Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1866/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 354/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. Juni 2003 hinaus.
Der 1949 geborene Kläger hat nach eigenen Angaben von 1963 bis 1967 der Beruf des Rechtsanwaltsgehilfen erlernt, aber nicht ausgeübt. Er war zuletzt von 1992 bis 1999 als angelernter Landschaftsgärtner sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Von 22. Oktober 2001 bis 15. Januar 2002 befand sich der Kläger wegen einer Sepsis mit drohendem Multiorganversagen bei nekrotisierender Fasziitis am rechten Oberschenkel und Erysipel am rechten Bein, alkoholtoxischer Leberzirrhose und Ösophagusvarizen in stationärer Behandlung (Entlassungsbericht vom 15. Januar 2002). Eine weitere stationäre Behandlung erfolgte vom 21. Januar bis 15. Februar 2002 wegen gastrointestinaler Blutung und rezidivierender Erysipel beider Unterschenkel (Entlassungsbericht vom 18. Februar 2002). Der medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) kam bei einer Begutachtung am 19. März 2002 zu dem Ergebnis, beim Kläger liege auf Grund einer bestehenden Alkoholkrankheit mit organischen Begleiterkrankungen eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vor.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag vom 21. März 2002 nach einer ambulanten Begutachtung vom 27. Mai 2002 für die Zeit vom 1. März 2002 bis 30. Juni 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 18. Juli 2002 in der Fassung der wegen streitiger Versicherungszeiten ergangenen Bescheide vom 14. November 2002 und 14. Januar 2003).
Am 13. Februar 2003 beantragte der Kläger die Weiterzahlung dieser Rente. Die Beklagte ließ ihn ambulant durch den Internisten und Kardiologen Dr. M. (Gutachten vom 31. März 2003) und den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 20. August 2003) begutachten.
Dr. M. diagnostizierte einen Zustand nach nekrotisierender Fasziitis des rechten Oberschenkels mit septischem Verlauf und Erysipel, eine anamnestische, derzeit sonographisch nicht nachweisbare Leberzirrhose mit Ösophagusvarizenligatur, einen Zustand nach Varizenoperation links, eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie, eine Thrombopenie unklarer Genese sowie eine Adipositas per magna. Eine vollständige Untersuchung des Klägers war nicht möglich, da er sich weigerte, den Verband am linken Unterschenkel abzunehmen und seine Socken auszuziehen. Nach eigenen Angaben bestand am linken Unterschenkel kein Ulkus, wesentliche Ödeme waren nicht festzustellen und Beschwerden von Seiten der Kniegelenke wurden verneint.
Dr. M. diagnostizierte darüber hinaus ein Lendenwirbelsäulensyndrom, eine eingeschränkte Beweglichkeit der unteren Sprunggelenke sowie Senkspreizfüße. Neurologische Ausfälle fanden sich nicht. Hals- und Brustwirbelsäule waren altersentsprechend beweglich, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule nur leicht eingeschränkt. Auch bei dieser Untersuchung weigerte sich der Kläger, die Socken auszuziehen, so dass keine vollständige Untersuchung der Füße erfolgen konnte. Es fanden sich beidseits Unterschenkelödeme.
Beide Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger den zuletzt ausgeübten Beruf als Landschaftsgärtner nicht mehr ausüben könne, hielten ihn aber noch für fähig, mindestens 6 Stunden leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen zu verrichten.
Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, dem Kläger über den 30. Juni 2003 hinaus Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren (Bescheid vom 3. April 2003). Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Damit liege keine Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor.
Den dagegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger insbesondere ein rasches Anschwellen des linken Fußes und starke Rückenbeschwerden geltend machte, wies die Beklagte nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft vom 1. Juli 2003, wonach der Kläger als angelernter Arbeiter ohne Ausbildungsabschluss beschäftigt war, zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003). Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten zu ebener Erde in geschlossenen Räumen ohne dauerndes Gehen und Stehen verrichten. Aufgrund der zuletzt ausgeübten Anlerntätigkeiten sei er nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf ungelernte Tätigkeiten nicht einfachster Art verweisbar, insbesondere Tätigkeiten als Verpacker, Sortierer oder Montierer.
