L 18 R 435/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 754/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 R 435/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.04.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des am 11.04.2005 verstorbenen Versicherten S. B. streitig.

Der 1932 geborene Versicherte war türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. In Deutschland war er von September 1972 bis Februar 1975 versicherungspflichtig beschäftigt. Auf seinen Antrag hin erstattete ihm die LVA Württemberg mit Bescheid vom 06.05.1977 die von ihm im genannten Zeitraum zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von 3.219,50 DM.

Mit Schreiben vom 03.09.2003 beantragte der Versicherte Altersrente. Er bestätigte, dass er "seine" Beiträge zurück erhalten habe. Die Beiträge seiner Arbeitgeber seien jedoch von der Beklagten einbehalten worden. Er habe ein Recht auf eine Rente aus den Beiträgen der Arbeitgeber.

Mit Bescheid vom 25.09.2003 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 04.12.2003 - lehnte die Beklagte eine Versichertenrente allein aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen ab.

Im anschließenden Klageverfahren (S 12 RJ 5/04) vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth lehnte das SG die Klage mit Urteil vom 24.06.2004 ab. Der 20. Senat des Bayer. Landessozialgerichts wies mit Beschluss vom 04.04.2005 die Berufung zurück. Er erläuterte, dass im Anschluss an die Beitragserstattung alle Ansprüche des Versicherten gegen die Beklagte aus den vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen seien. Damit sei die allgemeine Wartezeit für die Gewährung einer Versichertenrente nicht erfüllt. Außerdem sei ein Zugriff des Versicherten auf den sogenannten Arbeitgeberanteil der zur Rentenversicherung der Arbeiter geleisteten Beiträge ausgeschlossen.

Der Versicherte ist am 11.04.2005 verstorben.

Mit Schreiben vom 10.05.2005 stellte seine Witwe, die Klägerin M. B. , sinngemäß Witwenrentenantrag, den die Beklagte mit Bescheid vom 09.06.2005 abwies.

Im Widerspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, dass die Arbeitgeberbeiträge nicht erstattet worden seien. Diese müssten zumindest an die türkische Rentenversicherung übertragen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG Bayreuth erhoben, welches die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2006 abgewiesen hat.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin Berufung beim SG Bayreuth eingelegt. Eine Begründung hat sie - trotz Aufforderung durch den Senat - nicht vorgelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 19.04.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aus den von den Arbeitgebern ihres Ehemannes in der Zeit vom September 1972 bis Februar 1975 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträgen Witwenrente zu zahlen, hilfsweise diese Beiträge an den türkischen Rentenversicherungsträger (SSK) zu überweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 19.04.2006 zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die vom Senat beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Sie erweist sich aber als unbegründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 19.04.2006 zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte aufgrund der im Jahr 1977 durchgeführten Beitragserstattung keinerlei Leistungsansprüche aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat.

Nach § 46 Abs 1, 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI haben Witwen nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre (§ 50 Abs 1 SGB VI). Die Klägerin erfüllt die für eine Hinterbliebenenrente erforderliche Wartezeit nicht.

Aufgrund der zugunsten des Versicherten (Ehemann der Klägerin) durchgeführten Beitragserstattung im Jahre 1977 sind keine anrechenbaren Versicherungszeiten mehr vorhanden. Dem Versicherten wurden damals antragsgemäß die Arbeitnehmeranteile mit Bescheid vom 06.05.1977 erstattet gemäß § 1303 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung. Dieser Bescheid ist rechtskräftig geworden, zuletzt bestätigt durch Urteil vom 24.06.2004.

Durch die Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis auch zwischen der Klägerin und der Beklagten erloschen, so dass eine Wartezeit für die Gewährung einer Rente nicht mehr erfüllt ist. Aus den früher zurückgelegten Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung können keine Ansprüche mehr hergeleitet werden. Beiträge zur gesetzlichen deutschen Rentenversicherung nach der Beitragserstattung hat der Versicherte nicht entrichtet.

Einem Versicherten werden nur die Beiträge in der Höhe erstattet, in der er sie selbst getragen hat. Dies hat zur Folge, dass ein Anspruch auf Bewilligung von Hinterbliebenenrente aus den Beiträgen der früheren Arbeitgeber des Versicherten nicht erfolgen kann. Zudem sind die Arbeitgeberanteile nicht erstattungsfähig. Dies folgt eindeutig aus dem Gesetz. § 1303 Abs 1 RVO weist ausdrücklich darauf hin, dass nur die Hälfte der entrichteten Pflichtbeiträge zu erstatten ist. Es liegt weder eine Verletzung des Art 3 Abs 1 Grundgesetz noch ein entschädigungsloser Eingriff in eigentumsähnliche Anwartschaften vor. Die Begrenzung der Erstattung auf den von den Versicherten getragenen Anteil zur Rentenversicherung verstößt nicht gegen das Willkürverbot und ist verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 24.11.1986 - 1 BvR 772/85, 773/85 und 939/85).

Einen Anspruch auf Überweisung der Arbeitgeberanteile an die türkische Rentenversicherung hat die Klägerin ebenfalls nicht. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Infolge der Auflösung des Versicherungsverhältnisses stehen der Klägerin keine Ansprüche gegen die Beklagte zu. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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