L 8 AL 386/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 738/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 386/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 6. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Minderung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld - Alg - wegen verspäteter Meldung streitig.

Der 1957 geborene Kläger meldete sich am 24.06.2003 nach einer Beschäftigung vom 15.01.2003 bis 07.07.2003 arbeitslos und bezog Alg. Nachdem er der Beklagten mitgeteilt hatte, dass er ab 01.09.2003 bei der Firma M. M. (M) in Arbeit sei, erteilte diese einen Aufhebungsbescheid vom 26.08.2003, der auch eine Belehrung über die Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung enthielt. Bei M war der Kläger vom 01.09.2003 bis 31.08. 2004 beschäftigt. Die ersten sechs Kalendermonate sollten laut Anstellungsvertrag als Probezeit gelten und bis zum 29.02.2004 (Probezeit) befristet sein. Die Befristung wurde verlängert bis zum 31.08.2004. Mit Schreiben vom 07.07.2004 wies M den Kläger darauf hin, dass das befristete Arbeitsverhältnis am 31.08.2004 beendet werde und dass er sich zum Erhalt von ungekürzten Ansprüchen gegenüber der Agentur für Arbeit (AA) unverzüglich als arbeitssuchend zu melden habe.

Am 13.07.2004 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos.

Mit Bescheid vom 09.09.2004 bewilligte die Beklagte gekürztes Alg ab 01.09.2004 für 256 Kalendertage in Höhe von 182,91 EUR wöchentlich (ungekürzt 365,75 EUR) und führte aus, dass der Kläger sich spätestens am 01.06.2004 bei der Beklagten arbeitssuchend hätte melden müssen (Schreiben vom 03.09.2004). Seine Meldung sei um 42 Tage zu spät erfolgt. Der Anspruch mindere sich um 50,- EUR um jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. Es errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.500,- EUR. Die Minderung erfolge, indem dieser Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde, das heiße, dem Kläger werde bis zur vollständigen Minderung des Betrages nur die Hälfte der ohne die Minderung zustehenden Leistung ausbezahlt. Die Anrechnung beginne am 01.09.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 28.10.2004 beendet.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es habe keine Veranlassung bestanden, sich vor dem 13.07.2004 zu melden. Denn der Anstellungsvertrag regele bei der Vertragsdauer, dass das Ar-beitsverhältnis nur dann ohne Kündigung ende, wenn nicht spätestens vier Wochen vor der Beendigung die Übernahme zu den Bedingungen dieses Vertrages in ein Dauerarbeitsverhältnis angeboten werde. An dieser Klausel sei auch bei Verlängerung des Anstellungsvertrages vom 27.01.2004 nichts verändert worden. Erst mit dem Schreiben vom 07.07.2004 seien die Voraussetzungen für eine Anzeigepflicht gegeben gewesen. Wenn das Wort "frühestens" in Satz 2 des § 37b einen Sinn haben solle, dann zeige dies das hier anstehende Regelungssystem des Vertrages auf. Der befristete Vertrag habe auf jeden Fall bis zum Ende des letzten Monats vor der befristeten Beendigung eine Vertragsfortsetzung vorgesehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2004 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeit-punkts des Beschäftigungsverhältnisses bei der M persönlich arbeitssuchend zu melden. Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.08.2004 habe er bereits bei Abschluss des (verlängerten) befristeten Arbeitsvertrages am 27.01.2004 erlangt. Die Meldepflicht sei bereits bei Abschluss des (verlängerten) befristeten Arbeitsvertrages eingetreten, so dass der Kläger verpflichtet gewesen sei, sich drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses - hier also am 01.06.2004 - arbeitssuchend zu melden. Zu diesem Termin sei der bis 31.08.2004 befristete Arbeitsvertrag nicht verlängert bzw. nicht in ein Dauerarbeitsverhältnis umgewandelt worden. Der Kläger habe somit nicht davon ausgehen können, dass er nicht oder erst zu einem späteren Termin arbeitslos werde. Zumindest habe noch immer der Eintritt der Arbeitslosigkeit zum 01.09.2004 gedroht, so dass eine unverzügliche Meldung zum 01.06.2004 für rechtzeitige Vermittlungsbemühungen der AA notwendig gewesen sei. Der Kläger habe sich jedoch erst am 13.07.2004 und damit 42 Tage verspätet persönlich bei der AA gemeldet.

Gegen die genannten Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg - SG - erhoben. Er sei erst mit Schreiben vom 07.07.2004 darüber informiert worden, dass sein am 31.08.2004 endendes Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde. Er habe sich deshalb unverzüglich, am 13.07.2004 arbeitslos gemeldet. Nach der gesetzlichen Vorschrift müsse sich der Bürger frühestens drei Monate vor der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses melden, aber nur dann, wenn die Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt nach den vereinbarten Vertragsbedingungen beste-he. Das sei frühestens mit dem Schreiben vom 07.07.2004 geschehen. Er habe nicht schuldhaft gehandelt. Die gesetzlich geregelte Obliegenheit sei nicht hinreichend bestimmt. Aus dem Gesetz ergebe sich nicht, bis zu welchem Zeitpunkt die Meldung zu erfolgen habe. Für befristete Verhältnisse sei nicht bestimmt, bis zu welchem Zeitpunkt die Meldung spätestens zu erfolgen habe.

Mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 hat die Beklagte den Minderungsbetrag von 1.500,- auf 1.450,- EUR (29 Tage x 50,- EUR) verringert, da nach der neuesten Weisungslage Tage fehlender Dienstbereitschaft der AA im Verspätungszeitraum auszunehmen seien; dieser Bescheid werde nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens.

Mit Urteil vom 6. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei § 37b Satz 2 als unselbständige Begrenzung des Satzes 1 anzusehen. Das bedeute, dass an sich auch der Beschäftigte, der in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehe, unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts zur Meldung angehalten sei, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden müsse, auch wenn ihm bereits vorher der Zeitpunkt der Beendigung bekannt sei. Satz 2 sei mit der Verwendung des Begriffs "frühestens" unglücklich gefasst worden. Nach Sinn und Zweck der Regelung sei Satz 2 so auszulegen, dass spätestens drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen habe. Dieser Obliegenheit sei der Kläger nicht nachgekommen, da er sich nicht bereits am 01.06.2004, also drei Monate vor Beendigung des bis zum 31.08.2004 befristeten Arbeitsverhältnisses, sondern erst am 13.07.2004 arbeitssuchend gemeldet habe. Der Kläger habe auch nicht unverschuldet gehandelt. Dabei sei auch die Kenntnis über das Bestehen der Obliegenheit von Bedeutung, so dass im Rahmen des Merkmals ohne schuldhaftes Zögern auch zu prüfen sei, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis gewesen sei. In diesem Zusammenhang habe das BSG betont, dass im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung zu beachten sei, dass Satz 2 hinsichtlich des Zeitpunkts des Entstehens der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse klarer und eindeutiger hätte formuliert werden können. Dies sei bei der subjektiven Vorwerfbarkeit zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ausgeführt, sein Arbeitsverhältnis sei kraft seiner besonderen Ausgestaltung über die Beendigung nicht von Satz 2 des § 37b in der Fassung des Jahres 2004 erfasst. Das Arbeitsverhältnis sei nicht schlicht befristet gewesen, sondern es sei hinsichtlich seiner Beendigungsregelung konkret dahingehend geregelt gewesen, dass es ohne Kündigung und Beteiligung über die Beendigung mit Ablauf der Frist ende, sofern nicht bis spätestens vier Wochen vorher die Übernahme zu den Bedingungen dieses Vertrages in ein Dauerarbeitsverhältnis angeboten werde. Das Arbeitsverhältnis sei einmal verlängert worden. Für ihn habe keine Veranlassung bestanden, bereits zum 01.06.2004 sich als frühestens arbeitssuchend bei der Beklagten zu melden, weil laut Verlängerungsvertrag vom 27.01.2004 alle anderen Vertragspunkte unverändert fortgelten würden. Ferner bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 140 SGB III. Ihm sei bei der Arbeitslosmeldung am 13.07.2004 erklärt worden, es habe für ihn keine vermittelbare Stelle gegeben. Soweit ihm zwei andere Möglichkeiten einer Beschäftigungssuche genannt worden seien, habe es sich um veraltete Angebote gehandelt, die er sofort wahrzunehmen versucht habe: er habe jedoch Absagen bekommen mit der Begründung, die Stellen seien bereits seit Monaten vergeben. Es sei daraufhin zu keiner weiteren Vermittlungsaktivität der Beklagten gekommen. Vielmehr sei es ihm aufgrund seiner Bemühungen gelungen, eine Arbeitsstelle zu finden. Die Angabe, sein Berufsbild sei bei der AA in D. nicht bekannt, werde korrigiert. Konkret am 13.07.2004 sei ihm erklärt worden, dass für dieses Berufsbild, welches relativ selten sei, die AA in D. keine Angebote habe. Auf seine Frage, ob die Agentur in D. dann für M. etwas anbieten könne, sei ihm erklärt worden, M. läge außerhalb seiner Zumutbarkeitsgrenze. Dafür sei D. nicht zuständig. Damit sei für ihn die Meldung bei der AA in D. als wertlos präzisiert worden. Für eine solche Situation sei § 140 nicht anwendbar. Das Merkblatt spreche gerade den streitgegenständlichen Fall nicht an.

