L 4 KR 260/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 KR 504/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 260/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 2. August 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger neben Arbeitslosengeld und Arbeitslohn im Zeitraum 28.07. bis 09.09.2004 einen Anspruch auf Krankengeld hat.

Der 1970 geborene Kläger war seit 1999 als Versandarbeiter mit mittel- bis schweren körperlichen Arbeiten befasst, als er am 22.03.2004 wegen Schulter- und Wirbelsäulenbeschwerden arbeitsunfähig erkrankte. Sein Beschäftigungsverhältnis wurde am 31.05.2004 beendet. Die Beklagte zahlte das Krankengeld nach ihren Angaben bereits ab 24.03. bis 02.06.2004.

Tags darauf trat der Kläger ein stationäres Heilverfahren an, währenddessen er von der LVA Unterfranken Übergangsgeld bezog und aus dem er am 28.07.2004 entlassen wurde. Dazu heißt es im Entlassungsbericht der O.klinik: "Aus orthopädischer Sicht können künftig mittelschwere körperliche Arbeiten ohne häufiges Arbeiten in Zwangshaltung (extreme Rumpfrotation, extreme Rumpfreklination), ohne monotone Dauerbelastung des Schultergürtels, ohne überwiegendes Arbeiten in Armvorhalteposition, ohne häufiges Arbeiten über Kopf sechs Stunden und mehr ausgeübt werden. Wir entließen Herrn D. als arbeitsfähig im Rahmen eines Arbeitsversuches in die weitere hausärztliche Behandlung."

Der Kläger meldete sich am 29.07.2004 arbeitssuchend und war als Bezieher von Arbeitslosengeld bei der Beklagten versichert.

Am 03.08.2004 nahm er eine Arbeit bei der Fa. Möbel P. auf, die er auf Grund körperlicher Beschwerden am Folgetage einvernehmlich beendete. Die anschließend von der Arbeitsagentur W. verhängte Sperrzeit bis 27.10.2004 wurde unter Würdigung der unzumutbaren körperlichen Beanspruchung am 25.11.2004 auf den klägerischen Widerspruch hin zurückgenommen und das Arbeitslosengeld ab 05.08.2004 durchgehend gewährt, allerdings größtenteils an die örtliche Sozialhilfe weitergeleitet.

Am 20.08.2004 legte der Kläger bei der Beklagten eine am 19.08.2004 ausgestellte Bescheinigung über den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit wegen M 54.19 (Rückenbeschwerden) ab 05.08. 2004 vor. Dazu teilte der von der Beklagten befragte Dr.A. mit Schreiben vom 02.09.2004 mit, dass der Arbeitsversuch des Klägers am 04.08. abgebrochen worden sei und sein Patient der Meinung gewesen sei, dass er wie bisher nur alle zwei Wochen einen Auszahlungsschein benötige. Als er diesen bei der Krankenkasse abholen wollte, sei ihm mitgeteilt worden, dass er eine neue AU-Bescheinigung brauche, weshalb er am 18.08.2004 in der Praxis vorstellig geworden sei und deshalb die AU rückwirkend ab 05.08. ausgestellt worden sei. Zu Ende war die Arbeitsunfähigkeit am 08.09.2004. Dies wiederum geht aus einem Auszahlungsschein des Dr.H. vom 31.08.2004 hervor, der die Beklagte am 02.09.2004 erreichte. Sie lehnte mit Bescheid vom 09.09.2004 den klägerischen Antrag auf Zahlung von Krankengeld im Anschluss an die Rehaklinikentlassung ab, weil der Kläger hinsichtlich der ihm als Arbeitsloser zumutbaren Arbeiten nicht arbeitsunfähig gewesen sei, eine Rückdatierung von AU-Zeiten für zwei Wochen sei ausgeschlossen und im Übrigen ruhe ein Krankengeldanspruch während des Bestehens einer Sperrzeit ohnehin. Diese Auffassung bestätigte die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 20.12.2004.

Drei Tage später ging die ganz allgemein auf Zahlung von Krankengeld gerichtete Klage beim Sozialgericht Würzburg ein. Darin wird vorgetragen, der Kläger sei durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Dazu wurde auf das Attest von Dr.H. ohne Zeitangabe Bezug genommen, welches zur Aufhebung der Sperrzeit geführt hatte. Im Übrigen lasse die Zahlung von Arbeitslosengeld den Anspruch auf Krankengeld nicht entfallen. Nachdem die Aufforderung zur Substantiierung und Präzisierung von Klagevorbringen und -antrag unbeantwortet blieb, hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 02.08.2005 die Klage abgewiesen. Dazu hat es die von der Beklagten angezweifelte Zulässigkeit der Klage wegen des durchgehenden Arbeitslosengeldbezuges bejaht, aber einen Krankengeldanspruch verneint, weil das zwischen 05.08. und 09.09.2004 bezogene Arbeitslosengeld den Krankengeldanspruch zum Ruhen gebracht habe und der Kläger auf leichte Arbeiten verweisbar gewesen sei.

