Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 227/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 259/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 233/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Wegeunfalls vom 19.04.1993.
Der 1933 geborene Kläger, zum Zeitpunkt des Unfalls Außendienstmitarbeiter der Firma B. Vertriebs GmbH, erlitt am 19.04.1993 einen Verkehrsunfall, als er mit seinem Fahrzeug in einem Stau stand. Auf das hinter dem Kläger stehende Fahrzeug fuhr ein weiteres Fahrzeug auf, welches das mittlere Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers aufschob.
Dr. T. diagnostizierte in dem Durchgangsarztbericht vom 03.05.1993 über die Untersuchung am 22.04.1993 ein HWS-Schleudertrauma Grad I.
Dr. A. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, stellte unter dem 11.05.1993 fest, seit dem Unfall bestünden occipital betonte Kopfschmerzen, die auf ein leichtes HWS-Schleudertrauma zurückzuführen seien.
Mit Schreiben vom 02.02.1995 beantragte der Kläger die Durchführung einer Begutachtung.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. S. , Orthopäde, mit Fremdbefunden des HNO-Arztes Dr. K. sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der Bayerischen Versicherungskammer, Bayerische Beamtenkrankenkasse, bei und holte ein Gutachten von Dr. E./Dr. G. , Radiologen, vom 10.11.1995, ein Gutachten von Dr. G. , Hals-Nasen-Ohrenarzt, vom 08.11.1995, ein Gutachten von Dr. N. , Neurologe und Psychiater, vom 18.11.1995, ein Gutachten von Prof. Dr. B./Dr. S. , Chirurgen, Unfallchirurgen, vom 01.12.1995 und ein Gutachten von Dr. S. , Augenärztin, vom 16.01.1996 ein.
Dr. E./Dr. G. stellten unter anderem eine Osteochondrose der Halswirbel 5/6 und Halswirbel 6/7 mit ventraler und gering auch dorsaler Spondylose fest.
Dr. G. führte aus, dass HNO-ärztlich keine Unfallfolgen festgestellt werden könnten. Das subjektive Ohrrauschen links könne nicht genau bestimmt werden, sei aber mit geringer Lautstärke zu verdecken. Otogene Schwindelerscheinungen seien auszuschließen.
Dr. N. führte aus, dass auf neurologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen bestünden. Das Unfallereignis sei geeignet gewesen, eine Distorsion der Halswirbelsäule nach dem Schweregrad I zu verursachen. Bleibende Unfallfolgen seien nicht gegeben.
Prof. Dr. B./Dr. S. stellten fest, dass Zerrungen nach dem Schweregrad I grundsätzlich innerhalb von vier bis sechs Wochen folgenlos ausheilten. Auf Grund der vorliegenden Röntgenverlaufsserie bzw. auch der veranlassten zervikalen Magnet-Resonanztomographie (MR) seien unfallbedingte Läsionen an der Halswirbelsäule nicht zu objektivieren. Es lägen verschleißbedingte Vorschäden vor. Dementsprechend seien die heute beklagten linksseitigen ziehenden Nackenschmerzen sowie die objektivierbare Teileinschränkung bei der Bewegung dem vorbestehenden Verschleiß zuzuordnen.
Dr. S. führte aus, es sei unwahrscheinlich, dass die geklagte Gesichtsfeldeinschränkung am linken Auge im linken oberen Bereich auf den erlitten Unfall zurückzuführen sei, da anamnestisch kein Hinweis auf eine Commotio cerebri bestehe. Es sei vielmehr ein Zusammenhang mit einer früher erlittenen Schädelprellung und einer 1985 beschriebenen Rindenatrophie anzunehmen.
Mit Bescheid vom 14.03.1996 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Der Unfall habe zu einer Zerrung der Halswirbelsäule geführt, die folgenlos ausgeheilt sei.
Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger unter Vorlage eines Arztbriefes des Dr. S. , Neurologe und Psychiater, vom 23.09.1996 sowie ärztlicher Bescheinigungen von Prof. Dr. K. , Augenarzt, vom 02.10.1996, von Dr. M. , Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, vom 24.10.1996, von Dr. R. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 08.10.1996 und von Dr. S. , Orthopäde, vom 23.12.1996.
Die Beklagte holte dazu eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. K. , Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, vom 24.01.1997 ein und wies darauf gestützt mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.1997 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) und beantragte, ihm ab dem 02.02.1995 wegen des Unfalls vom 19.04.1993 eine Verletztenrente in Höhe einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Das SG zog die einschlägigen Röntgenaufnahmen und einen Befundbericht des Dr. S. bei und holte ein Gutachten bei Dr. G. , Facharzt für Neurochirurgie und Orthopädie, vom 23.02.1998 mit ergänzender Stellungnahme vom 11.11.1998 eingeholt.
Dr. G. führte aus, dass die beim Kläger bestehenden Beschwerden nicht unfallbedingt seien, sondern degenerativ bedingt. Wenngleich die Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1993 nicht mehr auffindbar seien, sei auf degenerative Veränderungen zu schließen. Dr. T. habe im Befund der Unfallaufnahme spondylarthrotische Veränderungen der mittleren HWS beschrieben. Würde man annehmen, es hätte sich auf dem Boden dieser Vorschädigung eine massive Beschleunigung der Degeneration der entsprechenden HWS-Abschnitte entwickelt, hätten Verletzungen der Bandscheiben oder der Längsbänder vorliegen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Es handele sich um einen natürlichen Verlauf der Degeneration, welche in den Röntgenbildern von 1993 und 1995 dokumentiert werde.
Mit Urteil vom 17.02.1999 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass nach Auswertung der Befunde der erstbehandelnden Ärzte und dem Gutachten des Dr. G. von einem leichten HWS-Trauma Schweregrad I auszugehen sei bei nachgewiesenen degenerativen Vorschädigungen. Bleibende Unfallfolgen lägen nicht vor.
Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein und begründete diese unter Vorlage eines im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachtens des Dr. A. , Diplomingenieur, Humanbiologe, vom 08.10.1997. In dem Gutachten wird dargelegt, dass die Schmerzsymptomatik nicht ausschließlich auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückgeführt werden könne, sondern mitursächlich auch gravierende degenerative Veränderungen seien, die sich nach dem Unfall und davon unabhängig weiter entwickelt hätten. Die geklagten Augenbeschwerden, die Gefügelockerung an der Halswirbelsäule und der Tinnitus sowie der Schwindel ließen sich nicht objektivieren bzw. lägen nicht vor.
Der Kläger nahm in der mündlichen Verhandlung am 19.10.1999 die Berufung zurück.
Mit Schreiben vom 15.04.2002 machte der Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attestes von Dr. H. , Sportmedizin/Chiro-therapie, vom 22.02.2002 geltend, dass sich seine Beschwerden seit dem Unfall vom 19.04.1993 verschlechtert hätten.
Mit Bescheid vom 07.05.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 als unbegründet zurück.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 eine Verletztenrente zu gewähren.
Das SG hat Befundberichte des Dr. H. vom 30.09.2002, des Dr. S. vom 09.10.2002, des Dr. Z. , Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, vom 23.10.2002 und der Dr. R. , Allgemeinärztin, sowie die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung beigezogen und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Dr. S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.07.2003 und ein Gutachten des Dr. N. , Facharzt für Orthopädie, vom 03.10.2003 eingeholt. Der Kläger hat zudem Befundberichte und Atteste aus den Jahren 1998 und 1999 vorgelegt sowie ein Attest des Allgemeinarztes H. vom 04.02.2003 sowie eine Fotodokumentation des Fahrzeugs des Unfallbeteiligten, dessen Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers aufgeschoben worden war.
Dr. S. hat ausgeführt, dass durch das HWS-Trauma eine bereits vorgegebene degenerative Veränderung in einen möglicherweise auch später auftretenden Dauerbeschwerdezustand überführt worden sei. Die jetzt gegebene verstärkte Cephalgieneigung und die HWS-Schmerzen seien mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Der aufgetretene Tinnitus und der Schwindel seien auf dem Boden von degenerativen Veränderungen anzusiedeln und könnten nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden.