Dagegen hat der Kläger am 17. Oktober 2003 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben, ohne diese näher zu begründen. Der Aufforderung des SG, u.a. seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht und die Sozialleistungsträger von der sozialrechtlichen Geheimhaltungspflicht zu entbinden, ist der Kläger ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Zu den vom Gericht angeordneten Begutachtungen durch den Orthopäden Dr. L. und den Internisten Dr. P. ist er nicht erschienen. Er hat dem SG mit Schreiben vom 22. August 2004 mitgeteilt, er werde einen Untersuchungstermin am 25. August 2004 wegen großen Durchfalls nicht wahrnehmen können. Den weiteren Untersuchungsterminen ist der Kläger nach Mitteilung des Sachverständigen Dr. L. unentschuldigt ferngeblieben.
Das SG hat die Klage nach einer mündlichen Verhandlung, an der der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht teilgenommen hat, abgewiesen (Urteil vom 17. März 2005, dem Kläger zugestellt am 14. April 2005). Es hat zur Begründung ausgeführt, wegen der fehlenden Mitwirkung des Klägers habe das Gericht keine eigenen Ermittlungen durchführen können. Daher sei auf das Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten zurückzugreifen. Nach den dort eingeholten Gutachten könne der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten, so dass weder teilweise noch volle Erwerbsminderung vorliege. Auch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei nicht zu begründen, da der Kläger als Angelernter auf die gesamte Breite des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Mit der am 17. Mai 2005 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung begehrt der Kläger weiterhin eine Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. Juni 2003 hinaus.
Er hat u.a. angegeben, er habe nach seiner Ausbildung zum Rechtsanwaltsgehilfen bei einer Baufirma in der Kranmontage sowie als Bauhelfer und Einschaler gearbeitet. Von April 1971 bis März 1975 sei er Zeitsoldat gewesen. Daran anschließend habe er bis 1991 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt, die maximal ein bis eineinhalb Jahre gedauert hätten. Er sei bereit, sich begutachten zu lassen und sei (auch) in der Zeit ab September 2003 bei dem Allgemeinmediziner Dr. E. in Behandlung gewesen. Dr. E. hat dies auf Nachfrage des Senats jedoch verneint.
Der Senat hat Unterlagen der A. E. sowie die Akten des SG der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeiten beigezogen und eine ambulante Begutachtung durch den Orthopäden Dr. W. angeordnet (Beweisanordnung vom 23. Januar 2006). Nachdem der Kläger einen Untersuchungstermin am 8. Februar 2006 abgesagt und einen nach Angaben des Sachverständigen vom Kläger am 10. Februar 2006 telefonisch bestätigten Termin am 15. Februar 2006 unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte, hat der Sachverständige mitgeteilt, er könne keine unvoreingenommene Begutachtung mehr durchführen.
Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, den Termin am 8. Februar 2006 um 7:45 Uhr habe er nicht wahrnehmen können, da der erste Zug erst um 7:58 Uhr fahre. Einen Termin am 5. Februar 2006 habe er telefonisch nicht bestätigt. Er besitze weder einen Telefonanschluss noch ein Handy und sei am 9. Februar 2006 beim Einsteigen in den Bus gestürzt. Deshalb habe er bis zum 20. Februar 2006 das Haus nicht verlassen können. Bei dem Sturz habe er sich eine Rippenprellung zugezogen, sei aber nicht zum Arzt gegangen. Zeugen für seinen gesundheitlichen Zustand nach dem Sturz könne er nicht benennen.
Der Senat hat daraufhin den Orthopäden Dr. S. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt (Beweisanordnung vom 29. Mai 2006). Während die erste Vorladung zu kurzfristig erfolgt war, ist der Kläger den weiteren Vorladungen des Sachverständigen zur Untersuchung ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Er hat auch auf Aufforderung des Senats keine Gründe für sein Ausbleiben benannt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2005 und den Bescheid vom 3. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2003 Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 3. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger über den 30. Juni 2003 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 17. März 2005 zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung kann auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das SG ist aufgrund der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch mindestens 6 Stunden täglich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten kann und daher weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist. Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es nicht, da der Kläger aufgrund der zuletzt von 1992 bis 1999 ausgeübten Beschäftigung als Landschaftsgärtner innerhalb des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas der Gruppe der Angelernten zuzuordnen ist.
