Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 R 706/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 599/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die 1953 geborene Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung im Sinne der Berufsausbildungsordnung. Sie war von August 1968 bis März 1973 als Hausangestellte und anschließend bis März 2000 als Montiererin durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt. Es folgte ein Bezug von Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit bis Juli 2003. Seit August 2003 ist sie arbeitslos (ohne Leistungsbezug) gemeldet.
Bei der Klägerin ist nach dem Schwerbehindertengesetz ein GdB von 40 festgestellt.
Der erste Rentenantrag vom 13.12.2000 wurde insbesondere unter Berücksichtigung des Kurberichtes vom 20.12.2000 mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.05.2001 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage wurde von der Klägerin auf Grund des Beweisergebnisses des vom Sozialgericht eingeholten neurologisch-psychiatri- schen Gutachtens von Dr.B. zurückgenommen.
Der erneute Rentenantrag der Klägerin vom 16.01.2003 insbesondere wegen Depressionen, Angstzuständen und eines Fibromyalgie-Syndroms wurde nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr.M. und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. R. auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen mit Bescheid vom 21.02.2003 abgelehnt. Denn die Klägerin sei trotz der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeit und der Dysthymia noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 h täglich tätig zu sein. Es liege daher weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin unter Hinweis auf den vorgelegten Arztbrief des behandelnden Internisten Dr.N. insbesondere über das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms und die Atteste ihrer behandelnden Psychotherapeuten geltend, dass trotz lang andauernder Therapien und ambulanter Behandlungen kein durchgreifender Erfolg erzielt werden könne, und sie daher voll erwerbsgemindert sei. Nach Einholung einer sozialärztlichen Stellungnahme hierzu wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 als unbegründet zurück, weil die Klägerin noch leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit mindestens 6 h täglich verrichten könne. Auch wenn sie die bisherige Tätigkeit als Montiererin nicht mehr ausüben könne, sei sie nicht berufsunfähig, weil sie auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut verfolgte die Klägerin ihr Begehren der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung weiter. Das Gericht zog zur Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte des Orthopäden Dr. G., des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.M., des Psychiaters Dr. Ne., des Frauenarztes Dr. Bl und des Internisten Dr.N. sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers bei und holte von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten von Dr. W. und ein unfallchirurgisches Gutachten von Dr. L. sowie auf den Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychiatrisches Gutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme von Dr. S., jeweils auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin, ein.
Dr. W. stellte in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 8. März 2004 eine Dysthymie sowie eine chronifizierte depressive Entwicklung, gemischt mit Angst, und schmerzhafte Sehnen-Knochen-Übergänge im Bereich der linken Schulter und der Rückenmuskulatur fest. Trotz der unterschiedlichen antidepressiv wirksamen Medikamente und der über zwei Jahre hinweg durchgeführten verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie (nach Angaben der Klägerin in Form eines autogenen Trainings und eines "Redens über die Probleme") sei von keiner Therapieresistenz der chronischen Depression und der sekundären Neurotisierung auszugehen. Eine adäquate Verhaltenstherapie mit Elementen einer kognitiven Verhaltenstherapie und eine stationäre Behandlung mit medikamentöser Therapie, evtl. auch Infusionsbehandlung und Elektrokrampftherapie, in Verbindung mit einen regelmäßigen körperlichen Training könnten zu einer wesentlichen Besserung der Gesundheitsstörungen der Klägerin führen. Die Klägerin habe ihre Beschwerden aggraviert. Auch bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung und dem Ergebnis der Exploration und den Erfordernissen des Alltags. Würde das Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung auf den Alltag übertragen werden, so könnte sie wegen ihrer Unkonzentriertheit nicht mehr Auto fahren und wäre aufgrund des angegebenen Demenzgrades auch nicht mehr ausreichend orientiert. Die Klägerin könne mit ihrem Restleistungsvermögen noch leichte bis kurzfristig auch mittelschwere Arbeiten in wechselnden Körperpositionen ohne Zwangshaltung vollschichtig verrichten.
Dr. L., Leitender Oberarzt der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Krankenhauses München-Harlaching, diagnostizierte in seinem Gutachten 28.05.2004 folgende Gesundheitsstörungen:
1. Leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei weitgehend freier Funktion ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes
2. Ansatztendinose rechter großer Rollhügel bei Senk - Spreizfüßen beidseits ohne gravierende Geh- und Stehminderung
3. Epicondylopathia rechtes Ellenbogengelenk bei beginnender Heberden-Arthrose Dig 2 beidseits und Ausübbarkeit der Grob- und Feingriffformen.
Hieraus resultiere eine klinisch zu vernachlässigende verminderte statische Belastbarkeit des Achsenorgans. Er bestätigte das von der Beklagten festgestellte Leistungsvermögen mit der Ergänzung (in seiner Stellungnahme vom 28.02.2005), dass wegen der glaubwürdigen Restbeschwerden der Finger beider Hände keine Arbeiten verrichtet werden dürften, die an die Kraft und die Geschicklichkeit der Finger beider Hände besondere Ansprüche stellen würden.
Der nach § 109 SGG beauftragte Dr. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, beschrieb die Klägerin in dem psychischen Untersuchungsbefund seines Gutachtens vom 02.11.2004 als bewusstseinsklare und allseits orientierte Person. Wesentliche Auffälligkeiten seien nicht erkennbar gewesen. Die Stimmung sei gedrückt gewesen. Der formale Gedankengang wird zwar als verlangsamt, aber als geordnet beschrieben. Kognitiv seien allenfalls leichte Konzentrationsstörungen aufgefallen. Es bestehe bei der Klägerin ein subjektiver Leidensdruck mit Therapiemotivation; ein sicherer Hinweis für eine Aggravationstendenz ergebe sich nicht (bestätigt durch seine ergänzende Stellungnahme vom 14.02.2005). Neurologisch lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Dr. S. stimmt zwar mit den diagnostischen Einschätzungen der nervenärztlichen Vorgutachter überein, er schätzt aber unter Zugrundelegung der seiner Ansicht nach glaubhaften Angaben der Klägerin über ihre erheblichen Schlafstörungen, ihren Antriebsmangel, ihre generalisierten Ängste mit zunehmender sozialer Rückzugstendenz, ihrer Konzentrationsstörungen sowie ihrer Minderbelastbarkeit und unter Berücksichtigung der zwar überwiegend psychogen verursachten, jedoch subjektiv beeinträchtigenden Schmerzen, der auftretenden Schwellungen am linken Arm sowie der Stressinkontinenz nach Blasenoperation das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne große Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, mit maximal 3 bis 4 h täglich seit der Verschlechterung der depressiven Symptomatik, spätestens seit der Untersuchung durch Dr. W. im März 2004, ein. Der Leistungseinschätzung von Dr. W. könne nicht gefolgt werden, weil es unzulässig sei, aus einer einmaligen nervenärztlichen Untersuchung derart weitreichende Rückschlüsse auf die Psychodynamik und Entstehung einer depressiven Störung zu ziehen. Hierfür sei eine wesentlich intensivere, längere und fundiertere Kenntnis eines Menschen erforderlich. Auf Grund der Therapieresistenz bestehe keine begründete Aussicht auf eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes. Die therapeutischen Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft. Rehabilitationsmaßnahmen werden nicht befürwortet.
