L 2 U 238/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 45/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 238/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 20. Dezember 2001 Verletztenrente zu gewähren ist.

Die 1955 geborene Klägerin erlitt am 20. Dezember 2001 auf dem Weg zur Arbeitsstätte einen Unfall, als ihr Fahrrad von einem LKW am Lenker erfasst wurde. Sie stürzte nach der ärztlichen Unfallmeldung der Dres. H./D. vom 20. Dezember 2001 auf die linke Schulter und zog sich eine oberflächliche Verletzung der unteren linken Extremitäten zu.

Der Orthopäde Dr. S. diagnostizierte am 24. Januar 2002 eine Sprunggelenksdistorsion links sowie eine Außenbandläsion am linken Sprunggelenk. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des linken Fußes vom 28. Januar 2002 ergab ein chronisches Knochenmarködem mit beginnendem fibrozystischem Umbau, eine Frakturlinie im Bereich der Calcaneocuboidgelenkfläche (Fersenbein) sowie ein Weichteilödem im Bereich des rechten Sprunggelenks. Dr. S. berichtete am 18. Juli 2002 ferner von Schmerzen der Klägerin im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich sowie an peripheren Gelenken. Die Neurologin Dr. Z. konnte am 13. August 2002 aus neurologischer Sicht keine Auffälligkeiten feststellen.

Der Neurologe Dr. M. berichtete am 19. Dezember 2002 über Angaben der Klägerin, ihre Sehfähigkeit habe als Folge des Unfalls abgenommen. Bereits vor dem Unfall hätte jedoch eine Sehbehinderung bestanden. Er empfahl ein augenärztliches Konzil. Aus einem Befundbericht der Augenärztin Dr. H. vom 9. Oktober 2002 an das Amt für Versorgung und Familienförderung ergibt sich eine Makuladegeneration rechts und links bei Zustand nach Toxoplasmoseinfektion in der Kindheit sowie Hyperopie und Astigmatismus rechts und links. Der Netzhautbefund sei seit Jahren unverändert. Die Augenärztin Dr. R. äußerte am 20. Januar 2003 den Verdacht auf eine Gesichtsfeldeinschränkung nach Contusio. Unfallunabhängig bestünden Netzhautnarben und ein Strabismus. Die Klägerin sehe seit Geburt schlecht. Vor fünf Jahren habe sich dies weiter verschlechtert; seit dem Unfall sei nochmals eine weitere Verschlechterung eingetreten. Die konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung könnte vom Unfall her rühren. Allerdings fehlten ihr die Vorbefunde.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 17. Juni 2003 ein, der keine wesentlichen Unfallfolgen mehr feststellen konnte. Allerdings sei eine leichte Verschmächtigung der Beinmuskulatur links und eine leichte Umfangsvermehrung über dem Außenknöchel aufgefallen; es könne nicht sicher festgestellt werden, ob es sich hierbei um Unfallfolgen handele. Dr. K. kam in ihrem neurologischen Zusatzgutachten vom 13. Juni 2003 zu dem Ergebnis, dass keine Hinweise für Schäden peripherer Nerven oder der Nervenwurzeln und zentralnervöse Ausfälle vorlägen. Auch psychoreaktive Unfallfolgen seien nicht feststellbar.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2003 erkannte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls an, lehnte jedoch die Gewährung einer Rente ab. Als Folgen des Unfalls seien eine Distorsion des linken Sprunggelenks, multiple Prellungen und Hautabschürfungen, nicht jedoch Sehstörungen nach Toxoplasmose, Kurzsichtigkeit, Kopfschmerzen, wiederholte Wirbelsäulensyndrome, ein Bandscheibenvorfall, ein Carpaltunnelsyndrom mit Taubheitsgefühl beider Hände und eine psychoreaktive Dekompensation anzuerkennen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2004 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Landshut. Die Sehstörungen, Kopfschmerzen sowie die Wirbelsäulensyndrome seien mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Die Beschwerden seien durch einen Aufschlag des Fahrradlenkers auf ihren Kopf in Schläfenhöhe entstanden. Das Sozialgericht holte aktuelle Befundberichte ein. Die Nervenärztin Dr. Z. vertrat hierin die Ansicht, die geklagten Sehstörungen seien nach ihren Unterlagen Folge einer bekannten Chorioretinitis pigmentosa (Ader-Netzhautentzündung). Die Augenärztin Dr. R. wies in ihrem Bericht vom 6. Juli 2005 darauf hin, dass die konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung mit den anatomisch vorliegenden Befunden nicht erklärt werden könne. Ihr fehlten jedoch die Vorbefunde. Dr. H. gab an, die Wirbelsäulenprobleme hätten schon vor dem Unfall bestanden; eventuell sei es zu einer Verschlimmerung gekommen. Unfallbedingt bestünden lokale Störungen am linken Fersenbein sowie eine posttraumatische Belastungsstörung. Dr. S. sah das Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom und damit auch das Taubheitsgefühl der Hände sowie eine posttraumatische Belastungsstörung nicht als unfallbedingt an. Die Knöchelschwellung und das Knochenmarksödem hätten sich zurückgebildet.