Bei der Beschäftigung als Landschaftsgärtner handelte es sich um eine einfache angelernte Tätigkeit. Der Kläger war nach Angaben des Arbeitgebers mit Pflanzarbeiten, Rasenansaat sowie mit der Pflege von Pflanz- und Rasenflächen betraut und wurde nach der Einstiegslohngruppe 7.5 des Entgelttarifvertrages im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau entlohnt. Diese Lohngruppe umfasst Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die mit einfachen Arbeiten beschäftigt werden. Die Entlohnung erfolgte infolge eines Bewährungsaufstiegs zuletzt nach Lohngruppe 7.2 dieses Tarifvertrags. Diese Lohngruppe umfasst Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die mindestens drei Jahre ununterbrochen in der Lohngruppe 7.3 (Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die ständig fachbezogene Arbeiten unter Anleitung verrichteten) oder 7.4 (Arbeitnehmer nach vollendeten 18. Lebensjahr, die ununterbrochen mindestens drei Jahre in der Lohngruppe 7.5 in Betrieben des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus beschäftigt waren und auch Pflegearbeiten ausführen) in Betrieben des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus beschäftigt waren und auch anspruchsvolle Pflegearbeiten ausführen. Demgegenüber umfasst die Lohngruppe 7.1 Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die ständig angelernte, fachbezogene Arbeiten selbstständig verrichten.
Danach ist der Kläger innerhalb der Gruppe der Angelernten lediglich dem unteren Bereich (Anlern- oder Ausbildungszeit von drei bis zwölf Monaten) zuzuordnen. Er hat keine Berufsausbildung als Landschaftsgärtner absolviert und ausschließlich einfache angelernte Arbeiten unter Anleitung verrichtet. Anhaltspunkte für einen weitergehenden Berufsschutz liegen nicht vor. Seinen erlernten Beruf als Rechtsanwaltsgehilfe hat der Kläger nicht sozialversicherungspflichtig ausgeübt. Ob die vor 1992 ausgeübten Berufe eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten vorausgesetzt haben, kann dahinstehen, da der Kläger sich von diesen Berufen nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist er damit sozial zumutbar (auch) auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar, ohne dass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, insbesondere eine Einschränkung der Wegefähigkeit, liegen für die Zeit ab 1. Juli 2003 nicht vor. Für die vom Kläger zur Begründung einer eingeschränkten Wegefähigkeit angegebenen Schwellungen an Unterschenkeln und Füßen ergaben sich bei den Begutachtungen im Verwaltungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte. Weitergehende medizinische Unterlagen liegen nicht vor. Einer erneuten Begutachtung hat sich der Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren unterzogen. Hinreichende Gründe für sein Nichterscheinen zu den von den Sachverständigen festgesetzten Untersuchungsterminen hat er nicht vorgetragen. Seine Begründung vom 22. August 2004, er werde einen Untersuchungstermin am 25. August 2004 wegen Durchfalls nicht wahrnehmen können, überzeugt ebenso wenig wie die Angabe, er habe sich am 9. Februar 2006 eine Rippenprellung zugezogen. Für beide Hinderungsgründe konnte der Kläger keinerlei Nachweise erbringen. Im Übrigen ist er unabhängig von einer möglichen Verhinderung in diesen beiden Fällen und einer zu kurzfristigen ersten Einladung durch den Sachverständigen Dr. S. den weiteren Untersuchungsterminen ohne Angabe von Gründen ferngeblieben, so dass im sozialgerichtlichen Verfahren keine weitergehenden Erkenntnisse über seinen Gesundheitszustand, insbesondere hinsichtlich seiner Wegefähigkeit, gewonnen werden konnten. Damit ist nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage § 103 Rdnr. 19a m.w.N.) eine Einschränkung der Wegefähigkeit oder eine sonstige, über die Feststellungen in den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten hinausgehende Einschränkung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. Juni 2003 hinaus.
Der 1949 geborene Kläger hat nach eigenen Angaben von 1963 bis 1967 der Beruf des Rechtsanwaltsgehilfen erlernt, aber nicht ausgeübt. Er war zuletzt von 1992 bis 1999 als angelernter Landschaftsgärtner sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Von 22. Oktober 2001 bis 15. Januar 2002 befand sich der Kläger wegen einer Sepsis mit drohendem Multiorganversagen bei nekrotisierender Fasziitis am rechten Oberschenkel und Erysipel am rechten Bein, alkoholtoxischer Leberzirrhose und Ösophagusvarizen in stationärer Behandlung (Entlassungsbericht vom 15. Januar 2002). Eine weitere stationäre Behandlung erfolgte vom 21. Januar bis 15. Februar 2002 wegen gastrointestinaler Blutung und rezidivierender Erysipel beider Unterschenkel (Entlassungsbericht vom 18. Februar 2002). Der medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) kam bei einer Begutachtung am 19. März 2002 zu dem Ergebnis, beim Kläger liege auf Grund einer bestehenden Alkoholkrankheit mit organischen Begleiterkrankungen eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vor.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag vom 21. März 2002 nach einer ambulanten Begutachtung vom 27. Mai 2002 für die Zeit vom 1. März 2002 bis 30. Juni 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 18. Juli 2002 in der Fassung der wegen streitiger Versicherungszeiten ergangenen Bescheide vom 14. November 2002 und 14. Januar 2003).
Am 13. Februar 2003 beantragte der Kläger die Weiterzahlung dieser Rente. Die Beklagte ließ ihn ambulant durch den Internisten und Kardiologen Dr. M. (Gutachten vom 31. März 2003) und den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 20. August 2003) begutachten.
Dr. M. diagnostizierte einen Zustand nach nekrotisierender Fasziitis des rechten Oberschenkels mit septischem Verlauf und Erysipel, eine anamnestische, derzeit sonographisch nicht nachweisbare Leberzirrhose mit Ösophagusvarizenligatur, einen Zustand nach Varizenoperation links, eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie, eine Thrombopenie unklarer Genese sowie eine Adipositas per magna. Eine vollständige Untersuchung des Klägers war nicht möglich, da er sich weigerte, den Verband am linken Unterschenkel abzunehmen und seine Socken auszuziehen. Nach eigenen Angaben bestand am linken Unterschenkel kein Ulkus, wesentliche Ödeme waren nicht festzustellen und Beschwerden von Seiten der Kniegelenke wurden verneint.
Dr. M. diagnostizierte darüber hinaus ein Lendenwirbelsäulensyndrom, eine eingeschränkte Beweglichkeit der unteren Sprunggelenke sowie Senkspreizfüße. Neurologische Ausfälle fanden sich nicht. Hals- und Brustwirbelsäule waren altersentsprechend beweglich, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule nur leicht eingeschränkt. Auch bei dieser Untersuchung weigerte sich der Kläger, die Socken auszuziehen, so dass keine vollständige Untersuchung der Füße erfolgen konnte. Es fanden sich beidseits Unterschenkelödeme.
Beide Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger den zuletzt ausgeübten Beruf als Landschaftsgärtner nicht mehr ausüben könne, hielten ihn aber noch für fähig, mindestens 6 Stunden leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen zu verrichten.
Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, dem Kläger über den 30. Juni 2003 hinaus Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren (Bescheid vom 3. April 2003). Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Damit liege keine Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor.
Den dagegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger insbesondere ein rasches Anschwellen des linken Fußes und starke Rückenbeschwerden geltend machte, wies die Beklagte nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft vom 1. Juli 2003, wonach der Kläger als angelernter Arbeiter ohne Ausbildungsabschluss beschäftigt war, zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003). Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten zu ebener Erde in geschlossenen Räumen ohne dauerndes Gehen und Stehen verrichten. Aufgrund der zuletzt ausgeübten Anlerntätigkeiten sei er nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf ungelernte Tätigkeiten nicht einfachster Art verweisbar, insbesondere Tätigkeiten als Verpacker, Sortierer oder Montierer.
