L 11 AS 375/08 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1343/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 375/08 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.04.2008 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.10.2007.
Mit Urteil vom 18.04.2008 hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage gegen einen rückwirkenden Neufeststellungsbescheid abgewiesen und die Klägerin, die durch einen Rechtsanwalt vertreten war, über die Nichtzulassung der Berufung belehrt.
Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das am 18.07.2008 zugestellte Urteil am 21.07.2008 Berufung eingelegt. Nach dem Hinweis auf die fehlende Statthaftigkeit der Berufung hat der Klägerbevollmächtigte am 09.09.2008 beantragt, das Rechtsmittel vom 18.07.2008 als Antrag auf Zulassung der Berufung, also als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen. Das Versehen sei offensichtlich und eindeutig. Wiedereinsetzungsgründe sind nicht geltend gemacht worden.
Die Beklagte hat die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt, weil die Beschwerdefrist schuldhaft versäumt worden sei.
Am 01.10.2008 hat der Klägerbevollmächtigte die Berufung zurückgenommen.

II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.04.2008 ist unzulässig.
Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 145 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher statthaft.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen (§ 145 Abs 1 Satz 2 SGG). Dementsprechend ist auch die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.04.2008 erfolgt. Nach der Zustellung des Urteils am 18.07.2008 ist die Rechtsmittelfrist am 18.08.2008 abgelaufen. Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch erst am 09.09.2008 eingelegt worden. Sie war daher verspätet.
Das innerhalb der Frist am 21.07.2008 eingelegte Rechtsmittel ist nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Der objektive Erklärungswert der "Berufungseinlegung" durch den Klägerbevollmächtigten, einem Fachanwalt für Sozialrecht, ist der Auslegung nicht zugänglich. Auch die Berufungsbegründung vom 04.08.2008 ergibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass Nichtzulassungsbeschwerde gewollt war. Eine Umdeutung der "Berufung" in eine Beschwerde scheidet im sozialgerichtlichen Verfahren wegen der allen Entscheidungen beizufügenden Rechtsmittelbelehrung aus. Dadurch sind Verwechslungen oder Irrtümer bei der Bezeichnung des Rechtsmittels weitgehend ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob das eingelegte Rechtsmittel der erteilten Belehrung entspricht oder davon abweicht, ist für die Annahme kein Raum, der Erklärende habe ein anderes als das von ihm bezeichnete Rechtsmittel einlegen wollen; abgesehen vom Fall eines eindeutig erklärten Vorbehalts muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass er das in der Belehrung genannte Rechtsmittel für das richtige gehalten bzw. bewusst ein anderes gewählt hat (BSG, Urteil vom 20.05.2003 in SozR 4-1500 § 158 Nr 1). In Fortführung einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.11.1996 (1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1) hat das Bundessozialgericht daher entschieden, dass die Umdeutung einer unzulässigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde auch dann unzulässig ist, wenn der Rechtsmittelführer nicht rechtskundig vertreten ist.
Bei einer Berufungseinlegung durch einen Rechtsanwalt wie vorliegend spricht zudem gegen eine Umdeutung die unterschiedliche Zielrichtung der beiden Rechtsmittel Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde. Weil sich die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gegen den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern gegen eine prozessuale Teilentscheidung richtet, ist der Prüfungsgegen-
stand ein anderer als im Berufungsverfahren. Die Vergleichbarkeit in Intention und rechtlicher Wirkung, die Voraussetzung wäre für eine Umdeutung, lässt sich daher nicht von vornherein bejahen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, Vor§ 143 Rdnr 15c mwN).
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Mit Schreiben vom 19.09.2008 ist die Klägerin auf die Verfristung des Rechtsmittels hingewiesen und zur Angabe von möglichen Wiedereinsetzungsgründen aufgefordert worden. Der Klägerbevollmächtigte hat jedoch keinerlei Angaben zu den Gründen für eine Verfristung der Beschwerde geltend gemacht.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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