Der Kläger stellt den Antrag: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg, S 7 AL 738/04, vom 06.10.2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung der Bescheide vom 03.09.2004 und 09.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2004 und des Änderungsbescheides vom 09.03.2006 dem Kläger ab 01.09.2004 Arbeitslosengeld in ungeminderter Höhe zu gewähren.

3. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, am 26.08.2003 sei ein Aufhebungsbescheid im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme am 01.09.2003 ergangen, in dem auf die Obliegenheitspflicht des § 37b SGB III aufmerksam gemacht worden sei. Dem Kläger sei bei seiner Arbeitslosmeldung am 24.06.2003 ein Merkblatt für Arbeitslose, Stand April 2003, ausgehändigt worden. Darin sei der Kläger zusätzlich zu den Ausführungen im Aufhebungsbescheid ausdrücklich auf die geänderte Rechtslage zum 01.07.2003 hingewiesen worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Passus des Angestelltenvertrages vom 11.08.2003, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf von sechs Monaten ende, ohne dass es einer Kündigung oder Mitteilung bedürfe, sofern der Arbeitgeber nicht spätestens vier Wochen vorher die Übernahme zu den Bedingungen dieses Vertrages in ein Dauerarbeitsverhältnis anbiete, auch nach der Verlängerung vom 27.01.2004 gelte. Es sei aber anzumerken, dass hier ausdrücklich von einer Geltung in der Probezeit die Rede sei. Jedenfalls handle es sich nur um eine einzelvertragliche Vereinbarung, damit der Arbeitnehmer nicht bis zum letzten Arbeitstag hoffe, doch noch eine Verlängerung des Arbeitsvertrages zu bekommen. Diese Hoffnung, vier Wochen vor Ende des Arbeitsverhältnisses eine Verlängerung des Vertrages angeboten zu bekommen, reiche jedoch nicht aus, um die Meldepflicht entfallen zu lassen, da der Arbeitnehmer damit rechnen und davon ausgehen müsse, dass das Arbeitsverhältnis zu dem mitgeteilten Befristungsende auch ende und damit Arbeitslosigkeit eintrete. Es liege kein Fall unverschuldeter Rechtsunkenntnis vor.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte und der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, ein Ausschließungsgrund (§ 144 SGG) liegt nicht vor. Die Berufungsforderung überschreitet einen Betrag von 500 Euro.

Die gegen das klageabweisende Urteil des SG gerichtete Berufung ist unbegründet, da die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig sind. Zu Recht hat die Beklagte das dem Kläger zustehende Alg gemindert. Der Kläger hat die sich aus § 37 b SGB III ergebende Obliegenheit verletzt und dabei auch schuldhaft gehandelt.