Dagegen hat der Kläger am 17. Oktober 2003 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben, ohne diese näher zu begründen. Der Aufforderung des SG, u.a. seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht und die Sozialleistungsträger von der sozialrechtlichen Geheimhaltungspflicht zu entbinden, ist der Kläger ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Zu den vom Gericht angeordneten Begutachtungen durch den Orthopäden Dr. L. und den Internisten Dr. P. ist er nicht erschienen. Er hat dem SG mit Schreiben vom 22. August 2004 mitgeteilt, er werde einen Untersuchungstermin am 25. August 2004 wegen großen Durchfalls nicht wahrnehmen können. Den weiteren Untersuchungsterminen ist der Kläger nach Mitteilung des Sachverständigen Dr. L. unentschuldigt ferngeblieben.
Das SG hat die Klage nach einer mündlichen Verhandlung, an der der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht teilgenommen hat, abgewiesen (Urteil vom 17. März 2005, dem Kläger zugestellt am 14. April 2005). Es hat zur Begründung ausgeführt, wegen der fehlenden Mitwirkung des Klägers habe das Gericht keine eigenen Ermittlungen durchführen können. Daher sei auf das Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten zurückzugreifen. Nach den dort eingeholten Gutachten könne der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in geschlossenen Räumen noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten, so dass weder teilweise noch volle Erwerbsminderung vorliege. Auch eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei nicht zu begründen, da der Kläger als Angelernter auf die gesamte Breite des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Mit der am 17. Mai 2005 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung begehrt der Kläger weiterhin eine Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. Juni 2003 hinaus.
Er hat u.a. angegeben, er habe nach seiner Ausbildung zum Rechtsanwaltsgehilfen bei einer Baufirma in der Kranmontage sowie als Bauhelfer und Einschaler gearbeitet. Von April 1971 bis März 1975 sei er Zeitsoldat gewesen. Daran anschließend habe er bis 1991 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt, die maximal ein bis eineinhalb Jahre gedauert hätten. Er sei bereit, sich begutachten zu lassen und sei (auch) in der Zeit ab September 2003 bei dem Allgemeinmediziner Dr. E. in Behandlung gewesen. Dr. E. hat dies auf Nachfrage des Senats jedoch verneint.
Der Senat hat Unterlagen der A. E. sowie die Akten des SG der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeiten beigezogen und eine ambulante Begutachtung durch den Orthopäden Dr. W. angeordnet (Beweisanordnung vom 23. Januar 2006). Nachdem der Kläger einen Untersuchungstermin am 8. Februar 2006 abgesagt und einen nach Angaben des Sachverständigen vom Kläger am 10. Februar 2006 telefonisch bestätigten Termin am 15. Februar 2006 unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte, hat der Sachverständige mitgeteilt, er könne keine unvoreingenommene Begutachtung mehr durchführen.
Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, den Termin am 8. Februar 2006 um 7:45 Uhr habe er nicht wahrnehmen können, da der erste Zug erst um 7:58 Uhr fahre. Einen Termin am 5. Februar 2006 habe er telefonisch nicht bestätigt. Er besitze weder einen Telefonanschluss noch ein Handy und sei am 9. Februar 2006 beim Einsteigen in den Bus gestürzt. Deshalb habe er bis zum 20. Februar 2006 das Haus nicht verlassen können. Bei dem Sturz habe er sich eine Rippenprellung zugezogen, sei aber nicht zum Arzt gegangen. Zeugen für seinen gesundheitlichen Zustand nach dem Sturz könne er nicht benennen.
Der Senat hat daraufhin den Orthopäden Dr. S. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt (Beweisanordnung vom 29. Mai 2006). Während die erste Vorladung zu kurzfristig erfolgt war, ist der Kläger den weiteren Vorladungen des Sachverständigen zur Untersuchung ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Er hat auch auf Aufforderung des Senats keine Gründe für sein Ausbleiben benannt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2005 und den Bescheid vom 3. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2003 Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 3. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger über den 30. Juni 2003 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 17. März 2005 zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung kann auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das SG ist aufgrund der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch mindestens 6 Stunden täglich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten kann und daher weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist. Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es nicht, da der Kläger aufgrund der zuletzt von 1992 bis 1999 ausgeübten Beschäftigung als Landschaftsgärtner innerhalb des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas der Gruppe der Angelernten zuzuordnen ist.
