Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 367/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 B 863/06 R PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage auf Witwerrente bei Vermutung einer Versorgungsehe.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 14.02.2006 Hinterbliebenenrente nach seiner am 04.02.2006 verstorbenen Ehefrau. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2006 ab. Die frühere Ehefrau des Klägers sei seit längerem an einem Bronchialkarzinom erkrankt gewesen, bei dem es im Mai 2005 infolge von Hirnmetastasen zu einer gravierenden Verschlechterung gekommen sei. Nach der Beurteilung ihres ärztlichen Dienstes habe man mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit mit dem Ableben der früheren Ehefrau des Klägers rechnen müssen. Es sei somit davon auszugehen, dass die am 14.06.2005 erfolgte Eheschließung nur dem Zweck gedient habe, eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er habe mit seiner Frau bereits vor der Heirat in einer nahezu ehegleichen Gemeinschaft zusammengelebt. Die Töchter der Verstorbenen hätten ihn - der er nicht der leibliche Vater sei - als ihren Vater betrachtet. Vor der längst beabsichtigten und vorbereiteten Eheschließung habe nur die Fertigstellung des gemeinsamen Hauses, die sich durch die Insolvenz des Bauträgers verzögert habe, abgewartet werden sollen. Zur Legitimation der praktizierten Ehe sei es durch die Erkrankung der Ehefrau zunächst nicht gekommen. Als dann ihre Ärzte signalisiert hätten, dass die Krankheit überwunden sei, hätten sie geheiratet. Die Eheschließung habe für die Erkrankte auch ein Zeichen der Hoffnung und des Mutes im Kampf gegen die Krankheit sein sollen. Der Versorgungsgedanke habe keine Rolle gespielt, zumal beide Partner ihr bescheidenes Auskommen gehabt hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben mit dem Antrag, ihm Witwerrente zu gewähren. Gleichzeitig hat er PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts T. K. (B.) beantragt. Ergänzend hat er vorgetragen: Ein Abhilfebescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. (AVF) vom 18.03.2005 habe der Verstorbenen zwar einen GdB von 100 zugebilligt, die Voraussetzungen für Merkzeichen jedoch verneint und Heilung ("Heilungsbewährung") in Aussicht gestellt. Außerdem habe der Kurzarztbrief des Universitätklinikums E. - Strahlenklinik - vom 08.06.2005, in dem lediglich von "Nachsorge des Primärtumors" die Rede sei, die Vermutung zugelassen, dass die Krankheit überwunden sei.
Mit Beschluss vom 08.09.2006 hat das SG den Antrag auf PKH abgelehnt. Für das Klageverfahren liege hinreichende Erfolgsaussicht nicht vor. Da der Kläger mit der Verstorbenen seit Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt und die Eheschließung erst nach Eintritt der schweren Erkrankung kurz vor dem Tod der Ehefrau erfolgt sei, liege es nahe, eine Versorgungsehe anzunehmen. Bereits der von der Betriebskrankenkasse gehörte Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, Dr.F.D. , habe in seinem Gutachten vom 01.02.2005 die Auffassung vertreten, dass eine Remission der Tumorerkrankung unwahrscheinlich sei. Auch der im Bescheid des AVF W. vom 18.03.2005 festgestellte GdB von 100 lasse erkennen, dass es sich bei dem Karzinom mit Metastasen um ein weit fortgeschrittenes Stadium gehandelt habe, das einer Operation nicht mehr zugänglich gewesen sei.
Dagegen hat der Kläger beim SG Beschwerde eingelegt. Dieses hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Kläger hat seine Beschwerde nicht begründet.
Er beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG Würzburg vom 08.09.2006 aufzuheben, ihm für das Klageverfahren PKH zu bewilligen und RA T.K. (B.) beizuordnen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ihr wurde nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Sie ist aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH zu Recht abgelehnt. Die Klage bietet nicht die für die Bewilligung von PKH erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a SGG iVm §§ 114 ff Zivilprozessordnung - ZPO -).
Nach § 46 Abs 2a Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) idF vom 21.03.2001 (BGBl I Seite 403/19.02.2002 BGBl I Seite 454) haben Witwen oder Witwer mit Wirkung vom 01.01.2002 keinen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Fallen die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die o.a. gesetzliche Vermutung, dass bei Tod eines Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung das Ziel der Eheschließung war, ist widerlegbar. Sie ist widerlegt, wenn besondere Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (§§ 202 SGG, 292 ZPO; BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Besondere Umstände sind nur solche, die eine Versorgungsabsicht eindeutig ausschließen, z.B. weil die Folgen des Versicherungsfalls im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnten (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 65 Rdnr 25.1; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 07.12.2006 - L 1 R 99/06).
Vorliegend waren derartige besondere Umstände nach summarischer Prüfung nicht gegeben.
So stellte sich die gesundheitliche Situation der Ehefrau bereits im Mai 2005 derart schlecht dar, dass nach ärztlicher Beurteilung mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit mit ihrem Ableben gerechnet werden musste. Damit waren die Folgen für die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits vorhersehbar. Dies bestätigt erkennbar der sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen Verlauf der Krebserkrankung und der Eheschließung. Eine andere Auffassung über den lebensbedrohlichen Zustand der früheren Ehefrau müsste als lebensfremd angesehen werden. Aus dem im Bescheid des AVF vom 18.03.2005 bei der Erkrankung der Lunge enthaltenen Zusatz "in Heilungsbewährung" konnte auf eine günstige Prognose nicht geschlossen werden. Diese Ergänzung macht vielmehr deutlich, dass die Krebserkrankung keinesfalls überwunden war (Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz Nr 10 S.22). Auch ließ die Verwendung des Wortes "Nachsorge" im Kurzarztbrief vom 08.06.2005 keine optimistische Einschätzung des Krankheitsverlaufs zu.
Das langjährige eheähnliche Zusammenleben der Partner unterstreicht im Übrigen die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck war, dem Überlebenden eine Versorgung zu verschaffen (LSG NRW, HV-Info 16/2001, 1454).
Da vorliegend auch die Umstände des Einzelfalles nicht ausreichend erkennen lassen, dass keine Versorgungsehe vorgelegen hat, trägt der Kläger die objektive Beweislast (BSGE 30, 278; Bereiter-Hahn aaO; Gürtner in Kasseler Kommentar § 46 SGB VI Rdnr 46b; Schleswig-Holsteinisches LSG aaO).
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2006 war daher zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei; er ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage auf Witwerrente bei Vermutung einer Versorgungsehe.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 14.02.2006 Hinterbliebenenrente nach seiner am 04.02.2006 verstorbenen Ehefrau. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.03.2006 ab. Die frühere Ehefrau des Klägers sei seit längerem an einem Bronchialkarzinom erkrankt gewesen, bei dem es im Mai 2005 infolge von Hirnmetastasen zu einer gravierenden Verschlechterung gekommen sei. Nach der Beurteilung ihres ärztlichen Dienstes habe man mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit mit dem Ableben der früheren Ehefrau des Klägers rechnen müssen. Es sei somit davon auszugehen, dass die am 14.06.2005 erfolgte Eheschließung nur dem Zweck gedient habe, eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er habe mit seiner Frau bereits vor der Heirat in einer nahezu ehegleichen Gemeinschaft zusammengelebt. Die Töchter der Verstorbenen hätten ihn - der er nicht der leibliche Vater sei - als ihren Vater betrachtet. Vor der längst beabsichtigten und vorbereiteten Eheschließung habe nur die Fertigstellung des gemeinsamen Hauses, die sich durch die Insolvenz des Bauträgers verzögert habe, abgewartet werden sollen. Zur Legitimation der praktizierten Ehe sei es durch die Erkrankung der Ehefrau zunächst nicht gekommen. Als dann ihre Ärzte signalisiert hätten, dass die Krankheit überwunden sei, hätten sie geheiratet. Die Eheschließung habe für die Erkrankte auch ein Zeichen der Hoffnung und des Mutes im Kampf gegen die Krankheit sein sollen. Der Versorgungsgedanke habe keine Rolle gespielt, zumal beide Partner ihr bescheidenes Auskommen gehabt hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben mit dem Antrag, ihm Witwerrente zu gewähren. Gleichzeitig hat er PKH und Beiordnung des Rechtsanwalts T. K. (B.) beantragt. Ergänzend hat er vorgetragen: Ein Abhilfebescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. (AVF) vom 18.03.2005 habe der Verstorbenen zwar einen GdB von 100 zugebilligt, die Voraussetzungen für Merkzeichen jedoch verneint und Heilung ("Heilungsbewährung") in Aussicht gestellt. Außerdem habe der Kurzarztbrief des Universitätklinikums E. - Strahlenklinik - vom 08.06.2005, in dem lediglich von "Nachsorge des Primärtumors" die Rede sei, die Vermutung zugelassen, dass die Krankheit überwunden sei.
Mit Beschluss vom 08.09.2006 hat das SG den Antrag auf PKH abgelehnt. Für das Klageverfahren liege hinreichende Erfolgsaussicht nicht vor. Da der Kläger mit der Verstorbenen seit Jahren in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt und die Eheschließung erst nach Eintritt der schweren Erkrankung kurz vor dem Tod der Ehefrau erfolgt sei, liege es nahe, eine Versorgungsehe anzunehmen. Bereits der von der Betriebskrankenkasse gehörte Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, Dr.F.D. , habe in seinem Gutachten vom 01.02.2005 die Auffassung vertreten, dass eine Remission der Tumorerkrankung unwahrscheinlich sei. Auch der im Bescheid des AVF W. vom 18.03.2005 festgestellte GdB von 100 lasse erkennen, dass es sich bei dem Karzinom mit Metastasen um ein weit fortgeschrittenes Stadium gehandelt habe, das einer Operation nicht mehr zugänglich gewesen sei.
Dagegen hat der Kläger beim SG Beschwerde eingelegt. Dieses hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Kläger hat seine Beschwerde nicht begründet.
Er beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG Würzburg vom 08.09.2006 aufzuheben, ihm für das Klageverfahren PKH zu bewilligen und RA T.K. (B.) beizuordnen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ihr wurde nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Sie ist aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH zu Recht abgelehnt. Die Klage bietet nicht die für die Bewilligung von PKH erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a SGG iVm §§ 114 ff Zivilprozessordnung - ZPO -).
Nach § 46 Abs 2a Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) idF vom 21.03.2001 (BGBl I Seite 403/19.02.2002 BGBl I Seite 454) haben Witwen oder Witwer mit Wirkung vom 01.01.2002 keinen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Fallen die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die o.a. gesetzliche Vermutung, dass bei Tod eines Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung das Ziel der Eheschließung war, ist widerlegbar. Sie ist widerlegt, wenn besondere Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (§§ 202 SGG, 292 ZPO; BSG SozR 3100 § 38 Nr 5). Besondere Umstände sind nur solche, die eine Versorgungsabsicht eindeutig ausschließen, z.B. weil die Folgen des Versicherungsfalls im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnten (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 65 Rdnr 25.1; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 07.12.2006 - L 1 R 99/06).
Vorliegend waren derartige besondere Umstände nach summarischer Prüfung nicht gegeben.
So stellte sich die gesundheitliche Situation der Ehefrau bereits im Mai 2005 derart schlecht dar, dass nach ärztlicher Beurteilung mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit mit ihrem Ableben gerechnet werden musste. Damit waren die Folgen für die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits vorhersehbar. Dies bestätigt erkennbar der sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen Verlauf der Krebserkrankung und der Eheschließung. Eine andere Auffassung über den lebensbedrohlichen Zustand der früheren Ehefrau müsste als lebensfremd angesehen werden. Aus dem im Bescheid des AVF vom 18.03.2005 bei der Erkrankung der Lunge enthaltenen Zusatz "in Heilungsbewährung" konnte auf eine günstige Prognose nicht geschlossen werden. Diese Ergänzung macht vielmehr deutlich, dass die Krebserkrankung keinesfalls überwunden war (Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz Nr 10 S.22). Auch ließ die Verwendung des Wortes "Nachsorge" im Kurzarztbrief vom 08.06.2005 keine optimistische Einschätzung des Krankheitsverlaufs zu.
Das langjährige eheähnliche Zusammenleben der Partner unterstreicht im Übrigen die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck war, dem Überlebenden eine Versorgung zu verschaffen (LSG NRW, HV-Info 16/2001, 1454).
Da vorliegend auch die Umstände des Einzelfalles nicht ausreichend erkennen lassen, dass keine Versorgungsehe vorgelegen hat, trägt der Kläger die objektive Beweislast (BSGE 30, 278; Bereiter-Hahn aaO; Gürtner in Kasseler Kommentar § 46 SGB VI Rdnr 46b; Schleswig-Holsteinisches LSG aaO).
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2006 war daher zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei; er ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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