L 2 P 11/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 P 1/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 11/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 6/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung wegen häuslicher Pflege nach einer höheren Pflegestufe als Stufe I zustehen.

Die 1913 geborene Klägerin leidet an den Folgen eines Schlaganfalls mit motorischer Handlungsstörung und Sprachstörung, einer Herzinsuffizienz mit Schwindelzuständen und einem Wirbelsäulensyndrom. Am 24.03.2003 beantragte sie Pflegegeld wegen häuslicher Pflege. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), ein Gutachten zu erstatten. Nach Hausbesuch am 12.05.2003 stellte der MDK im Gutachten vom 21.05.2003 fest, die Klägerin bewohne seit März 2003 eine eigene Wohnung im Erdgeschoss des Hauses ihres Sohnes. Aufgrund körperlicher und geistiger Einschränkungen benötige sie bei der Grundpflege fremde Hilfe im Umfang von insgesamt 98 Minuten, nämlich im Bereich der Körperpflege 53 Minuten, der Ernährung 15 Minuten und der Mobilität 30 Minuten.

Mit Bescheid vom 22.05.2003 gewährte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach der Pflegestufe I. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie brachte vor, die Pflegestufe I werde dem komplexen Krankheitsbild nicht gerecht. Ihre Alltagskompetenz sei erheblich eingeschränkt. Die Zeiteinschätzungen des MDK seien unzutreffend. Insgesamt benötige sie Hilfe bei den alltäglichen Verrichtungen im Umfang von 266 Minuten, nämlich bei der Körperpflege 114 Minuten, für mundgerechtes Zubereiten und die Nahrungsaufnahme 79 Minuten sowie 73 Minuten im Bereich der Mobilität. Der MDK habe nicht berücksichtigt, dass die Mahlzeiten, und zwar 3 Haupt- und 4 Zwischenmahlzeiten, unter ständiger Kontrolle und Aufsicht eingenommen werden könnten. Hierfür fielen allein 7 mal 10 Minuten, insgesamt 70 Minuten an. Abweichungen bestünden bei den Verrichtungen des An- und Auskleidens. Zusätzlich zum morgendlichen An- und abendlichen Entkleiden sei es erforderlich, beim An- und Auskleiden des Ober-/Unterkörpers 4 mal am Tag Hilfe zu leisten. Insgesamt betrage der Zeitaufwand hierfür 12 und 8 Minuten, insgesamt 20 Minuten.

Im Bereich der Hauswirtschaft werden von der Klägerin ebenso wie vom MDK mehr als 60 Minuten an Unterstützung für notwendig gehalten.

Am 25.06.2003 teilte die Beklagte mit, sie sei bereit, zusätzliche Betreuungsleistungen wegen des Beaufsichtigungsbedarfs gegen Rechnungsvorlage zu erbringen. Zur Überprüfung der abweichenden Zeitangaben in der Widerspruchsbegründung sei ein erneuter Hausbesuch mit anschließender Begutachtung notwendig. Die Bevollmächtigte der Klägerin, selbst Diplom-Psychologin, erklärte, einem Hausbesuch stehe nur dann nichts entgegen, wenn sich dieser auf ein Gespräch mit ihr und ihrem Ehemann, dem Sohn der Klägerin, der selbst Facharzt für angewandte Psychotherapeutische Medizin sei, beschränke und die Klägerin selbst weder befragt noch untersucht werde. Eine Untersuchung durch einen fremden Arzt sei eine unzumutbare Belastung für die Klägerin und könne einen tödlichen Herzinfarkt auslösen. Die Beklagte beließ es bei einer Stellungnahme nach Aktenlage. Der MDK erklärte am 01.09.2003, allein nach Aktenlage müsse es bei der früheren Beurteilung bleiben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Grundlage ihrer Entscheidung machte sie das Gutachten des MDK vom 21.05.2003. Danach erreiche der Pflegebedarf bei der Grundpflege lediglich 98 Minuten und nicht die vom Gesetz geforderten 120 Minuten für die Pflegestufe II.

Dagegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Im Schriftsatz vom 29.12.2003 hat sie wiederholt, die Pflegestufe I werde dem sehr komplexen Krankheitsbild nicht gerecht. Wenn sie alle wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten selbst ausführen müsste, würde sich ihr Zustand gravierend verschlechtert. Wegen ihrer Herzerkrankung dürfe sie keinen Belastungen ausgesetzt werden. Orientierungsstörungen erforderten, dass eine Pflegeperson ständig anwesend sei. In allen Bereichen liege eine fortgeschrittene Unselbstständigkeit vor. Im Übrigen hat sie sich auf ihre Zeiteinschätzungen zur Begründung des Widerspruchs bezogen. Sie hat diverse medizinische Unterlagen vorgelegt, darunter Berichte der Kreisklinik O. vom 10.02.2003, 06.03.2003 und 21.03.2003, Arztbriefe ihres behandelnden Arztes Dr. K. sowie ihres Sohnes. Außerdem hat sie ein von ihr für die Zeit vom 19.01. bis 01.02.2004 geführtes Pflegetagebuch beigefügt. Das SG hat einen Befundbericht des Dr. K. vom 20.02.2004 eingeholt und die Neurologin und Psychiaterin Dr. A. mit der Erstattung eines Gutachtens nach persönlicher Untersuchung der Klägerin beauftragt. Die Bevollmächtigte der Klägerin hat erneut erklärt, eine persönliche Begutachtung der Klägerin sei aus medizinischen Gründen nicht verantwortbar. Das SG hat auf die Beweislage zu Lasten der Klägerin hingewiesen, den Gutachtensauftrag zurückgenommen und die Klage, mit der höhere Leistungen als nach der Stufe I begehrt wurden, mit Urteil vom 13.01.2005 abgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, das SG habe ein Überraschungsurteil gefällt. Sie habe die Gründe dargelegt, weshalb eine Begutachtung durch einen ihr fremden Arzt ausscheide und welcher Zeitaufwand für ihre Pflege notwendig sei. All dies habe das SG nicht berücksichtigt und sei zu einem falschen Urteil gelangt. Zur weiteren Begründung hat sie ein ärztliches Attest des Dr. K. vom 13.02.2005 vorgelegt. Der Senat hatte am 09.05.2006 mitgeteilt, er halte eine Begutachtung der Klägerin in häuslicher Umgebung für erforderlich, zumal die letzte Begutachtung aus dem Jahre 2003 stamme. Er beabsichtige Dr. A. mit der Begutachtung zu betrauen. Auf die Möglichkeit, einen Arzt des Vertrauens der Klägerin zu benennen, der nach Zahlung eines Kostenvorschusses mit der Begutachtung beauftragt werden könne, hat er hingewiesen. Am 05.06.2006 hat die Klägerin vortragen lassen, eine Begutachtung in häuslicher Umgebung durch Dr. A. komme nicht in Betracht. Allenfalls könne der Hausarzt Dr. K. beauftragt werden. Allerdings könne sie einen Kostenvorschusses in Höhe von 3.500 EUR, wie vom Senat genannt, nicht aufbringen.

Der Senat hat Dr. A. beauftragt, ein Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Die Sachverständige hat am 18.10.2006 ausgeführt, unter Auswertung der medizinischen Unterlagen, insbesondere der Berichte der Klinik O. und der Feststellungen des MDK sei der Zeiteinschätzung des MDK zuzustimmen. Die von der Klägerin genannten Zeitangaben seien in Anbetracht der pflegerelevanten Diagnosen nicht plausibel bzw. stünden im Widerspruch zu dem in der Pflegeversicherung üblichen Zeitkorridoren. Der Zeitaufwand für die Grundpflege belaufe sich allerhöchstens auf 104 Minuten täglich. Dies gelte seit dem 24.03.2003. Entscheidende Änderungen seit dieser Zeit seien nicht belegt. Pflegeerschwerende Umstände bestünden nicht.

Die Klägerin hat hier zu vortragen lassen, das Gutachten weise grundlegende Mängel auf. Es fehle eine kritische Auseinandersetzung mit dem MDK-Gutachten. Eine vollständige Auswertung der medizinischen Unterlagen sei unterblieben. Auch sei die Sachverständige auf ihre Einwände nicht eingegangen. Die Verneinung pflegeerschwerender Faktoren entspreche nicht der Realität. Die ständige Präsenz einer Pflegeperson sei unbedingt erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Januar 2005 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 22. Mai 2003 i. d. F. des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2003 zu verurteilen, ihr ab März 2003 Pflegegeld nach der Stufe III, hilfsweise nach der Stufe II zu gewähren und die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Januar 2005 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Aktenheftung der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Pflegegeldes wegen häuslicher Pflege aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach einer höheren Stufe als nach der Pflegestufe I für die Zeit ab März 2003. Nach § 37 des Elften Sozialgesezbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellen kann. Die Höhe des Pflegegeldes bemisst sich nach der Pflegestufe.

Voraussetzung ist zunächst, dass Pflegebedürftigkeit vorliegt. Die Definition hierfür liefert § 14 SGB XI. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift sind Personen pflegebedürftig im Sinne dieses Gesetzes, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Was unter gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zu verstehen ist, wird in Abs. 4 definiert. Darunter fallen im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung und im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. § 15 SGB XI differenziert zwischen den einzelnen Pflegestufen. Danach ist für die von der Klägerin begehrte Pflegestufe II Voraussetzung, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Person für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt täglich im Wochendurchschnitt mindestens drei Stunden beträgt und hierbei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen. Für Leistungen nach der Pflegestufe III erweitert sich der Zeitaufwand auf fünf Stunden, wobei auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen müssen.

Die in § 15 Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB XI genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld nach einer höheren Pflegestufe als nach der Stufe I sind nicht erfüllt. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Dr. A. vom 18.10.2006. Grundlage ihrer Beurteilung sind die vorhandenen medizinischen Unterlagen, insbesondere die Berichte des Krankenhauses O. vom 10.02.2003 und 21.03.2003, die Berichte des Hausarztes Dr. K. und das Gutachten des MDK vom Mai 2003. Darin werden die pflegerelevanten Diagnosen ausreichend beschrieben. Die Sachverständige geht insoweit von zerebralen Durchblutungsstörungen mit Sprach- und Handlungsstörung, einem dementiellen Abbau, einer kardialen Symptomatik und einer Wirbelsäuleneinschränkung aus. Dem Bericht des Hausarztes Dr. K. vom 20.02.2004, der erklärt, der Zustand der Klägerin habe sich nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus eher gebessert, misst die Sachverständige dabei keine besondere Bedeutung bei. Zu Gunsten der Klägerin geht sie davon aus, dass vor allem in Anbetracht des Alters der Klägerin keine wesentliche Besserung der Fähigkeit, die im alltäglichen Leben erforderlichen Verrichtungen selbstständig ausüben zu können, eingetreten ist. Sie stellt die von den behandelnden Ärzten gestellten Diagnosen den vom MDK auf Grund des Hausbesuchs beschriebenen Einschränkungen gegenüber. Den vom MDK gesehenen Hilfebedarf hält sie für plausibel und im Einklang mit den in den Begutachtungsrichtlinien beschriebenen Zeitkorridoren. Der Senat hält die Ausführungen der Sachverständigen Dr. A. für gut nachvollziehbar und einleuchtend. Er geht davon aus, dass bei der Klägerin im Bereich der Grundpflege kein höherer Pflegebedarf als 104 Minuten pro Tag im Wochendurchschnitt anfällt. Damit wird der Pflegeumfang von 120 Minuten für die Pflegestufe II nicht erreicht, noch viel weniger der nach der Pflegestufe III von 240 Minuten.

Demgegenüber gewinnen die Ausführungen der Bevollmächtigten der Klägerin keine durchgreifende Bedeutung. Es wird auf die Komplexität des Krankheitsbildes abgestellt und nicht auf die einzelnen verloren gegangenen bzw. noch erhaltenen Fähigkeiten der Klägerin für die Verrichtung, wie sie in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind. Dabei kann dahinstehen, ob die Pflegepersonen, die die Klägerin täglich versorgen, tatsächlich mehr an Zeit für die Pflege aufbringen. Der Senat hält die Beschreibung der täglichen Pflegeleistungen für durchaus glaubhaft. Er erkennt darin die besonders fürsorgliche Zuwendung der Angehörigen zur Klägerin. Ein solches Verhalten ist mit Sicherheit der Gesundheit der Klägerin förderlich. Gleichwohl entspricht dies nicht dem vom Gesetz in § 15 Abs. 3 SGB XI vorgegebenen berücksichtigungsfähigen Pflegebedarf. Das Gesetz stellt auf den Zeitaufwand ab, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen benötigt. Aus dem Gleichbehandlungsgesichtspunkt ist eine gewisse Standardisierung des Pflegebedarfs, die am Maßstab des allgemein Üblichen auszurichten ist, von Nöten (Udsching, SGB XI, 2. Auflage, § 15 Rn 4). In diesem Zusammenhang sind die Zeitkorridore, wie sie die Begutachtungsrichtlinien für die einzelnen Verrichtungen vorsehen, nicht zu beanstanden. Die Zeiteinschätzungen des MDK entsprechen diesen Vorgaben. Wenn die Klägerin meint, für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu einer Pflegestufe sei allein der im Einzelfall bestehende, individuelle Hilfebedarf des Versicherten maßgeblich, so verkennt sie, dass aus dem Gleichheitsgesichtspunkt heraus nicht auf alle individuellen Bedürfnisse eingegangen werden kann. Vielmehr muss ein einheitlicher Maßstab für die erforderlichen Hilfeleistungen herangezogen werden. Dies führt dazu, dass die Zeiteinschätzungen, wie sie die Bevollmächtigte der Klägerin mehrfach vorgetragen hat, vom Senat nicht übernommen werden konnten. Die für die Pflegestufe II erforderlichen 120 Minuten im Grundpflegebereich werden nicht erreicht.

Ob seit der Begutachtung des MDK im Mai 2003 eine wesentliche Verschlechterung im pflegerelevanten Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten ist, was in Anbetracht des Alters der Klägerin durchaus möglich erscheint, kann der Senat nicht feststellen, da die Klägerin nicht mit einer erneuten persönlichen Untersuchung einverstanden war. Insoweit hat sie etwaige Nachteile im Wege der objektiven Feststellunglast hinzunehmen. Wenn es nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten nicht gelungen ist, eine bestehende Ungewissheit über eine unter den Beteiligten streitige Tatsache zu beseitigen (BSG SozR 1500 § 128 Nr. 18), so kann nicht im Zweifel zugunsten des Versicherten entschieden werden. Vielmeht gilt in allen Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit der Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast. Die Folge des Nicht-Festgestellt-Seins einer Tatsache ist von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Für die nicht bewiesenen anspruchsbegründenden Tatsachen trägt der die Leistung begehrende Anspruchsteller die Beweislast. Der Senat sieht keine Möglichkeit, einen Hausbesuch entgegen dem Willen der Klägerin von einem Sachverständigen durchführen zu lassen. Welche Fähigkeiten für die täglich notwendigen Verrichtungen in der Zeit nach der Begutachtung durch den MDK noch erhalten oder verloren gegangen sind, lässt sich nicht objektivieren und feststellen. Allein die Angaben der Bevollmächtigten der Klägerin genügen den Anforderungen an eine Objektivierung nicht.

Die Sachverständige Dr. A. weist zwar darauf hin, dass die Befürchtung, eine Begutachtung durch einen der Klägerin unbekannten Arzt könne zu einer gesundheitlichen Belastung führen, nachvollziehbar sei. Dies kann jedoch nicht zu einer Umkehr der Beweislast führen. Der Senat kann seine Entscheidung nur auf objektiv nachvollziehbare Feststellungen stützen. Fehlen neue zeitnahe Untersuchungsergebnisse, so kann er nur auf die vorhandenen medizinischen Unterlagen zurückgreifen. Dies führte dazu, dass ein für die Pflegestufe II ausreichender Zeitbedarf an Pflegeleistungen nicht feststellbar ist. Der Anspruch der Klägerin, ihr Pflegegeld nach einer höheren Stufe als der Stufe II zu gewähren, ist nicht zu begründen. Ihre Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Januar 2005 war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.

Zulassungsgründe der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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