Bei der Beschäftigung als Landschaftsgärtner handelte es sich um eine einfache angelernte Tätigkeit. Der Kläger war nach Angaben des Arbeitgebers mit Pflanzarbeiten, Rasenansaat sowie mit der Pflege von Pflanz- und Rasenflächen betraut und wurde nach der Einstiegslohngruppe 7.5 des Entgelttarifvertrages im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau entlohnt. Diese Lohngruppe umfasst Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die mit einfachen Arbeiten beschäftigt werden. Die Entlohnung erfolgte infolge eines Bewährungsaufstiegs zuletzt nach Lohngruppe 7.2 dieses Tarifvertrags. Diese Lohngruppe umfasst Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die mindestens drei Jahre ununterbrochen in der Lohngruppe 7.3 (Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die ständig fachbezogene Arbeiten unter Anleitung verrichteten) oder 7.4 (Arbeitnehmer nach vollendeten 18. Lebensjahr, die ununterbrochen mindestens drei Jahre in der Lohngruppe 7.5 in Betrieben des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus beschäftigt waren und auch Pflegearbeiten ausführen) in Betrieben des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus beschäftigt waren und auch anspruchsvolle Pflegearbeiten ausführen. Demgegenüber umfasst die Lohngruppe 7.1 Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die ständig angelernte, fachbezogene Arbeiten selbstständig verrichten.
Danach ist der Kläger innerhalb der Gruppe der Angelernten lediglich dem unteren Bereich (Anlern- oder Ausbildungszeit von drei bis zwölf Monaten) zuzuordnen. Er hat keine Berufsausbildung als Landschaftsgärtner absolviert und ausschließlich einfache angelernte Arbeiten unter Anleitung verrichtet. Anhaltspunkte für einen weitergehenden Berufsschutz liegen nicht vor. Seinen erlernten Beruf als Rechtsanwaltsgehilfe hat der Kläger nicht sozialversicherungspflichtig ausgeübt. Ob die vor 1992 ausgeübten Berufe eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten vorausgesetzt haben, kann dahinstehen, da der Kläger sich von diesen Berufen nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist er damit sozial zumutbar (auch) auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar, ohne dass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, insbesondere eine Einschränkung der Wegefähigkeit, liegen für die Zeit ab 1. Juli 2003 nicht vor. Für die vom Kläger zur Begründung einer eingeschränkten Wegefähigkeit angegebenen Schwellungen an Unterschenkeln und Füßen ergaben sich bei den Begutachtungen im Verwaltungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte. Weitergehende medizinische Unterlagen liegen nicht vor. Einer erneuten Begutachtung hat sich der Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren unterzogen. Hinreichende Gründe für sein Nichterscheinen zu den von den Sachverständigen festgesetzten Untersuchungsterminen hat er nicht vorgetragen. Seine Begründung vom 22. August 2004, er werde einen Untersuchungstermin am 25. August 2004 wegen Durchfalls nicht wahrnehmen können, überzeugt ebenso wenig wie die Angabe, er habe sich am 9. Februar 2006 eine Rippenprellung zugezogen. Für beide Hinderungsgründe konnte der Kläger keinerlei Nachweise erbringen. Im Übrigen ist er unabhängig von einer möglichen Verhinderung in diesen beiden Fällen und einer zu kurzfristigen ersten Einladung durch den Sachverständigen Dr. S. den weiteren Untersuchungsterminen ohne Angabe von Gründen ferngeblieben, so dass im sozialgerichtlichen Verfahren keine weitergehenden Erkenntnisse über seinen Gesundheitszustand, insbesondere hinsichtlich seiner Wegefähigkeit, gewonnen werden konnten. Damit ist nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage § 103 Rdnr. 19a m.w.N.) eine Einschränkung der Wegefähigkeit oder eine sonstige, über die Feststellungen in den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten hinausgehende Einschränkung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved