Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 KR 358/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 348/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf behandelnde Ärzte des Klägers Einfluss zu nehmen.
Der 1952 geborene Kläger ist als Leistungsbezieher zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem SGB II bei der Beklagten versichert. Er hat sich mit Schreiben vom 03.08.2004 an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit, z.Hd. der Patientenbeauftragten K. gewendet und sich über die langjährige Verweigerung der von ihm konsultierten Ärzte, die Ursachen seines Leidens zu diagnostizieren und zu behandeln, beschwert. Zuletzt habe er dies festgestellt bei Frau Dr. K. in M ... Am 29.12.2004 erhob er Klage zum Verwaltungsgericht B. mit dem Antrag, das Ministerium, speziell die Patientenbeauftragte K. zu verurteilen, seine Beschwerde umgehend zu verbescheiden.
Das Verwaltungsgericht B. verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04.03.2005 an das Sozialgericht München. Die Beklagte führte im Sozialgerichtsverfahren aus (Schreiben vom 27.04.2005), sie habe dem Kläger mit Schreiben vom 21.01.2005 mitgeteilt, sie könne weder zu dem geschilderten medizinischen Sachverhalt Stellung nehmen noch die behandelnde Ärztin anweisen, bestimmte Behandlungsmaßnahmen einzuleiten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.09.2006 beantragte der Kläger: 1. Das Gericht möge die Beklagte dazu verpflichten, bei allen Medizinern zu intervenieren, welche von deren fachlicher Ausbildung sowie von deren Ausstattung her dazu in der Lage wären, die von Frau Dr. W. dringend empfohlene Entfernung des Restgewebes seiner linken Parotis durchzuführen, diese trotz besagter dringender Empfehlung unterlassen. 2. Das Gericht möge die Beklagte auch dazu verpflichten, nötigenfalls Recherchen dahingehend durchzuführen, welche Ärzte in welchen Kliniken dazu in der Lage wären, die von Frau Dr. W. dringend empfohlene Entfernung des Restgewebes seiner linken Parotis durchzuführen. 3. Das Gericht möge die Beklagte dazu verpflichten, entsprechend seinen Wünschen, welche er im Schreiben an die Beklagte vom 30.08.2004 geäußert habe, bei Frau Dr. K. zu intervenieren.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.09.2006 abgewiesen und den Kläger verurteilt, Verfahrenskosten in Höhe von 400,00 EUR zu zahlen. Die Klage sei offensichtlich unzulässig und auch unbegründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers sei nicht erkennbar. Im Rahmen der freien Arztwahl nach § 76 SGB V sei er in der Lage, sich jederzeit einen Arzt zu suchen, der bei ihm die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftlich vertretbare Therapie durchführt. Einer Einschaltung der Bundesregierung und einer hierauf abzielenden Klage bedürfe es dazu offensichtlich nicht. Unabhängig davon bestehe auch kein materiell-rechtlicher Anspruch, da die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten keine Befugnis zu Einzelmaßnahmen gebenüber behandelnden Ärzten habe. Die Bundesregierung sei angesichts der von der Berufsfreiheit mit umfassten Therapiefreiheit, nach der auch der Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einen erheblichen Ermessensspielraum besitze, daran gehindert, Einfluss auf die Therapieentscheidung bestimmter Ärzte zu nehmen. Darüberhinausgehende Informations- oder Recherchenpflichten der Bundesregierung im Sinne einer konkreten Auswahl von dem Kläger geeignet erscheinenden Ärzten bestehe nicht. Zur Kostenentscheidung gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG wird ausgeführt, es sei dem Kläger in der mündlichen Verhandlung deutlich vor Augen geführt worden, dass die Klage in hohem Maße ohne sinnvollen rechtlichen Hintergrund sei. Da er sie dennoch aufrecht erhalten habe, habe das Gericht nach entsprechender Verwarnung Kosten auferlegt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 30.10.2006 beim Sozialgericht München eingegangene Berufung des Klägers, die er mit Schreiben vom 12.02.2007 damit begründet, für die Bundesregierung sei es mindestens in einem Fall und zwar im Bereich der Geschichtswissenschaften keinesfalls abwegig, sogar per Gesetz die Freiheit der Wissenschaften einzuschränken, in dem sie die sogenannte Holocaustleugnung unter Strafe stellte. Was den Opfern vergangenen Leids und deren Nachkommen recht sei, könne ihm als Opfer gegenwärtigen Leids nur billig sein. Zur Auferlegung der Kosten führt er aus, die gesetzliche Regelung öffne besagten Richtern Tür und Tor für Willkür und Rechtsbeugung und sei somit grundgesetzwidrig. Die Nichtbehandlung seines Leidens seitens zahlreicher HNO-Fachärzte aus dem gesamten Bundesgebiet und die Untätigkeit der Bundesregierung in dieser Angelegenheit verstoße gegen folgende Art. der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten: 1. Das Recht auf Leben (Art. 2). Dieses werde auch dann verletzt, wenn ihm die Behebung eines Leidens vorenthalten werde, welches seine Lebensqualität in erheblichem Maße einschränkt und unter Umständen seine Lebenserwartung verkürze. 2. Das Verbot der Folter (Art. 3). 3. Das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13).
Konkrete Anträge hat der Kläger nicht gestellt.
Die Beklagte stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag und legt die bei ihr vorhandenen Schreiben des Klägers vor. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Verurteilung der Beklagten dahin begehrt, die Vertragsärztin Dr. K. zu seiner sachgemäßen Behandlung anzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, keine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, Einfluss zu nehmen auf behandelnde Ärzte des Klägers bezüglich der Behandlungsweise und nicht dazu verpflichtet ist, dem Kläger Ärzte zu benennen. Es kann offen bleiben, ob eine darauf gerichtete Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers, der die freie Arztwahl hat, fehlt, die Klage also unzulässig ist. Gemäß § 140h Abs. 1 S. 1 SGB V ist es die Aufgabe der Patientenbeauftragten, darauf hinzuwirken, dass die Belange von Patientinnen und Patienten besonders hinsichtlich ihrer Rechte auf umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen und auf die Beteiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden. Nach dieser gesetzlichen Regelung hat also die Beklagte keine Legitimation, Einfluss auf Vertragsärzte zu nehmen oder Versicherten im Einzelfall geeignete Vertragsärzte zu nennen. Der Senat hält die Ausführungen des Sozialgerichts zur Begründetheit der Klage für zutreffend und sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Soweit der Kläger mit der Berufung beantragt, die Kostenentscheidung nach § 192 SGG (Verschuldenskosten) aufzuheben, sieht der Senat unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs keinen Anlass dazu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf behandelnde Ärzte des Klägers Einfluss zu nehmen.
Der 1952 geborene Kläger ist als Leistungsbezieher zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem SGB II bei der Beklagten versichert. Er hat sich mit Schreiben vom 03.08.2004 an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit, z.Hd. der Patientenbeauftragten K. gewendet und sich über die langjährige Verweigerung der von ihm konsultierten Ärzte, die Ursachen seines Leidens zu diagnostizieren und zu behandeln, beschwert. Zuletzt habe er dies festgestellt bei Frau Dr. K. in M ... Am 29.12.2004 erhob er Klage zum Verwaltungsgericht B. mit dem Antrag, das Ministerium, speziell die Patientenbeauftragte K. zu verurteilen, seine Beschwerde umgehend zu verbescheiden.
Das Verwaltungsgericht B. verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04.03.2005 an das Sozialgericht München. Die Beklagte führte im Sozialgerichtsverfahren aus (Schreiben vom 27.04.2005), sie habe dem Kläger mit Schreiben vom 21.01.2005 mitgeteilt, sie könne weder zu dem geschilderten medizinischen Sachverhalt Stellung nehmen noch die behandelnde Ärztin anweisen, bestimmte Behandlungsmaßnahmen einzuleiten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.09.2006 beantragte der Kläger: 1. Das Gericht möge die Beklagte dazu verpflichten, bei allen Medizinern zu intervenieren, welche von deren fachlicher Ausbildung sowie von deren Ausstattung her dazu in der Lage wären, die von Frau Dr. W. dringend empfohlene Entfernung des Restgewebes seiner linken Parotis durchzuführen, diese trotz besagter dringender Empfehlung unterlassen. 2. Das Gericht möge die Beklagte auch dazu verpflichten, nötigenfalls Recherchen dahingehend durchzuführen, welche Ärzte in welchen Kliniken dazu in der Lage wären, die von Frau Dr. W. dringend empfohlene Entfernung des Restgewebes seiner linken Parotis durchzuführen. 3. Das Gericht möge die Beklagte dazu verpflichten, entsprechend seinen Wünschen, welche er im Schreiben an die Beklagte vom 30.08.2004 geäußert habe, bei Frau Dr. K. zu intervenieren.