Ferner beauftragte das Sozialgericht den Chirurgen Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er wies in seinem Gutachten vom 28. September 2005 darauf hin, eine Frakturlinie lediglich innerhalb des Knochenmarks sei für die Statik des Knochens ohne Belang. Es sei zu einer folgenlosen Ausheilung gekommen. Auch im Bereich der Schulter habe keine gravierende Schädigung stattgefunden. Unfallunabhängig habe als Vorschaden eine Periarthritis bestanden, deren schicksalshafter Verlauf durch das Unfallereignis nicht beeinflusst werde. Eine durch den Unfall verursachte Sehbehinderung scheide aus, da es weder zu einer direkten Verletzung der Augen noch der Sehrinde gekommen sei. Eine Prellmarke durch den Fahrradlenker, eine Schürfwunde im Bereich der Schläfe oder eine Fraktur im Gesichtsschädel seien nicht dokumentiert. Im Übrigen würde eine derartige Verletzung keine Schädigung des Auges oder des Sehnervs verursachen. Aus der vorliegenden Schwerbehindertenakte ergebe sich eine kontinuierliche Verschlechterungstendenz. Eine dramatische Einengung des Gesichtsfeldes am linken Auge sei bereits im Januar 2001 objektiviert. Für eine Augenschädigung lägen weder ein geeignetes Unfallereignis vor, noch ergäben die augenärztlichen Befunde einen Zusammenhang mit einem möglichen Trauma. Auch die sonstigen Schäden wie Wirbelsäulensyndrom, Überlastungs- bzw. Erschöpfungssyndrom mit depressiver Komponente seien als vorbestehend nachgewiesen. Unfallbedingt seien lediglich eine Schulterprellung links, eine Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit Schürfwunde sowie eine Infraktion im Knochenmark. Am Sprunggelenk bestünden objektiv keine Funktionsbeeinträchtigungen mehr, der Bandapparat sei stabil; eine Infraktion im Knochenmark sei folgenlos ausgeheilt. Eine Verschmächtigung des linken Beins konnte nicht mehr bestätigt werden.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 9. November 2005 verwies Dr. M. nochmals auf die Schwerbehinderten- und Blindenakten. Danach sei eine Schädigung der Netzhaut zwischen 1994 und 1996 deutlich fortgeschritten. Der geringe Abfall des Gesichtsfeldes am linken Auge vom Februar 2001 bis Oktober 2002 sei in dem seit 1994 zu sehenden Trend zu sehen. Eine wesentliche Verschlechterung sei damals nicht eingetreten. Im weiteren Verlauf sei es schicksalshaft zu einer Verschlechterung des Visus auf beiden Augen auszugehen. Insgesamt sei von einem seit 1994 kontinuierlichen Abfall des Visus und zunehmender Einengung des Gesichtsfeldes auszugehen. In Verbindung mit dem Unfallereignis sei es nicht zu einer schlagartigen Verschlechterung des Sehvermögens gekommen.

