Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 149/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 197/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung des Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.2005 und die Erstattung von 4.175,61 EUR streitig.
Der 1967 geborene Kläger beantragte am 22.11.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)- Arbeitslosengeld (Alg)II -. Er gab an, eine Wohnung von 46,00 qm zu einer Kaltmiete von 317,00 EUR angemietet zu haben, die Heizkosten betrügen monatlich 59,50 EUR, die sonstigen Nebenkosten 26,00 EUR. Er legte eine entsprechende Mietbescheinigung des Vermieters, seines Vaters, vor.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 30.11.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005 monatlich 842,98 EUR, mit Bescheid vom 14.04.2005 für die Zeit vom 01.05. bis 31.08.2005 Leistungen in gleicher Höhe, und mit Bescheid vom 29.09.2005 für September 413,79 EUR sowie mit Bescheid vom 20.10.2005 für Oktober 643,29 EUR.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 11.10.2005 hin forderte die Beklagte den Kläger auf, Zahlungsnachweise über die laufenden Mietzahlungen an den Vermieter vorzulegen. Am 27.10.2005 sprachen der Kläger und sein Vater vor und gaben an, die Miete sei seit Leistungsbeginn gestundet worden, weil der Kläger eine größere Reparatur an seinem Kfz habe bezahlen müssen; dieses brauche er, um Arbeit zu finden und im Erfolgsfall zur Arbeitsstätte zu gelangen. Auf die Mietzahlung sei nicht verzichtet worden, sie sei lediglich gestundet worden und werde im Falle der Zahlungsfähigkeit fällig. Vorgelegt wurde eine Stundungsvereinbarung vom 28.01.2005 für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2005.
Die Beklagte stellte mit Änderungsbescheiden vom 22.11.2005 fest, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005 nur monatlich 425,00 EUR zustanden, weil Nachweise für Unterkunftskosten nicht vorlägen. Es errechne sich eine monatliche Überzahlung von 417,98 EUR. Gleiches wurde für die Zeit vom 01.05. bis 31.08.2005 festgestellt. Aufgrund des aus einer Nebentätigkeit erzielten Einkommens errechne sich für September 2005 kein Anspruch; bezüglich September stünden der Regelleistung von 345,00 EUR Einkünfte von 349,19 EUR gegenüber. Für Oktober 2005 wurden auf die Regelleistung von 345,00 EUR Gesamteinkünfte von 90,69 EUR angerechnet.
Mit Bescheid vom 23.11.2005 hob die Beklagte die für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide teilweise in Höhe der erstatteten Kosten für Unterkunft und Heizung auf und forderte die Erstattung von 4.175,61 EUR. Ein entsprechender Bedarf an Unterkunftskosten habe nicht festgestellt werden können. Über seine Mitwirkungs- und Meldepflichten, vor allem bei Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, sei der Kläger ausreichend aufgeklärt worden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass seit mehreren Jahren ein mündlicher Mietvertrag bestehe. Im Januar sei die Mietzahlung lediglich gestundet worden und müsse Ende des Jahres beglichen werden. Es bleibe dem Vermieter überlassen, ob die Mietkosten monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder sogar jährlich zu begleichen seien. Er legte schließlich einen Kontoauszug vor, wonach er am 03.01.2006 auf das Konto seines Vaters 4.175,61 EUR überwiesen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kosten der Unterkunft würden nur dann als Bedarf anerkannt, wenn sie tatsächlich bezahlt würden. Aufgrund der Stundungsvereinbarung habe keine Zahlungspflicht bestanden. Wäre die Stundung bekannt gewesen, wäre ab 01.01.2005 keine Leistung für die Unterkunft bewilligt worden.
Hiergegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er mittlerweile die rückständigen Mieten bezahlt habe.
Das SG hat mit Urteil vom 21.06.2006 die Klage abgewiesen. Es bestünden erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Mietvertrages, der ab 01.01.2005 geregelt worden sei. Es sei eine nicht überprüfbare Zahlungsweise für die Miete vereinbart worden. Eine überzeugende Begründung für eine Stundungsvereinbarung sei ebenso wenig zu erkennen. Im Übrigen sei es mit der Stundungsabrede vom 28.01.2005 zu einer maßgeblichen Änderung in den Verhältnissen gekommen, die der Kläger unverzüglich hätte mitteilen müssen. Es habe ihm darüber hinaus auch klar sein müssen, dass sich zumindest Zweifel ergäben, ob man monatliche Leistungen für Unterkunft entgegennehmen dürfe, wenn man aktuell keine Mietzahlungen erbringe. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 48 Abs.2 Satz 2 Nr.2 und Nr.4 SGB X liege vor, wenn naheliegende Überlegungen nicht angestellt würden, wenn nicht beachtet werde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste. Der Kläger habe bei Antragstellung am 18.11.2004 die Erklärung unterschrieben, dass ihm bekannt sei, dass er jede maßgebliche Änderung der Beklagten unverzüglich mitteilen müsse. Das Nichteinhalten der aus der eigenen Erklärung bekannten Verpflichtung stelle eine grobe Fahrlässigkeit dar. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, die Leistungsbewilligung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Die Erstattung beruhe auf § 50 SGB X. § 40 Abs.2 Satz 1 SGB II greife für diese Konstellation nicht.
