L 4 B 940/06 KR PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 141/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 940/06 KR PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 13. November 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der 1937 geborene Kläger führt vor dem Sozialgericht Bayreuth einen Rechtsstreit bezüglich der Wirksamkeit der Kündigung seiner freiwilligen Mitgliedschaft. Aktenkundig hat er Anfang 2005 mehrmals bei der Beklagten vorgesprochen und angegeben, er könne die Beiträge für seine freiwillige Versicherung auf Dauer nicht mehr zahlen. Er wolle kündigen. Er ist von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass er im Falle einer Kündigung keine Möglichkeit mehr habe, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukommen. Wegen seiner finanziellen Situation solle er zum Sozialamt gehen und sich dort beraten lassen. Mit Schreiben vom 24.03.2005 hat er sich bei der AOK abgemeldet. Mit Schreiben vom 31.01.2006 hat seine Bevollmächtigte angegeben, im Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung, die auf die Kündigung gerichtet war, sei ihr Mandant geschäftsunfähig gewesen. Höchstvorsorglich wurde die Kündigung wegen Irrtums angefochten. Über den Inhalt seiner Erklärung habe er geirrt, er sei sich der Tragweite nicht bewusst gewesen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er, sofern er diese Versicherung kündige, keinerlei andere Versicherung erhalten werde.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 07.02.2006 mitgeteilt hatte, eine Weiterführung der freiwilligen Mitgliedschaft über den 31.05.2005 hinaus sei nicht möglich, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Sozialgericht Bayreuth mit dem Antrag, festzustellen, dass das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis nicht erloschen sei. Die B. habe eine neue freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung abgelehnt, der Kläger habe sich bei Abgabe seiner Erklärung darüber geirrt, dass ihm jede Möglichkeit einer weiteren Krankenversicherung verwehrt sei. Die Klage wurde als Widerspruch angesehen, der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2006 zurückgewiesen. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 13. November 2006 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, es fehle eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage. Der Kläger habe die bestehende freiwillige Krankenversicherung gekündigt. Sein Irrtum über die Rechtsfolgen stelle nach § 119 Abs.1 BGB keinen Inhaltsirrtum dar, weil der Kläger wusste, dass er mit seinem Schreiben vom 24.03.2005 seine freiwillige Krankenversicherung bei der Beklagten kündigte und er diese Kündigung auch wollte. Dass damit zukünftig keine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung mehr möglich sei, sei ein unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde wird damit begründet, ausweislich der vorgelegten Akte sei der Kläger nicht aufgeklärt worden, dass er im Falle der Kündigung keinerlei Möglichkeit mehr habe, eine entsprechende Krankenversicherung abzuschließen. Ihm sei lediglich gesagt worden, dass er im Fall der Kündigung keine Möglichkeit mehr habe, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren. Die Beklagte hätte eine entsprechende Rechtspflicht zur Aufklärung gehabt, dass auch keine Möglichkeit bestehe, eine private Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte biete geschäftsmäßig Versicherungen an. Sie hätte dem Kläger über den weitreichenden Schritt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aufklären müssen. Die vom Kläger erklärte Anfechtung greife daher wegen des Anfechtungsgrundes der arglistigen Täuschung durch Unterlassen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 13. November 2006 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. W. zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie habe den Kläger entsprechend ihrer Verpflichtung beraten. Die Beratungspflicht erstrecke sich auf die ausreichende Information und Beratung über den Inhalt der Sozialleistungssysteme. Eine darüber hinausgehende, allumfassende Beratungspflicht im Hinblick auf Voraussetzungen einer privaten Krankenversicherung und dortige Probleme bestünde nicht. Ausdrücklich verwahre sie sich gegen den Vorwurf der Arglist.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Auf die beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG), erweist sich aber als unbegründet, der angefochtene Beschluss ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat zu Recht Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 114 ZPO, der wie alle Vorschriften über die Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG entsprechend auf das Sozialgerichtsverfahren anzuwenden ist, erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe auf Antrag, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, bietet im vorliegenden Fall die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass Prozesskostenhilfe abzulehnen ist. Hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht den Standpunkt des Klägers aufgrund dessen Angaben und der von ihm vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält. Das Gesetz verlangt hier vom Richter eine überschlägige rechtliche Wertung des bekannten Sachverhalts. Diese Wertung ergibt, dass weder die Voraussetzung einer Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 BGB vorliegt noch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung möglich ist (§ 123 BGB). Zu § 119 Abs.1 Satz 1 BGB hat das Sozialgericht bereits einleuchtend ausgeführt, dass es sich nicht um einen Inhalts-, sondern um einen Rechtsfolgenirrtum handelt, der nicht zur Anfechtung berechtigt.

Da nicht einmal schlüssig vorgetragen ist, dass der Kläger zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung bestimmt worden ist (§ 123 Abs.1 BGB), ist das Kündigungsschreiben auch nicht wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Die Bevollmächtigte des Klägers argumentiert, die Beklagte hätte eine Rechtspflicht zur Aufklärung gehabt, auch was die private Krankenversicherung betrifft. Eine unterlassene Aufklärung ist nicht eine arglistige Täuschung. Abgesehen davon ist der Beklagten zuzustimmen, wenn sie ausführt, ihre Beratungspflicht begrenze sich auf den Inhalt der sozialen Leistungssysteme (§§ 13, 14 SGB I). Die Zugangsvoraussetzungen zu einer privaten Krankenversicherung variieren je nach den Versicherungsbedingungen. Deren Kenntnis ist von den Mitarbeitern der Beklagten nicht zu erwarten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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