Gegen den am 15.09.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am gleichen Tage Berufung einlegen und vortragen lassen, das Sozialgericht habe den Übergangszeitraum von einem halben Jahr bezüglich der eingeschränkten Verweisbarkeit nicht beachtet. Der zuletzt ausgeübte Beruf sei für den Krankengeldanspruch maßgeblich.

Sinngemäß beantragt der Kläger, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 02.08. 2005 und den zugrundeliegenden Bescheid vom 09.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld in der Zeit vom 28.07. bis 09.09.2004 zu bezahlen.

Der darauf gerichtete Anspruch habe nahtlos im Anschluss an das Heilverfahren bestanden und somit in der Höhe entsprechend dem zuletzt gezahlten Arbeitsentgelt.

Die Beklage beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Beschwerdewert die Grenze von 500,00 EUR überschreitet, ist zulässig (§ 144, 151 SGG).

Die im Sozialgerichtsverfahren geäußerten Bedenken zur Zulässigkeit der Klage hat das Sozialgericht zu Recht nicht geteilt, denn dem Kläger geht es offenkundig um eine zusätzliche Zahlung, die die bislang empfangenen Leistungen übersteigt, was ausreicht, um ein Rechtsschutzinteresse annehmen zu können.

Im Übrigen hat das Sozialgericht den Sachverhalt zutreffend dahingehend gewürdigt, dass an den Kläger neben dem Arbeitslosengeld ein Krankengeld weder in voller Höhe noch in Teilen als sogenannter "Spitzbetrag" gezahlt werden kann.

Dies gilt auch für den vom Sozialgericht auf Grund der unklaren Antragstellung des Klägers ungewürdigt gebliebenen Zeitraum 28.07. bis 04.08.2004. Im einzelnen gilt folgendes: Ein Krankengeldanspruch kann abgesehen von Zeiten stationärer Behandlung oder Kinderversorgung gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 46 Abs. Satz 1 Nr.2 SGB V für entsprechend Versicherte nur entstehen, wenn eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt und diese ärztlich festgestellt ist.

Am 28.07.2004 war der Kläger als Bezieher von Übergangsgeld bei der Beklagten versichert. Dessen Höhe richtete sich nach dem vor dem Heilverfahren bezogenen Krankengeld und dieses wiederum nach dem vorhergegangenen Arbeitslohn. Das heißt, für den 28.07.2004 ist der klägerische Anspruch durch die Zahlung des Übergangsgeldes auch nach seiner Rechtsansicht voll erfüllt.

Ab 29.07.2004 fehlt es an der ärztlichen Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit, vielmehr ist im ärztlichen Entlassungsbericht der Rehaklinik Arbeitsfähigkeit dokumentiert worden. Somit erhielt der Kläger auch vom 29.07. bis 02.08.2004 Arbeitslosengeld und war entsprechen in der KVdA versichert. Dann bezog er für zwei Tage Arbeitsentgelt und war dadurch nach § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V versichert. Ab 05.08.2004 bestand zunächst auf Grund der Sperrzeitwirkung eine Krankenversicherung ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Krankengeld. Das änderte sich rückwirkend, d.h. es wurde ab 05.08.2004 das volle Arbeitslosengeld bezahlt, allerdings im Ergebnis dann mit Forderungen der Sozialhilfe verrechnet.

Neuerlich wurde eine Arbeitsunfähigkeit erstmals wieder am 19.08.2004 festgestellt. Dabei ging der die entsprechende Bescheinigung ausstellende Arzt davon aus, dass sie bereites zwei Wochen vorher eingetreten sei, nämlich am 05.08.2004, obwohl er den Kläger in der Zeit vorher nicht untersucht hatte. Wann die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich eingesetzt hat, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, denn es lag beim Kläger keine durchgehende Arbeitsunfähigkeit vor. Diese war spätestens am 28.07. 2004 beendet gewesen. Danach war er arbeitsfähig und arbeitslos, dann bestand eine Versicherung als Beschäftigter und anschließend hat die neuerliche Arbeitsunfähigkeit - gleichgültig ob man deren Beginn auf den 5. oder auf den 19.08.2004 legt, erst wieder begonnen, als die Mitgliedschaft als Arbeitloser eingetreten war. D.h. die frühere Mitgliedschaft auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses war spätestens nach dem 28.07.2004 nicht mehr auf der Grundlage des § 192 SGB V erhalten geblieben. Dazu gilt die jüngere Rechtsprechung des 1. Senats BSG im Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - BSGE 92, 247: "Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis".

In der KVdA richtet sich die Höhe des Krankengeldes nach dem bezogenen Arbeitslosengeld (§ 47b Abs.1 SGB V). Dieses hat er aber bereits erhalten. Es ist also, wie das Sozialgericht ausführlich dargestellt hat, keine Differenz mehr errechenbar, die durch Leistungen der Krankenkasse auszugleichen überhaupt in Betracht käme. Da nach § 49 Abs.1 Nr.3a SGB V Krankengeld solange geruht hat als Arbeitslosengeld bezahlt wurde und das Krankengeld selbst nicht höher hätte sein können als das Arbeitslosengeld, sind alle Leistungsansprüche des Klägers erfüllt.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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