweise vermehrte Asbestbelastung der Lungen ergeben. Unter der Voraussetzung einer arbeitstechnisch gesicherten Asbestexposition sei eine BK nach Nr 4105 mit der geforderten Wahrscheinlichkeit abzuleiten.
In einem weiteren Gutachten vom 02.03.2000 bestätigte der Pathologe Prof. Dr.W. das Grundleiden des Versicherten. Dieser sei im Rahmen des weit fortgeschrittenen malignen Tumorgeschehens der linken Lunge an respiratorischer Insuffizienz verstorben. Durch Lungenstaubanalyse sei eine vermehrte Asbestbelastung der Lungen gesichert. Der Versicherte sei somit an den Folgen der BK Nr 4105 verstorben (fortgeschrittenes malignes Pleuramesotheliom).
Mit Bescheid vom 21.09.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Brustfellkrebserkrankung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin als BK ab. Zwar seien die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr 4105 erfüllt. Ein Zusammenhang der Erkrankung mit der versicherten Tätigkeit sei aber nicht herzustellen. Der Versicherte sei nämlich in der Zeit ab März 1988 bei seiner Tätigkeit für die Firma O. nicht mit Asbest in Kontakt gekommen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr 4105 seien nicht erfüllt.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren gab der Zeuge L. (L) am 04.07.2002 an, dass der Versicherte bei Sanierungsarbeiten über längere Zeit mit Asbeststaub in Berührung gekommen sei. Der Zeuge T. (T) führte aus, dass er im Jahre 1985 mit dem Versicherten über die Firma I. aus Z. als Leiharbeitnehmer bei der Firma S. in E. beschäftigt gewesen sei. Dabei seien sie mit asbesthaltigen Stoffen (Brandabschottung) in Kontakt gekommen. Der Zeuge W. (W) erläuterte, dass der Versicherte bei ihm als Monteur für die Bundesanstalt für Arbeit in N. eingesetzt gewesen sei. Auf der Baustelle seien im gleichen Zeitraum Asbestsanierungen durchgeführt worden. Dass der Versicherte Kontakt mit Asbest hatte, sei ihm nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 20.12.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Danach habe kein direkter Kontakt des Versicherten mit Asbest während seiner beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich gemacht werden können. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben und beantragt, die Brustfellerkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als BK anzuerkennen und Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Das SG hat den Heilverfahrens-Entlassungsbericht der Reha-Klinik R. , Bad S. vom 30.01.1996 sowie Befundberichte des Internisten Dr.H. vom 09.09.2003 und des Allgemeinarztes Dr.E. vom 07.10.2003 zum Verfahren beigezogen.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2003 hat das SG den Zeugen T einvernommen. Dieser hat bestätigt, dass er während des ganzen Jahres 1985, möglicherweise auch schon 1984 mit dem Versicherten zusammengearbeitet habe. Während der Tätigkeit hätten sie Asbestkontakte gehabt. In der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2004 hat der Zeuge W ausgeführt, dass bei der Arbeit des Versicherten an Kabelzugschächten durchaus Asbestkontakt möglich gewesen sei. Insbesondere bei der Bundesanstalt für Arbeit sei damals eine Asbestsanierung durchgeführt worden. Der Versicherte sei im Jahr 1993 ca. 4 bis 5 Monate auf der dortigen Baustelle eingesetzt gewesen. Ob der Versicherte dort und bei weiteren Baustellen mit Asbest in Berührung gekommen sei, könne er nicht sagen. Der Zeuge L gab an, dass der Versicherte durchaus mit Asbest in Kontakt kommen konnte, so im Gerätewerk E. und auf einer Baustelle in B ... Dies sei insbesondere bei der Kabelverlegung und beim Schlitzaufschlagen der Fall gewesen. Dies sei unausweichlich. Er wisse natürlich nicht, inwiefern der Versicherte konkret zu Asbest Kontakt hatte. Mit Urteil vom 10.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zwar die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr 4105 als vorliegend angesehen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK lägen aber nicht vor. Die zu fordernde Gewissheit einer Exposition des Versicherten gegen Asbeststaub könne nicht bestätigt werden. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen, das Vordergericht habe nicht ausreichend geprüft, ob eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin zum Tragen komme. Zudem bekundeten die Zeugen W und L, dass der Versicherte Asbestkontakt hatte. Dies gelte insbesondere für die Zeit, in der er in Kabelzugschächten arbeitete. Eine entsprechende Zeichnungspflicht bei erstmaliger Asbestverwendung habe aber erst 1995 bestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte bereits erkrankt gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, dass die objektive Beweislast den treffe, der Rechte aus dem angeschuldigten Ereignis herleiten wolle. Zudem sei der Nachweis geführt worden, dass der Versicherte während der Dauer seiner versicherten Tätigkeit keiner Gefährdung der BK Nr 4105 ausgesetzt geesen sei. Hierzu hat die Beklagte noch eine Stellungnahme ihres TAD vom 27.08.2004 vorgelegt. Danach sei der Versicherte zwischen 1970 und 1988 asbestexponiert gewesen, habe aber nicht dem deutschen Sozialversicherungssystem unterlegen, da seine Arbeitsverhältnisse bei kroatischen Firmen im Ausland begründet waren. Eine Asbestexposition in den 90er Jahren sei aufgrund der langen Latenzzeit daher nicht in Betracht zu ziehen.