Die Beklagte hielt an ihrer Auffassung fest. Denn nach der Stellungnahme ihres sozialärztlichen Dienstes, dem Nervenarzt Dr.Le., setze sich Dr. S. nicht mit den deutlichen Aggravationstendenzen der Klägerin auseinander, sondern lege seinem Gutachten allein, ohne Durchführung zum Beispiel einer testpsychologischen Untersuchung, die von der Klägerin subjektiv geschilderte Beschwerdesymptomatik zu Grunde. Auch lege er nicht ausreichend dar, worin die Verschlechterung gegenüber dem Gutachten Dr. W. bestehe.
Die Klägerin beantragte unter Vorlage von Attesten von Dr. G. über orthopädische Diagnosen (unter anderem: anhaltende, ausgeprägte belastungsabhängige Beschwerden linksbetont an beiden Händen) und nervenärztlicher Atteste von Dr. Ne., wonach er zum einen mit der Beurteilung der Erkrankung durch Dr. W. konform gehe, und zum anderen die Klägerin nicht aggraviere und infolge der deutlich chronifizierten Depression, die sich im Vergleich zu früher etwas stabilisiert habe, in keiner Weise mehr psychisch oder physisch belastbar sei, eine Entscheidung des Sozialgerichts.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 2. Juni 2005 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten von Dr. W. und Dr. L. nicht erwerbsgemindert sei. Sozialmedizinisch bedeutsame Leistungseinschränkungen lägen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet nicht vor. In psychiatrischer Hinsicht sei ein pathologischer Befund nicht objektivierbar gewesen. Eine kognitive Beeinträchtigung sei für die Kammer auch unter Berücksichtigung des Verhaltens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar gewesen. Die Klägerin habe dem Verhandlungsverlauf inhaltlich folgen können. Es beständen keine Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung von Dr. W., insbesondere auch nicht hinsichtlich der Aggravation der Beschwerden der Klägerin. Dem Gutachten von Dr. S. könne dagegen nicht gefolgt werden, weil es entgegen seiner Ansicht nicht ausreichend sei, dem Gutachten glaubhafte Angaben der Klägerin über ihre Störungen zu Grunde zu legen, ohne deren Angaben nach den in der Psychiatrie üblichen klinischen Untersuchungsparametern kritisch zu würdigen. Dr. S. lehne damit bewusst die in der sozialmedizinischen Begutachtung üblichen Standards, nämlich die kritische Würdigung der subjektiven Beschwerdeschilderungen, ab. Auch wenn die Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Montiererin nicht mehr verrichten könne, so sei sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und daher nicht berufsunfähig.
Dagegen hat die Klägerin unter Vorlage von drei Attesten von Dr. Ne. mit dem Inhalt, dass trotz der medikamentösen Therapie keine wesentliche Besserung eingetreten sei und sich die deutlichen Schmerzsymptome eher verschlimmert hätten (vom Januar 2006), dass der Krankenhausaufenthalt in M. nur zu einer vorübergehenden klinischen Besserung geführt habe (vom Februar 2006), und zuletzt (vom 04.09.2006) über eine relativ gute medikamentöse Einstellung im Bezirkskrankenhaus M. und eine subjektive Besserung der Klägerin Berufung eingelegt. Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Greifen und damit einer Bewegung des Daumengrundgelenkes verbunden seien, seien wegen der chronisch fortschreitenden Arthrose-Veränderungen an beiden Händen – bestätigt durch das vorgelegte Attest von Dr.M. - auszuschließen. Die Greiffunktion der linken Hand sei durch das dauerhafte Tragen einer Lederbandage wesentlich herabgesetzt. Wegen der Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit beständen Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten. Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien ihr wegen ihres ausgesprochenen Rückzugsverhaltens nicht zumutbar. Die empfohlene Durchführung einer tiefenpsychologischen Therapie sei ihr nicht zuzumuten.
Der Senat hat einen Entlassungsbericht des Bezirksklinikums M. über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 22.09.2005 bis 17.11.2005, wonach sie wegen einer rezidivierenden und depressiven Störung - gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome - teilremittiert entlassen worden ist, und einen Befundbericht von dem Orthopäden Dr.M. beigezogen und über den Gesundheitszustand und das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten von Amts wegen von dem Neurologen und Psychiater Dr.Ma. und dem Orthopäden Dr. Dr.Gl., Oberarzt des Krankenhauses B.München, jeweils auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin.
Dr.Ma. stellt auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet in seinem Gutachten vom 09.01.2006 sowie in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.07.2006 seit Januar 2003 folgende Diagnosen:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, entsprechend einem chronischen Schmerzsyndrom
2. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
3. Verdacht auf andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
4. Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne funktionelle Defizite
5. Ulnaris-Läsion linksseitig (proximal)
6. Heberden-Arthrose der Fingerendgelenke beidseits
7. Rhizarthrose links.
Hinsichtlich der Störungen auf nervenärztlichem Fachgebiet sei bislang keine suffiziente Therapie durchgeführt worden. Lediglich eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie sei erfolgt, hingegen nicht die schon früher empfohlene tiefenpsychologisch fundierte Therapie. Die Klägerin könne auf Grund des bei der klinischen Untersuchung gewonnenen Eindrucks sowie unter Berücksichtigung des geschilderten Tagesablaufs bzw. der Eingebundenheit in Alltagsaktivitäten noch leichte Arbeiten in wechselnder Ausgangsposition, in geschlossenen Räumen, ohne Zwangshaltung, ohne Akkord, ohne Wechselschicht sowie ohne Tätigkeiten, die eine voll funktionsfähige Feinmotorik beider Hände erforderlich machten, 6 bis 8 h täglich verrichten. Die Leistungsfähigkeit sei weder in Folge einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung noch auf Grund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen eingeschränkt.
Dr. Dr.Gl. kommt in seinem Gutachten vom 07.12.2006 zu dem Ergebnis, dass auf seinem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen vorliegen:
- geringes degeneratives HWS-Syndrom
- geringgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom
- Hinweise für eine sog. sekundäre Fibromyalgie auf dem Boden einer Depression
- isolierte Mittelgelenks-Arthrose am rechten Zeigefinger (ohne Hinweis für eine Polyarthrose und für eine sogenannte Rhizarthrose beidseits)
- Hinweise für eine Epicondylopathia humeri ulnaris rechtsseitig mit klinisch inkompletten Befunden.
Eine Schwellneigung des linken Armes habe zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht bestanden; nach Angaben der Klägerin sei insoweit eine wesentliche Befundbesserung eingetreten. Erhebliche Veränderungen an beiden Händen, wie von Dres. G. undM. attestiert, seien nicht nachvollziehbar. Es zeige sich allenfalls eine mäßige Arthrose am Mittelgelenk des 2. Fingers der rechten Hand; alle weiteren Gelenke seien unauffällig. Auch die von der Klägerin beschriebene Schwäche beider Hände sei nicht nachvollziehbar. Der Feingriff habe sich unauffällig bei unbehinderter Koordination gezeigt. Da weniger als 11 von 18 Tenderpoints schmerzhaft gewesen seien, beständen keine eindeutigen Hinweise für das Vorliegen einer Fibromyalgie. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten mit möglichem Haltungswechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und ohne Akkord, überwiegend in geschlossenen Räumen mindestens 6 h täglich verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Eine Aktivierung und Motivation zu einem Belastungstraining seien als besonders erfolgversprechende Therapie zu erwähnen.
Gegen das Gutachten von Dr. Dr.Gl. wendet die Klägerin ein, dass sie lediglich 15 Minuten körperlich untersucht worden sei, ihre Beschwerdeangaben ignoriert worden seien, die Röntgenübersichtsaufnahmen beider Hände nicht ausreichend seien und das Gutachten überwiegend aus den Vorgutachten abgeschrieben worden sei. Wegen ihrer Dauerschmerzen hätte Dr. Dr.Gl. Tätigkeiten, die den Dauereinsatz der Hände erfordern, ausschließen müssen. Zur Überwindung ihrer im Vordergrund stehenden psychischen Störung nehme sie alle drei bis vier Wochen an Veranstaltungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des DRK Straubing teil.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 zu zahlen,
hilfsweise ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Amts wegen einzuholen,
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr.Ma. darüber einzuholen, ob das von ihm festgestellte Rückzugsverhalten der Klägerin Auswirkungen auf das qualitative Leistungsbild und ggf. welcher Art hat, und ob sich durch das Schmerzsyndrom nach Gerbershagen III Konzentrationseinschränkungen der Klägerin ergeben und dadurch das Umstellungs- und Durchhaltevermögen der Klägerin herabgesetzt ist, und
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. einzuholen, ob er im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.Ma. vom 09.01.2006 an der Beurteilung des Leistungsvermögens und ggf. mit welcher Begründung festhält.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Da nach ihrer Ansicht nicht generell die Beweglichkeit von Armen und Händen beeinträchtigt, sondern lediglich die Einsatzfähigkeit der Hand bzw. des Arms insofern reduziert sei, als Heben und Tragen von Lasten über 2 kg vermieden werden sollten und keine besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand zu stellen seien, ständen die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen insgesamt körperlich leichten und fachlich einfachen Arbeiten, z.B. im Büro- und Verwaltungsbereich oder als Pförtnerin an der Nebenpforte, nicht entgegen. Denn nach der sozialärztlichen Stellungnahme der Nervenärztin Dr.Ke. seien lediglich eine Beugeschwäche der linken Hand und eine eingeschränkte Elevation des linken Armes über 90 Grad auf Grund der eingeschränkten Schulter-Arm-Region nachgewiesen. Die Klägerin habe lediglich ein Minderempfinden im Bereich der linken Hand und des linken Unterarms angegeben, so dass keine Anforderungen an die Feinmotorik links zu stellen seien.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Klägerin hat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinn des § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827). Da sie den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt, ist gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI vorgenanntes Recht anwendbar.
Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht allesamt erfüllt. Sie hat zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt, sie ist jedoch nicht voll erwerbsgemindert im Sinn von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Nach der in Rechtsfortbildung der Versicherungsfälle der verminderten Erwerbsfähigkeit durch das Bundessozialgericht entwickelten und vom Gesetzgeber auch durch das EMRefG gebilligten (vgl. § 43 Abs.3 SGB VI) Arbeitsmarktrente ist der Versicherte darüber hinaus auch voll erwerbsgemindert, wenn das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden ab¬gesunken ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, weil der Versicherte keinen zumutbaren Arbeitsplatz innehält (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Sie kann ab Eingang des Rentenantrags am 16.01.2003 nur noch leichte Tätigkeiten mit möglichem Haltungswechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord und ohne Wechselschicht in geschlossenen Räumen mindestens 6 h täglich verrichten. Dieses Leistungsvermögen ergibt sich aus den vom Senat eingeholten Gutachten von Dr.Ma. und Dr. Dr.Gl., die im Wesentlichen in Einklang mit den vom Sozialgericht erholten Gutachten von dem Chirurgen Dr. L. und dem Psychiater Dr. W. sowie dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren erstellten psychiatrischen Gutachten von Dr. R. stehen.
Im Vordergrund stehen die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet, nämlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (entsprechend einem chronischen Schmerzsyndrom), eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und der Verdacht auf eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung. Es ist jedoch noch keine echte psychische Erkrankung oder ein echter Versagenszustand mit Krankheitswert, den die Klägerin weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch unter ärztlicher Mithilfe in absehbarer Zeit überwinden kann, nachgewiesen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (etwa SozR Nr. 38, 39, 45, 76 zu § 1246 RVO; BSG, Urteil vom 12.09.1990, Az. 5 RJ 88/98) sind psychische Erkrankungen wie körperliche Krankheiten anzusehen, wenn sie durch Willensentschlüsse des Betroffenen nicht mehr zu beheben sind. Maßgeblich ist daher, ob der Versicherte die seelischen Hemmungen entweder aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe überwinden kann. Die Unüberwindbarkeit der somatoformen Schmerzstörung und der depressiven Störung trotz therapeutischer Hilfen und entsprechender Medikation ist nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Nach Ansicht von Dr.Ma. und Dr. W. ist bislang noch keine suffiziente Therapie (tiefenpsychologisch fundierte Therapie) durchgeführt worden, obwohl die somatoforme Schmerzstörung und die depressive Störung nach den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen einer ambulanten psychiatrischen Behandlung unter Einschluss fachspezifischer Medikation und stützender psychotherapeutischer (tiefenpsychologischer) Interventionen zugänglich und so in absehbarer Zeit besserbar und sogar überwindbar wären. Die Inanspruchnahme dieser Behandlung unter ärztlicher Mithilfe ist der Klägerin auch zumutbar. So führte bereits der stationäre Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus M. im Herbst 2005 - die Klägerin wurde als teilremittiert entlassen - zu einer wesentlichen und dauerhaften Besserung ihres psychischen Zustandes. Selbst der die Klägerin behandelnde Psychiater Dr. Ne. bestätigt in seinem letzten Attest vom 4. September 2006 – ein Jahr nach diesem stationären Aufenthalt - die gute medikamentöse Einstellung im Bezirkskrankenhaus M. und eine subjektive Besserung. Als völlig unzureichend ist die von der Klägerin alle drei bis vier Wochen erfolgende Teilnahme an Veranstaltungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des DRK Straubing zu qualifizieren. Empfohlen wird ferner von Dr. Glatzmeier und Dr. L. die Aktivierung eines körperlichen Belastungstrainings, das naturgemäß über das bloße Spazierengehen hinausgeht, als besonders erfolgversprechende Therapie.
Dem hiervon abweichenden Beweisergebnis des im Klageverfahren nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. S. kann dagegen nicht gefolgt werden. Denn dieser stimmt zwar mit den diagnostischen Einschätzungen der von Amts wegen bestellten nervenärztlichen Sachverständigen überein, stützt aber seine abweichende Leistungsbeurteilung im Wesentlichen auf die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin, ohne diese Angaben weiter auf Grund seiner eigenen klinischen Untersuchung sowie weiterer Testverfahren etc. zu verifizieren. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Auf orthopädischem Fachgebiet waren nur ein geringgradiges Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine isolierte Mittelgelenks-Arthrose am rechten Zeigefinger (ohne Hinweis für eine Polyarthrose und für eine sogenannte Rhizarthrose beidseits) sowie Hinweise für eine Epicondylopathia humeri ulnaris rechtsseitig mit klinisch inkompletten Befunden feststellbar. Da bei der Untersuchung durch Dr. Glatzmeier weniger als 11 von 18 Tenderpoints schmerzhaft waren, ergaben sich auch keine eindeutigen Hinweise für eine Fibromyalgie. Eine Schwellneigung des linken Armes bestand zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Dr.Gl. nicht; insoweit ist eine wesentliche Befundbesserung eingetreten. Entgegen der Ansicht der Klägerin sowie ihres behandelnden Orthopäden Dr.M. bestehen keine erheblichen Arthrose-Veränderungen an beiden Händen, so dass der Dauereinsatz der Hände der Klägerin zumutbar ist. Nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. Dr.Gl. liegt lediglich eine mäßige Arthrose am Mittelgelenk des 2. Fingers der rechten Hand vor. Alle weiteren Gelenke werden als unauffällig bezeichnet. Eine Einschränkung ist weder bei der Fein- noch bei der Grobmotorik der Hände feststellbar. Die von der Klägerin beschriebene Schwäche beider Hände ist nicht nachvollziehbar. Die Untersuchung wurde durch Dr. Dr.Gl. ordnungsgemäß und zeitgerecht durchgeführt. Die Beschwerdeangaben der Klägerin sind entgegen ihrem Vortrag von Dr. Dr.Gl. ausreichend in seinem Gutachten unter Vorgeschichte, Punkt C) in ihrer Vielzahl konkret mit näheren Beschreibungen aufgelistet. Weiterer bildgebender Verfahren - über die Röntgenübersichtsaufmahmen beider Hände hinaus –, wie von der Klägerin gefordert, bedurfte es hinsichtlich der Beurteilung der Hände nicht, weil allein die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin maßgeblich sind. Der Vortrag der Klägerin, Dr. Dr.Gl. habe sein Gutachten überwiegend aus den Vorgutachten abgeschrieben, ist als völlig halt- und substanzlos zurückzuweisen.
Auch wenn die Klägerin die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Montiererin nicht mehr mindestens 6 h täglich verrichten kann, so ist sie noch nicht voll erwerbsgemindert. Denn Maßstab sind alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist, ohne dass es der konkreten Benennung eines bestimmten Verweisungsberufes bedarf. Denn es liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Durch das Gutachten von Dr. Dr.Gl. ist insbesondere nachgewiesen, dass die Handbeweglichkeit der Klägerin nicht eingeschränkt ist.
Dem Antrag der Klägerin, ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet einzuholen, war nicht zu folgen, weil bereits von Dr. Dr.Gl. ein schlüssiges und den Senat überzeugendes orthopädisches Gutachten erholt worden ist. Hat sich der Senat bereits den erforderlichen Überzeugungsgrad verschafft, ist eine weitere Beweisaufnahme unnötig (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 103 Rdnr. 12c). Der Senat musste sich auch nicht gedrängt fühlen, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr.Ma. darüber einzuholen, ob das von ihm festgestellte Rückzugsverhalten der Klägerin Auswirkungen auf das qualitative Leistungsbild und ggf. welcher Art hat, und ob sich durch das Schmerzsyndrom nach Gerbershagen III Konzentrationseinschränkungen der Klägerin ergeben und dadurch das Umstellungs- und Durchhaltevermögen der Klägerin herabgesetzt ist. Denn eine derartige ergänzende Befragung des Dr.Ma. ist als überflüssig zu erachten (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.1999, Az. B 5 RJ 32/98; Leitherer aaO § 103 Rdnr. 8), weil er in seinem Gutachten zum einen kein Rückzugsverhalten der Klägerin festgestellt hat (seiner Ansicht nach gelingt es der Klägerin vielmehr, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten) und zum anderen explizit beschrieben hat, dass kein Hinweis für kognitive Störungen und eine Beeinträchtigung des formalen Gedankengangs der Klägerin vorliegt. Schließlich war auch keine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. – von Amts wegen - einzuholen, ob er im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.Ma. vom 09.01.2006 an der Beurteilung des Leistungsvermögens und ggf. mit welcher Begründung festhält. Der Senat muss nicht alle möglichen Beweismittel ausschöpfen, wenn er sich bereits die erforderliche Überzeugung verschafft hat (s. hierzu bereits oben). Im übrigen bestätigt Dr.Ma. im wesentlichen die Dr. S. bereits bekannte Einschätzung des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens der Klägerin durch Dr. W. in seinem Gutachten vom 8. März 2004. Auch konnte der Leistungsbeurteilung von Dr. S. aus o.g. Gründen nicht gefolgt werden, so dass es auf die beantragte Stellungnahme von Dr. S. nicht mehr ankommt.
