L 4 KR 78/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 467/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 78/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 67/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 7. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten pflichtversichert ist.

Die 1953 in Vietnam geborene Klägerin hat bis 1974 in Vietnam studiert und hat nach ihren Angaben erstmals 1976 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Vom 23.04.1988 bis 19.01.1990 hat sie in der früheren DDR gearbeitet und insgesamt 22 Monate Pflichtbeiträge entrichtet. Seit Januar 1990 hielt sie sich dann in der Bundesrepublik auf und hat ab 13.05.1991 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Laut Rentenbescheid vom 21.11.2001 bezog sie ab 01.04.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, mit Bescheid vom 28.10.2002 wurde die Rente auf Dauer geleistet. Die Rentenhöhe betrug ab 01.12.2002 195,04 Euro pro Monat. Am 05.10.2001 meldete sie sich zur Krankenversicherung der Rentner.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 07.11.2001 fest, dass aufgrund des Rentenantrags keine Mitgliedschaft in der KVdR zustande komme, weil in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens nicht eine Pflichtversicherung von mindestens 90 % bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestand. Mit weiterem Bescheid vom 02.01.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihre Mitgliedschaft als Bezieherin von Arbeitslosengeld bzw. -hilfe habe mit dem 30.11.2001 geendet. Im Anschluss sei eine freiwillige Versicherung möglich, jedoch keine Mitgliedschaft in der KVdR. Hiergegen legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 17.01.2002 Widerspruch ein. Die Klägerin habe in der Zeit Januar 1990 bis Mai 1991 nicht arbeiten dürfen, deshalb sei sie so zu stellen, als habe sie gearbeitet. Die Beklagte schloss sich dieser Auffassung nicht an. Die freiwillige Versicherung wurde durchgeführt, die LVA zahlte der Klägerin für die Zeit ab 01.01.2003 einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung. Am 29.11.2003 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg und beantragte, anstelle der freiwilligen Versicherung eine Pflichtversicherung als Rentnerin. Sie war der Auffassung, die nicht mit Beiträgen belegte Zeit solle ihr als Fluchtzeit, während der sie als Asylbewerberin nicht arbeiten durfte, anerkannt werden.

Im Laufe des Klageverfahrens wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2005 zurück. Die Rahmenfrist wurde vom 01.09.1975 bis 10.09.2002 festgelegt. Die nachgewiesene Versicherungszeit von 11 Jahren drei Monaten und fünf Tagen in der zweiten Hälfte der Rahmenfrist reiche nicht für die 9/10-Belegung aus. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.02.2006 abgewiesen. Eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V habe nicht zustande kommen können, weil von dem Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags nicht mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe. Die Beklagte habe die Mitgliedschaftszeiten in Übereinstimmung mit dem rentenrechtlichen Versicherungsverlauf der Klägerin festgestellt. Ursache der Differenz zu der gesetzlich erforderlichen 9/10-Belegung mit Mitgliedschaftszeiten sei die bei der Klägerin bestehende renten- und krankenversicherungrechtliche Lücke vom 20.01.1990 bis 14.05.1991. Der während des Asylverfahrens gewährte Bezug von Sozialhilfeleistungen habe nach der 1990 geltenden Rechtslage kein Mitgliedschaftsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet. Weitere bislang nicht berücksichtigte Mitgliedschaftszeiten seien nicht behauptet, damit sei die Klage unbegründet.

Die hiergegen am 07.03.2006 eingelegte Berufung begründet die Klägerin damit, dass das Urteil des Sozialgerichts ein Fehlurteil sei. Landsleut von ihr seien trotz wesentlich geringerer Versicherungszeit bei der Beklagten pflichtversichert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wird darauf hingewiesen, dass nach Berechnung des Senats 135 Monate Versicherungszeiten erforderlich sind, aber lediglich 118,5 Monate belegt sind.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.02.2006 und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 07.11.2001 und 02.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 aufzuheben und sie ab 01.09.2000 in der Krankenversicherung der Rentner zu versichern.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das ihrer Ansicht zutreffende Urteil des Sozialgerichts Nürnberg und teilt mit, dass nach ihrer Kenntnis die Beiträge zur freiwilligen Versicherung der Klägerin von der örtlichen Sozialhilfe übernommen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet.

Die Klägerin ist nicht ab Rentenantragstellung 01.09.2000 in der Krankenversicherung der Rentner versichert. Nach dem zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung geltenden Recht waren krankenversicherungpflichtig gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 versichert waren. Bei einer Aufnahme der Erwerbstätigkeit im September 1975 beginnt die Rahmenfrist am 1. September 1975, sie endet mit dem Tag der Rentenantragstellung am 1. September 2000.

Der Senat hat die Klägerin (und die Beklagte) bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf aufmerksam gemacht, dass in der am 02.03.1988 beginndenden zweiten Hälfte des Erwerbslebens nur Beitragszeiten von ca. 118,5 Monaten aktenkundig zurückgelegt sind. Die Klägerin trägt auch weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor, dass sie weitere Versicherungszeiten zurückgelegt habe. Da 9/10 von zwölfeinhalb Jahren 135 Monate sind, reicht die nachgewiesene Versicherungszeit nicht aus, die Voraussetzungen für eine Mitglieschaft in der Krankenversicherung der Rentner gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V zu erfüllen. Zeiten, in denen keine Mitgliedschaft bestand, sind nicht zu berücksichtigen. Weshalb die Mitgliedschaft nicht möglich war, z.B. wie im Fall der Klägerin wegen ihres Status als Asylbewerberin, spielt keine Rolle.

Die Klägerin sei darauf hingewiesen, dass ihr kein tatsächlicher und rechtlicher Nachteil dadurch entsteht, dass sie nicht pflicht- sondern, freiwillig versichert ist. Der Leistungsumfang unterscheidet sich nicht. Die fehlenden Beitragsteile werden von der Sozialhilfe getragen. Wegen der geringen Höhe der Rente der Klägerin wird sie wohl auch in Zukunft nicht im Stande sein, die Beiträge selbst zu bezahlen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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