Mit seiner Berufung macht der Kläger weiterhin geltend, im Zeitpunkt der Stundungsvereinbarung sei bereits klar gewesen, dass die komplette Mietzahlung zum Ablauf des Jahres 2005 bzw. Anfang des Jahres 2006 zu leisten sei. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht hätte nur vorgelegen, wenn die Pflicht zur Mietzahlung insgesamt weggefallen wäre. Der Umstand, dass ein mündlicher Mietvertrag abgeschlossen worden sei, gestatte nicht die Zweifel des SG am Vorliegen eines solchen. Auch der Umstand, dass eine Mietzahlung erst zum 01.01.2005 vereinbart worden sei, könne keine diesbezüglichen Zweifel begründen. Richtig sei, dass der Kläger zuvor mietfrei gewohnt habe, er habe jedoch auch in den Jahren zuvor die Nebenkosten an den Vermieter gezahlt.
Die Beklagte hat sich auf Hinweis des Gerichts bereit erklärt, dem Kläger für den Monat Oktober 2005 den monatlichen Zuschlag nach Bezug von Alg I in Höhe von 80,00 EUR zu bewilligen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung am 19.12.2006 angenommen.
Im Übrigen beantragt er, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.06.2006 und die Bescheide vom 22.11.2005 sowie 23.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.
Durch den Abschluss der Stundungsvereinbarung ist gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 30.11.2004 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X eingetreten. Der Kläger war im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X verpflichtet, diese Änderung mitzuteilen. Er hatte bei Antragstellung angegeben, monatlich eine Miete in bar zu entrichten. Nachdem dies aufgrund der Stundungsvereinbarung vom 28.01.2005 nicht erfolgte, hätte er dies mitteilen müssen. Gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III war die Beklagte verpflichtet, die Bewilligung der Leistung in Höhe der erstatteten Kosten für Unterkunft und Heizung aufzuheben. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass der Kläger seine Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt hat. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des SG und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zu Unrecht wendet der Kläger ein, eine wesentliche Änderung sei durch die Stundungsvereinbarung nicht eingetreten, weil die Zahlungsverpflichtung nicht aufgehoben, sondern nur gestundet worden sei. Denn gemäß § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht, soweit diese angemessen sind. Ausreichend für einen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten ist somit nicht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Mietzahlung, sondern die tatsächliche Entrichtung der Miete. Wird sie gestundet, liegen insoweit keine tatsächlichen Aufwendungen vor. Wenn der Kläger Anfang Januar 2006 die Miete rückwirkend entrichtet hat, bedeutet dies nicht, dass auch rückwirkend ein Anspruch nach § 22 SGB II entstanden ist. Die Leistungen nach den §§ 19, 22 SGB II setzen nämlich immer einen aktuellen, im jeweiligen Monat bestehenden tatsächlichen Bedarf voraus. Somit kann letztlich dahinstehen, ob die vom SG geäußerten Zweifel an einer Mietzahlungsverpflichtung gerechtfertigt sind.
Die für die Zeit ab 01.04.2005 ergangenen Bescheide waren, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, von Anfang an rechtswidrig, weshalb sie gemäß § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X i.V.m. §§ 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB II, 330 Abs.2 SGB III insoweit aufzuheben waren. Maßgebend für die Weiterbewilligung der Leistung waren die nunmehr unrichtigen Angaben des Klägers, monatlich die Miete in bar zu entrichten. Gleiches gilt für die Folgebescheide mit denen für die Zeit bis 31.10.2005 Leistungen bewilligt wurden.
Unstreitig sind dem Kläger bis 31.10.2005 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4.175,61 EUR erstattet worden, die vom Kläger gemäß § 50 Abs.1 Satz 1 zu erstatten sind.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das zutreffende Urteil des SG vom 21.06.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung des Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.2005 und die Erstattung von 4.175,61 EUR streitig.