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsminderung hat, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §§ 183,193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die 1953 geborene Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung im Sinne der Berufsausbildungsordnung. Sie war von August 1968 bis März 1973 als Hausangestellte und anschließend bis März 2000 als Montiererin durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt. Es folgte ein Bezug von Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit bis Juli 2003. Seit August 2003 ist sie arbeitslos (ohne Leistungsbezug) gemeldet.
Bei der Klägerin ist nach dem Schwerbehindertengesetz ein GdB von 40 festgestellt.
Der erste Rentenantrag vom 13.12.2000 wurde insbesondere unter Berücksichtigung des Kurberichtes vom 20.12.2000 mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.05.2001 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage wurde von der Klägerin auf Grund des Beweisergebnisses des vom Sozialgericht eingeholten neurologisch-psychiatri- schen Gutachtens von Dr.B. zurückgenommen.
Der erneute Rentenantrag der Klägerin vom 16.01.2003 insbesondere wegen Depressionen, Angstzuständen und eines Fibromyalgie-Syndroms wurde nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr.M. und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. R. auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen mit Bescheid vom 21.02.2003 abgelehnt. Denn die Klägerin sei trotz der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung vor dem Hintergrund einer emotional instabilen Persönlichkeit und der Dysthymia noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 h täglich tätig zu sein. Es liege daher weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin unter Hinweis auf den vorgelegten Arztbrief des behandelnden Internisten Dr.N. insbesondere über das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms und die Atteste ihrer behandelnden Psychotherapeuten geltend, dass trotz lang andauernder Therapien und ambulanter Behandlungen kein durchgreifender Erfolg erzielt werden könne, und sie daher voll erwerbsgemindert sei. Nach Einholung einer sozialärztlichen Stellungnahme hierzu wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 als unbegründet zurück, weil die Klägerin noch leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit mindestens 6 h täglich verrichten könne. Auch wenn sie die bisherige Tätigkeit als Montiererin nicht mehr ausüben könne, sei sie nicht berufsunfähig, weil sie auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut verfolgte die Klägerin ihr Begehren der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung weiter. Das Gericht zog zur Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte des Orthopäden Dr. G., des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.M., des Psychiaters Dr. Ne., des Frauenarztes Dr. Bl und des Internisten Dr.N. sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers bei und holte von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten von Dr. W. und ein unfallchirurgisches Gutachten von Dr. L. sowie auf den Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychiatrisches Gutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme von Dr. S., jeweils auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin, ein.
Dr. W. stellte in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 8. März 2004 eine Dysthymie sowie eine chronifizierte depressive Entwicklung, gemischt mit Angst, und schmerzhafte Sehnen-Knochen-Übergänge im Bereich der linken Schulter und der Rückenmuskulatur fest. Trotz der unterschiedlichen antidepressiv wirksamen Medikamente und der über zwei Jahre hinweg durchgeführten verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie (nach Angaben der Klägerin in Form eines autogenen Trainings und eines "Redens über die Probleme") sei von keiner Therapieresistenz der chronischen Depression und der sekundären Neurotisierung auszugehen. Eine adäquate Verhaltenstherapie mit Elementen einer kognitiven Verhaltenstherapie und eine stationäre Behandlung mit medikamentöser Therapie, evtl. auch Infusionsbehandlung und Elektrokrampftherapie, in Verbindung mit einen regelmäßigen körperlichen Training könnten zu einer wesentlichen Besserung der Gesundheitsstörungen der Klägerin führen. Die Klägerin habe ihre Beschwerden aggraviert. Auch bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung und dem Ergebnis der Exploration und den Erfordernissen des Alltags. Würde das Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung auf den Alltag übertragen werden, so könnte sie wegen ihrer Unkonzentriertheit nicht mehr Auto fahren und wäre aufgrund des angegebenen Demenzgrades auch nicht mehr ausreichend orientiert. Die Klägerin könne mit ihrem Restleistungsvermögen noch leichte bis kurzfristig auch mittelschwere Arbeiten in wechselnden Körperpositionen ohne Zwangshaltung vollschichtig verrichten.
Dr. L., Leitender Oberarzt der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Krankenhauses München-Harlaching, diagnostizierte in seinem Gutachten 28.05.2004 folgende Gesundheitsstörungen:
1. Leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei weitgehend freier Funktion ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes
2. Ansatztendinose rechter großer Rollhügel bei Senk - Spreizfüßen beidseits ohne gravierende Geh- und Stehminderung
3. Epicondylopathia rechtes Ellenbogengelenk bei beginnender Heberden-Arthrose Dig 2 beidseits und Ausübbarkeit der Grob- und Feingriffformen.
Hieraus resultiere eine klinisch zu vernachlässigende verminderte statische Belastbarkeit des Achsenorgans. Er bestätigte das von der Beklagten festgestellte Leistungsvermögen mit der Ergänzung (in seiner Stellungnahme vom 28.02.2005), dass wegen der glaubwürdigen Restbeschwerden der Finger beider Hände keine Arbeiten verrichtet werden dürften, die an die Kraft und die Geschicklichkeit der Finger beider Hände besondere Ansprüche stellen würden.
Der nach § 109 SGG beauftragte Dr. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, beschrieb die Klägerin in dem psychischen Untersuchungsbefund seines Gutachtens vom 02.11.2004 als bewusstseinsklare und allseits orientierte Person. Wesentliche Auffälligkeiten seien nicht erkennbar gewesen. Die Stimmung sei gedrückt gewesen. Der formale Gedankengang wird zwar als verlangsamt, aber als geordnet beschrieben. Kognitiv seien allenfalls leichte Konzentrationsstörungen aufgefallen. Es bestehe bei der Klägerin ein subjektiver Leidensdruck mit Therapiemotivation; ein sicherer Hinweis für eine Aggravationstendenz ergebe sich nicht (bestätigt durch seine ergänzende Stellungnahme vom 14.02.2005). Neurologisch lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Dr. S. stimmt zwar mit den diagnostischen Einschätzungen der nervenärztlichen Vorgutachter überein, er schätzt aber unter Zugrundelegung der seiner Ansicht nach glaubhaften Angaben der Klägerin über ihre erheblichen Schlafstörungen, ihren Antriebsmangel, ihre generalisierten Ängste mit zunehmender sozialer Rückzugstendenz, ihrer Konzentrationsstörungen sowie ihrer Minderbelastbarkeit und unter Berücksichtigung der zwar überwiegend psychogen verursachten, jedoch subjektiv beeinträchtigenden Schmerzen, der auftretenden Schwellungen am linken Arm sowie der Stressinkontinenz nach Blasenoperation das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, ohne große Anforderungen an die psychische Belastbarkeit, mit maximal 3 bis 4 h täglich seit der Verschlechterung der depressiven Symptomatik, spätestens seit der Untersuchung durch Dr. W. im März 2004, ein. Der Leistungseinschätzung von Dr. W. könne nicht gefolgt werden, weil es unzulässig sei, aus einer einmaligen nervenärztlichen Untersuchung derart weitreichende Rückschlüsse auf die Psychodynamik und Entstehung einer depressiven Störung zu ziehen. Hierfür sei eine wesentlich intensivere, längere und fundiertere Kenntnis eines Menschen erforderlich. Auf Grund der Therapieresistenz bestehe keine begründete Aussicht auf eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes. Die therapeutischen Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft. Rehabilitationsmaßnahmen werden nicht befürwortet.
Die Beklagte hielt an ihrer Auffassung fest. Denn nach der Stellungnahme ihres sozialärztlichen Dienstes, dem Nervenarzt Dr.Le., setze sich Dr. S. nicht mit den deutlichen Aggravationstendenzen der Klägerin auseinander, sondern lege seinem Gutachten allein, ohne Durchführung zum Beispiel einer testpsychologischen Untersuchung, die von der Klägerin subjektiv geschilderte Beschwerdesymptomatik zu Grunde. Auch lege er nicht ausreichend dar, worin die Verschlechterung gegenüber dem Gutachten Dr. W. bestehe.
Die Klägerin beantragte unter Vorlage von Attesten von Dr. G. über orthopädische Diagnosen (unter anderem: anhaltende, ausgeprägte belastungsabhängige Beschwerden linksbetont an beiden Händen) und nervenärztlicher Atteste von Dr. Ne., wonach er zum einen mit der Beurteilung der Erkrankung durch Dr. W. konform gehe, und zum anderen die Klägerin nicht aggraviere und infolge der deutlich chronifizierten Depression, die sich im Vergleich zu früher etwas stabilisiert habe, in keiner Weise mehr psychisch oder physisch belastbar sei, eine Entscheidung des Sozialgerichts.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 2. Juni 2005 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten von Dr. W. und Dr. L. nicht erwerbsgemindert sei. Sozialmedizinisch bedeutsame Leistungseinschränkungen lägen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet nicht vor. In psychiatrischer Hinsicht sei ein pathologischer Befund nicht objektivierbar gewesen. Eine kognitive Beeinträchtigung sei für die Kammer auch unter Berücksichtigung des Verhaltens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar gewesen. Die Klägerin habe dem Verhandlungsverlauf inhaltlich folgen können. Es beständen keine Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung von Dr. W., insbesondere auch nicht hinsichtlich der Aggravation der Beschwerden der Klägerin. Dem Gutachten von Dr. S. könne dagegen nicht gefolgt werden, weil es entgegen seiner Ansicht nicht ausreichend sei, dem Gutachten glaubhafte Angaben der Klägerin über ihre Störungen zu Grunde zu legen, ohne deren Angaben nach den in der Psychiatrie üblichen klinischen Untersuchungsparametern kritisch zu würdigen. Dr. S. lehne damit bewusst die in der sozialmedizinischen Begutachtung üblichen Standards, nämlich die kritische Würdigung der subjektiven Beschwerdeschilderungen, ab. Auch wenn die Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Montiererin nicht mehr verrichten könne, so sei sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und daher nicht berufsunfähig.
Dagegen hat die Klägerin unter Vorlage von drei Attesten von Dr. Ne. mit dem Inhalt, dass trotz der medikamentösen Therapie keine wesentliche Besserung eingetreten sei und sich die deutlichen Schmerzsymptome eher verschlimmert hätten (vom Januar 2006), dass der Krankenhausaufenthalt in M. nur zu einer vorübergehenden klinischen Besserung geführt habe (vom Februar 2006), und zuletzt (vom 04.09.2006) über eine relativ gute medikamentöse Einstellung im Bezirkskrankenhaus M. und eine subjektive Besserung der Klägerin Berufung eingelegt. Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Greifen und damit einer Bewegung des Daumengrundgelenkes verbunden seien, seien wegen der chronisch fortschreitenden Arthrose-Veränderungen an beiden Händen – bestätigt durch das vorgelegte Attest von Dr.M. - auszuschließen. Die Greiffunktion der linken Hand sei durch das dauerhafte Tragen einer Lederbandage wesentlich herabgesetzt. Wegen der Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit beständen Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten. Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien ihr wegen ihres ausgesprochenen Rückzugsverhaltens nicht zumutbar. Die empfohlene Durchführung einer tiefenpsychologischen Therapie sei ihr nicht zuzumuten.
Der Senat hat einen Entlassungsbericht des Bezirksklinikums M. über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 22.09.2005 bis 17.11.2005, wonach sie wegen einer rezidivierenden und depressiven Störung - gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome - teilremittiert entlassen worden ist, und einen Befundbericht von dem Orthopäden Dr.M. beigezogen und über den Gesundheitszustand und das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten von Amts wegen von dem Neurologen und Psychiater Dr.Ma. und dem Orthopäden Dr. Dr.Gl., Oberarzt des Krankenhauses B.München, jeweils auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin.
Dr.Ma. stellt auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet in seinem Gutachten vom 09.01.2006 sowie in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.07.2006 seit Januar 2003 folgende Diagnosen:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, entsprechend einem chronischen Schmerzsyndrom
2. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert
3. Verdacht auf andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
4. Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne funktionelle Defizite
5. Ulnaris-Läsion linksseitig (proximal)
6. Heberden-Arthrose der Fingerendgelenke beidseits
7. Rhizarthrose links.
Hinsichtlich der Störungen auf nervenärztlichem Fachgebiet sei bislang keine suffiziente Therapie durchgeführt worden. Lediglich eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie sei erfolgt, hingegen nicht die schon früher empfohlene tiefenpsychologisch fundierte Therapie. Die Klägerin könne auf Grund des bei der klinischen Untersuchung gewonnenen Eindrucks sowie unter Berücksichtigung des geschilderten Tagesablaufs bzw. der Eingebundenheit in Alltagsaktivitäten noch leichte Arbeiten in wechselnder Ausgangsposition, in geschlossenen Räumen, ohne Zwangshaltung, ohne Akkord, ohne Wechselschicht sowie ohne Tätigkeiten, die eine voll funktionsfähige Feinmotorik beider Hände erforderlich machten, 6 bis 8 h täglich verrichten. Die Leistungsfähigkeit sei weder in Folge einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung noch auf Grund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen eingeschränkt.
Dr. Dr.Gl. kommt in seinem Gutachten vom 07.12.2006 zu dem Ergebnis, dass auf seinem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen vorliegen:
- geringes degeneratives HWS-Syndrom
- geringgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom
- Hinweise für eine sog. sekundäre Fibromyalgie auf dem Boden einer Depression
- isolierte Mittelgelenks-Arthrose am rechten Zeigefinger (ohne Hinweis für eine Polyarthrose und für eine sogenannte Rhizarthrose beidseits)
- Hinweise für eine Epicondylopathia humeri ulnaris rechtsseitig mit klinisch inkompletten Befunden.
Eine Schwellneigung des linken Armes habe zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht bestanden; nach Angaben der Klägerin sei insoweit eine wesentliche Befundbesserung eingetreten. Erhebliche Veränderungen an beiden Händen, wie von Dres. G. undM. attestiert, seien nicht nachvollziehbar. Es zeige sich allenfalls eine mäßige Arthrose am Mittelgelenk des 2. Fingers der rechten Hand; alle weiteren Gelenke seien unauffällig. Auch die von der Klägerin beschriebene Schwäche beider Hände sei nicht nachvollziehbar. Der Feingriff habe sich unauffällig bei unbehinderter Koordination gezeigt. Da weniger als 11 von 18 Tenderpoints schmerzhaft gewesen seien, beständen keine eindeutigen Hinweise für das Vorliegen einer Fibromyalgie. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten mit möglichem Haltungswechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und ohne Akkord, überwiegend in geschlossenen Räumen mindestens 6 h täglich verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Eine Aktivierung und Motivation zu einem Belastungstraining seien als besonders erfolgversprechende Therapie zu erwähnen.
Gegen das Gutachten von Dr. Dr.Gl. wendet die Klägerin ein, dass sie lediglich 15 Minuten körperlich untersucht worden sei, ihre Beschwerdeangaben ignoriert worden seien, die Röntgenübersichtsaufnahmen beider Hände nicht ausreichend seien und das Gutachten überwiegend aus den Vorgutachten abgeschrieben worden sei. Wegen ihrer Dauerschmerzen hätte Dr. Dr.Gl. Tätigkeiten, die den Dauereinsatz der Hände erfordern, ausschließen müssen. Zur Überwindung ihrer im Vordergrund stehenden psychischen Störung nehme sie alle drei bis vier Wochen an Veranstaltungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des DRK Straubing teil.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2004 zu zahlen,
hilfsweise ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Amts wegen einzuholen,
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr.Ma. darüber einzuholen, ob das von ihm festgestellte Rückzugsverhalten der Klägerin Auswirkungen auf das qualitative Leistungsbild und ggf. welcher Art hat, und ob sich durch das Schmerzsyndrom nach Gerbershagen III Konzentrationseinschränkungen der Klägerin ergeben und dadurch das Umstellungs- und Durchhaltevermögen der Klägerin herabgesetzt ist, und
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. einzuholen, ob er im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.Ma. vom 09.01.2006 an der Beurteilung des Leistungsvermögens und ggf. mit welcher Begründung festhält.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Da nach ihrer Ansicht nicht generell die Beweglichkeit von Armen und Händen beeinträchtigt, sondern lediglich die Einsatzfähigkeit der Hand bzw. des Arms insofern reduziert sei, als Heben und Tragen von Lasten über 2 kg vermieden werden sollten und keine besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand zu stellen seien, ständen die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen insgesamt körperlich leichten und fachlich einfachen Arbeiten, z.B. im Büro- und Verwaltungsbereich oder als Pförtnerin an der Nebenpforte, nicht entgegen. Denn nach der sozialärztlichen Stellungnahme der Nervenärztin Dr.Ke. seien lediglich eine Beugeschwäche der linken Hand und eine eingeschränkte Elevation des linken Armes über 90 Grad auf Grund der eingeschränkten Schulter-Arm-Region nachgewiesen. Die Klägerin habe lediglich ein Minderempfinden im Bereich der linken Hand und des linken Unterarms angegeben, so dass keine Anforderungen an die Feinmotorik links zu stellen seien.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Klägerin hat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinn des § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827). Da sie den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt, ist gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI vorgenanntes Recht anwendbar.
Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht allesamt erfüllt. Sie hat zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt, sie ist jedoch nicht voll erwerbsgemindert im Sinn von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Nach der in Rechtsfortbildung der Versicherungsfälle der verminderten Erwerbsfähigkeit durch das Bundessozialgericht entwickelten und vom Gesetzgeber auch durch das EMRefG gebilligten (vgl. § 43 Abs.3 SGB VI) Arbeitsmarktrente ist der Versicherte darüber hinaus auch voll erwerbsgemindert, wenn das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden ab¬gesunken ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist, weil der Versicherte keinen zumutbaren Arbeitsplatz innehält (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Sie kann ab Eingang des Rentenantrags am 16.01.2003 nur noch leichte Tätigkeiten mit möglichem Haltungswechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord und ohne Wechselschicht in geschlossenen Räumen mindestens 6 h täglich verrichten. Dieses Leistungsvermögen ergibt sich aus den vom Senat eingeholten Gutachten von Dr.Ma. und Dr. Dr.Gl., die im Wesentlichen in Einklang mit den vom Sozialgericht erholten Gutachten von dem Chirurgen Dr. L. und dem Psychiater Dr. W. sowie dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren erstellten psychiatrischen Gutachten von Dr. R. stehen.
Im Vordergrund stehen die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet, nämlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (entsprechend einem chronischen Schmerzsyndrom), eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und der Verdacht auf eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung. Es ist jedoch noch keine echte psychische Erkrankung oder ein echter Versagenszustand mit Krankheitswert, den die Klägerin weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch unter ärztlicher Mithilfe in absehbarer Zeit überwinden kann, nachgewiesen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (etwa SozR Nr. 38, 39, 45, 76 zu § 1246 RVO; BSG, Urteil vom 12.09.1990, Az. 5 RJ 88/98) sind psychische Erkrankungen wie körperliche Krankheiten anzusehen, wenn sie durch Willensentschlüsse des Betroffenen nicht mehr zu beheben sind. Maßgeblich ist daher, ob der Versicherte die seelischen Hemmungen entweder aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe überwinden kann. Die Unüberwindbarkeit der somatoformen Schmerzstörung und der depressiven Störung trotz therapeutischer Hilfen und entsprechender Medikation ist nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Nach Ansicht von Dr.Ma. und Dr. W. ist bislang noch keine suffiziente Therapie (tiefenpsychologisch fundierte Therapie) durchgeführt worden, obwohl die somatoforme Schmerzstörung und die depressive Störung nach den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen einer ambulanten psychiatrischen Behandlung unter Einschluss fachspezifischer Medikation und stützender psychotherapeutischer (tiefenpsychologischer) Interventionen zugänglich und so in absehbarer Zeit besserbar und sogar überwindbar wären. Die Inanspruchnahme dieser Behandlung unter ärztlicher Mithilfe ist der Klägerin auch zumutbar. So führte bereits der stationäre Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus M. im Herbst 2005 - die Klägerin wurde als teilremittiert entlassen - zu einer wesentlichen und dauerhaften Besserung ihres psychischen Zustandes. Selbst der die Klägerin behandelnde Psychiater Dr. Ne. bestätigt in seinem letzten Attest vom 4. September 2006 – ein Jahr nach diesem stationären Aufenthalt - die gute medikamentöse Einstellung im Bezirkskrankenhaus M. und eine subjektive Besserung. Als völlig unzureichend ist die von der Klägerin alle drei bis vier Wochen erfolgende Teilnahme an Veranstaltungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des DRK Straubing zu qualifizieren. Empfohlen wird ferner von Dr. Glatzmeier und Dr. L. die Aktivierung eines körperlichen Belastungstrainings, das naturgemäß über das bloße Spazierengehen hinausgeht, als besonders erfolgversprechende Therapie.
