Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 2020/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 446/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung - über die ihm vom Sozialgericht (SG) gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hinaus - volle Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger ist 1947 geboren. Er war von 1961 bis Februar 1998 in seinem erlernten Beruf als Werkzeugmacher tätig und verlor den Arbeitsplatz aufgrund Firmenkonkurses. Von März bis November 1998 war er arbeitslos gemeldet. Von Dezember 1998 bis August 1999 hat der Kläger keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt (Auswanderung nach Neuseeland). Seit November 1999 lebt der Kläger wieder in Deutschland und war bis Juli 2001 pflichtversichert bei Sozialleistungsbezug. Ab August 2001 war er arbeitslos ohne Leistungsbezug.
Den Rentenantrag stellte der Kläger am 08.05.2001. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 24.07.2001 und, auf den Widerspruch hin, mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2001 ab, da der Kläger noch mehr als sechs Stunden täglich tätig sein könne, auch als Materialprüfer.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage zum SG München. Das SG holte Befundberichte der behandelnden Ärzte, insbesondere der praktischen Ärztin Dr.A. B. ein, die Folgendes berichtet: "Depressionen mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung, chronisches Müdigkeitssyndrom. Herr S. ist psychisch und physisch nicht belastbar. Häufig schwere Selbstmordgedanken, weint viel, seit kurzem auch Wortfindungsstörungen". Dr.B. berichtet von zunehmender Verschlechterung der Grundleiden, insbesondere der Depressionen und Angina pectoris, "in den letzten Monaten".
Das SG holte ein Gutachten des Nervenarztes Dr.K. ein. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 04./07.04.2003 ein geringes depressives Syndrom und eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung. Der Kläger könne noch mehr als sechs Stunden täglich leichte und mittelschwere Arbeiten ohne viel Publikumsverkehr und ohne besondere Wandlungsfähigkeit verrichten.
Das SG holte von Amts wegen ein weiteres psychiatrisches Gutachten Dr.C. V. mit testpsychologischem Zusatzgutachten F. W. ein. Dr.V. diagnostizierte im Gutachten vom 28.06.2004 eine dys-thyme Störung bei bestehender Persönlichkeitsstörung mit dependenten und schizoiden Zügen, weiterhin ein LWS-Syndrom ohne neurologische Funktionsausfälle und eine leichte Polyneuropathie. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten ohne Zeitdruck (Akkord oder Wechsel- bzw. Nachtschicht) verrichten.
In seinem Urteil vom 11.11.2004 stützte sich das SG auf das Gutachten Dr.V ... Es sprach sprach Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit "ab Antrag" zu und wies die Klage im Übrigen ab.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der hierzu erneut ein ärztliches Attest von Dr.B. vorlegte.
Der Senat beauftragte den Psychiater Dr.V. mit einer erneuten Begutachtung aufgrund ambulanter Untersuchung zur Frage, ob seit seinem Gutachten für die erste Instanz eine Verschlechterung des Gesundheitszustands eingetreten sei. In seinem Gutachten vom 11./19.12.2006 mit erneutem testpsychologischen Zusatzgutachten F. W. sah Dr.V. keine Änderung. An neuen Geschehnissen habe der Kläger lediglich von einer durchgeführten Kernspintomographie des Schädels berichtet, bei der eine Zyste ohne Krankheitswert gefunden worden sei. Dr.V. beurteilte diesen - ihm nicht vorliegenden - Befund als jedenfalls nicht krankheitswertig entsprechend der Aussage der behandelnden Neurologin Dr.O. , die auch keine Kontrolluntersuchung für erforderlich gehalten habe.
Zum Gutachten vertrat die behandelnde Ärztin Dr.B. nach wie vor die Meinung, dass eine volle Erwerbsminderungsrente bewilligt werden sollte. Sie berichtete - wie früher- u.a. von "zunehmenden Gedächtnisstörungen und Konzentrationsstörungen sowie auch Wortfindungsstörungen". Sie fügte den radiologischen Befundbericht Dr.O. , D. , vom 19.04.2006 bei und verwies darauf, dass es sich hier um einen lakunären Substanzdefekt am hinteren Schenkel der Capsula interna handele, die vermutlich auf eine TIA zurückzuführen sei und unter neurologischer Beobachtung bleibe.