Weitere Anfragen des Senats an die Firmen, bei denen der Versicherte früher tätig war, blieben hinsichtlich des Kontakts mit Asbest ergebnislos (Fa. K. Haustechnik vom 18.11.2004, Fa. Elektro D. vom 23.11.2004, S. Building Technologies vom 23.11.2004, L. vom 03.12.2004).
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.02.2004 sowie des Bescheides vom 21.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2002 zu verurteilen, die Brustfellerkrankung des verstorbenen Versicherten als BK nach der Anlage zur BKV Nr 4105 anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 10.02.2004 zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der LVA Niederbayern-Oberpfalz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung einer BK sowie auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen gemäß §§ 2 Abs 1 Nr 1, 9 Abs 1 iVm Nr 4105 der Anlage zur BKV, 63 f SGB VII, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Nach § 9 Abs 1 SGB VII sind BKen die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Es muss sich also um Krankheiten handeln, die sich ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen hat. Nach Nr 4105 der Anlage zur BKV gelten als BKen durch Asbest verursachte Mesotheliome des Rippenfells, des Bauchfells und des Perikards. Die Feststellung dieser BK setzt also voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK in der Person des Versicherten gegeben sein müssen, zum anderen das typische Krankheitsbild dieser BK vorliegen muss und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (vgl. Kasseler Kommentar - Ricke - § 9 SGB VII, RdNr 11; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung Bd. 3 - Stand 1997 - § 9 SGB VII RdNr 21 ff).
Unzweifelhaft sind die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr 4105 erfüllt. Unstreitig ergibt sich dies aus den medizinischen Gutachten. Die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 4105 sind aber nicht nachgewiesen.
Dies folgt vor allem aus den Stellungnahmen des TAD der Beklagten vom 02.05.2000 und 27.08.2004. Danach war der Versicherte in der Zeit von 1970 bis März 1988 nicht über das deutsche Sozialversicherungssystem versichert. Seine Arbeitsverhältnisse waren bei kroatischen Firmen im Ausland begründet. Dies lässt sich ohne Weiteres aus der Rentenlücke im Rentenbescheid der LVA Niederbayern - Oberpfalz nachweisen. Vor 1988, insbesondere um 1985, war er ohne Zweifel erheblich asbestexponiert. Dies kann den Zeugenaussagen von L und T entnommen werden. Auch der Gutachter Prof. Dr.W. hat eine ursächliche Exposition vor dem Jahr 1988 für das Mesotheliom des Versicherten angenommen. Diese asbestexponierte Tätigkeit bei den ausländischen Firmen kann aber nicht Grundlage für die Anerkennung einer BK Nr 4105 sein.
In der Zeit vom März 1988 bis Januar 1999 war der Versicherte über die Firma O. Zeitarbeit dem deutschen Sozialversicherungssystem unterworfen. Er war als Schlosser bei mehr als zehn Firmen eingesetzt. Zum größten Teil war er mit dem Verlegen von Kabeln, Schaltschrankbau sowie dem Einbau und der Wartung von raumlufttechnischen Anlagen beschäftigt. Dieses Tätigkeitsspektrum deutet nicht auf einen Kontakt mit Asbest hin. Jedenfalls konnte in keinem Fall ein Kontakt mit Asbest nachgewiesen werden, wie die negativen Anfragen bei den jeweiligen Arbeitgebern zeigen. Auch seine Einsätze bei der Firma S. , bei der er zusammen mit den Zeugen L bzw. W arbeitete, führen zu keinem anderen Ergebnis. So war die vom Zeugen L benannte Asbestbaustelle bei S. in E. dem Zeugen W in dieser Form nicht bekannt. Eine Arbeit des Versicherten auf einer Baustelle mit gleichzeitiger Asbestsanierung hat lediglich bei der Bundesagentur für Arbeit bestanden. Hier war Mitte der 90er Jahre eine Asbestsanierung im Bereich der Außenfassade und der tragenden Stahlkonstruktion erfolgt. Kabelkanäle werden aber nicht als asbestbelastet benannt. Zudem ist der Aussage des Zeugen W zu entnehmen, dass die Firma S. in Bereichen arbeitete, nachdem bereits die Asbestsanierung erfolgt war. Des Weiteren spricht gegen eine Asbestbelastung des Versicherten die lange Latenzzeit bei Mesotheliomen. Sie beträgt im Mittel 17 und bis ca. 65 Jahre seit Beginn der Asbestexposition (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Aufl, S 1185). Damit ist nach den eingeholten Arbeitgeberanfragen und Zeugenaussagen sowie der langen Latenzzeit nicht erkennbar, dass der Versicherte einer Gefährdung iS der BK Nr 4105 unterlag.
Nach dem Grundsatz zur objektiven Beweislast gilt, dass jeder die Beweislast zu Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft das Vorhandensein positiver wie das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. Ein Beteiligter muss daher die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl, § 103 RdNr 19a). Eine Umkehr der Beweislast ist nach den sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht möglich, auch dann nicht, wenn es sich um einen sogenannten Beweisnotstand handelt oder sich im Einzelfall Billigkeitserwägungen ergeben (Meyer-Ladewig aaO RdNr 19f).
Das Urteil des SG Nürnberg ist daher nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers muss als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved