Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 SO 119/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 2/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von ergänzenden Leistungen zur Pflege gemäß § 61 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch.
Die Antragstellerin lebt in einem Seniorenheim, für das sie Miete, die auch die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst, bezahlt. Zudem zahlt sie für Essenskosten 317,75 EUR monatlich und Wäschekosten in Höhe von 102,25 EUR monatlich. Sie bezieht eine Rente in Höhe von 519,57 EUR und Leistungen nach dem 4.Kapitel des SGB XII in Höhe von 159,71 EUR monatlich. Von der Pflegeversicherung erhält sie aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes vom 17.02.2004 Leistungen nach Pflegestufe II in Höhe von 921,00 EUR. Sie wird von einem Pflegedienst ambulant betreut.
Mit Bescheid vom 03.08.2005 - adressiert an die Betreuerin der Antragstellerin - bewilligte die Antragsgegnerin Hilfe zur Pflege in Form von Geldleistungen in Höhe von 511,00 EUR monatlich ab 01.02.2005 (Unterschiedsbetrag zwischen Pflegestufe II und Pflegestufe III). Hiergegen legte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten am 18.05.2006 Widerspruch ein. Der tatsächliche Pflegebedarf könne durch die bewilligten Leistungen nicht gedeckt werden. Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragstellerin habe nicht gewusst, dass der tatsächliche Bedarf wesentlich höher sei. Zugleich beantragte die Antragstellerin, ab 01.06.2006 die vollständigen Pflegekosten zu übernehmen. Hierzu legte der Bevollmächtigte am 05.04.2006 erstellte Rechnungen für die Zeit vom Dezember 2004 bis März 2006 vor (monatlicher von der Antragstellerin zu zahlender Betrag: 1.918,00 EUR) und beantragte im Namen und Vollmacht des Pflegedienstes die Übernahme eines zusätzlichen monatlichen Betrages in Höhe von 1.407,00 EUR sowie dessen Auszahlung an den Pflegedienst.
Am 21.09.2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Nürnberg beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ab sofort die begehrte Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII zu gewähren. Zur Begründung weist sie auf die Verpflichtung gemäß § 42 Abs 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und auf eine Beratungspflicht hin. Es stehe zu befürchten, dass die ambulante pflegerische Betreuung beendet werde und auch kein anderer Pflegedienst zu finden sei, der ohne entsprechende Kostenübernahme der Antragsgegnerin die Leistungen erbringe. Ein Wechsel des Pflegedienstes sei auch wegen der Schwere der Erkrankung nicht zuzumuten.
Mit Beschluss vom 30.10.2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden noch ersichtlich. Eine Gefährdung der Pflege durch den Pflegedienst sei nicht erkennbar, von einer Kündigung des Pflegevertrages sei nicht die Rede. Die Beauftragung des Bevollmächtigten der Antragstellerin begegne Bedenken, denn dieser sei auch für den Pflegedienst tätig. Aus den Abrechnungen des Pflegedienstes seien weder die Grundlagen der Berechnung erkennbar noch sei ersichtlich, ob der Umfang der Pflegeleistung hätte verringert werden können. Auch eine Vereinbarung über die erbrachten Zusatzleistungen sei nicht zu finden. Zudem sei z.B. im Mai 2006 eine Abrechnungsposition wesentlich geringer gewesen, was nicht nachvollziehbar sei. Angeforderte weitere Rechnungen gegenüber der Pflegekasse seien nicht übersandt worden. Eine vorläufige Leistungserbringung gemäß § 42 SGB I komme nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin erbringe bereits 511,00 EUR monatlich an zusätzlichen Leistungen. Im Übrigen stelle sich die Frage nach der Angemessenheit der ambulanten Versorgung.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Beschwerde hat die Antragstellerin vorgetragen, ein Anordnungsanspruch bestehe. Sie habe einen Anspruch auf Übernahme der laufenden Kosten, die sie aus eigenen Mitteln nicht erbringen könne. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens führe zu schwerwiegenden Nachteilen, denn es stehe zu befürchten, dass die pflegerische Versorgung beendet werde. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn das Sozialgericht die Rechnungen nicht nachvollziehen könne. Auch Unregelmäßigkeiten der Abrechnung könnten sich nicht nachteilig für sie auswirken. Es stehe ihr frei, einen privat-rechtlichen Vertrag mit dem Pflegedienst zu schließen. Sie hat erneut Abrechnungen für die Zeit vom 01.12.2004 bis 30.11.2006 übersandt - erstellt direkt im Anschluss an die jeweiligen Abrechnungsmonate. Daraus ist ein monatlich von ihr zu zahlender Betrag in Höhe von 1.415,15 EUR zu entnehmen, sodass nach Abzug der von der Antragsgegnerin bereits bewilligten 511,00 EUR noch 904,15 EUR monatlich zu bewilligen wären.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin sowie Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist dabei allein die Zeit ab 21.09.2006, denn ab diesem Zeitpunkt hat die Antragstellerin vorläufige Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung von der Antragsgegnerin begehrt. Nicht Streitgegenstand ist somit der Bescheid vom 03.08.2005 sowie der hiergegen nicht fristgemäß eingelegte Widerspruch samt den Antrag auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand, wobei dort Gründe und Tatsachen, die eine rechtzeitige Widerspruchseinlegung ohne Verschulden der Antragstellerin verhindert hätten, nicht vorgetragen worden sind.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -).
Für die Zeit ab 21.09.2006 fehlt es sowohl an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches.
Eine Kündigung des Pflegevertrages durch den Pflegedienst ist von diesem nicht in Aussicht gestellt worden. Hierzu finden sich keine konkreten Hinweise über entsprechende Äußerungen, insbesondere schriftlicher Art. Im Übrigen ist selbst bei Kündigung des Pflegevertrages der Antragstellerin ein Vertragsschluss mit einem anderweitigen Pflegedienst möglich, wobei bei diesen gegebenenfalls keine entsprechend hohen Zuzahlungen erforderlich sind. Dafür, dass ein Wechsel des Pflegedienstes nicht zumutbar sei, fehlen jegliche Anhaltspunkte, nachdem auch bei einem professionellen Pflegedienst mit einem Wechsel des Personals gerechnet werden muss.
Es fehlt aber auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. So ist zunächst ungeklärt, weshalb bei der Antragstellerin ein derart hoher zusätzlicher Pflegebedarf überhaupt erforderlich ist, welche - zusätzliche - Pflegeleistungen - wie es nach dem geschlossenen Pflegevertrag erforderlich ist - von der Antragstellerin schriftlich mit dem Pflegedienst vereinbart worden sind, wobei das übersandte Besprechungsprotokoll über die Absprache ambulanter Zusatzversorgungsleistungen weder von der Antragstellerin noch von deren Betreuerin unterschrieben wurde. Zudem sind die bislang übersandten Rechnungen - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nicht nachvollziehbar, insbesondere nachdem für dieselben Zeiträume unterschiedliche Rechnungen vorliegen, in denen auch unterschiedliche Leistungen abgerechnet werden. Schließlich werden zum Teil Leistungen verrechnet, die evtl. bereits im Mietvertrag enthalten sind (z.B. kleine hauswirtschaftliche Säuberung). Es ist somit nicht glaubhaft gemacht worden, dass tatsächlich ein Anspruch des Pflegedienstes gegenüber der Antragstellerin auf Bezahlung der abgerechneten Leistungen besteht und ob diese Leistungen zur Pflege der Antragstellerin überhaupt erforderlich sind.
Insbesondere aber ist ein Anordnungsanspruch deshalb nicht gegeben, weil jegliche Anhaltspunkte dafür fehlen, dass gegenüber dem Bewilligungsbescheid vom 03.08.2005, bei dem es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die höhere Leistungen durch die Antragsgegnerin erforderlich erscheinen lassen. Bereits aus der jeweils vorgelegten Rechnung ergibt sich, dass im Laufe des in der Hauptsache streitigen Zeitraumes ab Dezember 2004 keine Änderung im Umfang des Pflegebedarfs eingetreten ist. Der Antragstellerin geht es somit nicht um höhere Leistungen wegen einer eingetretenen Verschlechterung ihres Zustandes. Vielmehr erscheint ihr der mit Bescheid vom 03.08.2005 bewilligte Betrag als zu niedrig. Eine Überprüfung dieses Bescheides im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat die durch einen Bevollmächtigten vertretene Antragstellerin jedoch bislang nicht begehrt. Somit ist weiterhin der Umfang des Anspruches auf Hilfe gemäß §§ 61 ff SGB XII durch den Bescheid vom 03.08.2005 bestimmt, wobei der Widerspruch hiergegen - wie oben bereits ausgeführt - verfristet eingelegt worden ist und ausreichende Gründe für eine Wiedereinsetzung nicht dargelegt worden sind, so dass auch bzgl. dieses Bescheides ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mangels Erfolgsaussicht eines hiergegen verfristet eingelegten Widerspruches abgelehnt werden muss.
Mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und Fehlen eines Anordnungsanspruches für die Zeit ab 01.06.2006 bzw. 21.09.2006 ist daher die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von ergänzenden Leistungen zur Pflege gemäß § 61 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch.