Mit Urteil vom 17. Februar 2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Unter Bezug auf die Ausführungen des Dr. M. könnten die bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsschädigungen in Form einer schweren Sehminderung beider Augen, einer Periarthritis beider Schultergelenke, eines Wirbelsäulensyndroms, einer depressiven Verstimmung bei Überlastungssyndrom und einer chronischen Nebenhöhlenentzündung nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden.

Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und brachte zur Begründung vor, insbesondere die schwere Sehminderung beider Augen sei auf das Unfallereignis zurückzuführen. Dr. R. bestätigte mit Attest vom 11. Juli 2006, dass gegenüber den Werten vom September 1986 eine deutliche Verschlechterung eingetreten sei. Die Ärztin habe auch angegeben, dass die konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung mit den anatomisch vorliegenden Befunden nicht erklärt werden und durchaus vom Unfall herrühren könnten. Die Klägerin führte ferner aus, der Fahrradlenker sei unmittelbar auf ihre rechte Schläfe geprallt, nachdem ihr Fahrrad in die Luft geschleudert worden war.

Die Beklagte verwies darauf, es fehlten jegliche Anknüpfungspunkte für eine unfallbedingte schwere Sehminderung beider Augen. Verletzungen im Kopfbereich durch eventuelle Gewalteinwirkungen seien nicht dokumentiert.

Die Klägerin bestätigte mit Schriftsatz vom 2. März 2007, dass eine weitere Dokumentation von Verletzungen im Kopfbereich nicht vorgelegt werden könne. Sie legte eine Erklärung ihrer Tochter über die Schilderung des Unfallhergangs durch ihre Mutter - der Klägerin - vor.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2006 und des Bescheides vom 24. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2004 zu verurteilen, ihr aufgrund des Arbeitsunfalls vom 20. Dezember 2001 Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2006 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Nicht streitig ist, dass die Klägerin am 20. Dezember 2001 einen Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalls erlitten hat (§§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VII). Zu entscheiden ist jedoch über die Frage, ob sich hieraus ein Anspruch auf eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 v.H. ergibt.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, § 56 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSGE 21, 63, 66; v. 26.11.1987, SozR 2200 § 581 Nr. 27; v. 30.05.1988, a.a.O., Nr. 28).

Dabei muss die Gesundheitsbeeinträchtigung in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage demgemäß abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dies gilt auch für die schweren Sehbeeinträchtigungen, die unstreitig bei der Klägerin gegeben sind und auf die die Berufung gestützt wird. Das in diesem Zusammenhang von Dr. R. ausgestellte augenärztliche Attest bestätigt dabei lediglich, dass seit September 1986 eine deutliche Verschlechterung eingetreten ist. Eine schlagartige Verschlechterung aufgrund des Unfalls vom 20. Dezember 2001 bestätigte die Ärztin nicht. Von einer kontinuierlichen Verschlechterung zumindest seit 1994 gehen sowohl der medizinische Sachverständige Dr. M. als auch das Sozialgericht in seiner Urteilsbegründung aus. Aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen einschließlich der Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung ergibt sich eine vorbestehende Schädigung der Netzhaut. Dokumentiert sind eine kontinuierliche Verschlechterung des Visus sowie eine zunehmende Einengung des Gesichtsfeldes. Nach Auswertung der vorliegenden Schwerbehindertenakte durch Dr. M. ergibt sich ausweislich des augenärztlichen Befundes vom 19. Mai 1994 eine Makuladegeneration mit zentralen Gesichtsfeldausfällen beidseits nach einer Toxoplasmoseinfektion in der Kindheit. Der korrigierte Visus war bereits erheblich eingeschränkt. Die Schädigung der Netzhaut ist zwischen 1994 und 1996 deutlich und im Anschluss kontinuierlich fortgeschritten, wie sich aus der ärztlichen Stellungnahme vom 17. August 1998 sowie vom 17. Februar 2003 ergibt. Vor dem Unfallereignis lässt sich aufgrund des Befundberichts der Dr. H. vom 12. Februar 2001 bereits eine weitere deutliche Verschlechterung diagnostizieren. Unmittelbar nach dem Unfallereignis im Dezember 2001 kam es hingegen zu keiner schlagartigen Verschlechterung des Sehvermögens. Der geringe Abfall des Gesichtsfeldes am linken Auge vom Februar 2001 bis Oktober 2002 liegt in dem seit 1994 zu beobachtenden Trend. Dieser Trend setzte sich weiter fort, d.h. es ist schicksalshaft zu einer weiteren Verschlechterung des Visus auf beiden Augen gekommen. Im Übrigen vertrat auch die behandelnde Nervenärztin Dr. Z. die Ansicht, die geklagten Sehstörungen seien nach ihren Unterlagen Folge einer bekannten Chorioretinitis pigmentosa und somit nicht Unfallfolge.

