L 2 P 28/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 1 P 5/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 28/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 26. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I.

Der 1944 geborene Kläger leidet insbesondere an einer Gonarthrose beidseits, einem Zustand nach Schlittenprothese rechtes Knie (März 2004) mit Schmerzen, Zustand nach mehrfacher Meniskusoperation links sowie an eingeschränkter Mobilität. Er stellte am 13. Juli 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 11. September 2006 nach Hausbesuch ein. Danach besteht ein Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 18 Minuten pro Tag (Körperpflege 7 Minuten, Mobilität 11 Minuten), für hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Die Pflegestufe I sei nicht zu gewähren. Im Vordergrund stehe der hauswirtschaftliche Versorgungsbedarf. Mit Bescheid vom 15. September 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte zum klägerischen Vorbringen eine Stellungnahme des MDK vom 6. Oktober 2006 nach Aktenlage ein. Dieser wies darauf hin, dass das Herrichten von Medikamenten eine behandlungspflegerische Tätigkeit sei und nicht der Grundpflege zugeordnet werden könne. Ein fiktiver Hilfebedarf bei der täglichen Körperwäsche sei zeitlich mit vier Minuten wöchentlich berücksichtigt worden, obwohl dieser tatsächlich nicht erbracht würde. Sonstige Tätigkeiten wie Einkaufen, Aufräumen oder Wäschepflege seien der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2007 zurück.

Der Kläger erhob hiergegen Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Er sei schwerbehindert (Grad der Behinderung - GdB - 90 v.H.) und könne sich fast nicht fortbewegen. Seine Tochter bzw. sein Sohn müssten die ganze Arbeit verrichten. Das Sozialgericht zog u.a. die Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales bei, holte Befundberichte sowie Pflegedokumentationsunterlagen des Diakoniewerks M. e.V. ein und beauftragte den Medizinaldirektor Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser gelangte in dem Gutachten vom 29. März 2007 zu einem Zeitbedarf in der Grundpflege in Höhe von 17 Minuten (Körperpflege 8 Minuten, Mobilität 9 Minuten). Ein Hilfebedarf ergebe sich in erster Linie durch die Steh- und Gehbehinderung im Zusammenhang mit erheblichen Verschleißerscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten sowie durch die Gebrauchsminderung des rechten Arms bei Zustand nach Ellennervverletzung. Der Schwerpunkt des Hilfebedarfs liege jedoch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (45 Minuten). Bei der Körperpflege und der Mobilität genügten in einzelnen Bereichen Unterstützung bzw. Teilübernahme, insbesondere beim An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe, bei der Ganzkörperwäsche bzw. beim Baden. Im Bereich Ernährung falle kein Hilfebedarf an. Die übrigen Gesundheitsstörungen bedingten derzeit noch keine Hilfs- bzw. Pflegebedürftigkeit. Auch bei Berücksichtigung eines eventuellen Hilfebedarfs beim Treppensteigen läge die Gesamtzeit weit unterhalb der für die Pflegestufe I geltenden Grenze.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2007 ab. Aus den übereinstimmenden Gutachten des MDK und des Dr. W. ergäbe sich, dass die Pflegestufe I nicht erreicht werde. Der Gesamtzeitbedarf für die Grundpflege betrage 17 Minuten täglich. Der Kläger benötige in erster Linie Hilfe bei der Haushaltsführung. Bei der Körperpflege und der Mobilität brauche er nur in einzelnen Bereichen eine Unterstützung bzw. Teilübernahme. Es könne dahinstehen, ob zusätzlich noch zweimal täglich Hilfe beim Treppensteigen zu berücksichtigen sei, denn auch in diesem Fall läge die Gesamtpflegezeit noch weit unter der Pflegestufe I.

Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, die Zeiten für das Waschen seien zu gering angesetzt. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, es müsse bei der Ermittlung der Pflegezeiten für das Waschen bzw. Baden berücksichtigt werden, dass der Kläger hier lediglich Unterstützung bzw. eine teilweise Übernahme benötige.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 26. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2007 Leistungen nach der Pflegestufe I ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).

Die Abweisung der Klage durch das Sozialgericht ist nicht zu beanstanden. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Soweit der Kläger zur Begründung der Berufung vorbringt, der Zeitaufwand für das Waschen bzw. Baden sei zu gering angesetzt, vermag dies nicht zum Erfolg der Berufung zu führen. Sowohl der MDK als auch Dr. W. berücksichtigten bereits, dass bei der Ganzkörperwäsche bzw. dem Baden eine Unterstützung bzw. eine Teilübernahme erforderlich ist. Nach Angabe der Pflegepersonen badet der Kläger dreimal in der Woche. Der Sohn stehe lediglich dabei und halte den Vater; nur teilweise sei er beim Waschen behilflich. Es findet somit keine vollständige Übernahme des Badens durch die Pflegeperson statt, so dass der angesetzte Zeitaufwand von drei Minuten für das Baden und vier Minuten für die Ganzkörperwäsche nicht zu beanstanden ist. Dies deckt sich weitgehend mit den Feststellungen und Einschätzungen des MDK, wonach der Kläger an den übrigen Tagen eine selbstständige "Katzenwäsche" durchführt. Der Sohn hilft lediglich täglich beim Waschen des Rückens und der Füße.

Zwar berücksichtigt der Gutachter Dr. W. unzutreffend keinen Zeitaufwand für das Treppensteigen, obwohl der Kläger eine Treppe nur halb sitzend allein überwinden kann. Doch erhöht sich damit der Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege nur um wenige Minuten, so dass dennoch der gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) für das Vorliegen der Pflegestufe I erforderliche Grundpflegebedarf von mindestens 46 Minuten nicht erreicht wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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