Dr. N. hat als Unfallfolgen eine traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit daraus folgenden Kopfschmerzen (Nackenkopfschmerzen), Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen, Schlafstörungen und Leistungsminderung festgestellt. Chronische Blockierungen veränderten durch ihren krankhaften Einfluss die für das Gleichgewicht zuständigen Zentren und die Hörbahnen analog den Änderungen am Nervensystem bei chronischen Schmerzen. Für den Unfallzusammenhang sprächen die sofort auftretenden Bewegungseinschränkungen, Kopfschmerzen und Nackenschmerzen, die messbar normalen Durchblutungsverhältnisse der Halsgefäße, die einen durchblutungsbedingten, also unfallunabhängigen Grund für die geklagten Beschwerden hätten begründen können. Auch die augenärztlichen, HNO-ärztlichen und neurologischen Normalbefunde hinsichtlich traumatischer Folgen bzw. die fachliche Nichterklärbarkeit der vorhandenen Symptomatik sprächen für den Unfallzusammenhang. Gegen den Unfallzusammenhang spreche allenfalls die zeitliche Lücke hinsichtlich der nachgereichten Befunde, die andererseits nur die fehlende Besserungstendenz belege. Die Symptome Tinnitus und Hörstörung seien mit 10 v.H. zu bewerten, die unspezifische Sehstörung mit weniger als 10 v.H., aber doch nicht zu vernachlässigen. Der Schwindel sei mit 10 v.H. einzuschätzen, der Kopfschmerz sowie die Schlafstörungen seien ebenfalls mit 10 v.H. einzuschätzen. Dies ergebe eine Gesamt-MdE von 25 v.H., da sämtliche Beeinträchtigungen sich gegenseitig ungünstig beeinflussten.
Mit Urteil vom 26.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die nach § 109 SGG erfolgten gutachterlichen Anhörungen des Dr. S. und des Dr. N. keine andere Beurteilung des Sachverhalts rechtfertigten.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat sich dabei auf die Feststellungen im Gutachten von Dr. N. bezogen. Vorbestehende degenerative Veränderungen hätten nicht bestanden. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Attest des Dr. R. , Orthopäde, vom 03.05.1999.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 und des Bescheides vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 zu verurteilen, eine traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit daraus folgenden Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen und Schlafstörungen als Folgen des Unfalls vom 19.04.1993 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von 25 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten, der Akten L 3 U 153/99, S 9 U 89/97 und S 11 Vs 619/97 sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente hat. Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs.2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Mit Antrag vom 15.04.2002 machte der Kläger ausdrücklich eine Neufeststellung aufgrund einer Verschlimmerung geltend. Um eine erstmalige Rente handelt es sich auch, wenn ihre Voraussetzungen nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt nach § 72 Abs 1 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) vorliegen, sondern erst später infolge Verschlimmerung eintreten (vgl. Ricke/Kasseler Kommentar, § 56 SGB VII, Rdn 38 a). Eine Aufhebung des Bescheides vom 14.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.1997 wurde nicht ausdrücklich beantragt. Soweit der Kläger - sinngemäß - gleichzeitig eine anderweitige Beurteilung desselben Folgezustands anstrebt, richtet sich dies nach den Voraussetzungen des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X ist - soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind - der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der Anspruch des Klägers richtet sich insoweit nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten ist (Art.36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes - UVEG -, § 212 SGB VII).
Der Kläger hat am 19.04.1993 einen Arbeitsunfall im Sinne von §§ 548 Abs.1, 550 RVO erlitten. Anspruch auf Verletztenrente besteht gemäß § 580 Abs.1 RVO dann, wenn die zu entschädigende MdE über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert. Verletztenrente wird nach § 581 Abs.1 RVO gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Als Verletztenrente wird nach § 581 Abs.1 Nr.2 RVO der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger am 19.04.1993 einen Wegeunfall erlitt, der keine Gesundheitsstörungen zur Folge hatte, die bleibende Schäden hervorgerufen haben. Der Wegeunfall hat eine Distorsion der Halswirbelsäule entsprechend einem Schweregrad I zur Folge gehabt, die ab Beginn der 14. Woche nach dem Unfall abgeheilt war. Beim Kläger liegt weder eine Verschlimmerung vor noch ist eine andere Beurteilung des Folgezustandes vorzunehmen. Der Senat stützt sich auf die überzeugenden Darlegungen des Dr. G. sowie auf die Gutachten und Stellungnahmen, die Dr. G. , Dr. N. , Prof. Dr. B./Dr. S. und Dr. S. für die Beklagte erstattet haben und die urkundsbeweislich gewürdigt worden sind. Die Gutachten des Dr. S. und des Dr. N. rechtfertigen keine andere Beurteilung des Sachverhalts. Die vom Kläger nunmehr bestehenden Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus Sehstörungen und Schlafstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Die Erstbefunde von Dr. T. und Dr. A. haben ergeben, dass beim Kläger ein leichtes HWS-Schleudertrauma vorlag. Unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens ist lediglich von einer Verletzung des Weichteilmantels der Halswirbelsäule auszugehen. Eine Zerrung der Halswirbelsäule nach dem Schweregrad II oder Schweregrad III wurde von keinem der Sachverständigen angenommen. Das HWS-Schleudertrauma nach dem Schweregrad I ist nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. G. folgenlos ausgeheilt.