Der medizinische Sachverhalt ist umfassend aufgeklärt, so dass auch die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens nicht mehr erforderlich war. Der Verlauf der Augenerkrankung sowie die Ausgangsdiagnose sind aufgrund der augenärztlichen Befunde, die im gerichtlichen Verfahren eingeholt wurden und wie sich diese aus der Schwerbehinderten- und Blindenakte ergeben, umfassend dokumentiert und nachzuvollziehen. Soweit die Augenärztin Dr. R. ausführte, die konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung könnte vom Unfall herrühren, fehlten ihr, worauf sie ausdrücklich in ihren Befundberichten vom 20. Januar 2003 und 6. Juli 2005 hinwies, diese Vorbefunde. Der medizinische Sachverständige Dr. M. wertete die Befunde aus und gelangte zu dem Ergebnis, dass sich aus diesen zum einen ein Vorschaden auch im Bereich des Gesichtsfeldes ergibt, zum andere belegte er überzeugend das Bestehen eines kontinuierlichen Verschlechterungsprozess seit der Kindheit. Dabei handelt es sich bei dem Gutachter zwar nicht um einen Augenarzt, sondern um einen Chirurgen und Sozialmediziner, der jedoch, wie er selbst näher ausführt, beruflich mit fachübergreifenden Begutachtungen eingehend betraut ist. Auch eine erneute ambulante augenärztliche Untersuchung der Klägerin war nicht erforderlich. Allein aufgrund des aktuell erhobenen Befundes kann der Ursachenzusammenhang nämlich nicht geklärt werden. Maßgebend ist vorliegend der Einbezug der Vorbefunde; nur hierauf bezog sich die Begutachtung durch Dr. M ... Eine fachliche Kompetenz hierfür kann dem Sozialmediziner nicht abgestritten werden.

Schließlich gilt festzustellen, dass eine Verletzung im Augen- oder Kopfbereich durch den Unfall nicht dokumentiert ist und von der Klägerin im Rahmen der ersten Monate auch nicht angegeben wurde. Die Klägerin gab zunächst lediglich an, auf die linke Schulter gestürzt zu sein und sich am linken Fuß verletzt zu haben. Ein Schlag auf den Kopf oder die Schläfe wurde nach den Erstangaben nicht geschildert. Nähere Aufklärungen zum Unfallhergang durch Vernehmung der Zeugin P. konnte unterbleiben. Eine schriftliche Erklärung dieser Zeugin liegt bereits vor. Darin gab sie an, den Unfallhergang nicht selbst gesehen zu haben und nur über die Schilderungen ihrer Mutter berichten zu können. Der tatsächliche Unfallhergang kann somit von der Zeugin nicht aufgrund eigener Wahrnehmung bestätigt werden. Aber selbst wenn im Rahmen weiterer Beweiserhebung bestätigt werden würde, dass der Lenker des Fahrrades der Klägerin auf deren rechte Schläfe gefallen war, ergibt sich daraus aus den dargelegten medizinischen Gründen noch nicht ein kausaler Zusammenhang des Unfalls mit den Beeinträchtigungen des Sehvermögens, insbesondere der Gesichtsfeldeinschränkung. Insoweit stellen die Gutachter, wie dargelegt, vor allem auf die gravierenden Vorbefunde mit dem kontinuierlichen Krankheitsverlauf und nur ergänzend auf die fehlende Dokumentation einer direkten Verletzung der Augen oder der Sehrinde (Prellmarke, Schürfwunde, Fraktur am Gesichtsschädel) ab.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts war daher zurückzuweisen.

Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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