Das Gericht veranlasste eine weitere Begutachtung durch den Internisten Dr.E ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 15./29.05.2007 die - unveränderten - Beschwerden des Klägers, wie extreme Müdigkeit, Traurigkeit, Kontaktprobleme sowie auch Pelzigkeitsgefühl im rechten Bein fest. Nach wie vor bestehe, wie seit Jahren, der Verdacht auf coronare Herzerkrankung; die notwendige Abklärung durch Angiographie sei vom Kläger jedoch offenbar nicht gewollt. Daneben bestehe beim Kläger eine, vom behandelnden Urologen offenbar als psychisch bedingt interpretierte Blasenschwäche sowie eine Darmstörung im Sinne einer Inkontinenz, der jedoch ebenfalls keine organische Grundlage zugeordnet werden könne. Dr.E. ging von folgenden Diagnosen aus: - Dringender Verdacht auf eine coronare Herzerkrankung, - Hypercholesterinämie, - Anamnestisch Verdacht auf anale Inkontinenz Grad I, am ehes-ten funktionell bedingt. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ohne "vermehrten Stress" verrichten.
Erneut legte der Kläger ein Attest von Dr.B. vor, in dem schwere Persönlichkeitsdefekte und erhebliche Konzentrationsstörungen berichtet werden, die sich in den letzten Monaten verschlechtert hätten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 03.09.2007 sah Dr.E. keine neuen Tatsachen. Der Verdacht auf coronare Herzerkrankung ändere nichts an der ausreichenden kardiologischen Belastbarkeit, die seine Untersuchung ergeben habe. Dr.E. diskutiert die Notwendigkeit einer neuen psychiatrischen Begutachtung: Allerdings habe sich nach seiner Erinnerung "die jetzt angegebene Symptomatik gegenüber dem Beschwerdebild, wie es in dem Gutachten Dr.V. Dezember 2006 dargelegt wurde, nicht geändert."
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.10.2007 zum nachgereichten radiologischen Befundbericht über das Kernspintomogramm des Schädels sah der Sachverständige Dr.V. keine neuen Erkenntnisse.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.11.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.09.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.06.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetbuch (SGB VI), weil er nach wie vor sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen verrichten kann. Dies hat das SG zutreffend festgestellt. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers liegen überwiegend auf psychiatrischem sowie auf internistischem Fachgebiet. Sie sind weder für sich noch zusammen genommen geeignet, Einschränkungen der zumutbaren täglichen Arbeitszeit unter die Grenze von sechs Stunden anzunehmen.
Dies gilt insbesondere von Seiten des Herzens. Zwar hat Dr.E. sowohl in Ruhe als auch unter einer Belastung von 125 Watt sogenannte "ST-Veränderungen" festgestellt, unter Belastung auch deutliche Rhythmusstörungen. Jedoch bestehen beim Kläger klinisch keine Anzeichen einer Herzinsuffizienz. Echokardiographisch wird zwar nunmehr eine träge Kontraktion des linken Ventrikels beschrieben. Dennoch ist die Herzfunktion echokardiographisch global noch als normal zu bezeichnen. Gegen eine dauerhafte kardiologische Leistungsminderung von Gewicht spricht insbesondere auch das Verhalten des Klägers selbst, der dem ärztlichen Anraten auf Durchführung einer angiographischen Abklärung bisher nicht nähergetreten ist. Erst recht wurde eine Herzkatheteruntersuchung nicht durchgeführt, im Rahmen derer eventuelle Stenosen beseitigt und der Gesundheitszustand damit auch verbessert werden könnte. Dr.E. mutet dem Kläger kardiologischerseits jedenfalls noch sechs Stunden tägliche Arbeit zu, obwohl die diagnostische Klärung nicht erfolgt ist. Der Senat sieht keinen Anlass, dem Sachverständigen hierin nicht zu folgen.