Das Vorliegen degenerativer Vorschäden steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Beweisaufnahme fest. Sowohl Dr. E./Dr. G. und Prof. Dr. B./Dr. S. als auch Dr. G. haben in ihren Gutachten beim Kläger degenerative Veränderungen und Vorschäden festgestellt. Beschrieben wurden in dem Bericht von Dr. T. leichtgradige spondylarthrotische Veränderungen der mittleren HWS. Eine Vorerkrankung der HWS ist zudem auch dem Krankheitsverzeichnis der Bayerischen Versicherungskammer zu entnehmen. Das Gleiche gilt für die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen. Auch insoweit war der Kläger bereits vor dem Unfallzeitpunkt in ärztlicher Behandlung.
Dr. S. geht ebenfalls von einem leichten HWS-Schleudertrauma unter Ausschluss eines Peitschenschlagphänomens aus. Die bestehenden Tinnitus- und Schwindelbeschwerden können auch nach seinen Ausführungen nicht mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht werden. Soweit er im Ergebnis die verstärkte Cephalgie-neigung und die HWS-Schmerzen als durch den Unfall mitverursacht annimmt, kann dies nicht überzeugen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Begründung nicht widerspruchsfrei ist. Ob Dr. S. von einer wesentlichen Bedingung im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre ausgeht, wenn er ausführt, dass eine sichere Auslösung der Beschwerden ohne Unfall nicht eindeutig angenommen werden könne, bleibt offen.
Das Gutachten des Dr. N. kann ebenfalls nicht überzeugen. Die von ihm angenommene traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit Auswirkungen auf das Nervensystem, insbesondere auf die für das Gleichgewicht zuständigen Zentren und die Hörbahnen, entsprechend den Änderungen am Nervensystem bei chronischen Schmerzen, stellt eine Diagnose dar, die von keinem der behandelnden Ärzte oder Gutachter bestätigt wird. Die im Verfahren gehörten Gutachter, insbesondere auf neurologischem Fachgebiet, haben eine entsprechende chronische Blockierung mit Veränderungen im Nervensystem nicht festgestellt, insbesondere bestätigt Dr. S. die Ergebnisse des Dr. N. entgegen seinen Ausführungen nicht. Auch die von Dr. N. für einen Unfallzusammenhang angegebenen sofort eingetretenen Bewegungseinschränkungen sind nicht belegt. Der Kläger konnte vielmehr nach dem Unfallereignis weiterarbeiten. In einer Nachuntersuchung bei Dr. T. am 18.06.1993 wurde eine weitgehend freie und schmerzlose Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei unauffälligem neurologischem Befund festgestellt. Nicht nachvollziehbar ist es, dass nach den Darlegungen des Dr. N. die auf augenärztlichem, HNO-ärztlichem und neurologischem Fachgebiet festgestellten Normalbefunde für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der jetzt gegebenen Beschwerden mit dem Unfall sprechen sollen. Eine von Dr. N. angenommene fachliche Nichterklärbarkeit der Symptomatik lässt nicht auf einen Unfallzusammenhang schließen. Auch soweit Dr. N. von einer anhaltenden Symptomatik wegen fehlender spezifischer Behandlung und Beseitigung der bestehenden unfallbedingten Krankheitsursache der Blockierung der HWS-Gelenke ausgeht, kann dies nicht überzeugen. Selbst wenn der Kläger im Jahr 1993 noch mehrmals Dr. T. zur Behandlung aufgesucht hat, ist eine erhebliche Behandlungsnotwendigkeit jedenfalls nicht dokumentiert. Der Kläger hat erst im Januar 1995 Dr. S. konsultiert. Auch hat er seine Beschwerden erst zwei Jahre nach dem Unfallereignis mit diesem in Zusammenhang gebracht.
Der Senat verweist im Übrigen auf die ausführlichen Darlegungen im erstinstanzlichen Urteil (§ 153 Abs 2 SGG).
Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Es war daher weder eine andere Beurteilung desselben Folgezustandes möglich noch war eine Verschlimmerung festzustellen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Wegeunfalls vom 19.04.1993.
Der 1933 geborene Kläger, zum Zeitpunkt des Unfalls Außendienstmitarbeiter der Firma B. Vertriebs GmbH, erlitt am 19.04.1993 einen Verkehrsunfall, als er mit seinem Fahrzeug in einem Stau stand. Auf das hinter dem Kläger stehende Fahrzeug fuhr ein weiteres Fahrzeug auf, welches das mittlere Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers aufschob.
Dr. T. diagnostizierte in dem Durchgangsarztbericht vom 03.05.1993 über die Untersuchung am 22.04.1993 ein HWS-Schleudertrauma Grad I.
Dr. A. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, stellte unter dem 11.05.1993 fest, seit dem Unfall bestünden occipital betonte Kopfschmerzen, die auf ein leichtes HWS-Schleudertrauma zurückzuführen seien.
Mit Schreiben vom 02.02.1995 beantragte der Kläger die Durchführung einer Begutachtung.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. S. , Orthopäde, mit Fremdbefunden des HNO-Arztes Dr. K. sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der Bayerischen Versicherungskammer, Bayerische Beamtenkrankenkasse, bei und holte ein Gutachten von Dr. E./Dr. G. , Radiologen, vom 10.11.1995, ein Gutachten von Dr. G. , Hals-Nasen-Ohrenarzt, vom 08.11.1995, ein Gutachten von Dr. N. , Neurologe und Psychiater, vom 18.11.1995, ein Gutachten von Prof. Dr. B./Dr. S. , Chirurgen, Unfallchirurgen, vom 01.12.1995 und ein Gutachten von Dr. S. , Augenärztin, vom 16.01.1996 ein.
Dr. E./Dr. G. stellten unter anderem eine Osteochondrose der Halswirbel 5/6 und Halswirbel 6/7 mit ventraler und gering auch dorsaler Spondylose fest.
Dr. G. führte aus, dass HNO-ärztlich keine Unfallfolgen festgestellt werden könnten. Das subjektive Ohrrauschen links könne nicht genau bestimmt werden, sei aber mit geringer Lautstärke zu verdecken. Otogene Schwindelerscheinungen seien auszuschließen.
Dr. N. führte aus, dass auf neurologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen bestünden. Das Unfallereignis sei geeignet gewesen, eine Distorsion der Halswirbelsäule nach dem Schweregrad I zu verursachen. Bleibende Unfallfolgen seien nicht gegeben.
Prof. Dr. B./Dr. S. stellten fest, dass Zerrungen nach dem Schweregrad I grundsätzlich innerhalb von vier bis sechs Wochen folgenlos ausheilten. Auf Grund der vorliegenden Röntgenverlaufsserie bzw. auch der veranlassten zervikalen Magnet-Resonanztomographie (MR) seien unfallbedingte Läsionen an der Halswirbelsäule nicht zu objektivieren. Es lägen verschleißbedingte Vorschäden vor. Dementsprechend seien die heute beklagten linksseitigen ziehenden Nackenschmerzen sowie die objektivierbare Teileinschränkung bei der Bewegung dem vorbestehenden Verschleiß zuzuordnen.
Dr. S. führte aus, es sei unwahrscheinlich, dass die geklagte Gesichtsfeldeinschränkung am linken Auge im linken oberen Bereich auf den erlitten Unfall zurückzuführen sei, da anamnestisch kein Hinweis auf eine Commotio cerebri bestehe. Es sei vielmehr ein Zusammenhang mit einer früher erlittenen Schädelprellung und einer 1985 beschriebenen Rindenatrophie anzunehmen.
Mit Bescheid vom 14.03.1996 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Der Unfall habe zu einer Zerrung der Halswirbelsäule geführt, die folgenlos ausgeheilt sei.
Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger unter Vorlage eines Arztbriefes des Dr. S. , Neurologe und Psychiater, vom 23.09.1996 sowie ärztlicher Bescheinigungen von Prof. Dr. K. , Augenarzt, vom 02.10.1996, von Dr. M. , Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, vom 24.10.1996, von Dr. R. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 08.10.1996 und von Dr. S. , Orthopäde, vom 23.12.1996.
Die Beklagte holte dazu eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. K. , Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, vom 24.01.1997 ein und wies darauf gestützt mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.1997 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) und beantragte, ihm ab dem 02.02.1995 wegen des Unfalls vom 19.04.1993 eine Verletztenrente in Höhe einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Das SG zog die einschlägigen Röntgenaufnahmen und einen Befundbericht des Dr. S. bei und holte ein Gutachten bei Dr. G. , Facharzt für Neurochirurgie und Orthopädie, vom 23.02.1998 mit ergänzender Stellungnahme vom 11.11.1998 eingeholt.
Dr. G. führte aus, dass die beim Kläger bestehenden Beschwerden nicht unfallbedingt seien, sondern degenerativ bedingt. Wenngleich die Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1993 nicht mehr auffindbar seien, sei auf degenerative Veränderungen zu schließen. Dr. T. habe im Befund der Unfallaufnahme spondylarthrotische Veränderungen der mittleren HWS beschrieben. Würde man annehmen, es hätte sich auf dem Boden dieser Vorschädigung eine massive Beschleunigung der Degeneration der entsprechenden HWS-Abschnitte entwickelt, hätten Verletzungen der Bandscheiben oder der Längsbänder vorliegen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Es handele sich um einen natürlichen Verlauf der Degeneration, welche in den Röntgenbildern von 1993 und 1995 dokumentiert werde.
Mit Urteil vom 17.02.1999 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass nach Auswertung der Befunde der erstbehandelnden Ärzte und dem Gutachten des Dr. G. von einem leichten HWS-Trauma Schweregrad I auszugehen sei bei nachgewiesenen degenerativen Vorschädigungen. Bleibende Unfallfolgen lägen nicht vor.
Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein und begründete diese unter Vorlage eines im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachtens des Dr. A. , Diplomingenieur, Humanbiologe, vom 08.10.1997. In dem Gutachten wird dargelegt, dass die Schmerzsymptomatik nicht ausschließlich auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückgeführt werden könne, sondern mitursächlich auch gravierende degenerative Veränderungen seien, die sich nach dem Unfall und davon unabhängig weiter entwickelt hätten. Die geklagten Augenbeschwerden, die Gefügelockerung an der Halswirbelsäule und der Tinnitus sowie der Schwindel ließen sich nicht objektivieren bzw. lägen nicht vor.
Der Kläger nahm in der mündlichen Verhandlung am 19.10.1999 die Berufung zurück.
Mit Schreiben vom 15.04.2002 machte der Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attestes von Dr. H. , Sportmedizin/Chiro-therapie, vom 22.02.2002 geltend, dass sich seine Beschwerden seit dem Unfall vom 19.04.1993 verschlechtert hätten.
Mit Bescheid vom 07.05.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 als unbegründet zurück.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 eine Verletztenrente zu gewähren.
Das SG hat Befundberichte des Dr. H. vom 30.09.2002, des Dr. S. vom 09.10.2002, des Dr. Z. , Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, vom 23.10.2002 und der Dr. R. , Allgemeinärztin, sowie die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung beigezogen und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Dr. S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.07.2003 und ein Gutachten des Dr. N. , Facharzt für Orthopädie, vom 03.10.2003 eingeholt. Der Kläger hat zudem Befundberichte und Atteste aus den Jahren 1998 und 1999 vorgelegt sowie ein Attest des Allgemeinarztes H. vom 04.02.2003 sowie eine Fotodokumentation des Fahrzeugs des Unfallbeteiligten, dessen Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers aufgeschoben worden war.
Dr. S. hat ausgeführt, dass durch das HWS-Trauma eine bereits vorgegebene degenerative Veränderung in einen möglicherweise auch später auftretenden Dauerbeschwerdezustand überführt worden sei. Die jetzt gegebene verstärkte Cephalgieneigung und die HWS-Schmerzen seien mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Der aufgetretene Tinnitus und der Schwindel seien auf dem Boden von degenerativen Veränderungen anzusiedeln und könnten nicht in Zusammenhang mit dem Unfall gebracht werden.