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.09.2006 abgewiesen und den Kläger verurteilt, Verfahrenskosten in Höhe von 400,00 EUR zu zahlen. Die Klage sei offensichtlich unzulässig und auch unbegründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers sei nicht erkennbar. Im Rahmen der freien Arztwahl nach § 76 SGB V sei er in der Lage, sich jederzeit einen Arzt zu suchen, der bei ihm die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftlich vertretbare Therapie durchführt. Einer Einschaltung der Bundesregierung und einer hierauf abzielenden Klage bedürfe es dazu offensichtlich nicht. Unabhängig davon bestehe auch kein materiell-rechtlicher Anspruch, da die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten keine Befugnis zu Einzelmaßnahmen gebenüber behandelnden Ärzten habe. Die Bundesregierung sei angesichts der von der Berufsfreiheit mit umfassten Therapiefreiheit, nach der auch der Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einen erheblichen Ermessensspielraum besitze, daran gehindert, Einfluss auf die Therapieentscheidung bestimmter Ärzte zu nehmen. Darüberhinausgehende Informations- oder Recherchenpflichten der Bundesregierung im Sinne einer konkreten Auswahl von dem Kläger geeignet erscheinenden Ärzten bestehe nicht. Zur Kostenentscheidung gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG wird ausgeführt, es sei dem Kläger in der mündlichen Verhandlung deutlich vor Augen geführt worden, dass die Klage in hohem Maße ohne sinnvollen rechtlichen Hintergrund sei. Da er sie dennoch aufrecht erhalten habe, habe das Gericht nach entsprechender Verwarnung Kosten auferlegt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 30.10.2006 beim Sozialgericht München eingegangene Berufung des Klägers, die er mit Schreiben vom 12.02.2007 damit begründet, für die Bundesregierung sei es mindestens in einem Fall und zwar im Bereich der Geschichtswissenschaften keinesfalls abwegig, sogar per Gesetz die Freiheit der Wissenschaften einzuschränken, in dem sie die sogenannte Holocaustleugnung unter Strafe stellte. Was den Opfern vergangenen Leids und deren Nachkommen recht sei, könne ihm als Opfer gegenwärtigen Leids nur billig sein. Zur Auferlegung der Kosten führt er aus, die gesetzliche Regelung öffne besagten Richtern Tür und Tor für Willkür und Rechtsbeugung und sei somit grundgesetzwidrig. Die Nichtbehandlung seines Leidens seitens zahlreicher HNO-Fachärzte aus dem gesamten Bundesgebiet und die Untätigkeit der Bundesregierung in dieser Angelegenheit verstoße gegen folgende Art. der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten: 1. Das Recht auf Leben (Art. 2). Dieses werde auch dann verletzt, wenn ihm die Behebung eines Leidens vorenthalten werde, welches seine Lebensqualität in erheblichem Maße einschränkt und unter Umständen seine Lebenserwartung verkürze. 2. Das Verbot der Folter (Art. 3). 3. Das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13).
Konkrete Anträge hat der Kläger nicht gestellt.
Die Beklagte stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag und legt die bei ihr vorhandenen Schreiben des Klägers vor. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Verurteilung der Beklagten dahin begehrt, die Vertragsärztin Dr. K. zu seiner sachgemäßen Behandlung anzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, keine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, Einfluss zu nehmen auf behandelnde Ärzte des Klägers bezüglich der Behandlungsweise und nicht dazu verpflichtet ist, dem Kläger Ärzte zu benennen. Es kann offen bleiben, ob eine darauf gerichtete Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers, der die freie Arztwahl hat, fehlt, die Klage also unzulässig ist. Gemäß § 140h Abs. 1 S. 1 SGB V ist es die Aufgabe der Patientenbeauftragten, darauf hinzuwirken, dass die Belange von Patientinnen und Patienten besonders hinsichtlich ihrer Rechte auf umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen und auf die Beteiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden. Nach dieser gesetzlichen Regelung hat also die Beklagte keine Legitimation, Einfluss auf Vertragsärzte zu nehmen oder Versicherten im Einzelfall geeignete Vertragsärzte zu nennen. Der Senat hält die Ausführungen des Sozialgerichts zur Begründetheit der Klage für zutreffend und sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Soweit der Kläger mit der Berufung beantragt, die Kostenentscheidung nach § 192 SGG (Verschuldenskosten) aufzuheben, sieht der Senat unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs keinen Anlass dazu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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