Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SO 141/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 960/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 15.11.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Zuständigkeit für die Übernahme von Therapienebenkosten während eines stationären Aufenthaltes des Antragstellers.
Der 1977 geborene Antragsteller wohnte in D. (Bezirk Oberpfalz). Vom 19.07.2005 bis 11.07.2006 befand er sich in der JVA St.G. und seit 19.07.2005 nahm er an einer stationären Therapie zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich 6 Monate in der Bezirksklinik H. (Bezirk Oberfranken) teil. Am 18.07.2005 beantragte er bei dem Antragsgegner die Gewährung von Hilfe in Form der Therapienebenkosten für die Therapiedauer in der Bezirksklinik H ... Nachdem die Arbeitsgemeinschaft Landkreis N. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt hatte, übersandte der Antragsgegner den Antrag auf Gewährung von Therapienebenkosten an den Beigeladenen. Der Antragsteller habe im Bezirk Oberfranken seinen tatsächlichen Aufenthalt. Der Beigeladene sandte den Antrag auf Übernahme der Therapienebenkosten mit Schreiben 25.09.2006 zurück. Der Antragsteller hätte im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners vor Antritt der Strafhaft seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt.
Am 26.09.2006 stellte der Antragsteller bei dem Antragsgegner den Antrag auf vorläufige Übernahme der Therapienebenkosten gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Mit Bescheid vom 27.09.2006 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, gemäß der Regelung des § 98 Abs 2 Satz 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die der Regelung des § 43 Abs 1 SGB I vorgehe, richte sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt. Somit sei der Beigeladene zuständig für die Übernahme der Therapienebenkosten. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Antragsteller hat bislang keinen Widerspruch hiergegen eingelegt, kann dies jedoch gemäß § 66 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch tun.
Der Antragsteller hat beim Sozialgericht Bayreuth am 18.10.2006 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend gestellt, den Antragsgegner dahingehend zu verpflichten, seine Therapienebenkosten als zuerst angegangener Träger gemäß § 43 SGB I zu übernehmen. Das Sozialgericht hat den für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Leistungsträger zum Verfahren beigeladen und mit Beschluss vom 15.11.2006 den Beigeladenen verpflichtet, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Therapienebenkosten während des tatsächlichen Aufenthalts des Antragstellers in der Bezirksklinik H. längstens bis 10.01.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in Höhe von 80 vH der bei endgültiger Bewilligung zustehenden Leistung nach dem SGB XII zu übernehmen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Es sei auf den tatsächlichen Aufenthalt abzustellen, nachdem der Antragsteller im Zeitpunkt der Aufnahme in die Bezirksklinik H. keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners hatte. Der vormals bestehende gewöhnliche Aufenthalt im Bereich des Antragsgegners sei durch den fast 12-monatigen Aufenthalt in der Strafhaft aufgegeben worden. Auch aus § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII ergebe sich eine Zuständigkeit der Beigeladenen.
Hiergegen hat der Beigeladene Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Antragsteller habe vor Inhaftierung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners gehabt.
Der Antragsteller begehrt weiterhin die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistung, hilfsweise eine vorläufige Übernahme der Therapienebenkosten durch den Beigeladenen.
Der Antragsgegner trägt vor, die Regelung zur vorläufigen Übernahme der Kosten gemäß § 43 SGB I werde durch die Vorschrift des § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII ausgeschlossen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Streitig ist vorliegend allein die Frage, welcher Leistungsträger vorläufig die Therapienebenkosten zu erbringen hat. Eine endgültige Entscheidung über die Leistungserbringung gemäß § 98 Abs 1, Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII ist weder vom Antragsgegner noch vom Beigeladenen getroffen worden. Vielmehr hat lediglich der Antragsgegner eine Entscheidung über die vorläufige Leistungsgewährung getroffen und diese abgelehnt (Bescheid vom 27.09.2006).
Zur vorläufigen Leistung ist jedoch nicht der Antragsgegner, sondern der Beigeladene verpflichtet. Dabei greift die Regelung des § 43 SGB I hier nicht ein, denn § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII enthält u.a. für den Fall, dass fraglich ist, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers ist, eine Sonderregelung, die § 43 SGB I vorgeht (vgl hierzu Schlette in Hauck/ Noftz, SGB XII K § 98 Rdnr 68 mwN). Dies ist hier der Fall, denn es ist fraglich, wo der Antragsteller bei Eintritt in die Bezirksklinik H. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ein solcher besteht zumindest nicht am Ort des Strafvollzuges (§ 109 SGB XII). Ob ein gewöhnlicher Aufenthalt noch im Bereich des Antragsgegners zu diesem Zeitpunkt bestanden hat, ist bisher nicht geklärt. Wegen der langen Dauer der Strafhaft kann nicht eindeutig davon ausgegangen werden, dass am bisherigen Wohnort im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners noch ein gewöhnlicher Aufenthalt besteht. Zudem ist zu klären, ob auf den Zeitpunkt des Antritts der Therapie bzw die 2 Monate vorher bei der Frage des gewöhnlichen Aufenthalts abzustellen ist (so BayLSG Urteil vom 14.06.2006 - L 11 SO 28/05 -) oder wegen eines gemäß § 98 Abs 4 SGB XII iVm § 98 Abs 2 Satz 2 sGB XII erfolgten Übertritts der Zeitpunkt des Antritts der Strafhaft bzw die zwei Monate vorher entscheidend sind. Dies war bei der og. Entscheidung des BayLSG nicht entscheidungserheblich.
Somit ist gemäß § 98 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 1 SGB XII der Leistungsträger örtlich zuständig, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Der Antragsteller hält sich im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen auf. Somit hat der Beigeladene, wie das SG zutreffend festgestellt hat, vorläufig die begehrten Leistungen zu erbringen.
Hinsichtlich der vom SG angeordneten Höhe der vorläufigen Leistungserbringung hat der Antragsteller keine Einwendungen erhoben.
Nach alledem ist die Beschwerde des Beigeladenen zurückzuweisen. Über die endgültige Pflicht zur Übernahme der Leistung gemäß § 98 SGB XII ist im Rahmen eines ggf. zu führenden Hauptsacheverfahrens zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Zuständigkeit für die Übernahme von Therapienebenkosten während eines stationären Aufenthaltes des Antragstellers.
Der 1977 geborene Antragsteller wohnte in D. (Bezirk Oberpfalz). Vom 19.07.2005 bis 11.07.2006 befand er sich in der JVA St.G. und seit 19.07.2005 nahm er an einer stationären Therapie zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich 6 Monate in der Bezirksklinik H. (Bezirk Oberfranken) teil. Am 18.07.2005 beantragte er bei dem Antragsgegner die Gewährung von Hilfe in Form der Therapienebenkosten für die Therapiedauer in der Bezirksklinik H ... Nachdem die Arbeitsgemeinschaft Landkreis N. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt hatte, übersandte der Antragsgegner den Antrag auf Gewährung von Therapienebenkosten an den Beigeladenen. Der Antragsteller habe im Bezirk Oberfranken seinen tatsächlichen Aufenthalt. Der Beigeladene sandte den Antrag auf Übernahme der Therapienebenkosten mit Schreiben 25.09.2006 zurück. Der Antragsteller hätte im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners vor Antritt der Strafhaft seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt.
Am 26.09.2006 stellte der Antragsteller bei dem Antragsgegner den Antrag auf vorläufige Übernahme der Therapienebenkosten gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Mit Bescheid vom 27.09.2006 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, gemäß der Regelung des § 98 Abs 2 Satz 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die der Regelung des § 43 Abs 1 SGB I vorgehe, richte sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt. Somit sei der Beigeladene zuständig für die Übernahme der Therapienebenkosten. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Antragsteller hat bislang keinen Widerspruch hiergegen eingelegt, kann dies jedoch gemäß § 66 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch tun.
Der Antragsteller hat beim Sozialgericht Bayreuth am 18.10.2006 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend gestellt, den Antragsgegner dahingehend zu verpflichten, seine Therapienebenkosten als zuerst angegangener Träger gemäß § 43 SGB I zu übernehmen. Das Sozialgericht hat den für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Leistungsträger zum Verfahren beigeladen und mit Beschluss vom 15.11.2006 den Beigeladenen verpflichtet, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Therapienebenkosten während des tatsächlichen Aufenthalts des Antragstellers in der Bezirksklinik H. längstens bis 10.01.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in Höhe von 80 vH der bei endgültiger Bewilligung zustehenden Leistung nach dem SGB XII zu übernehmen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Es sei auf den tatsächlichen Aufenthalt abzustellen, nachdem der Antragsteller im Zeitpunkt der Aufnahme in die Bezirksklinik H. keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners hatte. Der vormals bestehende gewöhnliche Aufenthalt im Bereich des Antragsgegners sei durch den fast 12-monatigen Aufenthalt in der Strafhaft aufgegeben worden. Auch aus § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII ergebe sich eine Zuständigkeit der Beigeladenen.
Hiergegen hat der Beigeladene Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Antragsteller habe vor Inhaftierung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners gehabt.
Der Antragsteller begehrt weiterhin die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistung, hilfsweise eine vorläufige Übernahme der Therapienebenkosten durch den Beigeladenen.
Der Antragsgegner trägt vor, die Regelung zur vorläufigen Übernahme der Kosten gemäß § 43 SGB I werde durch die Vorschrift des § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII ausgeschlossen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Streitig ist vorliegend allein die Frage, welcher Leistungsträger vorläufig die Therapienebenkosten zu erbringen hat. Eine endgültige Entscheidung über die Leistungserbringung gemäß § 98 Abs 1, Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII ist weder vom Antragsgegner noch vom Beigeladenen getroffen worden. Vielmehr hat lediglich der Antragsgegner eine Entscheidung über die vorläufige Leistungsgewährung getroffen und diese abgelehnt (Bescheid vom 27.09.2006).
Zur vorläufigen Leistung ist jedoch nicht der Antragsgegner, sondern der Beigeladene verpflichtet. Dabei greift die Regelung des § 43 SGB I hier nicht ein, denn § 98 Abs 2 Satz 3 SGB XII enthält u.a. für den Fall, dass fraglich ist, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers ist, eine Sonderregelung, die § 43 SGB I vorgeht (vgl hierzu Schlette in Hauck/ Noftz, SGB XII K § 98 Rdnr 68 mwN). Dies ist hier der Fall, denn es ist fraglich, wo der Antragsteller bei Eintritt in die Bezirksklinik H. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ein solcher besteht zumindest nicht am Ort des Strafvollzuges (§ 109 SGB XII). Ob ein gewöhnlicher Aufenthalt noch im Bereich des Antragsgegners zu diesem Zeitpunkt bestanden hat, ist bisher nicht geklärt. Wegen der langen Dauer der Strafhaft kann nicht eindeutig davon ausgegangen werden, dass am bisherigen Wohnort im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners noch ein gewöhnlicher Aufenthalt besteht. Zudem ist zu klären, ob auf den Zeitpunkt des Antritts der Therapie bzw die 2 Monate vorher bei der Frage des gewöhnlichen Aufenthalts abzustellen ist (so BayLSG Urteil vom 14.06.2006 - L 11 SO 28/05 -) oder wegen eines gemäß § 98 Abs 4 SGB XII iVm § 98 Abs 2 Satz 2 sGB XII erfolgten Übertritts der Zeitpunkt des Antritts der Strafhaft bzw die zwei Monate vorher entscheidend sind. Dies war bei der og. Entscheidung des BayLSG nicht entscheidungserheblich.
Somit ist gemäß § 98 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 1 SGB XII der Leistungsträger örtlich zuständig, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Der Antragsteller hält sich im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen auf. Somit hat der Beigeladene, wie das SG zutreffend festgestellt hat, vorläufig die begehrten Leistungen zu erbringen.
Hinsichtlich der vom SG angeordneten Höhe der vorläufigen Leistungserbringung hat der Antragsteller keine Einwendungen erhoben.
Nach alledem ist die Beschwerde des Beigeladenen zurückzuweisen. Über die endgültige Pflicht zur Übernahme der Leistung gemäß § 98 SGB XII ist im Rahmen eines ggf. zu führenden Hauptsacheverfahrens zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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