Die vom Kläger geklagten Störungen von Blase und Mastdarm im Sinne von Inkontinenzbeschwerden schränken das Leistungsvermögen des Klägers ebenfalls nicht erheblich ein. Beiden Beschwerden ist gemeinsam, dass eine organische Erklärung hierfür nicht gefunden werden konnte. Der behandelnde Urologe hat vielmehr die Beschwerden eindeutig als psychisch bedingt interpretiert. Was die geklagte Darmstörung anbelangt, so hat die klinische Untersuchung durch Dr.E. hier ebenfalls keine Auffälligkeiten ergeben. Auch das Verhalten des Klägers - kein Tragen von Einlagen, keine weiteren ärztlichen Untersuchungen angestrebt - spricht gegen eine gravierende Leistungseinschränkung.
Dies ist auch von der geklagten Lumboischialgie zu sagen. Insbesondere ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule nicht eingeschränkt.
Die Diskrepanz der objektivierten somatischen Erkrankungen zur subjektiven Beschwerdeschilderung des Klägers führt zwangsläufig dazu, den Schwerpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet zu suchen. Entsprechend wurde der Kläger ja auch mehrmals psychiatrisch untersucht. Wie das SG, so stützt sich auch der Senat auf den Sachverständigen Dr.V. , hier insbesondere auf dessen zweite Begutachtung, deren Erkenntniswert durch eine testpsychologische Zusatzbegutachtung gesteigert wird. Dr.V. hat darin keine gravierenden Veränderungen festgestellt. Wie Dr.V. so geht auch der Senat von einer dysthymen Störung im Rahmen einer prämorbiden Persönlichkeitsstörung aus. Die von Dr.B. geschilderte ausgeprägte Einschränkung der allgemeinen Leistungsbreite durch Erschöpfungszustände ist nach der klinischen Untersuchung nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht im Sinne eines Borderline-Syndroms oder einer Psychose.
Die auch neuerdings von Dr.B. gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände stellen im Wesentlichen Wiederholungen früherer Befundberichte dar und stützen sich zu einem Großteil lediglich auf die subjektiven Beschwerden des Klägers. Besonders fällt auf, dass Dr.B. in mehr als nur einem Befundbericht jeweils von einer Verschlechterung gerade in den letzten Monaten berichtet. Gerade diese Einschätzung ist natürlich im Rahmen einer über Jahre verlaufenden Langzeitbetrachtung nicht schlüssig.
Gegen eine gravierende psychiatrische Beeinträchtigung sprechen auch die testpsychologischen Untersuchungen, insbesondere die neuerliche: Die Denkfähigkeit hat sich hier als normgerecht erwiesen. Die Psychomotorik ist allerdings verlangsamt. Was das depressive Leiden anbelangt, so ergibt sich aufgrund der neueren Untersuchung eine Besserung, ablesbar etwa beim "Beck schen Depressionsinventar". Dr.V. bezeichnet die Depression nur mehr als mäßiggradig im Gegensatz zu der im Jahr 2004 festgestellten schweren Ausprägung. Das Konzentrationsvermögen ist niedrig normal bis unterdurchschnittlich. Die testpsychologische Gedächtnisleistung ist zwar nunmehr nicht mehr durchschnittlich; nach der Beurteilung des Sachverständigen entspricht dies jedoch nicht dem klinischen Bild, dass der Kläger dargeboten hat.
Dr.V. hat weiterhin zu Recht bereits in seinem ersten Gutachten darauf hingewiesen, dass die therapeutischen Möglichkeiten in keinster Weise ausgeschöpft sind.
Auch für eine weitere - dritte - Begutachtung, wie von Dr.E. diskutiert, jedoch letztlich nicht für erforderlich gehalten, hat der Senat keinen Anlass gesehen. Vielmehr ist das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers im genannten Sinne geklärt. Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert. Seine Berufung war daher in der Hauptsache zurückzuweisen.
Für eine Berichtigung des Tenors im Sinne der Beklagten - richtigerweise müsste der Rentenbeginn mit "ab 01.06.2001" bezeichnet sein statt mit "ab Antrag" - bietet das klägerische Rechtsmittel prozessual keinen Raum.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung - über die ihm vom Sozialgericht (SG) gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hinaus - volle Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger ist 1947 geboren. Er war von 1961 bis Februar 1998 in seinem erlernten Beruf als Werkzeugmacher tätig und verlor den Arbeitsplatz aufgrund Firmenkonkurses. Von März bis November 1998 war er arbeitslos gemeldet. Von Dezember 1998 bis August 1999 hat der Kläger keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt (Auswanderung nach Neuseeland). Seit November 1999 lebt der Kläger wieder in Deutschland und war bis Juli 2001 pflichtversichert bei Sozialleistungsbezug. Ab August 2001 war er arbeitslos ohne Leistungsbezug.
Den Rentenantrag stellte der Kläger am 08.05.2001. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 24.07.2001 und, auf den Widerspruch hin, mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2001 ab, da der Kläger noch mehr als sechs Stunden täglich tätig sein könne, auch als Materialprüfer.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage zum SG München. Das SG holte Befundberichte der behandelnden Ärzte, insbesondere der praktischen Ärztin Dr.A. B. ein, die Folgendes berichtet: "Depressionen mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung, chronisches Müdigkeitssyndrom. Herr S. ist psychisch und physisch nicht belastbar. Häufig schwere Selbstmordgedanken, weint viel, seit kurzem auch Wortfindungsstörungen". Dr.B. berichtet von zunehmender Verschlechterung der Grundleiden, insbesondere der Depressionen und Angina pectoris, "in den letzten Monaten".
Das SG holte ein Gutachten des Nervenarztes Dr.K. ein. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 04./07.04.2003 ein geringes depressives Syndrom und eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung. Der Kläger könne noch mehr als sechs Stunden täglich leichte und mittelschwere Arbeiten ohne viel Publikumsverkehr und ohne besondere Wandlungsfähigkeit verrichten.
Das SG holte von Amts wegen ein weiteres psychiatrisches Gutachten Dr.C. V. mit testpsychologischem Zusatzgutachten F. W. ein. Dr.V. diagnostizierte im Gutachten vom 28.06.2004 eine dys-thyme Störung bei bestehender Persönlichkeitsstörung mit dependenten und schizoiden Zügen, weiterhin ein LWS-Syndrom ohne neurologische Funktionsausfälle und eine leichte Polyneuropathie. Der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten ohne Zeitdruck (Akkord oder Wechsel- bzw. Nachtschicht) verrichten.
In seinem Urteil vom 11.11.2004 stützte sich das SG auf das Gutachten Dr.V ... Es sprach sprach Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit "ab Antrag" zu und wies die Klage im Übrigen ab.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der hierzu erneut ein ärztliches Attest von Dr.B. vorlegte.
Der Senat beauftragte den Psychiater Dr.V. mit einer erneuten Begutachtung aufgrund ambulanter Untersuchung zur Frage, ob seit seinem Gutachten für die erste Instanz eine Verschlechterung des Gesundheitszustands eingetreten sei. In seinem Gutachten vom 11./19.12.2006 mit erneutem testpsychologischen Zusatzgutachten F. W. sah Dr.V. keine Änderung. An neuen Geschehnissen habe der Kläger lediglich von einer durchgeführten Kernspintomographie des Schädels berichtet, bei der eine Zyste ohne Krankheitswert gefunden worden sei. Dr.V. beurteilte diesen - ihm nicht vorliegenden - Befund als jedenfalls nicht krankheitswertig entsprechend der Aussage der behandelnden Neurologin Dr.O. , die auch keine Kontrolluntersuchung für erforderlich gehalten habe.
Zum Gutachten vertrat die behandelnde Ärztin Dr.B. nach wie vor die Meinung, dass eine volle Erwerbsminderungsrente bewilligt werden sollte. Sie berichtete - wie früher- u.a. von "zunehmenden Gedächtnisstörungen und Konzentrationsstörungen sowie auch Wortfindungsstörungen". Sie fügte den radiologischen Befundbericht Dr.O. , D. , vom 19.04.2006 bei und verwies darauf, dass es sich hier um einen lakunären Substanzdefekt am hinteren Schenkel der Capsula interna handele, die vermutlich auf eine TIA zurückzuführen sei und unter neurologischer Beobachtung bleibe.
Das Gericht veranlasste eine weitere Begutachtung durch den Internisten Dr.E ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 15./29.05.2007 die - unveränderten - Beschwerden des Klägers, wie extreme Müdigkeit, Traurigkeit, Kontaktprobleme sowie auch Pelzigkeitsgefühl im rechten Bein fest. Nach wie vor bestehe, wie seit Jahren, der Verdacht auf coronare Herzerkrankung; die notwendige Abklärung durch Angiographie sei vom Kläger jedoch offenbar nicht gewollt. Daneben bestehe beim Kläger eine, vom behandelnden Urologen offenbar als psychisch bedingt interpretierte Blasenschwäche sowie eine Darmstörung im Sinne einer Inkontinenz, der jedoch ebenfalls keine organische Grundlage zugeordnet werden könne. Dr.E. ging von folgenden Diagnosen aus: - Dringender Verdacht auf eine coronare Herzerkrankung, - Hypercholesterinämie, - Anamnestisch Verdacht auf anale Inkontinenz Grad I, am ehes-ten funktionell bedingt. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ohne "vermehrten Stress" verrichten.
Erneut legte der Kläger ein Attest von Dr.B. vor, in dem schwere Persönlichkeitsdefekte und erhebliche Konzentrationsstörungen berichtet werden, die sich in den letzten Monaten verschlechtert hätten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 03.09.2007 sah Dr.E. keine neuen Tatsachen. Der Verdacht auf coronare Herzerkrankung ändere nichts an der ausreichenden kardiologischen Belastbarkeit, die seine Untersuchung ergeben habe. Dr.E. diskutiert die Notwendigkeit einer neuen psychiatrischen Begutachtung: Allerdings habe sich nach seiner Erinnerung "die jetzt angegebene Symptomatik gegenüber dem Beschwerdebild, wie es in dem Gutachten Dr.V. Dezember 2006 dargelegt wurde, nicht geändert."
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.10.2007 zum nachgereichten radiologischen Befundbericht über das Kernspintomogramm des Schädels sah der Sachverständige Dr.V. keine neuen Erkenntnisse.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.11.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.09.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.06.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetbuch (SGB VI), weil er nach wie vor sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen verrichten kann. Dies hat das SG zutreffend festgestellt. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers liegen überwiegend auf psychiatrischem sowie auf internistischem Fachgebiet. Sie sind weder für sich noch zusammen genommen geeignet, Einschränkungen der zumutbaren täglichen Arbeitszeit unter die Grenze von sechs Stunden anzunehmen.
Dies gilt insbesondere von Seiten des Herzens. Zwar hat Dr.E. sowohl in Ruhe als auch unter einer Belastung von 125 Watt sogenannte "ST-Veränderungen" festgestellt, unter Belastung auch deutliche Rhythmusstörungen. Jedoch bestehen beim Kläger klinisch keine Anzeichen einer Herzinsuffizienz. Echokardiographisch wird zwar nunmehr eine träge Kontraktion des linken Ventrikels beschrieben. Dennoch ist die Herzfunktion echokardiographisch global noch als normal zu bezeichnen. Gegen eine dauerhafte kardiologische Leistungsminderung von Gewicht spricht insbesondere auch das Verhalten des Klägers selbst, der dem ärztlichen Anraten auf Durchführung einer angiographischen Abklärung bisher nicht nähergetreten ist. Erst recht wurde eine Herzkatheteruntersuchung nicht durchgeführt, im Rahmen derer eventuelle Stenosen beseitigt und der Gesundheitszustand damit auch verbessert werden könnte. Dr.E. mutet dem Kläger kardiologischerseits jedenfalls noch sechs Stunden tägliche Arbeit zu, obwohl die diagnostische Klärung nicht erfolgt ist. Der Senat sieht keinen Anlass, dem Sachverständigen hierin nicht zu folgen.