Die Antragstellerin lebt in einem Seniorenheim, für das sie Miete, die auch die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst, bezahlt. Zudem zahlt sie für Essenskosten 317,75 EUR monatlich und Wäschekosten in Höhe von 102,25 EUR monatlich. Sie bezieht eine Rente in Höhe von 519,57 EUR und Leistungen nach dem 4.Kapitel des SGB XII in Höhe von 159,71 EUR monatlich. Von der Pflegeversicherung erhält sie aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes vom 17.02.2004 Leistungen nach Pflegestufe II in Höhe von 921,00 EUR. Sie wird von einem Pflegedienst ambulant betreut.
Mit Bescheid vom 03.08.2005 - adressiert an die Betreuerin der Antragstellerin - bewilligte die Antragsgegnerin Hilfe zur Pflege in Form von Geldleistungen in Höhe von 511,00 EUR monatlich ab 01.02.2005 (Unterschiedsbetrag zwischen Pflegestufe II und Pflegestufe III). Hiergegen legte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten am 18.05.2006 Widerspruch ein. Der tatsächliche Pflegebedarf könne durch die bewilligten Leistungen nicht gedeckt werden. Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragstellerin habe nicht gewusst, dass der tatsächliche Bedarf wesentlich höher sei. Zugleich beantragte die Antragstellerin, ab 01.06.2006 die vollständigen Pflegekosten zu übernehmen. Hierzu legte der Bevollmächtigte am 05.04.2006 erstellte Rechnungen für die Zeit vom Dezember 2004 bis März 2006 vor (monatlicher von der Antragstellerin zu zahlender Betrag: 1.918,00 EUR) und beantragte im Namen und Vollmacht des Pflegedienstes die Übernahme eines zusätzlichen monatlichen Betrages in Höhe von 1.407,00 EUR sowie dessen Auszahlung an den Pflegedienst.
Am 21.09.2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Nürnberg beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ab sofort die begehrte Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII zu gewähren. Zur Begründung weist sie auf die Verpflichtung gemäß § 42 Abs 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und auf eine Beratungspflicht hin. Es stehe zu befürchten, dass die ambulante pflegerische Betreuung beendet werde und auch kein anderer Pflegedienst zu finden sei, der ohne entsprechende Kostenübernahme der Antragsgegnerin die Leistungen erbringe. Ein Wechsel des Pflegedienstes sei auch wegen der Schwere der Erkrankung nicht zuzumuten.
Mit Beschluss vom 30.10.2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden noch ersichtlich. Eine Gefährdung der Pflege durch den Pflegedienst sei nicht erkennbar, von einer Kündigung des Pflegevertrages sei nicht die Rede. Die Beauftragung des Bevollmächtigten der Antragstellerin begegne Bedenken, denn dieser sei auch für den Pflegedienst tätig. Aus den Abrechnungen des Pflegedienstes seien weder die Grundlagen der Berechnung erkennbar noch sei ersichtlich, ob der Umfang der Pflegeleistung hätte verringert werden können. Auch eine Vereinbarung über die erbrachten Zusatzleistungen sei nicht zu finden. Zudem sei z.B. im Mai 2006 eine Abrechnungsposition wesentlich geringer gewesen, was nicht nachvollziehbar sei. Angeforderte weitere Rechnungen gegenüber der Pflegekasse seien nicht übersandt worden. Eine vorläufige Leistungserbringung gemäß § 42 SGB I komme nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin erbringe bereits 511,00 EUR monatlich an zusätzlichen Leistungen. Im Übrigen stelle sich die Frage nach der Angemessenheit der ambulanten Versorgung.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Beschwerde hat die Antragstellerin vorgetragen, ein Anordnungsanspruch bestehe. Sie habe einen Anspruch auf Übernahme der laufenden Kosten, die sie aus eigenen Mitteln nicht erbringen könne. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens führe zu schwerwiegenden Nachteilen, denn es stehe zu befürchten, dass die pflegerische Versorgung beendet werde. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn das Sozialgericht die Rechnungen nicht nachvollziehen könne. Auch Unregelmäßigkeiten der Abrechnung könnten sich nicht nachteilig für sie auswirken. Es stehe ihr frei, einen privat-rechtlichen Vertrag mit dem Pflegedienst zu schließen. Sie hat erneut Abrechnungen für die Zeit vom 01.12.2004 bis 30.11.2006 übersandt - erstellt direkt im Anschluss an die jeweiligen Abrechnungsmonate. Daraus ist ein monatlich von ihr zu zahlender Betrag in Höhe von 1.415,15 EUR zu entnehmen, sodass nach Abzug der von der Antragsgegnerin bereits bewilligten 511,00 EUR noch 904,15 EUR monatlich zu bewilligen wären.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin sowie Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist dabei allein die Zeit ab 21.09.2006, denn ab diesem Zeitpunkt hat die Antragstellerin vorläufige Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung von der Antragsgegnerin begehrt. Nicht Streitgegenstand ist somit der Bescheid vom 03.08.2005 sowie der hiergegen nicht fristgemäß eingelegte Widerspruch samt den Antrag auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand, wobei dort Gründe und Tatsachen, die eine rechtzeitige Widerspruchseinlegung ohne Verschulden der Antragstellerin verhindert hätten, nicht vorgetragen worden sind.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -).
Für die Zeit ab 21.09.2006 fehlt es sowohl an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches.
Eine Kündigung des Pflegevertrages durch den Pflegedienst ist von diesem nicht in Aussicht gestellt worden. Hierzu finden sich keine konkreten Hinweise über entsprechende Äußerungen, insbesondere schriftlicher Art. Im Übrigen ist selbst bei Kündigung des Pflegevertrages der Antragstellerin ein Vertragsschluss mit einem anderweitigen Pflegedienst möglich, wobei bei diesen gegebenenfalls keine entsprechend hohen Zuzahlungen erforderlich sind. Dafür, dass ein Wechsel des Pflegedienstes nicht zumutbar sei, fehlen jegliche Anhaltspunkte, nachdem auch bei einem professionellen Pflegedienst mit einem Wechsel des Personals gerechnet werden muss.
Es fehlt aber auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. So ist zunächst ungeklärt, weshalb bei der Antragstellerin ein derart hoher zusätzlicher Pflegebedarf überhaupt erforderlich ist, welche - zusätzliche - Pflegeleistungen - wie es nach dem geschlossenen Pflegevertrag erforderlich ist - von der Antragstellerin schriftlich mit dem Pflegedienst vereinbart worden sind, wobei das übersandte Besprechungsprotokoll über die Absprache ambulanter Zusatzversorgungsleistungen weder von der Antragstellerin noch von deren Betreuerin unterschrieben wurde. Zudem sind die bislang übersandten Rechnungen - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nicht nachvollziehbar, insbesondere nachdem für dieselben Zeiträume unterschiedliche Rechnungen vorliegen, in denen auch unterschiedliche Leistungen abgerechnet werden. Schließlich werden zum Teil Leistungen verrechnet, die evtl. bereits im Mietvertrag enthalten sind (z.B. kleine hauswirtschaftliche Säuberung). Es ist somit nicht glaubhaft gemacht worden, dass tatsächlich ein Anspruch des Pflegedienstes gegenüber der Antragstellerin auf Bezahlung der abgerechneten Leistungen besteht und ob diese Leistungen zur Pflege der Antragstellerin überhaupt erforderlich sind.
Insbesondere aber ist ein Anordnungsanspruch deshalb nicht gegeben, weil jegliche Anhaltspunkte dafür fehlen, dass gegenüber dem Bewilligungsbescheid vom 03.08.2005, bei dem es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die höhere Leistungen durch die Antragsgegnerin erforderlich erscheinen lassen. Bereits aus der jeweils vorgelegten Rechnung ergibt sich, dass im Laufe des in der Hauptsache streitigen Zeitraumes ab Dezember 2004 keine Änderung im Umfang des Pflegebedarfs eingetreten ist. Der Antragstellerin geht es somit nicht um höhere Leistungen wegen einer eingetretenen Verschlechterung ihres Zustandes. Vielmehr erscheint ihr der mit Bescheid vom 03.08.2005 bewilligte Betrag als zu niedrig. Eine Überprüfung dieses Bescheides im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat die durch einen Bevollmächtigten vertretene Antragstellerin jedoch bislang nicht begehrt. Somit ist weiterhin der Umfang des Anspruches auf Hilfe gemäß §§ 61 ff SGB XII durch den Bescheid vom 03.08.2005 bestimmt, wobei der Widerspruch hiergegen - wie oben bereits ausgeführt - verfristet eingelegt worden ist und ausreichende Gründe für eine Wiedereinsetzung nicht dargelegt worden sind, so dass auch bzgl. dieses Bescheides ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mangels Erfolgsaussicht eines hiergegen verfristet eingelegten Widerspruches abgelehnt werden muss.
Mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und Fehlen eines Anordnungsanspruches für die Zeit ab 01.06.2006 bzw. 21.09.2006 ist daher die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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