Der 1967 geborene Kläger beantragte am 22.11.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)- Arbeitslosengeld (Alg)II -. Er gab an, eine Wohnung von 46,00 qm zu einer Kaltmiete von 317,00 EUR angemietet zu haben, die Heizkosten betrügen monatlich 59,50 EUR, die sonstigen Nebenkosten 26,00 EUR. Er legte eine entsprechende Mietbescheinigung des Vermieters, seines Vaters, vor.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 30.11.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005 monatlich 842,98 EUR, mit Bescheid vom 14.04.2005 für die Zeit vom 01.05. bis 31.08.2005 Leistungen in gleicher Höhe, und mit Bescheid vom 29.09.2005 für September 413,79 EUR sowie mit Bescheid vom 20.10.2005 für Oktober 643,29 EUR.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 11.10.2005 hin forderte die Beklagte den Kläger auf, Zahlungsnachweise über die laufenden Mietzahlungen an den Vermieter vorzulegen. Am 27.10.2005 sprachen der Kläger und sein Vater vor und gaben an, die Miete sei seit Leistungsbeginn gestundet worden, weil der Kläger eine größere Reparatur an seinem Kfz habe bezahlen müssen; dieses brauche er, um Arbeit zu finden und im Erfolgsfall zur Arbeitsstätte zu gelangen. Auf die Mietzahlung sei nicht verzichtet worden, sie sei lediglich gestundet worden und werde im Falle der Zahlungsfähigkeit fällig. Vorgelegt wurde eine Stundungsvereinbarung vom 28.01.2005 für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2005.
Die Beklagte stellte mit Änderungsbescheiden vom 22.11.2005 fest, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005 nur monatlich 425,00 EUR zustanden, weil Nachweise für Unterkunftskosten nicht vorlägen. Es errechne sich eine monatliche Überzahlung von 417,98 EUR. Gleiches wurde für die Zeit vom 01.05. bis 31.08.2005 festgestellt. Aufgrund des aus einer Nebentätigkeit erzielten Einkommens errechne sich für September 2005 kein Anspruch; bezüglich September stünden der Regelleistung von 345,00 EUR Einkünfte von 349,19 EUR gegenüber. Für Oktober 2005 wurden auf die Regelleistung von 345,00 EUR Gesamteinkünfte von 90,69 EUR angerechnet.
Mit Bescheid vom 23.11.2005 hob die Beklagte die für die Zeit vom 01.01. bis 31.10.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide teilweise in Höhe der erstatteten Kosten für Unterkunft und Heizung auf und forderte die Erstattung von 4.175,61 EUR. Ein entsprechender Bedarf an Unterkunftskosten habe nicht festgestellt werden können. Über seine Mitwirkungs- und Meldepflichten, vor allem bei Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, sei der Kläger ausreichend aufgeklärt worden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass seit mehreren Jahren ein mündlicher Mietvertrag bestehe. Im Januar sei die Mietzahlung lediglich gestundet worden und müsse Ende des Jahres beglichen werden. Es bleibe dem Vermieter überlassen, ob die Mietkosten monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder sogar jährlich zu begleichen seien. Er legte schließlich einen Kontoauszug vor, wonach er am 03.01.2006 auf das Konto seines Vaters 4.175,61 EUR überwiesen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Kosten der Unterkunft würden nur dann als Bedarf anerkannt, wenn sie tatsächlich bezahlt würden. Aufgrund der Stundungsvereinbarung habe keine Zahlungspflicht bestanden. Wäre die Stundung bekannt gewesen, wäre ab 01.01.2005 keine Leistung für die Unterkunft bewilligt worden.
Hiergegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er mittlerweile die rückständigen Mieten bezahlt habe.
Das SG hat mit Urteil vom 21.06.2006 die Klage abgewiesen. Es bestünden erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Mietvertrages, der ab 01.01.2005 geregelt worden sei. Es sei eine nicht überprüfbare Zahlungsweise für die Miete vereinbart worden. Eine überzeugende Begründung für eine Stundungsvereinbarung sei ebenso wenig zu erkennen. Im Übrigen sei es mit der Stundungsabrede vom 28.01.2005 zu einer maßgeblichen Änderung in den Verhältnissen gekommen, die der Kläger unverzüglich hätte mitteilen müssen. Es habe ihm darüber hinaus auch klar sein müssen, dass sich zumindest Zweifel ergäben, ob man monatliche Leistungen für Unterkunft entgegennehmen dürfe, wenn man aktuell keine Mietzahlungen erbringe. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 48 Abs.2 Satz 2 Nr.2 und Nr.4 SGB X liege vor, wenn naheliegende Überlegungen nicht angestellt würden, wenn nicht beachtet werde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste. Der Kläger habe bei Antragstellung am 18.11.2004 die Erklärung unterschrieben, dass ihm bekannt sei, dass er jede maßgebliche Änderung der Beklagten unverzüglich mitteilen müsse. Das Nichteinhalten der aus der eigenen Erklärung bekannten Verpflichtung stelle eine grobe Fahrlässigkeit dar. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, die Leistungsbewilligung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Die Erstattung beruhe auf § 50 SGB X. § 40 Abs.2 Satz 1 SGB II greife für diese Konstellation nicht.
Mit seiner Berufung macht der Kläger weiterhin geltend, im Zeitpunkt der Stundungsvereinbarung sei bereits klar gewesen, dass die komplette Mietzahlung zum Ablauf des Jahres 2005 bzw. Anfang des Jahres 2006 zu leisten sei. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht hätte nur vorgelegen, wenn die Pflicht zur Mietzahlung insgesamt weggefallen wäre. Der Umstand, dass ein mündlicher Mietvertrag abgeschlossen worden sei, gestatte nicht die Zweifel des SG am Vorliegen eines solchen. Auch der Umstand, dass eine Mietzahlung erst zum 01.01.2005 vereinbart worden sei, könne keine diesbezüglichen Zweifel begründen. Richtig sei, dass der Kläger zuvor mietfrei gewohnt habe, er habe jedoch auch in den Jahren zuvor die Nebenkosten an den Vermieter gezahlt.
Die Beklagte hat sich auf Hinweis des Gerichts bereit erklärt, dem Kläger für den Monat Oktober 2005 den monatlichen Zuschlag nach Bezug von Alg I in Höhe von 80,00 EUR zu bewilligen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung am 19.12.2006 angenommen.
Im Übrigen beantragt er, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.06.2006 und die Bescheide vom 22.11.2005 sowie 23.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.
Durch den Abschluss der Stundungsvereinbarung ist gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 30.11.2004 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X eingetreten. Der Kläger war im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X verpflichtet, diese Änderung mitzuteilen. Er hatte bei Antragstellung angegeben, monatlich eine Miete in bar zu entrichten. Nachdem dies aufgrund der Stundungsvereinbarung vom 28.01.2005 nicht erfolgte, hätte er dies mitteilen müssen. Gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III war die Beklagte verpflichtet, die Bewilligung der Leistung in Höhe der erstatteten Kosten für Unterkunft und Heizung aufzuheben. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass der Kläger seine Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt hat. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des SG und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zu Unrecht wendet der Kläger ein, eine wesentliche Änderung sei durch die Stundungsvereinbarung nicht eingetreten, weil die Zahlungsverpflichtung nicht aufgehoben, sondern nur gestundet worden sei. Denn gemäß § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht, soweit diese angemessen sind. Ausreichend für einen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten ist somit nicht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Mietzahlung, sondern die tatsächliche Entrichtung der Miete. Wird sie gestundet, liegen insoweit keine tatsächlichen Aufwendungen vor. Wenn der Kläger Anfang Januar 2006 die Miete rückwirkend entrichtet hat, bedeutet dies nicht, dass auch rückwirkend ein Anspruch nach § 22 SGB II entstanden ist. Die Leistungen nach den §§ 19, 22 SGB II setzen nämlich immer einen aktuellen, im jeweiligen Monat bestehenden tatsächlichen Bedarf voraus. Somit kann letztlich dahinstehen, ob die vom SG geäußerten Zweifel an einer Mietzahlungsverpflichtung gerechtfertigt sind.
Die für die Zeit ab 01.04.2005 ergangenen Bescheide waren, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, von Anfang an rechtswidrig, weshalb sie gemäß § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X i.V.m. §§ 40 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB II, 330 Abs.2 SGB III insoweit aufzuheben waren. Maßgebend für die Weiterbewilligung der Leistung waren die nunmehr unrichtigen Angaben des Klägers, monatlich die Miete in bar zu entrichten. Gleiches gilt für die Folgebescheide mit denen für die Zeit bis 31.10.2005 Leistungen bewilligt wurden.
Unstreitig sind dem Kläger bis 31.10.2005 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4.175,61 EUR erstattet worden, die vom Kläger gemäß § 50 Abs.1 Satz 1 zu erstatten sind.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das zutreffende Urteil des SG vom 21.06.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved