L 14 R 766/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 228/06 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 766/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig sind Kinderzuschüsse zur Rente des Klägers für Zeiten vor dem 01.01.1987.

Der 1938 geborene, im Kosovo lebende Kläger bezog von der Beklagten seit 01.02.1974 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus seinen in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten zwischen dem 26.06.1969 und dem 31.01.1974. Für die Zeit bis zum 30.06.1976 (angegebenes Datum des Wegzugs aus der BRD) wurden mit Bescheid vom 07.11.1977 nachträglich anteilige Kinderzuschüsse für damals sechs Kinder des Klägers bewilligt. Für die Folgezeit lehnte die Beklagte die Gewährung von Kinderzuschüssen mit bindend gewordenem Bescheid vom 07.01.1980 mit der Begründung ab, dass nach Mitteilung des jugoslawischen Versicherungsträgers in P. dem Kläger nur wegen Überschreitens der maßgebenden Einkommensgrenzen in seiner Heimat Kindergeld nicht gezahlt werde. Kinderzuschuss zur deutschen Rente sei daher gemäß Art.26 Abs.2 des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit nicht zu zahlen (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 29.04.1980, klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 04.06.1981, Verwerfung der Berufung als unzulässig mit Urteil vom 11.11.1982).

Auf eine als Überprüfungsantrag angesehene telefonische Anfrage des Klägers vom 29.10.1991 betreffend die Kinderzuschüsse gewährte die Beklagte nach Übersendung von Ausbildungsunterlagen mit Bescheid vom 28.10.2005 anteilige Kinderzuschüsse (Art.26 Abs.2 Satz 4 des Deutsch-Jugoslawischen Abkommens vom 12.10.1968) für das 1971 geborene Kind B. für die Zeit vom 01.01.1987 bis 31.08.1989 (Vollendung des 18. Lebensjahres) und für das 1974 geborene Kind L. für die Zeit vom 01.01.1987 bis 31.10.1992 (jeweils bis zur Volljährigkeit) ...

Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser rückwirkend Kinderzuschüsse für seine sämtlichen Kinder seit 01.02.1974 geltend machte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2006 zurückgewiesen. Für die Zeit vor dem 01.01.1987 bestehe im Rahmen einer Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Teil 10 (SGB X) kein Anspruch auf Kinderzuschuss (§ 44 Abs.4 SGB X).

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein auf Kinderzuschüsse für fünf weitere Kinder bis zu deren Volljährigkeit (L. , geboren 1961; N. , geboren 1963; R. , geboren 1966; S. , geboren 1968; V. , geboren 1977) sowie auf Auszahlung sämtlicher Kinderzuschüsse auch für die Zeit vor dem 01.01.1987 gerichtetes Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter der Beklagten, bezüglich eines Kinderzuschusses für das 1977 geborene Kind V. ergehe noch ein gesonderter Bescheid.

Mit Urteil vom 21.09.2006 wies das SG die Klage hinsichtlich des Kindes V. als unzulässig, die übrige Klage als unbegründet ab. Es führte aus, die Beklagte habe sich im angefochtenen Bescheid bezüglich eines Kinderzuschlags für das Kind V. nicht geäußert, eine Entscheidung dazu stehe noch aus. Unter Darlegung der Rechtslage zur Gewährung von Kinderzuschüssen im Jahre 1980 und der mit Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.05.1983 (1 RA 51/82) geänderten Rechtsprechung zur Gewährung von Kinderzuschüssen bei im Ausland lebenden Rentenbeziehern und fehlendem Zahlungsanspruch auf heimisches Kindergeld wegen Überschreitens der dortigen Einkommensgrenzen wurde weiter ausgeführt, dass auf den Überprüfungsantrag des Klägers von Oktober 1991 nach der zwingenden Vorschrift des § 44 Abs.4 SGB X Leistungen von diesem Zeitpunkt an rückwirkend für vier Kalenderjahre, also ab 01.01.1987 zu gewähren waren. Da die übrigen Kinder zu diesem Zeitpunkt das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatten, seien Kinderzuschüsse - abgesehen von dem unberücksichtigt gebliebenen Kind V. - nur noch für B. und L. bis zur jeweiligen Vollendung des 18. Lebensjahres zu zahlen gewesen.

Mit der Berufung gegen dieses Urteil verfolgt der Kläger sein Begehren mit Ausnahme des Kinderzuschusses für das Kind V. weiter und gibt u.a. an, nicht erst im Jahre 1991, sondern darüber hinaus "mehrmals Anträge geschickt" zu haben, einen habe er "genannt mit Vollmacht am 1981".

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21.09.2006 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 28.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2006 zu verpflichten, die gesetzlich zustehenden Kinderzuschüsse über den 30.06.1976 hinaus für die Kinder L. , geboren 1961, N. , geboren 1963, R. , geboren 1966, S. , geboren 1968 jeweils bis zur Volljährigkeit und für die Kinder B. , geboren 1971, und L. , geboren 1974, auch für Zeiten vor dem 01.01.1987 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, ferner auf einen inzwischen ergangenen Bescheid vom 20.10.2006, mit dem ein Antrag auf Zahlung von Kinderzuschuss für das Kind V. abgelehnt wurde. Sie teilte dazu mit, gegen den Bescheid, der nicht Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei, sei Widerspruch eingelegt worden.

Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 28.12.2006 darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts zutreffend sei und die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Kläger beharrte demgegenüber auf seinem Anspruch auf Auszahlung der beantragten Kinderzuschüsse auch für Zeiten vor dem 01.01.1987.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.

II.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, sie erweist sich aber nicht als begründet.

Der Senat konnte hierüber nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 SGG entscheiden.

Zutreffend hat das Erstgericht entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Kinderzuschüsse für die genannten Kinder über die bereits bewilligten Zahlungen für Zeiten ab 01.01.1987 hinaus, also für Zeiten vor dem 01.01.1987, nicht verwirklichen kann.

Der Kläger hat entgegen seiner Darstellung nach Aktenlage bis zu dem als Rückkehrdatum in seine Heimat angegebenen 30.06.1976 Kinderzuschüsse zur Rente für seine zu diesem Zeitpunkt sechs Kinder erhalten (vgl. Bescheid vom 07.11.1977 über die rückwirkende Bewilligung der Kinderzuschüsse für sechs Kinder). Seine Einlassung, diese nur bis einschließlich Dezember 1975 erhalten zu haben, trifft nicht zu: Es handelt sich bei dem von ihm insoweit vorgelegten Zahlungsbeleg um seinerzeit vom Arbeitsamt ausgezahltes Kindergeld, das von den zur Rente gezahlten Kinderzuschüssen zu unterscheiden ist (Kindergeld wird nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über Soziale Sicherheit nicht an die sich im Bereich des früheren Jugoslawien aufhaltenden Rentner gezahlt).

Für die Zeit nach dem 30.06.1976 wurden Ansprüche auf Kinderzuschüsse zur Rente des Klägers rechtskräftig abgelehnt (vgl. Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 04.06.1981, Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.11.1982). Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 07.01.1980 war damit für die Beteiligten gemäß § 77 SGG bindend geworden, unabhängig davon, ob sie in der Sache zutreffend war.

Ein Antrag des Klägers auf Überprüfung der Sach- und Rechtslage wurde nach Aktenlage erstmals mit der telefonischen Anfrage vom 29.10.1991 bei der Beklagten gestellt. Frühere Anträge/Anfragen wurden vom Kläger zwar behauptet, sind jedoch für die Zeit nach der rechtskräftigen Ablehnung der Gewährung von Kinderzuschüssen durch die Beklagte ab 1982 nicht aktenkundig. Es sind für den Senat auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass entsprechende Schriftstücke oder Vermerke über Anfragen verloren gegangen oder sonst unbeantwortet geblieben wären, oder dass sich sonst konkret die Notwendigkeit eines Tätigwerdens der Behörde von sich aus ergeben hätte.

Auf den Antrag des Klägers vom 29.10.1991 hin wurde - wenn auch nach erheblichem Zeitablauf, der zum großen Teil wohl durch die Bürgerkriegsverhältnisse in der Heimat des Klägers in den Neunzigerjahren verursacht sein dürfte - die ablehnende Entscheidung vom 07.01.1980 nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und anderer Beurteilung der Sach- und Rechtslage nunmehr als rechtswidrig angesehen und dem Grunde nach Anspruch auf Kinderzuschüsse zur Rente des Klägers bejaht. Dabei wurde zu Recht § 44 Abs.4 angewandt, wonach Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme einer Entscheidung bzw. vor der Beantragung der Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit erbracht werden. Leistungen waren damit rückwirkend für vier Jahre vom Beginn des Jahres der Antragstellung aus zu gewähren, also hier ab 01.01.1987. In diesem Zeitpunkt bestand lediglich noch für die Kinder B. und L. , die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, Anspruch auf Kinderzuschuss - wenn man von dem Kind V. absieht, bezüglich dessen anschließend ein eigener Bescheid erteilt wurde.

Die Regelung des § 44 Abs.4 SGB VI enthält eine materiell-rechtliche Anspruchsbeschränkung, die von Amts wegen zu beachten und verfassungsrechtlich unbedenklich ist (BSG SozR 1300 § 44 Nr.23).

Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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