Dr. N. hat als Unfallfolgen eine traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit daraus folgenden Kopfschmerzen (Nackenkopfschmerzen), Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen, Schlafstörungen und Leistungsminderung festgestellt. Chronische Blockierungen veränderten durch ihren krankhaften Einfluss die für das Gleichgewicht zuständigen Zentren und die Hörbahnen analog den Änderungen am Nervensystem bei chronischen Schmerzen. Für den Unfallzusammenhang sprächen die sofort auftretenden Bewegungseinschränkungen, Kopfschmerzen und Nackenschmerzen, die messbar normalen Durchblutungsverhältnisse der Halsgefäße, die einen durchblutungsbedingten, also unfallunabhängigen Grund für die geklagten Beschwerden hätten begründen können. Auch die augenärztlichen, HNO-ärztlichen und neurologischen Normalbefunde hinsichtlich traumatischer Folgen bzw. die fachliche Nichterklärbarkeit der vorhandenen Symptomatik sprächen für den Unfallzusammenhang. Gegen den Unfallzusammenhang spreche allenfalls die zeitliche Lücke hinsichtlich der nachgereichten Befunde, die andererseits nur die fehlende Besserungstendenz belege. Die Symptome Tinnitus und Hörstörung seien mit 10 v.H. zu bewerten, die unspezifische Sehstörung mit weniger als 10 v.H., aber doch nicht zu vernachlässigen. Der Schwindel sei mit 10 v.H. einzuschätzen, der Kopfschmerz sowie die Schlafstörungen seien ebenfalls mit 10 v.H. einzuschätzen. Dies ergebe eine Gesamt-MdE von 25 v.H., da sämtliche Beeinträchtigungen sich gegenseitig ungünstig beeinflussten.
Mit Urteil vom 26.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die nach § 109 SGG erfolgten gutachterlichen Anhörungen des Dr. S. und des Dr. N. keine andere Beurteilung des Sachverhalts rechtfertigten.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat sich dabei auf die Feststellungen im Gutachten von Dr. N. bezogen. Vorbestehende degenerative Veränderungen hätten nicht bestanden. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Attest des Dr. R. , Orthopäde, vom 03.05.1999.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 und des Bescheides vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 zu verurteilen, eine traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit daraus folgenden Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen und Schlafstörungen als Folgen des Unfalls vom 19.04.1993 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von 25 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten, der Akten L 3 U 153/99, S 9 U 89/97 und S 11 Vs 619/97 sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente hat. Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs.2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Mit Antrag vom 15.04.2002 machte der Kläger ausdrücklich eine Neufeststellung aufgrund einer Verschlimmerung geltend. Um eine erstmalige Rente handelt es sich auch, wenn ihre Voraussetzungen nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt nach § 72 Abs 1 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) vorliegen, sondern erst später infolge Verschlimmerung eintreten (vgl. Ricke/Kasseler Kommentar, § 56 SGB VII, Rdn 38 a). Eine Aufhebung des Bescheides vom 14.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.1997 wurde nicht ausdrücklich beantragt. Soweit der Kläger - sinngemäß - gleichzeitig eine anderweitige Beurteilung desselben Folgezustands anstrebt, richtet sich dies nach den Voraussetzungen des § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X ist - soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind - der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der Anspruch des Klägers richtet sich insoweit nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten ist (Art.36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes - UVEG -, § 212 SGB VII).
Der Kläger hat am 19.04.1993 einen Arbeitsunfall im Sinne von §§ 548 Abs.1, 550 RVO erlitten. Anspruch auf Verletztenrente besteht gemäß § 580 Abs.1 RVO dann, wenn die zu entschädigende MdE über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert. Verletztenrente wird nach § 581 Abs.1 RVO gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Als Verletztenrente wird nach § 581 Abs.1 Nr.2 RVO der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger am 19.04.1993 einen Wegeunfall erlitt, der keine Gesundheitsstörungen zur Folge hatte, die bleibende Schäden hervorgerufen haben. Der Wegeunfall hat eine Distorsion der Halswirbelsäule entsprechend einem Schweregrad I zur Folge gehabt, die ab Beginn der 14. Woche nach dem Unfall abgeheilt war. Beim Kläger liegt weder eine Verschlimmerung vor noch ist eine andere Beurteilung des Folgezustandes vorzunehmen. Der Senat stützt sich auf die überzeugenden Darlegungen des Dr. G. sowie auf die Gutachten und Stellungnahmen, die Dr. G. , Dr. N. , Prof. Dr. B./Dr. S. und Dr. S. für die Beklagte erstattet haben und die urkundsbeweislich gewürdigt worden sind. Die Gutachten des Dr. S. und des Dr. N. rechtfertigen keine andere Beurteilung des Sachverhalts. Die vom Kläger nunmehr bestehenden Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus Sehstörungen und Schlafstörungen sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Die Erstbefunde von Dr. T. und Dr. A. haben ergeben, dass beim Kläger ein leichtes HWS-Schleudertrauma vorlag. Unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens ist lediglich von einer Verletzung des Weichteilmantels der Halswirbelsäule auszugehen. Eine Zerrung der Halswirbelsäule nach dem Schweregrad II oder Schweregrad III wurde von keinem der Sachverständigen angenommen. Das HWS-Schleudertrauma nach dem Schweregrad I ist nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. G. folgenlos ausgeheilt.
