L 11 AS 183/06 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 48/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 183/06 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.11.2005 Az: S 13 AS 48/05 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Heizkosten für die Monate Januar bis einschließlich April 2005.

Mit Bescheid vom 23.11.2004 und Änderungsbescheid vom 07.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2005 gewährte die Beklagte den Klägern für Januar und Februar 2005 monatlich 63,00 EUR sowie für März und April 2005 monatlich 46,00 EUR an Heizkosten.

Das Sozialgericht Nürnberg (SG) verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 02.11.2005, den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum die tatsächlichen Heizungskosten zu gewähren, wobei ausweislich der Zusammenstellung der Kläger die monatlichen Kosten für Heizöl 81,94 EUR (Bl 54 der Bekl.-Akte) betrugen. Zur Begründung führte das SG aus, die Kläger bewohnten ein eigenes Haus mit 80 qm Wohnfläche, welches im Rahmen des § 12 SGB II als geschützes Vermögen anzusehen sei, da das Haus geschütztes Vermögen sei, müssten die tatsächlichen Heizkosten übernommen werden, wobei die Heizungskosten für die gesamte Wohnfläche angemessen seien. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils wurde die Berufung als zulässiges Rechtsmittel genannt.

Demgemäß legte die Beklagte Berufung ein. Auf richterlichen Hinweis vom 19.07.2006, dass die Berufung unzulässig sei, nahm die Beklagte diese mit Schreiben vom 24.07.2006 zurück. Mit weiterem Schreiben vom 24.07.2006 legte die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde ein wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die bisherige Rechtsprechung zum Recht der Sozialhilfe sei nicht mit der Frage der Angemessenheit bei selbst genutzten Eigentum befasst gewesen; diese Frage (unter besonderem Aspekt der angemessenen Heizkosten) werde unterschiedlich gehandhabt, sodass eine grundsätzliche Bedeutung vorhanden sei.

Die Kläger haben wiederholt Stellung genommen; zuletzt mit Schriftsatz vom 18.10.2006.

II.

Die von der Beklagten - nach richterlichem Hinweis bezüglich der Fehlerhaftigkeit der Rechtsbelehrung im Urteil des SG - eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die wie hier eine Geldleistung betrifft, insgesamt 500,00 EUR nicht übersteigt. Dieser Gegenstandswert wird hier nicht erreicht, da für die Berechnung des Gegenstandswertes auf den Unterschiedsbetrag abzustellen, den das SG den Klägern für die Monate Januar bis April 2005 zusätzlich zu dem zugesprochen hat, was die Beklagte ohnehin gewährt hat; dies liegt, nachdem die Kläger 81,94 EUR monatlich als tatsächliche Heizkosten begehren, und die Beklagte für die Monate Januar und Februar jeweils 63,00 EUR und für die Monate März und April jeweils 46,00 EUR gewährt hat, weit unter dem Betrag von 500,00 EUR. Der Rechtsstreit betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, sondern nur für 4 Monate, sodass die Berufung auch nicht nach § 144 Abs 1 Satz 2 SGG statthaft ist.

Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist ausschließlich die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt, der nach § 144 Abs 2 SGG die Zulassung der Berufung rechtfertigt, nicht aber die Frage, ob das SG in der Sache falsch entschieden hat. Unerheblich ist es also, ob das Landessozialgericht in der Sache anderes als das SG entscheiden müsste, wenn die Berufung statthaft wäre.

Da keiner der in § 144 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der ober sten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsge richts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs 2 Nr 1 SGG ist nicht gegeben, da der vorliegende Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

Erforderlich für die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist, dass die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt. Klärungsbedürftig ist eine Frage insbesondere dann nicht, wenn zwar zu einer bestimmten Rechtsvorschrift noch nicht ausdrücklich entschieden worden ist, bereits ergangene Rechtsprechung zu vergleichbaren Vorschriften aber hinreichend Anhaltspunkte für die Beantwortung gibt (BayLSG Beschluss vom 24.07.2006 Az: L 11 AS 121/06 NZB).

So liegt der Fall hier. Zwar ist der Beklagten durchaus einzuräumen, dass die bisher zur Frage der Angemessenheit von Unterkunftskosten ergangene Rechtsprechung für den Bereich des SGB II noch kein klares Bild ergibt. Dies genügt allerdings nicht, einen Zulassungsgrund nach § 144 Abs 2 Nr 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung anzunehmen.

§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II enthält den allgemeinen Grundsatz, dass die angemessenen Kosten übernommen werden, ohne allerdings zu konkretisieren, welche Aufwendungen als Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen werden (vgl Schmidt in Oestreicher § 22 SGB II Rdnr 16 ff). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist bei der Auslegung der Vorschrift insoweit auf das bisherige Recht der Sozialhilfe zurückzugreifen (BT-Drs 15/1516), wobei die bisher zum Sozialhilferecht ergangene Rechtsprechung ausreichende Kriterien für die Auslegung des Begriffs der Angemessenheit und damit bei der Auslegung von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II entwickelt hat. Unter Einbezug der Kriterien und Rechtsgedanken aus dem Sozialhilferecht lässt sich die entsprechende Vorschrift des SGB II ohne Weiteres auslegen und auf dieser Grundlage auch weiter entwickeln.

Tatsächliche Heizkosten werden nach dem SGB II regelmäßig dann übernommen, soweit sie angemessen sind. Bei der Frage der Angemessenheit der Heizkosten ist zunächst darauf abzustellen, welche Unterkunft angemessen ist (Hess. Landessozialgericht Beschluss vom 21.01.2006 Az: L 9 AS 124/05 ER). Da Antragsteller nach dem SGB II nur einen Anspruch auf Bewilligung der angemessenen Unterkunftskosten haben, besteht ein Anspruch auf Heizkosten auch nur anteilig im Verhältnis der angemessenen Wohnfläche; auf die tatsächliche Wohnfläche kann nicht abgestellt werden (Hess. Landessozialgericht aaO). Dies ist für Mietwohnungen unstreitig.

Gleiches muss auch für selbst genutzte Eigenheime gelten, die unter den Vermögenschutz des SGB II fallen; auch hier sind nur solche Heizkosten angemessen, die auf die angemessene Wohnfläche entfallen (so ausdrücklich Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss vom 26.07.2006 Az: L 13 AS 1620/06 ER-B). Ansonsten käme es zu einer Ungleichbehandlung von Eigentümern, die ein geschütztes aber unangemessen großes Eigenheim bewohnen und Antragstellern, die eine unangemessene große Mietwohnung bewohnen. Auch Mieter erhalten nur die angemessenen Kosten ersetzt und müssen, soweit sie dennoch in der unangemessen großen Wohnung bleiben - die zusätzlichen Kosten aus eigener Tasche aufbringen. Gleiches muss für Eigenheimnutzer gelten, die nicht bereit sind, ihr geschütztes, aber unangemessen großes Eigenheim zu verwerten. Eigenheimnutzer können frei entscheiden, ob sie die zusätzlichen Aufwendungen aus den gewährten Leistungen selbst tragen oder ihr Eigenheim verwerten. Bei entsprechender Anwendung der bereits von der Rechtsprechung entwickelten und durch die genannten Entscheidungen bestätigten Rechtsprechung hätte das SG auch zu diesem Schluss kommen können.

Klärungsbedürftigkeit, die Voraussetzung für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 144 Abs 2 Nr 1 SGG ist, liegt angesichts der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht vor.

Weitere Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Insbesondere ist ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs 2 Nr 2 SGG nicht gegeben, da das Bayer. Landessozialgericht noch nicht wie jetzt dargelegt entschieden hatte.

Die Beschwerde ist nach alledem im Ergebnis zurückzuweisen mit der Folge, dass das Urteil des SG gemäß § 145 Abs 4 Satz 5 SGG rechtskräftig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved