Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1046/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 224/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.01.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Entscheidung der Beklagten, ihm eine Zuweisung in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) zu verweigern, rechtswidrig war.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 13.01.1998 in eine ABM bei der WFG H. zugewiesen zu werden. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998 ab, weil der Kläger nach § 269 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keinen Anspruch auf Zuweisung in eine ABM habe und die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung eine Zuweisung wegen des Auslandswohnsitzes des Klägers (St. O./Niederlande) nicht aussprechen würde. Der Kläger sei im Übrigen auch nicht förderungsfähig, da er weder langzeitarbeitslos sei, noch Anspruch auf Lohnersatzleistungen habe. Die hiergegen am 20.01.1998 erhobene Klage (S 8 AL 82/98) hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 30.01.2002 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger keine Berufung eingelegt. Den ebenfalls am 20.01.1998 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 8 AL 76/98 ER) hat der Kläger am 29.01.2002 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 24.10.2000 bzw. 03.11.2000 beantragte der Kläger erneut die Berufsförderung im Rahmen einer ABM und die Gewährung eines Lohnkostenzuschusses.
Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2000 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach deutschem Recht, und auch aufgrund des Auslandswohnsitzes des Klägers könne dieser - im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung - in keine ABM eingewiesen werden.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 06.12.2000 Klage zum SG Nürnberg erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 24.10. und 03.11.2000 unter Wahrung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie festzustellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, derentwegen er unter dem 24.10.2000 eine Berufsförderung beantragte, unter den Kreis der förderungsfähigen Personen nach § 263 SGB III falle.
Seit 09.11.2000 beziehe er Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit durch den niederländischen Versicherungsträger. Die Beklagte habe im Rahmen ihres Ermessens nicht allein auf seinen Auslandswohnsitz abstellen dürfen, insbesondere weil die Eingliederung in den Arbeitsmarkt im Rahmen einer ABM eine soziale Vergünstigung darstelle, die nach Art 5 und 7 Abs 2 und 3 Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften (EWG-VO) Nr 1612/68 allen Arbeitnehmern zu Gute zu kommen habe, und er wegen seines Auslandswohnsitzes gegenüber inländischen Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden dürfe.
Einen am 08.12.2000 gestellten Antrag im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 8 AL 1048/00 ER), die Zuweisung in eine ABM auszusprechen, hat der Kläger am 04.12.2001 mit dem Hinweis zurückgenommen, dass sich für ihn die Zuweisung wegen Zeitablaufes erledigt habe.
Das SG hat mit Urteil vom 30.01.2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 12.06.1986 Rs 1/85 - Rechtssache "Miethe") - nach seinen persönlichen Umständen grundsätzlich auch die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Arbeitsförderungen nach deutschem Recht erfüllt, da er als arbeitsloser (untypischer) Grenzgänger seinen Wohnsitz in den Niederlanden lediglich aus familiären Gründen gewählt habe, die Chancen für seine Eingliederung aufgrund seines beruflichen Werdegangs in den deutschen Arbeitsmarkt jedoch wesentlich günstiger erschienen. Der EuGH habe den Leistungsberechtigen, die nicht, d.h. untypische Grenzgänger sind, jedoch nur ein Auswahlrecht für die Inanspruchnahme der Leistungen bei Arbeitslosigkeit eingeräumt. Dieses Wahlrecht habe der Kläger mit seiner Inanspruchnahme der niederländischen Arbeitslosenunterstüzung verbraucht, so dass er nicht im Nachhinein Leistungen nach deutschem Recht verlangen könne. Auch verlange die Rechtsprechung des EuGH nicht zwingend die Unterstützung bei der beruflichen Eingliederung untypischer Grenzgänger, soweit diese in ihrem Wohnsitzstaat Leistungen der Arbeitslosenunterstützung in Anspruch genommen haben.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 10.06.2002 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Er vertritt die Auffassung, dass Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Form von Entgeltersatzleistungen von der Förderung bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterscheiden seien. Auf letztere habe der Kläger Anspruch, da er nicht anders behandelt werden dürfte als inländische Arbeitnehmer. Ihm haben daher die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigung zu Gute zu kommen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 24.10. und 03.11.2000 unter Wahrung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und festzustellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, derentwegen er unter dem 24.10.2000 eine Berufsförderung beantragte, unter den Kreis der förderungsfähigen Personen nach § 263 SGB III fällt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, die Akten des SG Nürnberg und des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Berufung (§§ 143, 144, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig.
Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten und die Beteiligten hatten nach dem gerichtlichen Hinweis vom 26.10.2006 Gelegenheit, bis 01.12.2006 zu einer Entscheidung durch Beschluss Stellung zu nehmen. Die Klägerseite hat sich mit Schriftsatz vom 01.12.2006 inhaltlich geäußert, aber keine Einwendungen gegen eine Entscheidung durch Beschluss erhoben.
Der Klageantrag vom 09.03.2001, auf den der Kläger mit Schriftsatz vom 02.12.2006 Bezug genommen hat und mit dem er begehrt, die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung auszusprechen und festzustellen, dass der Kläger als förderungsbedürftig anzusehen sei, ist nach den Gesamtumständen als Fortsetzungsfeststellungsklage iSd § 131 Abs 1 Satz 3 SGG gegen den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 zu verstehen.
Zum einen hat der Kläger selbst im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht, dass sich die Zuweisung, wie am 24.10. und 03.11.2000 beantragt, durch Zeitablauf erledigt habe. Zum Anderen wäre eine entsprechende Feststellungsklage iSd § 55 Abs 1 Nr 1 SGG unzulässig, da zwischen der Beklagten und dem Kläger kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Streit steht und die Förderungsbedürftigkeit iSd § 263 SGB III lediglich ein Element im Rahmen einer Zuweisung nach § 260 ff SGB III darstellt. Eine (ausnahmsweise) zulässige Elementenfeststellungsklage (vgl. hierzu Meyer-Ladewig Komm. zum SGG 3.Aufl § 55 RdNr 9) kann in diesem Zusammenhang nicht angenommen werden, da hierdurch der Rechtsstreit nicht insgesamt erledigt würde.
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung vom 05.12.2000 sieht der Senat auch als gegeben an, da die Beklagte bereits 1998 (unter der Geltung des SGB III) einen vergleichbaren Antrag auf Zuweisung in eine ABM mit dem Hinweis auf den Auslandswohnsitz des Klägers abgelehnt hat. Der Kläger kann daher für sich in Anspruch nehmen, diese Rechtsfrage klären zu lassen, da nicht zu erwarten ist, dass die Beklagte ohne eine gerichtliche Entscheidung ihre Verwaltungspraxis ändern werde. Der Kläger läuft daher Gefahr, dass ein erneuter Antrag mit identischer Begründung abgelehnt würde.
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2000 war nicht rechtswidrig.
Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn in eine ABM zuwies, da er keine Leistungen nach dem deutschen Arbeitsförderungsrecht in Anspruch nehmen konnte.
Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen können die Beschäftigung von zugewiesenen Arbeitsnehmern durch Zuschüsse und Darlehen gefördert werden, § 260 Abs 1 HS 1 SGB III (idF des Gesetzes vom 21.07.1999). Das Arbeitsamt kann einen förderungsbedürftigen Arbeitnehmer für die Dauer der Förderung in die Maßnahme zuweisen, § 269 Abs 1 SGB III. Arbeitnehmer sind förderungsbedürftig, wenn sie langzeitarbeitslos sind oder innerhalb der letzten zwölf Monate vor der Zuweisung mindestens sechs Monate beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet waren und die Voraussetzungen für Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, bei beruflicher Weiterbildung oder bei beruflicher Eingliederung Behinderter erfüllen.
Diese Leistungen stellen nach § 3 Abs 3 Nr 5 iVm Abs 4 SGB III Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dar, die Arbeitnehmern bei Arbeitslosigkeit zu Gute kommen. Mit seinem Antrag auf Zuweisung in eine ABM hat der Kläger somit Leistungen bei Arbeitslosigkeit iSd Art 4 Abs 1 lit. g EWG-VO Nr 1408/71 geltend gemacht.
Der Kläger hätte, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, trotz seines Wohnsitzes in den Niederlanden nach Art 71 Abs 1 Buchst b) i) Nr 1408/71 EWG-VO als untypischer Grenzgänger einen Anspruch auf die Bewilligung von Leistungen nach dem deutschen Arbeitsförderungsrecht gehabt (Beschäftigungsstaat), so dass ihm in der Folge auch Leistungen der Wiedereingliederung zu bewilligen gewesen wären.
Andererseits bestand für den Kläger auch die Möglichkeit, nach Art 71 Abs 1 Buchst b) ii) EWG-VO Nr 1408/71 Leistungen des niederländischen Versicherungsträgers in Anspruch zu nehmen.
Der Kläger hat - nach eigenen Angaben - seit November 2000 wieder Leistungen bei Arbeitslosigkeit des niederländischen Versicherungsträgers bezogen.
Er hat daher von diesem Wahlrecht insoweit Gebrauch gemacht und Leistungen bei Arbeitslosigkeit in seinem Wohnsitzstaat (Niederlande) geltend gemacht, womit er sich dem dortigen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt hat.
Mit diesem Bezug von Arbeitslosenunterstützung nach niederländischem Recht hat der Kläger - worauf das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache "Miethe" zutreffend abstellt - sein Wahlrecht verbraucht, so dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, an den Kläger auch Leistungen der Arbeitsförderung nach deutschem Recht zu erbringen.
Zur Begründung der Entscheidung wird im Weiteren auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils vom 30.01.2002 Bezug genommen, § 153 Abs 2 SGG. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend zum Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 04.12.2006 ist auszuführen, dass dieses Vorbringen keine andere Betrachtungsweise zulässt.
Entgegen der Auffassung des Klägers bezieht sich das Wahlrecht, Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen, nicht auf einzelne Aspekte des Leistungskatalogs, den ein Mitgliedsstaat für den Fall der Arbeitslosigkeit anbietet, so dass dem Leistungsempfänger frei stände, sich die jeweils günstigsten Regelungen eines Leistungskataloges eines Mitgliedsstaates zu wählen.
Mit der Inanspruchnahme des Wahlrechts kann der Kläger nur innerhalb des gewählten Leistungssystems Ansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum (ab November 2000) geltend machen, so dass er auf Leistungen des niederländischen Versicherungsträgers zu verweisen ist.
Die Auffassung des Klägers, die Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt seien getrennt von Ansprüchen auf Entgeltersatzleistungen zu sehen und nur letztere seien Leistungen bei Arbeitslosigkeit, während erstere als Maßnahmen der Wiedereingliederung anzusehen seien, womit dem Kläger ein weiteres Wahrecht eröffnet würde, steht mit der Rechtsprechung des EuGH nicht in Einklang.
Bereits in der Rechtssache "Campana" (Vorabentscheidung des EuGH vom 04.06.1987; Rs 375/85) hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass als Leistungen bei Arbeitslosigkeit iSd Art 4 Abs 1 lit. g EWG-VO Nr 1408/71 sämtliche Leistungen zu verstehen sind, die ein Mitgliedsstaat im Falle der Arbeitslosigkeit an Leistungsempfänger erbringt, d.h. nicht nur Entgeltersatzleistungen, sondern auch Leistungen, die zur Beendigung der Arbeistslosigkeit geeignet sind, wie Fortbildungsmaßnahmen oder Förderprogramme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die der Kläger für sich in Anspruch nehmen will.
Auch die Argumentation des Klägers, der Bezug der niederländischen Arbeitslosenunterstützung sei als anspruchsbegründender Tatbestand für den Bezug von Leistungen der Wiedereingliederung nach deutschem Recht zu berücksichtigen, lässt keine andere Beurteilung zu.
Die Rechtsprechung des EuGH (Vorabentscheidung vom 13.03.1997 Rs 131/95 - Rechtssache "Huijbrechts" - stellt lediglich darauf ab, dass derartige Anspruchsvoraussetzungen für den zeitlich aufeinanderfolgenden Bezug von Sozialleistungen in den Mitgliedsstaaten der EU so zu behandeln seien, als ob sie in dem Staat erfüllt worden wären, dessen Leistungen in Anspruch genommen werden sollen.
Sie stellt jedoch keine Rechtfertigung dar, dass der Kläger zeitgleich die Leistungen zweier Mitgliedstaaten bei Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen kann, wie dies der Kläger durch den Bezug der Entgeltersatzleistungen nach niederländischem Recht und die Förderung der beruflichen Eingliederung nach deutschem Recht für den Zeitraum ab November 2000 gefordert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 iVm § 153 ABs 4 Satz 3, § 158 Satz 3 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Entscheidung der Beklagten, ihm eine Zuweisung in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) zu verweigern, rechtswidrig war.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 13.01.1998 in eine ABM bei der WFG H. zugewiesen zu werden. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998 ab, weil der Kläger nach § 269 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keinen Anspruch auf Zuweisung in eine ABM habe und die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung eine Zuweisung wegen des Auslandswohnsitzes des Klägers (St. O./Niederlande) nicht aussprechen würde. Der Kläger sei im Übrigen auch nicht förderungsfähig, da er weder langzeitarbeitslos sei, noch Anspruch auf Lohnersatzleistungen habe. Die hiergegen am 20.01.1998 erhobene Klage (S 8 AL 82/98) hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 30.01.2002 abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger keine Berufung eingelegt. Den ebenfalls am 20.01.1998 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 8 AL 76/98 ER) hat der Kläger am 29.01.2002 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 24.10.2000 bzw. 03.11.2000 beantragte der Kläger erneut die Berufsförderung im Rahmen einer ABM und die Gewährung eines Lohnkostenzuschusses.
Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2000 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach deutschem Recht, und auch aufgrund des Auslandswohnsitzes des Klägers könne dieser - im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung - in keine ABM eingewiesen werden.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 06.12.2000 Klage zum SG Nürnberg erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 24.10. und 03.11.2000 unter Wahrung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie festzustellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, derentwegen er unter dem 24.10.2000 eine Berufsförderung beantragte, unter den Kreis der förderungsfähigen Personen nach § 263 SGB III falle.
Seit 09.11.2000 beziehe er Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit durch den niederländischen Versicherungsträger. Die Beklagte habe im Rahmen ihres Ermessens nicht allein auf seinen Auslandswohnsitz abstellen dürfen, insbesondere weil die Eingliederung in den Arbeitsmarkt im Rahmen einer ABM eine soziale Vergünstigung darstelle, die nach Art 5 und 7 Abs 2 und 3 Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften (EWG-VO) Nr 1612/68 allen Arbeitnehmern zu Gute zu kommen habe, und er wegen seines Auslandswohnsitzes gegenüber inländischen Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden dürfe.
Einen am 08.12.2000 gestellten Antrag im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 8 AL 1048/00 ER), die Zuweisung in eine ABM auszusprechen, hat der Kläger am 04.12.2001 mit dem Hinweis zurückgenommen, dass sich für ihn die Zuweisung wegen Zeitablaufes erledigt habe.
Das SG hat mit Urteil vom 30.01.2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 12.06.1986 Rs 1/85 - Rechtssache "Miethe") - nach seinen persönlichen Umständen grundsätzlich auch die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Arbeitsförderungen nach deutschem Recht erfüllt, da er als arbeitsloser (untypischer) Grenzgänger seinen Wohnsitz in den Niederlanden lediglich aus familiären Gründen gewählt habe, die Chancen für seine Eingliederung aufgrund seines beruflichen Werdegangs in den deutschen Arbeitsmarkt jedoch wesentlich günstiger erschienen. Der EuGH habe den Leistungsberechtigen, die nicht, d.h. untypische Grenzgänger sind, jedoch nur ein Auswahlrecht für die Inanspruchnahme der Leistungen bei Arbeitslosigkeit eingeräumt. Dieses Wahlrecht habe der Kläger mit seiner Inanspruchnahme der niederländischen Arbeitslosenunterstüzung verbraucht, so dass er nicht im Nachhinein Leistungen nach deutschem Recht verlangen könne. Auch verlange die Rechtsprechung des EuGH nicht zwingend die Unterstützung bei der beruflichen Eingliederung untypischer Grenzgänger, soweit diese in ihrem Wohnsitzstaat Leistungen der Arbeitslosenunterstützung in Anspruch genommen haben.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 10.06.2002 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Er vertritt die Auffassung, dass Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Form von Entgeltersatzleistungen von der Förderung bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterscheiden seien. Auf letztere habe der Kläger Anspruch, da er nicht anders behandelt werden dürfte als inländische Arbeitnehmer. Ihm haben daher die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigung zu Gute zu kommen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 24.10. und 03.11.2000 unter Wahrung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und festzustellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, derentwegen er unter dem 24.10.2000 eine Berufsförderung beantragte, unter den Kreis der förderungsfähigen Personen nach § 263 SGB III fällt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, die Akten des SG Nürnberg und des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Berufung (§§ 143, 144, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig.
Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten und die Beteiligten hatten nach dem gerichtlichen Hinweis vom 26.10.2006 Gelegenheit, bis 01.12.2006 zu einer Entscheidung durch Beschluss Stellung zu nehmen. Die Klägerseite hat sich mit Schriftsatz vom 01.12.2006 inhaltlich geäußert, aber keine Einwendungen gegen eine Entscheidung durch Beschluss erhoben.
Der Klageantrag vom 09.03.2001, auf den der Kläger mit Schriftsatz vom 02.12.2006 Bezug genommen hat und mit dem er begehrt, die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung auszusprechen und festzustellen, dass der Kläger als förderungsbedürftig anzusehen sei, ist nach den Gesamtumständen als Fortsetzungsfeststellungsklage iSd § 131 Abs 1 Satz 3 SGG gegen den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2000 zu verstehen.
Zum einen hat der Kläger selbst im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht, dass sich die Zuweisung, wie am 24.10. und 03.11.2000 beantragt, durch Zeitablauf erledigt habe. Zum Anderen wäre eine entsprechende Feststellungsklage iSd § 55 Abs 1 Nr 1 SGG unzulässig, da zwischen der Beklagten und dem Kläger kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Streit steht und die Förderungsbedürftigkeit iSd § 263 SGB III lediglich ein Element im Rahmen einer Zuweisung nach § 260 ff SGB III darstellt. Eine (ausnahmsweise) zulässige Elementenfeststellungsklage (vgl. hierzu Meyer-Ladewig Komm. zum SGG 3.Aufl § 55 RdNr 9) kann in diesem Zusammenhang nicht angenommen werden, da hierdurch der Rechtsstreit nicht insgesamt erledigt würde.
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung vom 05.12.2000 sieht der Senat auch als gegeben an, da die Beklagte bereits 1998 (unter der Geltung des SGB III) einen vergleichbaren Antrag auf Zuweisung in eine ABM mit dem Hinweis auf den Auslandswohnsitz des Klägers abgelehnt hat. Der Kläger kann daher für sich in Anspruch nehmen, diese Rechtsfrage klären zu lassen, da nicht zu erwarten ist, dass die Beklagte ohne eine gerichtliche Entscheidung ihre Verwaltungspraxis ändern werde. Der Kläger läuft daher Gefahr, dass ein erneuter Antrag mit identischer Begründung abgelehnt würde.
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2000 war nicht rechtswidrig.
Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn in eine ABM zuwies, da er keine Leistungen nach dem deutschen Arbeitsförderungsrecht in Anspruch nehmen konnte.
Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen können die Beschäftigung von zugewiesenen Arbeitsnehmern durch Zuschüsse und Darlehen gefördert werden, § 260 Abs 1 HS 1 SGB III (idF des Gesetzes vom 21.07.1999). Das Arbeitsamt kann einen förderungsbedürftigen Arbeitnehmer für die Dauer der Förderung in die Maßnahme zuweisen, § 269 Abs 1 SGB III. Arbeitnehmer sind förderungsbedürftig, wenn sie langzeitarbeitslos sind oder innerhalb der letzten zwölf Monate vor der Zuweisung mindestens sechs Monate beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet waren und die Voraussetzungen für Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, bei beruflicher Weiterbildung oder bei beruflicher Eingliederung Behinderter erfüllen.
Diese Leistungen stellen nach § 3 Abs 3 Nr 5 iVm Abs 4 SGB III Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dar, die Arbeitnehmern bei Arbeitslosigkeit zu Gute kommen. Mit seinem Antrag auf Zuweisung in eine ABM hat der Kläger somit Leistungen bei Arbeitslosigkeit iSd Art 4 Abs 1 lit. g EWG-VO Nr 1408/71 geltend gemacht.
Der Kläger hätte, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, trotz seines Wohnsitzes in den Niederlanden nach Art 71 Abs 1 Buchst b) i) Nr 1408/71 EWG-VO als untypischer Grenzgänger einen Anspruch auf die Bewilligung von Leistungen nach dem deutschen Arbeitsförderungsrecht gehabt (Beschäftigungsstaat), so dass ihm in der Folge auch Leistungen der Wiedereingliederung zu bewilligen gewesen wären.
Andererseits bestand für den Kläger auch die Möglichkeit, nach Art 71 Abs 1 Buchst b) ii) EWG-VO Nr 1408/71 Leistungen des niederländischen Versicherungsträgers in Anspruch zu nehmen.
Der Kläger hat - nach eigenen Angaben - seit November 2000 wieder Leistungen bei Arbeitslosigkeit des niederländischen Versicherungsträgers bezogen.
Er hat daher von diesem Wahlrecht insoweit Gebrauch gemacht und Leistungen bei Arbeitslosigkeit in seinem Wohnsitzstaat (Niederlande) geltend gemacht, womit er sich dem dortigen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt hat.
Mit diesem Bezug von Arbeitslosenunterstützung nach niederländischem Recht hat der Kläger - worauf das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache "Miethe" zutreffend abstellt - sein Wahlrecht verbraucht, so dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, an den Kläger auch Leistungen der Arbeitsförderung nach deutschem Recht zu erbringen.
Zur Begründung der Entscheidung wird im Weiteren auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils vom 30.01.2002 Bezug genommen, § 153 Abs 2 SGG. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend zum Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 04.12.2006 ist auszuführen, dass dieses Vorbringen keine andere Betrachtungsweise zulässt.
Entgegen der Auffassung des Klägers bezieht sich das Wahlrecht, Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen, nicht auf einzelne Aspekte des Leistungskatalogs, den ein Mitgliedsstaat für den Fall der Arbeitslosigkeit anbietet, so dass dem Leistungsempfänger frei stände, sich die jeweils günstigsten Regelungen eines Leistungskataloges eines Mitgliedsstaates zu wählen.
Mit der Inanspruchnahme des Wahlrechts kann der Kläger nur innerhalb des gewählten Leistungssystems Ansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum (ab November 2000) geltend machen, so dass er auf Leistungen des niederländischen Versicherungsträgers zu verweisen ist.
Die Auffassung des Klägers, die Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt seien getrennt von Ansprüchen auf Entgeltersatzleistungen zu sehen und nur letztere seien Leistungen bei Arbeitslosigkeit, während erstere als Maßnahmen der Wiedereingliederung anzusehen seien, womit dem Kläger ein weiteres Wahrecht eröffnet würde, steht mit der Rechtsprechung des EuGH nicht in Einklang.
Bereits in der Rechtssache "Campana" (Vorabentscheidung des EuGH vom 04.06.1987; Rs 375/85) hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass als Leistungen bei Arbeitslosigkeit iSd Art 4 Abs 1 lit. g EWG-VO Nr 1408/71 sämtliche Leistungen zu verstehen sind, die ein Mitgliedsstaat im Falle der Arbeitslosigkeit an Leistungsempfänger erbringt, d.h. nicht nur Entgeltersatzleistungen, sondern auch Leistungen, die zur Beendigung der Arbeistslosigkeit geeignet sind, wie Fortbildungsmaßnahmen oder Förderprogramme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die der Kläger für sich in Anspruch nehmen will.
Auch die Argumentation des Klägers, der Bezug der niederländischen Arbeitslosenunterstützung sei als anspruchsbegründender Tatbestand für den Bezug von Leistungen der Wiedereingliederung nach deutschem Recht zu berücksichtigen, lässt keine andere Beurteilung zu.
Die Rechtsprechung des EuGH (Vorabentscheidung vom 13.03.1997 Rs 131/95 - Rechtssache "Huijbrechts" - stellt lediglich darauf ab, dass derartige Anspruchsvoraussetzungen für den zeitlich aufeinanderfolgenden Bezug von Sozialleistungen in den Mitgliedsstaaten der EU so zu behandeln seien, als ob sie in dem Staat erfüllt worden wären, dessen Leistungen in Anspruch genommen werden sollen.
Sie stellt jedoch keine Rechtfertigung dar, dass der Kläger zeitgleich die Leistungen zweier Mitgliedstaaten bei Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen kann, wie dies der Kläger durch den Bezug der Entgeltersatzleistungen nach niederländischem Recht und die Förderung der beruflichen Eingliederung nach deutschem Recht für den Zeitraum ab November 2000 gefordert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 iVm § 153 ABs 4 Satz 3, § 158 Satz 3 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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