Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 24 U 210/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 39/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die beim Kläger erstmals am 15.06.1990 nachgewiesene HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) zu entschädigen.
Der am 1948 geborene Kläger war in der Zeit vom 05.06.1974 bis 07.05.1989 als Krankenpfleger bei der Stadt M. beschäftigt. Sein Arbeitsgebiet umfasste nach Tätigkeiten in der Urologie und Nothilfestation ab dem 01.08.1986 den Operationsbereich der dermatologischen Abteilung des Krankenhauses an der T.straße der Universität M ... Er war dort mit allen pflegerischen Aufgaben innerhalb eines Operationsbereiches betraut. Hierzu gehörten die präoperative Vorbereitung und Lagerung der Patienten auf dem OP-Tisch, die Überwachung im Aufwachraum sowie die Tätigkeit als unsterile Assistenz bei Operationen. Zudem war er auch als steriler Pfleger unmittelbar an den operativen Eingriffen beteiligt. Zu seinen Aufgaben gehörte dort insbesondere das Reinigen des Operationsinstrumentariums, die anschließende Pflege und das Aufräumen der Instrumente sowie das Nachfüllen von Material. Ab 08.05.1989 war der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt; seit dem 01.10.1989 bezieht er deswegen Erwerbsunfähigkeitsrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Während eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus M. in der Zeit vom 11.06.1990 bis 19.06.1990 wurde vor einer Leberpunktion eine routinemäßige, vom Krankenhaus wegen seiner bekannten Homosexualität empfohlene Untersuchung auf HIV-Antikörper durchgeführt. Dabei fiel der Test vom 15.06.1990 positiv aus, d.h. HIV-I-Antikörper wurden im Blut des Klägers nachgewiesen.
Am 30.08.1990 stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung und Entschädigung seiner HIV-Infektion als Berufskrankheit. Auf Anfrage teilte Prof.Dr.B. , ärztlicher Direktor des Städtischen Krankenhauses M. am 12.09.1990 mit, es würden dort wie in jeder Universitäts-Hautklinik auch HIV-Infizierte bzw. an Aids erkrankte Patienten behandelt. Dabei würden stets alle erforderlichen Schutzmaßnahmen strikt eingehalten. Über eine Verletzung des Klägers während seiner Tätigkeit auf der dermatologischen Abteilung durch Spritzen, Kanülen u.ä. sei nichts bekannt geworden; eine Unfallanzeige sei nie erstattet worden. Der behandelnde Arzt des Klägers, Dr.B. , berichtete am 26.10.1990, ein auf Veranlassung des Klägers am 10.03.1987 beim ihm durchgeführter HIV-Test sei seinerzeit negativ ausgefallen. Der Kläger räumte ein, homosexuell zu sein, trug jedoch vor, er lebe seit 1974 mit einem festen Partner zusammen, und habe zu dritten Personen keine sexuellen Beziehungen. Die Beklagte zog weitere medizinische Unterlagen bei, darunter einen Bericht der medizinischen Poliklinik der Universität M. vom 08.01.1991, in dem u.a. neben der bekannten HIV-Infektion der virologische Nachweis einer abgelaufenen Lues-Erkrankung geschildert wird. Auf Anforderung der Beklagte übersandte der behandelnde Arzt Dr.B. die bei ihm vorhandenen Befunde über Laboruntersuchungen ab 1984. Der Kläger ließ vortragen, ein bei seinem Lebenspartner, Herrn M. , am 04.05.1990 - am 12.11.1992 von Dr.B. berichtigt und auf den 20.06.1990 datiert - in der Praxis des Dr.B. durchgeführter HIV-Test sei negativ gewesen. Er müsse sich die Infektion zwangsläufig bei seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen haben. Die Beklagte holte ein Gutachten des Internisten Dr.J. , Bayerisches Landesinstitut für Arbeits- und Umweltmedizin ein. Der Sachverständige legte am 20.08.1995 dar, die zeitlichen Abläufe der HIV-Infektion des Klägers blieben unklar. Es könne nicht gesagt werden, wielange vor dem ersten positiven HIV-Test am 15.06.1990 eine diesbezügliche Infektion bereits bestanden habe. Nach medizinischen Studien sei die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion bei Beschäftigten in Krankenhäusern sehr gering. Das Infektionsrisiko liege sogar in den Fällen eines nachgewiesenen berufsbedingter HIV-Kontakts bei 0,3 %. Mit Bescheid vom 27.03.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung der HIV- Ansteckung beim Kläger als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur BKVO ab. Nach dem Gutachten des Dr.J. und den Ergebnissen im Feststellungsverfahren sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der HIV-Infektion und seiner beruflichen Tätigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.02.1997).