Dem hiervon abweichenden Beweisergebnis des im Klageverfahren nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. S. kann dagegen nicht gefolgt werden. Denn dieser stimmt zwar mit den diagnostischen Einschätzungen der von Amts wegen bestellten nervenärztlichen Sachverständigen überein, stützt aber seine abweichende Leistungsbeurteilung im Wesentlichen auf die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin, ohne diese Angaben weiter auf Grund seiner eigenen klinischen Untersuchung sowie weiterer Testverfahren etc. zu verifizieren. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Auf orthopädischem Fachgebiet waren nur ein geringgradiges Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine isolierte Mittelgelenks-Arthrose am rechten Zeigefinger (ohne Hinweis für eine Polyarthrose und für eine sogenannte Rhizarthrose beidseits) sowie Hinweise für eine Epicondylopathia humeri ulnaris rechtsseitig mit klinisch inkompletten Befunden feststellbar. Da bei der Untersuchung durch Dr. Glatzmeier weniger als 11 von 18 Tenderpoints schmerzhaft waren, ergaben sich auch keine eindeutigen Hinweise für eine Fibromyalgie. Eine Schwellneigung des linken Armes bestand zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Dr.Gl. nicht; insoweit ist eine wesentliche Befundbesserung eingetreten. Entgegen der Ansicht der Klägerin sowie ihres behandelnden Orthopäden Dr.M. bestehen keine erheblichen Arthrose-Veränderungen an beiden Händen, so dass der Dauereinsatz der Hände der Klägerin zumutbar ist. Nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. Dr.Gl. liegt lediglich eine mäßige Arthrose am Mittelgelenk des 2. Fingers der rechten Hand vor. Alle weiteren Gelenke werden als unauffällig bezeichnet. Eine Einschränkung ist weder bei der Fein- noch bei der Grobmotorik der Hände feststellbar. Die von der Klägerin beschriebene Schwäche beider Hände ist nicht nachvollziehbar. Die Untersuchung wurde durch Dr. Dr.Gl. ordnungsgemäß und zeitgerecht durchgeführt. Die Beschwerdeangaben der Klägerin sind entgegen ihrem Vortrag von Dr. Dr.Gl. ausreichend in seinem Gutachten unter Vorgeschichte, Punkt C) in ihrer Vielzahl konkret mit näheren Beschreibungen aufgelistet. Weiterer bildgebender Verfahren - über die Röntgenübersichtsaufmahmen beider Hände hinaus –, wie von der Klägerin gefordert, bedurfte es hinsichtlich der Beurteilung der Hände nicht, weil allein die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin maßgeblich sind. Der Vortrag der Klägerin, Dr. Dr.Gl. habe sein Gutachten überwiegend aus den Vorgutachten abgeschrieben, ist als völlig halt- und substanzlos zurückzuweisen.
Auch wenn die Klägerin die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Montiererin nicht mehr mindestens 6 h täglich verrichten kann, so ist sie noch nicht voll erwerbsgemindert. Denn Maßstab sind alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist, ohne dass es der konkreten Benennung eines bestimmten Verweisungsberufes bedarf. Denn es liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Durch das Gutachten von Dr. Dr.Gl. ist insbesondere nachgewiesen, dass die Handbeweglichkeit der Klägerin nicht eingeschränkt ist.
Dem Antrag der Klägerin, ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet einzuholen, war nicht zu folgen, weil bereits von Dr. Dr.Gl. ein schlüssiges und den Senat überzeugendes orthopädisches Gutachten erholt worden ist. Hat sich der Senat bereits den erforderlichen Überzeugungsgrad verschafft, ist eine weitere Beweisaufnahme unnötig (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 103 Rdnr. 12c). Der Senat musste sich auch nicht gedrängt fühlen, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr.Ma. darüber einzuholen, ob das von ihm festgestellte Rückzugsverhalten der Klägerin Auswirkungen auf das qualitative Leistungsbild und ggf. welcher Art hat, und ob sich durch das Schmerzsyndrom nach Gerbershagen III Konzentrationseinschränkungen der Klägerin ergeben und dadurch das Umstellungs- und Durchhaltevermögen der Klägerin herabgesetzt ist. Denn eine derartige ergänzende Befragung des Dr.Ma. ist als überflüssig zu erachten (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.1999, Az. B 5 RJ 32/98; Leitherer aaO § 103 Rdnr. 8), weil er in seinem Gutachten zum einen kein Rückzugsverhalten der Klägerin festgestellt hat (seiner Ansicht nach gelingt es der Klägerin vielmehr, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten) und zum anderen explizit beschrieben hat, dass kein Hinweis für kognitive Störungen und eine Beeinträchtigung des formalen Gedankengangs der Klägerin vorliegt. Schließlich war auch keine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. – von Amts wegen - einzuholen, ob er im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.Ma. vom 09.01.2006 an der Beurteilung des Leistungsvermögens und ggf. mit welcher Begründung festhält. Der Senat muss nicht alle möglichen Beweismittel ausschöpfen, wenn er sich bereits die erforderliche Überzeugung verschafft hat (s. hierzu bereits oben). Im übrigen bestätigt Dr.Ma. im wesentlichen die Dr. S. bereits bekannte Einschätzung des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens der Klägerin durch Dr. W. in seinem Gutachten vom 8. März 2004. Auch konnte der Leistungsbeurteilung von Dr. S. aus o.g. Gründen nicht gefolgt werden, so dass es auf die beantragte Stellungnahme von Dr. S. nicht mehr ankommt.
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsminderung hat, war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §§ 183,193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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