Gegenstand des Verfahrens ist die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 1450,00 EUR, die durch Einbehaltung von täglich 26,12 EUR vom 01.09.2004 bis 28.10.2004 vollzogen wurde. Streitgegenstand sind damit die Bescheide (Schreiben) vom 03.09.2004 und vom 09.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2004, mit denen die Minderung festgestellt und auf die Einbehaltung hingewiesen worden ist, sowie der gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - zum Verfahrensgegenstand gewordene Änderungsbescheid vom 09.03.2006, mit dem der Minderungsbetrag von 1.500,- EUR auf 1.450,- EUR herabgesetzt worden ist. Dabei handelt es sich um eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides über die Minderung des Alg-Anspruchs (vgl hierzu BSG Urteil vom 18. August 2005 - B 7a AL 4/05 R; Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R). Der Kläger hat sein Begehren in zutreffender Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) nach vorheriger Durchführung eines Vorverfahrens verfolgt.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf die §§ 37b, 140 SGB III i.d.F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 23.12.2002 - BGBl. I 4607, Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I 4607 (mWv 1.7.2003), mit denen vom Gesetzgeber weitere Obliegenheiten im Versicherungsverhältnis der Arbeitslosenversicherung mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten eingeführt worden sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Nach der vorliegend geltenden Fassung der §§ 37b, 140 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeit-punkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Nach dem damaligen Gesetzeswortlaut hatte die Meldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen, § 37 b S. 2 SGB III. Die durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005 erfolgten Änderungen von § 37b Abs. 1 SGB III gelten bei dem Kläger noch nicht. Die Folgen einer Pflichtverletzung waren im Rahmen der hier geltenden Fassung des SGB III (Fassung aufgrund des ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) in § 140 SGB III (abgeändert nach dem Dritten Arbeitsmarktreformgesetz hinsichtlich der Beträge) geregelt. Danach minderte sich das Alg, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist, wenn sich der Arbeitslose nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hatte, und zwar bei einem Bemessungsentgelt über 700,00 Euro um 50,00 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung (§ 140 SGB III Satz 2 Nr.3), höchstens um einen Betrag, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet.

Dieses Gesamtkonzept der §§ 37b, 140 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung hält der Senat für mit der Verfassung vereinbar. Zwar ist der vom Kläger erworbene Anspruch auf Alg wie Eigentum geschützt. Mit den angesprochenen Regelungen erfolgten aber zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Der Eingriff geschah etwa in einer Größenordnung wie bei der Feststellung einer Sperrzeit über vier Wochen, wie es bei diversen Tatbeständen des § 144 SGB III in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auch der Fall ist. Die Minderung des Anspruchs war auch von einem legitimen Zweck getragen, nämlich der Begrenzung des Risikofalles, soweit er eine Mitwirkung des Versicherten erfordert. Insoweit handelte sich auch um ein geeignetes Mittel zur Risikosteuerung (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 37b, 140 SGB III BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 14 ff).

Auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen - wie dem vorliegenden - gilt die Meldeverpflichtung (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R und vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R). Der Arbeitnehmer hat sich auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden. Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 37b Satz 2 SGB III ist die Norm bei befristeten Arbeitsverhältnissen wie dem vorliegenden mit einer Dauer von mehr als drei Monaten so auszulegen, dass "spätestens" drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat (vgl. z.B. BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 15; ebenso Coseriu/Jakob, aaO; Spellbrink, aaO; Brand in Niesel, SGB III, 3. Aufl 2005, § 37b RdNr 15).

Dass hier ein befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, ergibt sich in eindeutiger Weise aus dem zwischen dem Kläger und M abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 11.08.2003 und der am 27.01.2004 vorgenommenen Verlängerung bis 31.08.2004. Insbesondere die letztgenannte Vereinbarung lässt keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, das ohne weitere Erklärungen zu dem genannten Zeitpunkt endete.

Eine objektive Obliegenheitsverletzung im Sinne der dargestellten Grundsätze liegt angesichts der erst am 13.07.2004 erfolgten Anzeige des Klägers von der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2004 vor, und zwar unabhängig davon, ob man die Meldeverpflichtung bereits mit dem ersten Vertragsabschluss am 26.08. 2003 oder erst mit der Verlängerung vom 27.01.2004 (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 27.02.2007, Aktenzeichen: L 8 AL 210/06) annimmt. Denn der Kläger hatte spätestens bei Annahme des Angebots vom 27.01.2004 Kenntnis von dem Zeitpunkt der Beendigung seines befristeten Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2004 gehabt. Aus dem Angebotsschreiben der M vom 27.01. 2004 ergibt sich zum einen zweifelsfrei, dass der Kläger nach Ablauf der Probezeit zum 29.02.2004 gerade nicht in ein unbefristetes Anstellungsverhältnis übernommen werden sollte. Zum anderen lässt sich dem Schreiben nicht einmal andeutungsweise entnehmen, dass eine (nochmalige) Verlängerung des Anstellungsverhältnisses in Betracht kommen könnte. Auch ist keine Zusage des Arbeitgebers über eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über den 31.08.2004 hinaus erfolgt.