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht München erhoben. Dieses hat die Akten der Beklagten beigezogen und Prof.Dr.F. , Vorstand des Instituts für Arbeits- und Umweltmedizin der Universität M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Am 20.09.1997 hat der Sachverständige bestätigt, dass auch nach neueren aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen das Übertragungsrisiko bei einer Verletzung und Kontakt mit HIV-infiziertem Blut, wie sie allerdings beim Kläger nicht gesichert sei, bei 0,3 % liege. Lediglich bei tiefen Stich- oder Schnittverletzungen mit HIV-blutkontaminierten Instrumenten würde von einigen Autoren die Auffassung vertreten, dass sich das Durchschnittsrisiko von 0,3 % um das 16-fache erhöhe. Zwischen dem negativen HIV-Test vom 10.03.1987 und dem ersten positiven HIV-Test am 18.07.1990 - richtig wohl 15.06.1990 - lägen 39 Monate, wobei zu beachten sei, dass der Kläger aktenkundig nur bis 07.05.1989 als OP-Pfleger tätig gewesen sei. Bei Berücksichtigung einer Serokonversionslatenzzeit von ca. vier Monaten könne der früheste Zeitpunkt einer HIV-Infektion im November 1986 gelegen haben. Bis zum Ausscheiden des Klägers aus der versicherten Tätigkeit im Mai 1989 habe damit über einen Zeitraum von 31 Monaten die Möglichkeit einer beruflichen Infektion bestanden. Allerdings habe der Kläger danach bis zum ersten positiven Testergebnis im Juni/Juli 1990 14 Monate keine berufliche Tätigkeit mehr ausgeübt. Das Krankenhaus, in dem er beschäftigt gewesen sei, gehöre nicht zu besonders HIV-gefährdeten Arbeitsbereichen. Die häufigste Infektionsquelle sei nach der derzeitigen medizinischen Lehrmeinung der homosexuelle Kontakt zwischen Männern mit etwa 55 %. Zudem stammten 53 % aller HIV-Infizierten aus den Großstädten München, Frankfurt am Main, Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg. In Anbetracht der aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Erkenntnisse spreche wesentlich mehr gegen den Erwerb bei einer beruflichen und damit versicherten Tätigkeit als dafür. Mit Urteil vom 04.11.1999 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.F. gestützt. Ein vergleichbarer Fall, wie er der Entscheidung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 18.11.1997 (Aktenzeichen 2 RU 15/97) zu Grunde gelegen habe, sei nicht gegeben, weil das Krankenhaus, an dem der Kläger beschäftigt war, nicht zu den Schwerpunktkrankenhäusern zähle, in denen es grundsätzlich zu einer Verdichtung von HIV-/Aids-Patienten komme. Eine vergleichbare Gefährdung habe beim Kläger nicht bestanden. Obwohl der Sachverständige die Angaben des Klägers, er habe sich häufig Schnittwunden an Operationsinstrumenten zugezogen und es seien zwei bis drei HIV-positive Patienten pro Woche im Bereich der operativen Tätigkeit versorgt worden, zu dessen Gunsten unterstellt habe, habe er eine berufliche Verursachung nicht für wahrscheinlich gehalten. Selbst wenn man die Angaben des Klägers, er habe nur mit seinem Aids-negativen Partner sexuell verkehrt, als wahr unterstellte, sei es mangels entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht aufklärbar, ob er sich die HIV-Infektion bei seiner versicherten Tätigkeit zugezogen habe. Die Folge dieser objektiven Beweislosigkeit gehe zu Lasten des Klägers.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vortragen lassen, es komme gar keine andere Infektionsquelle als seine frühere Tätigkeit im Krankenhaus in Betracht. Denn des öfteren sei die Vorschrift, besondere Vorsicht bei Behandlungen von Aids-infizierten Patienten zu beachten, vernachlässigt worden. Aus diesem Grunde könne seine Tätigkeit in einer dermatologischen Abteilung nicht als ungefährlicher eingestuft werden als beispielsweise die Tätigkeit in einer vom BSG als gefährdet angesehenen Abteilung der Onkologie oder der Nephrologie. Die vom Sozialgericht angeführte Begründung, das Übertragungsrisiko liege bei einer Verletzung und Kontakt mit HIV-infiziertem Blut nur etwa bei 0,3 %, wie der Sachverständige behauptet habe, sei zwar vielfach in der einschlägigen Fachliteratur so wiedergegeben, entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Dies liege daran, dass HIV-Infizierte sich aus verschiedenen Gründen darin gehindert sähen, eine Anzeige wegen des Verdachts einer Berufskrankheit zu stellen. Es bleibe daher eine große Dunkelziffer übrig. Das Gericht gehe zudem davon aus, dass er sich keine tieferen Schnitte bei seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe. Zudem sei wissenschaftlich nicht nachgewiesen, wie gering oder wie stark solche Schnitte sein müssten, damit eine Infektion stattfinden könne. Es sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass er sich tatsächlich einmal oder mehrfach etwas tiefere Schnitte zugezogen habe. Dies könne die auf derselben Station tätige Krankenschwester, C. S. , bestätigen. Zwar gehöre er als Homosexueller zu der größten Riskiogruppe der HIV-Gefährdeten, jedoch lebe er mit einem festen Partner zusammen, so dass für ihn dieses Risiko nicht gelte. Maßgebend für diese Risikogruppe sei nämlich die Neigung zu häufig wechselnden Geschlechtspartner. Dies sei gerade bei ihm nicht der Fall. Deshalb gelte für ihn dieses Risiko nicht. Die vom Sachverständigen erwähnte Lues-Erkrankung, welche auf ein ungeregeltes Partnerverhalten schließen lasse, habe er sich bereits vor Beginn seiner langjährigen Partnerschaft zugezogen; seither seien keine weiteren Geschlechtskrankheiten aufgetreten. Die Auffassung des Sozialgerichts, er müsse den Vollbeweis führen, dass er nicht der Risikogruppe angehöre, sei falsch. Hier gehe es um die haftungsbegründende Kausalität, für die hinreichende Wahrscheinlichkeit genüge. Es spreche mehr für den Zusammenhang zwischen der Erkrankung und seiner beruflichen Tätigkeit als für seine Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe.
Der Senat hat die vom Kläger benannte Zeugin C. S. in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2001 einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 und des Bescheids vom 27.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.1997 zu verurteilen, seine HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten (Az.: P 41-9625/90) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Senat schließt sich der Beurteilung des Sozialgerichts an, wonach ein Anspruch des Klägers nach den hier noch anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO - (§ 212 SGB VII) insbesondere nach § 551 Abs.1 Satz 1 RVO i.V.m. §§ 580, 581 RVO auf Anerkennung und Entschädigung seiner HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3103 der Anlage 1 zur BKVO vom 20.06.1968 (BGBl.I.S.721) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22.03.1988 (BGBl.I.S.400) nicht zu begründen ist. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass keine konkrete berufliche Ansteckung nachgewiesen werden konnte und ein erhöhtes Infektionsrisiko nach dem derzeit geltenden Stand der medizinischen Wissenschaft, wonach das Ansteckungsrisiko von Klinikpersonal, welches Kontakt mit HIV-infiziertem Blut von Patienten hatte, nur 0,3 % beträgt, nicht zu begründen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gem. § 136 Abs.2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Ein vergleichbarer Sachverhalt, wie er der Entscheidung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 18.11.1997 (a.a.O) zu Grunde gelegen hat, besteht hier nicht. Unstreitig - das räumt auch der Kläger ein - gehört die Klinik, an der der Kläger bis zum 07.05.1989 tätig war, nicht zu den Schwerpunktkrankenhäusern, in denen HIV-Infizierte gehäuft behandelt werden. Ein Infektionsrisiko deutlich über 0,3 % hat somit für den Kläger nicht bestanden. Dies hat die vom Senat durchgeführte Einvernahme der Zeugin C. S. bestätigt. Die Zeugin konnte entgegen der Behauptung des Klägers keine tiefere Stichverletzung bei ihm beobachten. Eine solche wäre nach Auffassung der medizinischen Lehrmeinung geeignet, das Infektionsrisiko um das 16-fache zu erhöhen. Wenn der Kläger hierzu anführt, es sei nicht erforscht, wie tief eine Stichverletzung sein müsse, um als geeignete Ansteckungsquelle angesehen zu werden, so mag dies zutreffen. Dies ändert jedoch in der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Gefährdung und der HIV-Infektion nichts. Denn damit kann es nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass eine von der Zeugin als kleinere Ritzung bezeichnete Verletzung an der Hand die Infektionsquelle gewesen wäre. Allenfalls wäre danach unbekannt, was als gefährdende Verletzung gelten kann. Zudem tritt der Senat insoweit den Ausführungen von Prof.Dr.F. bei, wonach eine Stichverletzung dann relevant ist, wenn sie chirurgisch versorgt werden muss. Dies war nach den Bekundungen der Zeugin nie der Fall. Darüberhinaus hat die Zeugenaussage die in der Akte enthaltene Aussage des Klinikchefs Prof.Dr.B. und des Oberarztes Dr.K. zu Umfang und Art der Tätigkeiten des Klägers und zur Quantität der zu behandelnden HIV-infizierten Patienten bestätigt. Danach war es vorgekommen, dass in einem Zeitraum von ca. 3 Monaten eine größere Anzahl HIV-Verdächtiger wegen eines Kaposisarkoms operiert worden sei; insgesamt sollen es in diesem Zeitraum 15 Personen gewesen sein. Danach wäre im Schnitt pro Woche nur einer, bzw. wären zuweilen auch zwei solcher Patienten vom Kläger mitbetreut worden. Selbst wenn man berücksichtigt, dass - so die Zeugin - ein oder zweimal erst nach einer Operation eine HIV-Infektion bekannt geworden sei, so führt dies zu keiner signifikanten Erhöhung des Ansteckungsrisikos. Jedenfalls wird nach Auffassung des Senats die vom BSG (Urteil vom 30.05.1988; 2 RU 33/87) zum Gefährdungsrisiko bei Hepatitis, bei der das Ansteckungsrisiko wesentlich höher ist als bei HIV, verlangte Voraussetzung bei weitem nicht erfüllt. Das BSG hat darin gefordert, ein erhöhtes Ansteckungsrisiko setze voraus, dass sich regelmäßig ein gewisser Prozentsatz unerkannt an der betreffenden Infektionskrankheit erkrankter Patienten in der betreffenden Einrichtung befinden müsse. Eine derartige Regelmäßigkeit konnte die Zeugin nicht bestätigen. Darüberhinaus hält es der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit mehr als 10 mal während seiner täglichen Arbeitszeit während des in Betracht kommenden Ansteckungszeitraums von November 1986 bis zum 17.05.1987 eine invasive Tätigkeit mit der Gefahr einer penetrierender Verletzung mit Eindringen infizierten Blutes vorzunehmen hatte. Denn ein über das normale Maß deutlich hinausgehendes HIV-Risiko ergibt sich erst in Verbindung mit einer Häufung ansteckungsgefährdender Tätigkeiten. Derartige häufig vorkommende Verrichtungen konnte die Zeugin ebenfalls nicht bestätigen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, den Beweis zu führen, der Kläger sei trotz seiner homosexuellen Neigung nicht dem besonders gefährdeten Personenkreis der homosexuellen Männer, für den ein Ansteckungsrisiko von mehr als 50 % gilt, zuzurechnen, weil er seit Jahren mit einem festen Partner zusammenlebe. Damit könnte er nur begründen, dass ein besonderes außerberufliches Ansteckungsrisiko für ihn nicht gegeben war; der Beweis, dass bei seiner Kliniktätigkeit ein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden hat, ist damit nicht zwangsläufig daraus abzuleiten. Der Kläger trägt, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend abgestellt hat, die Beweislast und hat die Folgen der objektiven Beweislosigkeit zu tragen. Der Senat kommt damit zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers nicht zu begründen und seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 zurückzuweisen ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die beim Kläger erstmals am 15.06.1990 nachgewiesene HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) zu entschädigen.