Die vom Kläger geklagten Störungen von Blase und Mastdarm im Sinne von Inkontinenzbeschwerden schränken das Leistungsvermögen des Klägers ebenfalls nicht erheblich ein. Beiden Beschwerden ist gemeinsam, dass eine organische Erklärung hierfür nicht gefunden werden konnte. Der behandelnde Urologe hat vielmehr die Beschwerden eindeutig als psychisch bedingt interpretiert. Was die geklagte Darmstörung anbelangt, so hat die klinische Untersuchung durch Dr.E. hier ebenfalls keine Auffälligkeiten ergeben. Auch das Verhalten des Klägers - kein Tragen von Einlagen, keine weiteren ärztlichen Untersuchungen angestrebt - spricht gegen eine gravierende Leistungseinschränkung.
Dies ist auch von der geklagten Lumboischialgie zu sagen. Insbesondere ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule nicht eingeschränkt.
Die Diskrepanz der objektivierten somatischen Erkrankungen zur subjektiven Beschwerdeschilderung des Klägers führt zwangsläufig dazu, den Schwerpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet zu suchen. Entsprechend wurde der Kläger ja auch mehrmals psychiatrisch untersucht. Wie das SG, so stützt sich auch der Senat auf den Sachverständigen Dr.V. , hier insbesondere auf dessen zweite Begutachtung, deren Erkenntniswert durch eine testpsychologische Zusatzbegutachtung gesteigert wird. Dr.V. hat darin keine gravierenden Veränderungen festgestellt. Wie Dr.V. so geht auch der Senat von einer dysthymen Störung im Rahmen einer prämorbiden Persönlichkeitsstörung aus. Die von Dr.B. geschilderte ausgeprägte Einschränkung der allgemeinen Leistungsbreite durch Erschöpfungszustände ist nach der klinischen Untersuchung nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht im Sinne eines Borderline-Syndroms oder einer Psychose.
Die auch neuerdings von Dr.B. gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände stellen im Wesentlichen Wiederholungen früherer Befundberichte dar und stützen sich zu einem Großteil lediglich auf die subjektiven Beschwerden des Klägers. Besonders fällt auf, dass Dr.B. in mehr als nur einem Befundbericht jeweils von einer Verschlechterung gerade in den letzten Monaten berichtet. Gerade diese Einschätzung ist natürlich im Rahmen einer über Jahre verlaufenden Langzeitbetrachtung nicht schlüssig.
Gegen eine gravierende psychiatrische Beeinträchtigung sprechen auch die testpsychologischen Untersuchungen, insbesondere die neuerliche: Die Denkfähigkeit hat sich hier als normgerecht erwiesen. Die Psychomotorik ist allerdings verlangsamt. Was das depressive Leiden anbelangt, so ergibt sich aufgrund der neueren Untersuchung eine Besserung, ablesbar etwa beim "Beck schen Depressionsinventar". Dr.V. bezeichnet die Depression nur mehr als mäßiggradig im Gegensatz zu der im Jahr 2004 festgestellten schweren Ausprägung. Das Konzentrationsvermögen ist niedrig normal bis unterdurchschnittlich. Die testpsychologische Gedächtnisleistung ist zwar nunmehr nicht mehr durchschnittlich; nach der Beurteilung des Sachverständigen entspricht dies jedoch nicht dem klinischen Bild, dass der Kläger dargeboten hat.
Dr.V. hat weiterhin zu Recht bereits in seinem ersten Gutachten darauf hingewiesen, dass die therapeutischen Möglichkeiten in keinster Weise ausgeschöpft sind.
Auch für eine weitere - dritte - Begutachtung, wie von Dr.E. diskutiert, jedoch letztlich nicht für erforderlich gehalten, hat der Senat keinen Anlass gesehen. Vielmehr ist das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers im genannten Sinne geklärt. Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert. Seine Berufung war daher in der Hauptsache zurückzuweisen.
Für eine Berichtigung des Tenors im Sinne der Beklagten - richtigerweise müsste der Rentenbeginn mit "ab 01.06.2001" bezeichnet sein statt mit "ab Antrag" - bietet das klägerische Rechtsmittel prozessual keinen Raum.
Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
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