Das Vorliegen degenerativer Vorschäden steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Beweisaufnahme fest. Sowohl Dr. E./Dr. G. und Prof. Dr. B./Dr. S. als auch Dr. G. haben in ihren Gutachten beim Kläger degenerative Veränderungen und Vorschäden festgestellt. Beschrieben wurden in dem Bericht von Dr. T. leichtgradige spondylarthrotische Veränderungen der mittleren HWS. Eine Vorerkrankung der HWS ist zudem auch dem Krankheitsverzeichnis der Bayerischen Versicherungskammer zu entnehmen. Das Gleiche gilt für die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen. Auch insoweit war der Kläger bereits vor dem Unfallzeitpunkt in ärztlicher Behandlung.
Dr. S. geht ebenfalls von einem leichten HWS-Schleudertrauma unter Ausschluss eines Peitschenschlagphänomens aus. Die bestehenden Tinnitus- und Schwindelbeschwerden können auch nach seinen Ausführungen nicht mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht werden. Soweit er im Ergebnis die verstärkte Cephalgie-neigung und die HWS-Schmerzen als durch den Unfall mitverursacht annimmt, kann dies nicht überzeugen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Begründung nicht widerspruchsfrei ist. Ob Dr. S. von einer wesentlichen Bedingung im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre ausgeht, wenn er ausführt, dass eine sichere Auslösung der Beschwerden ohne Unfall nicht eindeutig angenommen werden könne, bleibt offen.
Das Gutachten des Dr. N. kann ebenfalls nicht überzeugen. Die von ihm angenommene traumatische Blockierung der Halswirbelkörper 1 und 2 mit Auswirkungen auf das Nervensystem, insbesondere auf die für das Gleichgewicht zuständigen Zentren und die Hörbahnen, entsprechend den Änderungen am Nervensystem bei chronischen Schmerzen, stellt eine Diagnose dar, die von keinem der behandelnden Ärzte oder Gutachter bestätigt wird. Die im Verfahren gehörten Gutachter, insbesondere auf neurologischem Fachgebiet, haben eine entsprechende chronische Blockierung mit Veränderungen im Nervensystem nicht festgestellt, insbesondere bestätigt Dr. S. die Ergebnisse des Dr. N. entgegen seinen Ausführungen nicht. Auch die von Dr. N. für einen Unfallzusammenhang angegebenen sofort eingetretenen Bewegungseinschränkungen sind nicht belegt. Der Kläger konnte vielmehr nach dem Unfallereignis weiterarbeiten. In einer Nachuntersuchung bei Dr. T. am 18.06.1993 wurde eine weitgehend freie und schmerzlose Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei unauffälligem neurologischem Befund festgestellt. Nicht nachvollziehbar ist es, dass nach den Darlegungen des Dr. N. die auf augenärztlichem, HNO-ärztlichem und neurologischem Fachgebiet festgestellten Normalbefunde für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der jetzt gegebenen Beschwerden mit dem Unfall sprechen sollen. Eine von Dr. N. angenommene fachliche Nichterklärbarkeit der Symptomatik lässt nicht auf einen Unfallzusammenhang schließen. Auch soweit Dr. N. von einer anhaltenden Symptomatik wegen fehlender spezifischer Behandlung und Beseitigung der bestehenden unfallbedingten Krankheitsursache der Blockierung der HWS-Gelenke ausgeht, kann dies nicht überzeugen. Selbst wenn der Kläger im Jahr 1993 noch mehrmals Dr. T. zur Behandlung aufgesucht hat, ist eine erhebliche Behandlungsnotwendigkeit jedenfalls nicht dokumentiert. Der Kläger hat erst im Januar 1995 Dr. S. konsultiert. Auch hat er seine Beschwerden erst zwei Jahre nach dem Unfallereignis mit diesem in Zusammenhang gebracht.
Der Senat verweist im Übrigen auf die ausführlichen Darlegungen im erstinstanzlichen Urteil (§ 153 Abs 2 SGG).
Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Es war daher weder eine andere Beurteilung desselben Folgezustandes möglich noch war eine Verschlimmerung festzustellen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.06.2006 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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