Der am 1948 geborene Kläger war in der Zeit vom 05.06.1974 bis 07.05.1989 als Krankenpfleger bei der Stadt M. beschäftigt. Sein Arbeitsgebiet umfasste nach Tätigkeiten in der Urologie und Nothilfestation ab dem 01.08.1986 den Operationsbereich der dermatologischen Abteilung des Krankenhauses an der T.straße der Universität M ... Er war dort mit allen pflegerischen Aufgaben innerhalb eines Operationsbereiches betraut. Hierzu gehörten die präoperative Vorbereitung und Lagerung der Patienten auf dem OP-Tisch, die Überwachung im Aufwachraum sowie die Tätigkeit als unsterile Assistenz bei Operationen. Zudem war er auch als steriler Pfleger unmittelbar an den operativen Eingriffen beteiligt. Zu seinen Aufgaben gehörte dort insbesondere das Reinigen des Operationsinstrumentariums, die anschließende Pflege und das Aufräumen der Instrumente sowie das Nachfüllen von Material. Ab 08.05.1989 war der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt; seit dem 01.10.1989 bezieht er deswegen Erwerbsunfähigkeitsrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Während eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus M. in der Zeit vom 11.06.1990 bis 19.06.1990 wurde vor einer Leberpunktion eine routinemäßige, vom Krankenhaus wegen seiner bekannten Homosexualität empfohlene Untersuchung auf HIV-Antikörper durchgeführt. Dabei fiel der Test vom 15.06.1990 positiv aus, d.h. HIV-I-Antikörper wurden im Blut des Klägers nachgewiesen.
Am 30.08.1990 stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung und Entschädigung seiner HIV-Infektion als Berufskrankheit. Auf Anfrage teilte Prof.Dr.B. , ärztlicher Direktor des Städtischen Krankenhauses M. am 12.09.1990 mit, es würden dort wie in jeder Universitäts-Hautklinik auch HIV-Infizierte bzw. an Aids erkrankte Patienten behandelt. Dabei würden stets alle erforderlichen Schutzmaßnahmen strikt eingehalten. Über eine Verletzung des Klägers während seiner Tätigkeit auf der dermatologischen Abteilung durch Spritzen, Kanülen u.ä. sei nichts bekannt geworden; eine Unfallanzeige sei nie erstattet worden. Der behandelnde Arzt des Klägers, Dr.B. , berichtete am 26.10.1990, ein auf Veranlassung des Klägers am 10.03.1987 beim ihm durchgeführter HIV-Test sei seinerzeit negativ ausgefallen. Der Kläger räumte ein, homosexuell zu sein, trug jedoch vor, er lebe seit 1974 mit einem festen Partner zusammen, und habe zu dritten Personen keine sexuellen Beziehungen. Die Beklagte zog weitere medizinische Unterlagen bei, darunter einen Bericht der medizinischen Poliklinik der Universität M. vom 08.01.1991, in dem u.a. neben der bekannten HIV-Infektion der virologische Nachweis einer abgelaufenen Lues-Erkrankung geschildert wird. Auf Anforderung der Beklagte übersandte der behandelnde Arzt Dr.B. die bei ihm vorhandenen Befunde über Laboruntersuchungen ab 1984. Der Kläger ließ vortragen, ein bei seinem Lebenspartner, Herrn M. , am 04.05.1990 - am 12.11.1992 von Dr.B. berichtigt und auf den 20.06.1990 datiert - in der Praxis des Dr.B. durchgeführter HIV-Test sei negativ gewesen. Er müsse sich die Infektion zwangsläufig bei seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen haben. Die Beklagte holte ein Gutachten des Internisten Dr.J. , Bayerisches Landesinstitut für Arbeits- und Umweltmedizin ein. Der Sachverständige legte am 20.08.1995 dar, die zeitlichen Abläufe der HIV-Infektion des Klägers blieben unklar. Es könne nicht gesagt werden, wielange vor dem ersten positiven HIV-Test am 15.06.1990 eine diesbezügliche Infektion bereits bestanden habe. Nach medizinischen Studien sei die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion bei Beschäftigten in Krankenhäusern sehr gering. Das Infektionsrisiko liege sogar in den Fällen eines nachgewiesenen berufsbedingter HIV-Kontakts bei 0,3 %. Mit Bescheid vom 27.03.1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung der HIV- Ansteckung beim Kläger als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur BKVO ab. Nach dem Gutachten des Dr.J. und den Ergebnissen im Feststellungsverfahren sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der HIV-Infektion und seiner beruflichen Tätigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.02.1997).
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht München erhoben. Dieses hat die Akten der Beklagten beigezogen und Prof.Dr.F. , Vorstand des Instituts für Arbeits- und Umweltmedizin der Universität M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Am 20.09.1997 hat der Sachverständige bestätigt, dass auch nach neueren aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen das Übertragungsrisiko bei einer Verletzung und Kontakt mit HIV-infiziertem Blut, wie sie allerdings beim Kläger nicht gesichert sei, bei 0,3 % liege. Lediglich bei tiefen Stich- oder Schnittverletzungen mit HIV-blutkontaminierten Instrumenten würde von einigen Autoren die Auffassung vertreten, dass sich das Durchschnittsrisiko von 0,3 % um das 16-fache erhöhe. Zwischen dem negativen HIV-Test vom 10.03.1987 und dem ersten positiven HIV-Test am 18.07.1990 - richtig wohl 15.06.1990 - lägen 39 Monate, wobei zu beachten sei, dass der Kläger aktenkundig nur bis 07.05.1989 als OP-Pfleger tätig gewesen sei. Bei Berücksichtigung einer Serokonversionslatenzzeit von ca. vier Monaten könne der früheste Zeitpunkt einer HIV-Infektion im November 1986 gelegen haben. Bis zum Ausscheiden des Klägers aus der versicherten Tätigkeit im Mai 1989 habe damit über einen Zeitraum von 31 Monaten die Möglichkeit einer beruflichen Infektion bestanden. Allerdings habe der Kläger danach bis zum ersten positiven Testergebnis im Juni/Juli 1990 14 Monate keine berufliche Tätigkeit mehr ausgeübt. Das Krankenhaus, in dem er beschäftigt gewesen sei, gehöre nicht zu besonders HIV-gefährdeten Arbeitsbereichen. Die häufigste Infektionsquelle sei nach der derzeitigen medizinischen Lehrmeinung der homosexuelle Kontakt zwischen Männern mit etwa 55 %. Zudem stammten 53 % aller HIV-Infizierten aus den Großstädten München, Frankfurt am Main, Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg. In Anbetracht der aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Erkenntnisse spreche wesentlich mehr gegen den Erwerb bei einer beruflichen und damit versicherten Tätigkeit als dafür. Mit Urteil vom 04.11.1999 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.F. gestützt. Ein vergleichbarer Fall, wie er der Entscheidung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 18.11.1997 (Aktenzeichen 2 RU 15/97) zu Grunde gelegen habe, sei nicht gegeben, weil das Krankenhaus, an dem der Kläger beschäftigt war, nicht zu den Schwerpunktkrankenhäusern zähle, in denen es grundsätzlich zu einer Verdichtung von HIV-/Aids-Patienten komme. Eine vergleichbare Gefährdung habe beim Kläger nicht bestanden. Obwohl der Sachverständige die Angaben des Klägers, er habe sich häufig Schnittwunden an Operationsinstrumenten zugezogen und es seien zwei bis drei HIV-positive Patienten pro Woche im Bereich der operativen Tätigkeit versorgt worden, zu dessen Gunsten unterstellt habe, habe er eine berufliche Verursachung nicht für wahrscheinlich gehalten. Selbst wenn man die Angaben des Klägers, er habe nur mit seinem Aids-negativen Partner sexuell verkehrt, als wahr unterstellte, sei es mangels entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht aufklärbar, ob er sich die HIV-Infektion bei seiner versicherten Tätigkeit zugezogen habe. Die Folge dieser objektiven Beweislosigkeit gehe zu Lasten des Klägers.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vortragen lassen, es komme gar keine andere Infektionsquelle als seine frühere Tätigkeit im Krankenhaus in Betracht. Denn des öfteren sei die Vorschrift, besondere Vorsicht bei Behandlungen von Aids-infizierten Patienten zu beachten, vernachlässigt worden. Aus diesem Grunde könne seine Tätigkeit in einer dermatologischen Abteilung nicht als ungefährlicher eingestuft werden als beispielsweise die Tätigkeit in einer vom BSG als gefährdet angesehenen Abteilung der Onkologie oder der Nephrologie. Die vom Sozialgericht angeführte Begründung, das Übertragungsrisiko liege bei einer Verletzung und Kontakt mit