Das für die Minderung des Alg vorauszusetzende Verschulden ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Minderung des Alg wegen einer Verletzung der grundsätzlich auch für befristete Ar-beitsverhältnisse bestehenden Obliegenheit des § 37b Satz 1 SGB III setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtsgesetzes, der sich der Senat anschließt, auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R und vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R und vom 18.8.2005, B 7a AL 4/05 R, B 7a/7 AL 94/04 R und B 7a/7 AL 80/04 R). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, vgl. Urteile vom 25.05.2005, Az: B 11a/11 AL 81/04 R, und B 11a/11 AL 47/04 R, 18.08.2005, Az: B 7a AL 4/05 R, 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R und Az: B 7a AL 50/05 R) tritt eine Minderung des Alg nach § 140 SGB III nicht ein, wenn dem Arbeitslosen kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann. Im Rahmen des Kriteriums "ohne schuldhaftes Zögern" ist zu prüfen, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts anders als nach dem BGB (vgl. § 121 BGB, der eine Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält) ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist. Zu prüfen ist mithin, ob der Leistungsempfänger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat. § 37b SGB III verlangt keinen gesteigerten Fahrlässigkeitsvorwurf, es genügt einfache Fahrlässigkeit.

Das Verschulden des Klägers ergibt sich aus folgenden Umständen: Der Kläger hatte schon bei seiner Arbeitslosmeldung am 24.06.2003 ein Merkblatt (Stand April 2003) ausgehändigt bekom-men und den Erhalt und die Kenntnisnahme unterschriftlich bestätigt. Dieses Merkblatt enthielt zu der Meldeobliegenheit folgenden Hinweis: "Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen ... Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis ... müssen sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden". Es begnügt sich damit nicht mit einer Darstellung der bereits ab 01.07.2003 geltenden Rechtslage durch bloße Wiederholung des unglücklichen Wortlauts des § 37 b S 2 SGB III (dazu BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 18; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R), sondern erläutert dem Arbeitslosen für Fälle wie dem vorliegenden den Inhalt seiner Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung in unzweideutiger und verständlicher Weise. Einen entsprechenden Hinweis enthält ferner der dem Kläger zugegangene Aufhebungsbescheid vom 26.08. 2003. Der Kläger musste schon aus diesen einfach gehaltenen Hinweisen im Aufhebungsbescheid und im Merkblatt wissen, dass er sich am 01.06.2004 melden musste. Hinzu kommt, dass es sich vorliegend um ein Beschäftigungsverhältnis von insgesamt 1 Jahr handelte und auch die ursprünglich vorgesehene Dauer mit einem halben Jahr über der 3-Monats-Grenze des § 37 b S 2 SGB III und der genannten Belehrungen der Beklagten lag. Die Meldeobliegenheit zum 01.06.2004 war mithin bereits der gesetzlichen Regelung zu entnehmen. Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass aus seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich ist, dass er den konkreten Gesetzestext überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Der Kläger, der als medizinischer Techniker tätig war, hätte jedenfalls mit seinen intellektuellen Fähigkeiten, von denen sich der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2007 ein Bild machen konnte, seine Pflicht zur Meldung bereits am 01.06.2004 ohne weiteres aus den von der Beklagten erteilten Belehrungen erkennen und erfüllen können. Dennoch erfolgte die im Zusammenhang mit der hier streitigen Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs bei der Beklagten erst am 13.07.2004. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger über das vertraglich zunächst festgelegte Ende des Arbeitverhältnisses (29.02.2004 - Probezeit) hinaus beschäftigt worden war. In der Vereinbarung vom 27.01.2004 wurde ausdrücklich eine Verlängerung der Befristung vorgenommen und mit dem 31.08.2004 ein konkretes Datum der Beendigung der Beschäftigungsdauer genannt. Schon damit war in eindeutiger Weise auch der vom Kläger in Bezug genommene Passus des ursprünglichen Anstellungsvertrages obsolet, wonach das Arbeitsverhältnis nach Ablauf von sechs Monaten enden sollte, sofern M dem Kläger nicht spätestens vier Wochen vorher die Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis anbiete. Im Übrigen war dieser Punkt des Anstellungsvertrages schon nach der eindeutigen Formulierung des Eingangssatzes dieses Vertrages auf den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses zugeschnitten. Vor allem erfolgte aber gerade kein entsprechendes Angebot eines Dauerarbeitsverhältnisses, sondern eben eine (weitere) Befristung. Insofern konnte der Kläger - selbst wenn er von einer Fortgeltung des angesprochenen Punktes des Anstellungsvertrages ausging - in Bezug auf seine zum 01.06.2004 eintretende Meldepflicht gegenüber der Be-klagten auf keinen Fall darauf vertrauen, dass trotz des datumsmäßig fixierten Endpunktes "31.08.2004" im Zeitraum bis zum 03.08.2004 eine Übernahme durch M in ein Dauerarbeitsverhältnis erfolgen würde. Zudem führt die Verlängerungsvereinbarung in ihrem zweiten Satz wörtlich aus: "Wir möchten Sie derzeit nicht in ein unbefriststetes Anstellungsverhältnis übernehmen". Der Kläger hätte mithin bei der gegebenen Konstellation ohne weiteres zu dem Schluss gelangen können und müssen, dass ihn eine Obliegenheit zur Meldung bereits am 01.06.2004 trifft. Sofern er einem entsprechenden Irrtum unterlag, war dieser nicht unverschuldet. Denn er hätte im Hinblick auf die aus seiner Sicht kollidierenden Fristen - Meldepflicht drei Monate vor Beschäftigungsende einerseits, erhoffte Erklärung der Übernahme bis vier Wochen vor dem 31.08.2004 - zumindest Erkundigungen bei der Beklagten über die Meldeobliegenheit einholen müssen und auch ohne weiteres, z.B. fernmündlich, können. Bei etwaigen Zweifeln über den Zeitpunkt der Meldung wäre es Sache des Klägers gewesen, sich bei der Beklagten entsprechend zu erkundigen. Im Übrigen spielt es für die Feststellung der Fahrlässigkeit keine Rolle, wenn der Kläger gehofft hat, sein Arbeitsverhältnis werde ggf. wiederum verlängert werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.08.2005, B 7a/7 AL 80/04 R juris Rn 16).

Das Versäumnis der frühzeitigen Meldung ist dem Kläger nach alledem subjektiv vorwerfbar.

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber nicht rechtzeitig, sondern erst mit Schreiben vom 13.07.2004 über die Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung unterrichtet worden ist. Nach § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sollen die Arbeitgeber die Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung bei der AA informieren, und zwar im Sinne einer flankierenden Maßnahme im Zusammenhang mit der Einführung der Obliegenheit des Arbeitnehmers zur frühzeitigen Meldung (BSG, Urteil vom 25.05.2005, B 11a/11 AL 81/04 R juris Rn 21). Es kann dahinstehen, welcher Grad der Verbindlichkeit dieser als "Soll-Vorschrift" ausgestalteten Regelung für die von der Informationslast betroffenen Arbeitgeber zuzumessen ist. Insbesondere kann unentschieden bleiben, ob ein Arbeitgeber, der - wie der Arbeitgeber des Klägers - den Arbeitnehmer nicht bzw. nicht rechtzeitig entsprechend § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung bei der AA informiert, dem Arbeitnehmer deswegen gegebenenfalls zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl hierzu etwa LAG Hamm vom 7. September 2004 - 19 Sa 1248/04 - und vom 23. Dezember 2004 - 11 Sa 1210/04 -; LAG Düsseldorf vom 29. September 2004 - 12 Sa 1323/04 = NZA-RR 2005, 104). Der in Bezug auf die Meldeobliegenheit bloß flankierenden Maßnahme der Unterrichtung durch den Arbeitgeber kann jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil die Beklagte selbst ihren Belehrungs- und Hinweispflichten in rechtzeitiger und richtiger Weise nachgekommen ist.

Nach alledem hat die Beklagte in dem Umfang des Änderungsbescheids vom 09.03.2006 (vgl. zur Berücksichtigung nur dienstbereiter Tage der AA BSG, Urteil vom 18.08.2005, B 7a/7 AL 94/04 juris Rn 23; vom 20.10.2005, B 7a AL 28/05 R juris Rn 15 a.E.) zu Recht von den in § 140 SGB III eingeräumten Sanktionsmöglichkeiten Gebrauch gemacht.

Aufgrund des Unterliegens des Klägers waren außergerichtliche Kosten des Kläger nicht zu erstatten, § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nnr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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