HIV-infiziertem Blut nur etwa bei 0,3 %, wie der Sachverständige behauptet habe, sei zwar vielfach in der einschlägigen Fachliteratur so wiedergegeben, entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Dies liege daran, dass HIV-Infizierte sich aus verschiedenen Gründen darin gehindert sähen, eine Anzeige wegen des Verdachts einer Berufskrankheit zu stellen. Es bleibe daher eine große Dunkelziffer übrig. Das Gericht gehe zudem davon aus, dass er sich keine tieferen Schnitte bei seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe. Zudem sei wissenschaftlich nicht nachgewiesen, wie gering oder wie stark solche Schnitte sein müssten, damit eine Infektion stattfinden könne. Es sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass er sich tatsächlich einmal oder mehrfach etwas tiefere Schnitte zugezogen habe. Dies könne die auf derselben Station tätige Krankenschwester, C. S. , bestätigen. Zwar gehöre er als Homosexueller zu der größten Riskiogruppe der HIV-Gefährdeten, jedoch lebe er mit einem festen Partner zusammen, so dass für ihn dieses Risiko nicht gelte. Maßgebend für diese Risikogruppe sei nämlich die Neigung zu häufig wechselnden Geschlechtspartner. Dies sei gerade bei ihm nicht der Fall. Deshalb gelte für ihn dieses Risiko nicht. Die vom Sachverständigen erwähnte Lues-Erkrankung, welche auf ein ungeregeltes Partnerverhalten schließen lasse, habe er sich bereits vor Beginn seiner langjährigen Partnerschaft zugezogen; seither seien keine weiteren Geschlechtskrankheiten aufgetreten. Die Auffassung des Sozialgerichts, er müsse den Vollbeweis führen, dass er nicht der Risikogruppe angehöre, sei falsch. Hier gehe es um die haftungsbegründende Kausalität, für die hinreichende Wahrscheinlichkeit genüge. Es spreche mehr für den Zusammenhang zwischen der Erkrankung und seiner beruflichen Tätigkeit als für seine Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe.
Der Senat hat die vom Kläger benannte Zeugin C. S. in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2001 einvernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 und des Bescheids vom 27.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.1997 zu verurteilen, seine HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3101 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten (Az.: P 41-9625/90) sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Senat schließt sich der Beurteilung des Sozialgerichts an, wonach ein Anspruch des Klägers nach den hier noch anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO - (§ 212 SGB VII) insbesondere nach § 551 Abs.1 Satz 1 RVO i.V.m. §§ 580, 581 RVO auf Anerkennung und Entschädigung seiner HIV-Infektion als Berufskrankheit nach der Nr.3103 der Anlage 1 zur BKVO vom 20.06.1968 (BGBl.I.S.721) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22.03.1988 (BGBl.I.S.400) nicht zu begründen ist. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass keine konkrete berufliche Ansteckung nachgewiesen werden konnte und ein erhöhtes Infektionsrisiko nach dem derzeit geltenden Stand der medizinischen Wissenschaft, wonach das Ansteckungsrisiko von Klinikpersonal, welches Kontakt mit HIV-infiziertem Blut von Patienten hatte, nur 0,3 % beträgt, nicht zu begründen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gem. § 136 Abs.2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Ein vergleichbarer Sachverhalt, wie er der Entscheidung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 18.11.1997 (a.a.O) zu Grunde gelegen hat, besteht hier nicht. Unstreitig - das räumt auch der Kläger ein - gehört die Klinik, an der der Kläger bis zum 07.05.1989 tätig war, nicht zu den Schwerpunktkrankenhäusern, in denen HIV-Infizierte gehäuft behandelt werden. Ein Infektionsrisiko deutlich über 0,3 % hat somit für den Kläger nicht bestanden. Dies hat die vom Senat durchgeführte Einvernahme der Zeugin C. S. bestätigt. Die Zeugin konnte entgegen der Behauptung des Klägers keine tiefere Stichverletzung bei ihm beobachten. Eine solche wäre nach Auffassung der medizinischen Lehrmeinung geeignet, das Infektionsrisiko um das 16-fache zu erhöhen. Wenn der Kläger hierzu anführt, es sei nicht erforscht, wie tief eine Stichverletzung sein müsse, um als geeignete Ansteckungsquelle angesehen zu werden, so mag dies zutreffen. Dies ändert jedoch in der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Gefährdung und der HIV-Infektion nichts. Denn damit kann es nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass eine von der Zeugin als kleinere Ritzung bezeichnete Verletzung an der Hand die Infektionsquelle gewesen wäre. Allenfalls wäre danach unbekannt, was als gefährdende Verletzung gelten kann. Zudem tritt der Senat insoweit den Ausführungen von Prof.Dr.F. bei, wonach eine Stichverletzung dann relevant ist, wenn sie chirurgisch versorgt werden muss. Dies war nach den Bekundungen der Zeugin nie der Fall. Darüberhinaus hat die Zeugenaussage die in der Akte enthaltene Aussage des Klinikchefs Prof.Dr.B. und des Oberarztes Dr.K. zu Umfang und Art der Tätigkeiten des Klägers und zur Quantität der zu behandelnden HIV-infizierten Patienten bestätigt. Danach war es vorgekommen, dass in einem Zeitraum von ca. 3 Monaten eine größere Anzahl HIV-Verdächtiger wegen eines Kaposisarkoms operiert worden sei; insgesamt sollen es in diesem Zeitraum 15 Personen gewesen sein. Danach wäre im Schnitt pro Woche nur einer, bzw. wären zuweilen auch zwei solcher Patienten vom Kläger mitbetreut worden. Selbst wenn man berücksichtigt, dass - so die Zeugin - ein oder zweimal erst nach einer Operation eine HIV-Infektion bekannt geworden sei, so führt dies zu keiner signifikanten Erhöhung des Ansteckungsrisikos. Jedenfalls wird nach Auffassung des Senats die vom BSG (Urteil vom 30.05.1988; 2 RU 33/87) zum Gefährdungsrisiko bei Hepatitis, bei der das Ansteckungsrisiko wesentlich höher ist als bei HIV, verlangte Voraussetzung bei weitem nicht erfüllt. Das BSG hat darin gefordert, ein erhöhtes Ansteckungsrisiko setze voraus, dass sich regelmäßig ein gewisser Prozentsatz unerkannt an der betreffenden Infektionskrankheit erkrankter Patienten in der betreffenden Einrichtung befinden müsse. Eine derartige Regelmäßigkeit konnte die Zeugin nicht bestätigen. Darüberhinaus hält es der Senat nicht für erwiesen, dass der Kläger bei seiner versicherten Tätigkeit mehr als 10 mal während seiner täglichen Arbeitszeit während des in Betracht kommenden Ansteckungszeitraums von November 1986 bis zum 17.05.1987 eine invasive Tätigkeit mit der Gefahr einer penetrierender Verletzung mit Eindringen infizierten Blutes vorzunehmen hatte. Denn ein über das normale Maß deutlich hinausgehendes HIV-Risiko ergibt sich erst in Verbindung mit einer Häufung ansteckungsgefährdender Tätigkeiten. Derartige häufig vorkommende Verrichtungen konnte die Zeugin ebenfalls nicht bestätigen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, den Beweis zu führen, der Kläger sei trotz seiner homosexuellen Neigung nicht dem besonders gefährdeten Personenkreis der homosexuellen Männer, für den ein Ansteckungsrisiko von mehr als 50 % gilt, zuzurechnen, weil er seit Jahren mit einem festen Partner zusammenlebe. Damit könnte er nur begründen, dass ein besonderes außerberufliches Ansteckungsrisiko für ihn nicht gegeben war; der Beweis, dass bei seiner Kliniktätigkeit ein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden hat, ist damit nicht zwangsläufig daraus abzuleiten. Der Kläger trägt, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend abgestellt hat, die Beweislast und hat die Folgen der objektiven Beweislosigkeit zu tragen. Der Senat kommt damit zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers nicht zu begründen und seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.11.1999 zurückzuweisen ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG vorliegen.
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